Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. März 2011
Aktenzeichen: 29 W (pat) 215/10

(BPatG: Beschluss v. 24.03.2011, Az.: 29 W (pat) 215/10)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in dieser Entscheidung die vom Deutschen Patent- und Markenamt getroffene Entscheidung aufgehoben. Das eingereichte Wort-Bildzeichen "Volks-Golfen", bestehend aus den Wortbestandteilen "Volks" und "Golfen", wurde zunächst vom DPMA zurückgewiesen, da es keine Unterscheidungskraft aufweise. Das Gericht entschied hingegen, dass das Zeichen durch seine grafische Gestaltung Unterscheidungskraft erlange. Das Zeichen besteht aus den Wortbestandteilen "Volks" und "Golfen" auf einem rot/schwarzen Balken mit grauer Umrandung. Die Wortbestandteile haben einen beschreibenden Charakter und verweisen auf die Allgemeinheit des Golfsports. Jedoch hebt die grafische Ausgestaltung des Zeichens die Unterscheidungsfunktion hervor und wird als Herkunftshinweis verstanden. Darüber hinaus wurde darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin bereits eine Vielzahl ähnlicher Marken erfolgreich registrieren ließ und die Verbraucher diese Marken mit dem Unternehmen in Verbindung bringen. Aufgrund dieser Gründe wurde der Beschluss des DPMA aufgehoben.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 24.03.2011, Az: 29 W (pat) 215/10


Tenor

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patentund Markenamts vom 17. September 2010 wird aufgehoben.

Gründe

I.

Das farbige (rot, schwarz, weiß, grau) Wort-/Bildzeichenist am 5. Mai 2006 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patentund Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden (im Laufe des Beschwerdeverfahrens geändertes Verzeichnis vom 21. März 2011, Bl. 15 GA):

Klasse 28: Golfschläger; Golftaschen, mit und ohne Räder; Golfhandschuhe; Divotausbesserungswerkzeuge (Golfzubehör); Werkzeug für das Zurücklegen von Rasensoden (Golfzubehör);

Klasse 35: Merchandising; Marketing [Absatzforschung]; Public Relations; Onlinedienstleistungen eines e-Commerce-Abwicklers, nämlich Warenund Dienstleistungspräsentation, Bestellannahme, Lieferauftragsservice und Rechnungsabwicklung, auch im Rahmen von e-Commerce; Vermittlung von Handelsgeschäften für Dritte über Onlineshops, soweit in Klasse 35 enthalten; telefonische und/oder computerisierte Bestellannahme für Teleshopping-Angebote für Dritte; Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Geschäftsführung; Beratung in Fragen der Geschäftsführung, Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen; betriebswirtschaftliche und organisatorische Beratung; Unternehmensverwaltung, Unternehmensberatung; Personalmanagementberatung; organisatorisches Projektmanagement im EDV-Bereich; Verbraucherberatung; Büroarbeiten; Beschaffungsdienstleistungen für Dritte (Erwerb von Waren und Dienstleistungen für andere Unternehmen); Franchising, nämlich Vermittlung von wirtschaftlichem Knowhow gegen Entgelt zur Vermarktung von Waren und/oder Dienstleistungen; Werbung; Dienstleistungen einer Werbeagentur; Werbung in allen Medien, einschließlich Rundfunk-, Fernseh-, Kino-, Print-, Videotext-, Onlineund Teletextwerbung; Verteilung von Werbematerial (Flugblätter, Prospekte, Drucksachen, Warenproben); Vorführung von Waren für Werbezwecke; Warenund Dienstleistungspräsentationen; Aktualisierung von Werbematerial; Werbemittlung; Organisation und Veranstaltung von Werbeveranstaltungen; Sponsoring in Form von Werbung;

Klasse 38: Bereitstellung einer e-Commerce-Plattform im Internet; Bereitstellung von Internetportalen für Dritte; Bereitstellung einer Hotline; Erbringen von Dienstleistungen in Verbindung mit Onlinediensten, nämlich Sammeln, Liefern und Übermittlung von Nachrichten und Informationen aller Art, einschließlich On-Demand und anderen elektronischen Mediendiensten; Bereitstellen von Informationen im Internet; Sammeln und Liefern von Nachrichten, auch elektronischer Art, sowie Ausstrahlen von TV-und Rundfunksendungen im World Wide Web; Sammeln und Liefern von allgemeinen Informationen im Rahmen der Dienstleistungen von Presseagenturen und über Waren und Dienstleistungen, soweit in Klasse 38 enthalten, auch elektronischer Art; Telekommunikation, insbesondere datenverarbeitungsgestützte elektronische Informationsund Kommunikationsdienste für offene und geschlossene Benutzerkreise; Ton-, Bildund Datenübertragung durch Kabel, Satellit, Computer, Computernetzwerke, Telefonund ISDN-Leitungen sowie jegliche weitere Übertragungsmedien; Ausstrahlen von Rundfunksendungen (Funk und Fernsehfunk);

Klasse41: Betrieb von Golfplätzen; Demonstrationsunterricht in praktischen Übungen; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Betrieb von Sportanlagen; Durchführung von Trainingsstunden; Betrieb von Sportcamps; Veranstaltung sportlicher Wettkämpfe; Vermietung von Sportausrüstungen (ausgenommen Fahrzeuge); Vermietung von Stadien; Zeitmessung bei Sportveranstaltungen; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung; Organisation und Durchführung von Veranstaltungen kultureller, unterhaltender und sportlicher Art sowie diesbezügliche Beratungsdienstleistungen; Durchführung von Live-Veranstaltungen, Veranstalten von Konzerten; Unterhaltungsvorstellungen; Dienstleistungen eines Verlages (ausgenommen Druckarbeiten); Herausgabe von Verlagsund Druckereierzeugnissen aller Art in elektronischer Form (ausgenommen Werbetexte), auch im Internet; Herausgabe von Zeitschriften und Büchern in elektronischer Form, auch im Internet; Bereitstellen von elektronischen Publikationen (nicht herunterladbar); Onlinepublikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften; Erstellen von Bildreportagen.

Mit Beschluss vom 17. September 2010 hat die Markenstelle für Klasse 38 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das ohne weiteres verständliche deutsche Wort "Volks-Golfen" in seiner Gesamtbedeutung von den angesprochenen Verkehrskreisen so verstanden werde, dass die so gekennzeichneten Produkte mit dem Golfen im Zusammenhang stünden und sich dadurch auszeichneten, dass -anders als sonst beim Golfen -es sich nicht um ein Angebot für die "High Society" handele, sondern um eines für das Volk, insbesondere also, dass die Produkte besonders preiswert und günstig seien. Der Begriff reihe sich nahtlos in eine Reihe vergleichbar gebildeter Begriffe wie "Volks-Aktie", "Volks-Auto", "Volks-Computer" oder auch "Volks-PC" u.s.w. ein. Dieses auf der Hand liegende Verständnis des Begriffs "Volks-Golfen" führe bei einer Kennzeichnung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen mit dem Anmeldezeichen zu der Vorstellung, dass dieselben, soweit sie nicht ohnehin unmittelbar das Golfen betreffende Waren für das Volk darstellten, so jedenfalls in der einen oder anderen Weise mit einem solchen Volksgolfen in einem bestimmten Zusammenhang stünden, beispielsweise die durchgeführten Preisvergleiche dazu dienen könnten, solche (preisgünstigen) Volksgolfspiel-Angebote zu finden. Jede Vorstellung über den Bezug zwischen dem Anmeldezeichen und den damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen werde in irgendeiner Weise sachbezogen sein, so dass der Begriff nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden werde. Auch die grafische Gestaltung verleihe dem Anmeldezeichen keine Unterscheidungskraft. Bei der unterschiedlichen farbigen Gestaltung des Hintergrundes der einzelnen Wortbestandteile unter Verwendung der Signalfarbe Rot und der rechteckigen Umrahmung des Gesamtzeichens handele es sich um verbreitete, werbeübliche Gestaltungsmittel, mit denen lediglich die durch die Wortbestandteile verkörperte (Werbe-)Botschaft für den Verkehr leicht wahrnehmbar gestaltet werden solle. Auch die Eintragung der entsprechenden Bildmarke

(306 73 949) führe entgegen der Auffassung der Anmelderin zu keiner anderen Beurteilung, da bei Würdigung des hier angemeldeten Gesamtzeichens diese grafische Gestaltung vollkommen in den Hintergrund trete, so dass sie nicht als Herkunftshinweis dienen könne. Ebenso wenig schutzbegründend für das Anmeldezeichen könne auch die Eintragung der Gemeinschaftsmarke

(CTM 005514443) sein, da die Kennzeichnungskraft und damit auch der Schutzumfang des Wortbestandteils "Volks-" in Alleinstellung vollkommen anders sei, als bei einem mit diesem Bestandteil zusammengesetzten Gesamtbegriff. Die für die Anmelderin bereits eingetragenen gleichgebildeten Marken der "Volks"-Markenserie könnten - auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des EuGH vom 12. Februar 2009 (verbundene Rechtssachen ... und ... -Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und SCHWABENPOST) - an der fehlenden Eintragbarkeit des Anmeldezeichens nichts ändern, da das DPMA nicht verpflichtet sei, sich mit vergleichbaren Voreintragungen zu befassen. Zur Begründung seiner diesbezüglichen Rechtsauffassung bezieht sich das DPMA auf die Entscheidung des BPatG 33 W (pat) 52/08 -Burg Lissingen.

Nachdem die Anmelderin mit Schreiben vom 29. Oktober 2010 auf die angemeldeten Dienstleistungen der Klasse 38 verzichtet hat, wurde nach entsprechender Teillöschung durch das DPMA als neue Leitklasse für die Anmeldung die Klasse 35 bestimmt (Bl. 48 VA).

Gegen den o. g. Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt, den Beschluss des DPMA vom 17. September 2010 aufzuheben, hilfsweise die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Zur Begründung trägt sie vor, dass ein Kernpunkt ihrer geschäftlichen Tätigkeit die crossmediale Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen zur Bewerbung, Vertreibung und zum Absatz von sogenannten "Volks-Produkten" sei. Seit 2002 führe sie - die Beschwerdeführerin, eine 100%ige Tochter des deutschen Konzerns S... AG - sogenannte "Volks-Aktionen" durch, im Rahmen derer sie und ihr jeweiliger Kooperationspartner gemeinsam ein Produkt auswählten, welches dann exklusiv als "Volks-Produkt" herausgebracht werde. Sie habe in der Zeit von September 2002 bis November 2010 über 100 solcher "Volks-Aktionen" durchgeführt. Neben der Konzeption und den jeweiligen Namen/Logos bringe sie ihrerseits eine besondere Werbeleistung in die Kooperation ein, indem sie die -von ihrem jeweiligen Kooperationspartner eingebrachten -Produkte umfangreich in Zeitungsbeilagen, gegenseitigen Anzeigen in der BILD-Zeitung, der "BILD am Sonntag" sowie anderen Titeln der S... AG, auf dem eigenen Inter netportal und in diversen anderen Medien bewerbe.

Bis Ende Oktober 2010 seien 54 gleichgebildete "Volks"-Marken beim DPMA registriert worden, daneben eine Vielzahl von entsprechenden Gemeinschaftsmarken. Die Marken seien jeweils aus dem Bestandteil "Volks" und der Gattungsbezeichnung, die das konkrete Produkt beschreibe, sowie in einer dem Corporate Identity der BILD entsprechenden bildlichen Ausgestaltung zusammengesetzt. Dieim Streit stehende Marke reihe sich zwanglos in die bekannte "Volks"-Markenserie ein. Ein besonderes Kennzeichen der "Volks"-Markenserie sei die unmittelbarerkennbare Verwandtschaft zur Stammmarke

(30135695) der S... AG. Die in allen Marken der Serie wiederkehrende bildliche Gestaltung (rotschwarzer Balken, der Begriff "Volks" auf rotem Hintergrund, sowie eine Gattungsbezeichnung auf schwarzem Hintergrund) spreche für die Wiedererkennbarkeit der einzelnen Marken sowie die Zuordnung zu ihrem Herkunftsbetrieb.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf die Schriftsätze vom 19. November 2010 und 14. März 2011 (Bl. 11 -31 und Bl. 178 188 GA 29 W (pat) 195/10 jeweils samt Anlagen) Bezug genommen.

II.

Die nach § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache Erfolg.

Der Eintragung des vorliegenden Wort-/Bildzeichens als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht kein absolutes Schutzhindernis, insbesondere auch nicht das der fehlenden Unterscheidungskraft oder des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG, entgegen.

1.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, welches die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (BGH GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 -FUSSBALL WM 2006; 2008, 1093, 1094 Rdnr. 13 -Marlene-Dietrich Bildnis I). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. -FUSSBALL WM 2006; a. a. O. -MarleneDietrich-Bildnis I; GRUR 2009, 411 Rdnr. 8 -STREETBALL; 778, 779 Rdnr. 11 -Willkommen im Leben; 949 f. Rdnr. 10 -My World). Wortmarken besitzen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 2001, 1153 -anti KALK; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; a. a. O. Rdnr. 19 -FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 -DeutschlandCard) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 -Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2003, 1050, 1051 -Cityservice; a. a. O. -FUSSBALL WM 2006). Besteht eine Marke aus mehreren Elementen, ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von der Gesamtheit der Marke auszugehen (BGH GRUR 2001, 162, 163 -RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; a. a. O. -anti Kalk; GRUR 2011, 65 Rdnr. 10 -Buchstabe T mit Strich). Dabei hat sich die Prüfung darauf zu erstrecken, ob die Marke als solche, jedenfalls mit einem ihrer Elemente, den (geringen) Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt.

2.

Nach diesen Grundsätzen kann vorliegend -entgegen der vom DPMA vertretenen Auffassung -nicht festgestellt werden, dass das verfahrensgegenständliche Wort-/Bildzeichen dem Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG unterliegt.

Soweit die Wortbestandteile der angemeldeten Kombinationsmarke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt bzw. einen engen beschreibenden Bezug zu diesen aufweisen, wird dieser jedenfalls durch die -die Mindestanforderungen an das Vorliegen einer noch so geringen Unterscheidungskraft erfüllende -grafische Ausgestaltung so weit überlagert, dass der Marke in ihrer Gesamtheit die erforderliche Unterscheidungskraft nicht mehr abgesprochen werden kann.

a) Der Text des angemeldeten Zeichens enthält die beiden in der deutschen Sprache geläufigen Wortelemente "Volks" und "Golfen", die durch einen Punkt getrennt sind.

aa) "Volks" ist der Genitiv des Substantivs "Volk", welches eine "durch gemeinsame Kultur, Geschichte (und Sprache) verbundene große Gemeinschaft von Menschen" bzw. die "Masse der Angehörigen einer Gesellschaft, der Bevölkerung eine Landes, eines Staates" bezeichnet (Duden -Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]). In der deutschen Sprache gibt es eine Reihe von geläufigen Begriffen, die aus einem Substantiv mit einem vorangestelltem "Volks-" gebildet sind. Diese zusammengesetzten Begriffe lassen sich in fünf Gruppen einteilen:

(1)

Begriffe, bei denen dem Bestandteil "Volks-" die Bedeutung "für alle/jedermann, von allen/jedermann, allen/jedermann zugänglich, alle/jedermann betreffend, sich an alle/jedermann wendend, von allen/jedermann ausgeübt" zukommt, wie "Volksaufstand, Volksbelustigung, Volksbrauch, Volksbücherei, Volkseinkommen, Volksempfinden, Volksfeind, Volksfest, Volksgemeinschaft, Volksgesundheit, Volksglaube, Volksheld, Volkshochschule, Volksnahrungsmittel, Volksschule, Volksseele, Volksseuche, Volkssport, Volkssprache, Volksstamm, Volkstracht, Volkstrauertag, Volkswirtschaft" (vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch a. a. O.; Wortschatzportal Universität Leipzig, http://wortschatz.unileipzig.de).

(2)

Begriffe mit politischer Bedeutung, wie "Volksabstimmung, Volksarmee Volksbefragung, Volksbegehren, Volksdemokratie, Volksentscheid, Volksfront, Volkspartei, Volkssouveränität" (vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch a. a. O.).

(3)

Begriffe, bei denen der Bestandteil "Volks-" auf etwas hinweist, das volkstümlich bzw. vom Geist und von der Überlieferung des Volkes geprägt oder getragen ist, wie "Volksdichtung, Volkskunst, Volkslied, Volksmedizin, Volksmärchen, Volksmund, Volksstück" (vgl. Duden -Deutsches Universalwörterbuch a. a. O.). Volkstümlich bedeutet "in seiner Art dem Denken und Fühlen des Volkes entsprechend, entgegenkommend" bzw. "dem Volk eigen", "populär, gemeinverständlich" (Duden -Deutsches Universalwörterbuch a. a. O.). Es beinhaltet nicht das Verständnis von "einfaches/gehobenes Volk" bzw. "Schichten".

(4)

Nur bei einem dieser zusammengesetzten Begriffe weist der Bestandteil "Volks-" einen Bezug zu sozialen Schichten auf, nämlich "Volkstheater" mit der Bedeutung "Theater, das (im Unterschied zum höfischen Theater) inhaltlich und finanziell von allen sozialen Schichten getragen wird (Duden -Deutsches Universalwörterbuch a. a. O.).

(5)

Vereinzelt und lediglich bei veralteten Begriffen kommt dem vorangestellten Element "Volks-" die Bedeutung "günstig, billig, preiswert" zu, wie etwa bei dem (veralteten) Begriff "Volksausgabe" mit der Bedeutung "einfach ausgestattete, preiswerte Buchausgabe" (Duden -Deutsches Universalwörterbuch a. a. O.). Die sogenannten "Volksprodukte" aus der Zeit des Dritten Reiches, wie "Volkswagen" und "Volksempfänger", implizierten zwar, dass die Ware preiswert und für jedermann erschwinglich war und die niedrigen Preise diese Produkte für jedermann zugänglich machen sollten (vgl. Aufsatz "Luxus fürs Volk" vom 16. Dezember 2003 von Prof. Dr. K..., TU B..., www.uniprotokolle.de/nachrichten/text/27195/); sie wurden damals als Mittel der Politik zur Sympathieerregung für die Ziele des Dritten Reiches eingesetzt. An Konnotationen aus der Zeit des Dritten Reiches, von der sich die deutsche Bevölkerung seit der Entstehung der Bundesrepublik distanziert hat und die im heutigen deutschen Sprachgebrauch nicht mehr üblich sind, knüpft der Senat nicht an, und dies nicht nur, weil sie ihm veraltet erscheinen, was im Übrigen dadurch belegt wird, dass ein "Volkswagen" heutzutage teurer ist als manch andere Kraftfahrzeugmodelle.

bb) "Golfen" bedeutet umgangssprachlich "Golf spielen", wobei "Golf" ein Rasenspiel mit Hartgummiball und Schlägern ist, bei dem es gilt, den Ball mit möglichst wenig Schlägen in die einzelnen Löcher zu spielen (Duden -Deutsches Universalwörterbuch a. a. O.).

cc) Der Punkt zwischen den beiden Wortelementen ist optisch eine Zäsur und darf nicht unbeachtet bleiben. Denn auch ein für sich genommen schutzunfähiger Bestandteil kann für die Schutzfähigkeit des Gesamtzeichens Bedeutung erlangen. Der Umstand, dass ein Bindestrich oder -wie hier -ein Punkt aufgrund seiner orthografischen Funktion vom Verkehr nicht als eigenständiges Zeichen wahrgenommen werden mag, rechtfertigt es nicht, diesen Zeichenbestandteil bei der Prüfung der Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens unberücksichtigt zu lassen. Da es sich um die Anmeldung eines zusammengesetzten Zeichens handelt, ist maßgeblich, welchen Gesamteindruck der Verkehr mit dem zusammengesetzten Zeichen verbindet (BGH a. a. O. Rdnr. 12 -Buchstabe T mit Strich).

dd) Die beiden Wortbestandteile verbinden sich im Sprachfluss zu dem sprachüblich gebildeten Gesamtbegriff "Volksgolfen". Dieser Gesamtbegriff ist in den gängigen Lexika und Wortschatzdatenbanken (Duden -Deutsches Universalwörterbuch a. a. O.; Wortschatzportal Universität Leipzig a. a. O.) nicht nachweisbar und stellt daher eine sprachliche Neuschöpfung dar. Wie eine Recherche des Senats, auch im Internet unter www.google.de, ergeben hat, taucht lediglich der Begriff "Volksgolfer" als Pseudonym eines Internetnutzers und der Begriff "Volksgolf" im Zusammenhang mit dem Pkw VW Golf auf.

Allerdings wird der Ausdruck "Volksgolfplatz" zur Beschreibung eines Golfplatzes, den jedermann -ohne Mitgliedschaft in einem Club -nutzen kann, verwendet (vgl. www.fhbochum.de/fb1/afiba/017-golfplatzzecheamalia.htm; http://netzid.de/elp/data/projektdatei/project22.htm). Ferner finden sich diverse Belege, wonach Golfen zum Volkssport wird, wie

"Golfspielen ist in Bayern längst kein Elitesport mehr. Hervorragende landschaftliche Voraussetzungen, eine Unmenge an Plätzen ...haben das Golfen in Bayern zum Volkssport gemacht."

(www.bayerntourist.info/aktivinbayern/golfplaetze.html);

"Aktuelle Studie: Golf wird Volkssport -Die Zahl der öffentlichen Golfplätze in Deutschland wächst stetig. Weit über 300 solcher Anlagen laden nun schon zum Golfen für jedermann. ...Im Gegensatz zu traditionellen Plätzen, die nur Clubmitgliedern vorbehalten sind, kann auf öffentlichen Grünanlagen jeder Golfen. Und mehr noch: Auf über 220 Plätzen können Golfeinsteiger sogar ohne jegliche Zugangsvoraussetzungen -also auch ohne Platzreife -spielen und sich somit einfach im Golfsport ausprobieren."

(www.schlaunews.de/infotesttipps-16042008/aktuellestudiegolfwirdvolkssport/);

"VOLKSSPORT GOLF -STEIGEN SIE EIN! -... Auf der einen Seite stehen die etablierten Golfclubs, tatsächlich tendenziell nobel und elitär ausgerichtet. Dort reißt man sich nicht unbedingt darum, der Laufkundschaft das Golfen beizubringen, hier ist der Golf noch nicht wirklich Volkssport. Wer dort Mitglied werden möchte, muss einige Hürden nehmen -auch finanzielle -, um dabei sein zu dürfen. ... Aber Gott sei Dank hat seit einigen Jahren eine Demokratisierung des Golfsports eingesetzt. Nun gibt es ... viele Plätze, auf denen jeder herzlich willkommen ist, der diesen Sport erlernen möchte." (Auszug aus Wirtschaftsmagazin Ruhr, Ausgabe Nr. 5, September/Oktober 2008, S. 90 f.);

"Was in anderen Ländern geschehen ist, soll nun auch in Deutschland klappen: Golfen wird zum Volkssport. ... Leider hält sich hartnäckig die Einschätzung in der Bevölkerung, dass Golf ein Sport für Reiche ist. ..." (www.onlineartikel.de/article/golfaufdemwegzumvolkssport-45139-1.html);

"Es gibt ja Sportarten, von denen man sagt, sie seien lediglich den gut betuchten Bürgern, der oberen Mittelschicht und der Oberschicht zugänglich. ... Als sogenannte feine Sportarten zählten Tennis, Reiten, Segeln und Golf. ... Da Golf mittlerweile zu einer Art Volkssport geworden ist, können Interessierte sich jederzeit für Golfstunden zum Ausprobieren anmelden. ..." (www.blog.de/tb/a/r/golf/golfstundennehmenmachtspassspannend/6102658/).

Ausgehend von den Feststellungen unter aa), dass das vorangestellte Wort "Volks-" bei zusammengesetzten Substantiven überwiegend die Bedeutung "für alle/jedermann" hat, und vor dem Hintergrund der oben dargestellten Rechercheergebnisse kann die Wortverbindung "Volksgolfen" in ihrer Gesamtbedeutung von den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen daher ohne weiteres als Sachhinweis auf ein Golfspielen für alle/ jedermann, das also an keinerlei Zugangsvoraussetzungen geknüpft ist, verstanden werden.

So können die in Klasse 28 angemeldeten Waren "Golfschläger; Golftaschen, mit und ohne Räder; Golfhandschuhe; Divotausbesserungswerkzeuge (Golfzubehör); Werkzeug für das Zurücklegen von Rasensoden (Golfzubehör)" für ein solches Golfspielen für jedermann bestimmt sein. Insoweit erschöpft sich der Markentext daher in einer Sachangabe über den Zweck der Waren.

b) Aber ungeachtet eines beschreibenden Begriffsinhalts der Wortbestandteile für die o. g. Waren und eines in Betracht kommenden (zumindest) engen beschreibenden Bezugs hinsichtlich eines Großteils der noch beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35 und 41, erhält das angemeldete Zeichen jedenfalls durch die grafische Ausgestaltung die Funktion eines Unterscheidungsmittels.

Grundsätzlich kann einer Wortelemente enthaltenden Bildmarke - unbeschadet einer etwaigen fehlenden Unterscheidungskraft dieser Wortelemente - als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht (BGH GRUR 1991, 136, 137 -NEW MAN; a. a. O. -anti Kalk; EuGH GRUR 2006, 229, 233 Rdnr. 73, 74 -BioID). Dabei vermögen allerdings einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbilds, an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, eine fehlende Unterscheidungskraft der Wörter ebenso wenig aufzuwiegen, wie derartige einfache grafische Gestaltungselemente auch für sich wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht als Marke eingetragen werden können. Es bedarf vielmehr eines auffallenden Hervortretens der grafischen Elemente, um sich dem Verkehr als Herkunftshinweis einzuprägen (BGH a. a. O. 1153, 1154 - anti Kalk; GRUR 2008, 710, 711 Rdnr. 20 -VISAGE).

aa) Das verfahrensgegenständliche Zeichen zeigt zwei Wortelemente in weißer Farbe und einheitlicher Schriftart auf einem rot/schwarzen Balken mit grauer Umrandung, wobei das Wortelement "Volks" auf rotem und das Wortelement "Golfen" auf schwarzem Hintergrund steht. Das (kleinere) rote und das (größere) schwarze Rechteck innerhalb des Balkens werden durch eine vertikale weiße Linie voneinander getrennt. Diese Linie wird wiederum von einem rechteckigen weißen Punkt, der sich zwischen den beiden Wortelementen an der Textunterkante befindet, durchbrochen.

bb) Diese bildliche Ausgestaltung des Anmeldezeichens genügt noch den an die Unterscheidungskraft zu stellenden (geringen) Mindestanforderungen.

Die einzelnen Gestaltungsmittel, aus denen das vorliegend zu beurteilende Zeichen zusammengesetzt ist -insbesondere die rechteckigen Formen, in denen die Wortelemente untergebracht sind, die Inverswiedergabe der Wortbestandteile (d. h. in Form von weißen Buchstaben auf dunklem farbigen Hintergrund) sowie die Umrahmung der Gesamtmarke -mögen hier je für sich genommen noch als werbeüblich anzusehen sein. Der Beurteilung der Schutzfähigkeit ist jedoch im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung die ganz konkrete Gesamtgestaltung zugrunde zu legen; nur sofern diese selbst ebenfalls als werbeüblich anzusehen ist, kommt eine Schutzversagung in Betracht. Die Bedeutung, die einem einzelnen Bestandteil für den Gesamteindruck eines mehrgliedrigen Zeichens zukommt, hängt maßgeblich auch davon ab, in welcher Beziehung er innerhalb der konkreten Gestaltung des jeweiligen Gesamtzeichens zu den übrigen Zeichenbestandteilen steht (BGH GRUR 2011, 148 -Goldhase II). Auch die Komplexität der Gestaltung ist ein Indiz für die Schutzfähigkeit, denn je höher diese ausfällt, umso eher wird der Verkehr geneigt sein, in der grafischen Wiedergabe der Gesamtmarke nicht nur den beschreibenden Inhalt der Wortbestandteile wahrzunehmen, sondern sie als Herkunftshinweis aufzufassen (BPatG 27 W (pat) 32/08 -Neue Post). Eine solche schutzbegründende Komplexität kann vorliegend aber nicht verneint werden. So werden die jeweiligen Hintergründe der Wortbestandteile verschiedenfarbig gehalten; die Gesamtmarke enthält insgesamt vier Farben (rot, schwarz, weiß, grau). Hinzu tritt der in Form eines weißen Rechtecks dargestellte Punkt zwischen den beiden Wortelementen, der die zwischen den Farbfeldern vertikal verlaufende weiße Linie durchbricht, wodurch der Punkt besonders auffällt und charakteristisch wirkt. Die ganz konkrete Zusammenstellung dieser verschiedenen Gestaltungsmittel, auch wenn sie für sich genommen werbeüblich sein mögen, genügt damit noch, um der bildlichen Ausgestaltung des Anmeldezeichens nicht jegliche Unterscheidungskraft absprechen zu können.

cc) Weiter ist zu berücksichtigen, dass für die Beschwerdeführerin von 2004 bis Ende 2010 bereits 62 entsprechend gebildete deutsche Wort/Bildmarken aus der "Volks"-Markenfamilie u. a. für Dienstleistungen der Klassen 35 und 38 eingetragen sind, die jeweils aus dem Bestandteil "Volks" und der Gattungsbezeichnung, die das konkrete Produkt beschreibt, sowie einer der Grafik des vorliegenden Zeichens entsprechenden bildlichen Ausgestaltung (rot/schwarzer Balken mit grauer Umrahmung, der Begriff "Volks" auf rotem Hintergrund, die jeweilige Gattungsbezeichnung auf schwarzem Hintergrund, weiße Buchstaben, weiße Trennlinie, rechteckiger Punkt zwischen den Wortelementen) zusammengesetzt sind, wie u. a. die zuletzt eingetragenen Marken

(30 2008 007 702, eingetragen am 21. April 2008 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 25, 35, 38);

(30 2009 000 798, eingetragen am 8. Juli 2009 für Waren und Dienstleistungen der Klasen 25, 35, 38);

(30 2009 000 5672, eingetragen am 1. Juli 2009 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 5, 35, 38);

(30 2009 016 935, eingetragen am 27. Oktober 2009 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 30, 35, 38);

(30 2009 016 945, eingetragen am 27. Oktober 2009 für Dienstleistungen der Klassen 35, 38, 42);

(30 2009 016 921, eingetragen am 4. November 2009 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 20, 35, 38);

(30 2009 068 410, eingetragen am 19. Mai 2010 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 5, 35, 38);

(30 2009 061 595, eingetragen am 2. August 2010 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 35, 38, 41);

(30 2009 061 597, eingetragen am 2. August 2010 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 35. 38, 41).

Die Beschwerdeführerin hat glaubhaft dargelegt, dass sie von September 2002 bis Februar 2011 im Rahmen der crossmedialen Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen insgesamt 122 sog. "Volks-Aktionen" durchgeführt hat, die jeweils wenige Wochen angedauert haben (vgl. Übersicht "Volks-Aktionen" -Stand 7. Februar 2011, Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9. Februar 2011, Bl. 173/174 GA 29 W (pat) 195/10). Neben der Konzeption und den jeweiligen Namen/Logos bringt die Beschwerdeführerin eine besondere Werbeleistung in die Kooperation ein, indem sie die -von ihrem jewieligen Kooperationspartner eingebrachten -Produkte umfangreich in Zeitungsbeilagen, gegenseitigen Anzeigen in der BILD-Zeitung, der "BILD am Sonntag" sowie anderen Titeln der S... AG, auf dem eige nen Internetportal und in diversen anderen Medien bewirbt. Die Absatzzahlen der bisherigen "Volks-Aktionen" belaufen sich auf insgesamt über ... Millionen Euro (vgl. Anlage H 8 zum Schriftsatz vom 19. November 2010, Bl. 69/70 GA 29 W (pat) 195/10), insgesamt sind rund ... Millionen "Volks-Produkte" verkauft worden, d. h. im Durch schnitt hat jeder zweite Bundesbürger ein solches Produkt erworben. Die Bewerbung von verschiedenen "Volks-Produkten" ergibt sich aus den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen (Anzeigen zu verschiedenen "Volks-Aktionen", Anlage H 12 zum Schreiben vom 7. Februar 2011, Bl. 152 -161 GA 29 W (pat) 195/10, und Anlage H 17 zum Schriftsatz vom 14. März 2011, Bl. 218 -235 GA 29 W (pat) 195/10; Pressestimmen zu den Volks-Produkten, Anlage zum o. g. Protokoll, Bl. 175 GA 29 W (pat) 195/10; Plakat zur 100. Volks-Aktion, Anlage zum o. g. Protokoll) und ist dem Senat auch aus eigener Wahrnehmung in den Medien bekannt.

Die ständige Präsenz einer Vielzahl von - insbesondere hinsichtlich Layout, Design, Farbgebung und Struktur - gleichartig aufgebauten Wort-/Bildzeichen aus der "Volks"-Markenfamilie auf dem deutschen Markt seit nunmehr mindestens sieben Jahren rechtfertigt den Schluss, dass sich der Verkehr inzwischen an diese Art der Aufmachung als Kennzeichnung der jeweiligen Produkte gewöhnt hat und darin einen betrieblichen Herkunftshinweis sieht (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 59

- Vorsprung durch Technik). Hierfür spricht zudem die erkennbare Verwandtschaft der "Volks"-Marken zur Stammmarke (30135695) der S... AG, die Hauptgesellschafterin der Be schwerdeführerin ist, und der offensichtliche Bezug zu der beim deutschen Publikum allgemein bekannten BILD-Zeitung.

dd) Indiziell für die Schutzfähigkeit des Anmeldezeichens spricht, dass die Grafik für sich allein schon als Bildmarke

(306 73 949) eingetragen ist, so dass von einer Schutzfähigkeit der bildlichen Ausgestaltung als solcher ausgegangen werden muss. Es mag sich zwar lediglich um eine Platzhaltermarke handeln, was dem DPMA zweifellos erkennbar sein musste, dennoch kam es zu ihrer Eintragung. Eine Schutzfähigkeit nunmehr zu verneinen, bleibt allein dem Verfahren nach § 50 MarkenG vorbehalten. Dieser grafischen Gestaltung kann daher innerhalb des angemeldeten Gesamtzeichens nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen und sie nur als werbemäßig angesehen werden. Abgesehen davon tritt sie auch entgegen der Ansicht des DPMA durch die sachbezogenen Wortbestandteile nicht vollkommen in den Hintergrund, sondern ist zumindest als gleichwertig anzusehen (siehe oben unter bb).

Der Senat geht zudem nicht von einem grundsätzlich rechtswidrigen Handeln des DPMA bei der Eintragung dieser Vielzahl von 62 "Volks"-Marken und der obigen Bildmarke aus.

ee) Eine andere Beurteilung folgt auch nicht daraus, dass die angesprochenen Verkehrskreise in dem Anmeldezeichen neben dem Herkunftshinweis auch gleichzeitig eine Werbebotschaft für die damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen erkennen. Denn zum einen schließen sich die Identifizierungsfunktion der Marke einerseits und die Werbewirkung andererseits nicht aus, zum anderen steht der anpreisende Charakter des Anmeldezeichens nicht derart im Vordergrund, dass der Verkehr ihm nicht mehr einen Herkunftshinweis entnehmen kann (EuGH a. a. O. Rdnr. 44 und 45 - Vorsprung durch Technik; BGH a. a. O. Rdnr. 28 - My World). Die betriebliche Herkunftshinweiswirkung der Marken aus der "Volks"-Markenfamilie ergibt sich für das Publikum insbesondere aus folgenden Faktoren, die zum Teil kumulativ auftreten:

-Die Bewerbung der "Volks-Aktionen" durch prominente Testpersonen, wie beispielsweise die "Volks-Farbe" durch Fußball-Weltmeister Andy Brehme, der "Volks-Wanderschuh" durch Biathlon-Olympiasiegerin Uschi Disl, das "Volks-Los" durch TV-Moderator Frank Elstner, der "Volks-Rasierer" durch Ex-Tennisprofi Carl-Uwe Steeb, die "Volks-Arznei" durch die Skisportlegenden Rosi Mittermaier und Christian Neureuther, das "Volks-Frühstück" durch Fußball-Weltmeister Karl-Heinz Riedle und die "Volks-Fernbedienung" durch TV-Moderator Hendrik Hey. Hieraus entnimmt der Verkehr einen Qualitätshinweis, da die Prominenten das Produkt laut den Anzeigen getestet haben und hiervon überzeugt ("begeistert") sind.

-Ein günstiger (Aktions-)Preis, wie beispielsweise das "Volks-Profispray" zum "Aktionspreis: 5,49 €", die "Volks-Fernbedienung" zum "Aktionspreis: 24,99 €", der "Volks-Wanderschuh" für "nur 79,75 €", der "Volks-Rasierer" als "unschlagbares Ass zum fairen Preis von nur 99,00 €"; das "Volks-Telefon" als "Höchstkomfort zum Niedrigpreis ... nur 59,99 €", die "Volks-Zahnbürste" für "€ 29,99 statt € 44,99", das "Volks-Sandwich nur für kurze Zeit zum Probierpreis 2,22 €" das "Volks-Notebook" für "nur 449 €".

-Eine Zugabe zum eigentlichen Produkt bzw. eine Sonderabgabegröße, wie z. B. bei der "Volks-Farbe", bei der es zu jedem 750 ml Aktionsgebinde eine Magnetfahne fürs Auto gratis dazu gibt, beim "Volks-Profispray" mit 300 ml Inhalt "+ 30 ml EXTRA", bei der "Volks-Versicherung", bei der es beim Beratungsgespräch einen MP4-Player gratis gibt, beim "Volks-Menü" mit "+ 1 von 4 Design-Gläsern nach Wahl", bei der "Volks-Arznei ... mit den besonderen Extras: Kräutertee + Honig + Honig-Löffel" bzw. "nur jetzt mit dem gratis Designer-Teeglas", oder beim "Volks-Notebook", bei dessen Kauf man eine Notebook-Tasche oder einen Rucksack zum "einmaligen Vorzugspreis von jeweils nur 29,90 €" erhält.

-Besondere Ausstattungsmerkmale bzw. Leistungsinhalte, wie die "Volks-Versicherung" mit "mehr Sicherheit dank 110%iger Beitragsgarantie", das "Volks-Los" mit "zusätzlichen Gewinnchancen für alle", das "Volks-Telefon ... jetzt mit dem neuen KX-TG7521", das "neue Volks-Sandwich" mit "der Extraportion Vollkorn-Geschmack", das "Volks-Frühstück" mit "SuperSnack und Kaffee" oder das "Volks-Notebook", bei dem der Kunde ohne Aufpreis aus acht verschiedenen Abdeckungen wählen kann.

-Der jeweils gut sichtbare Hinweis in den Anzeigen und auf den Waren, dass es sich um "Eine gemeinsame Volks-Aktion von ... (dem jeweiligen Kooperationspartner und) Bild.de" handelt (vgl. zu den obigen Ausführungen insgesamt die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Anzeigen zu verschiedenen Volks-Aktionen, Bl. 152 - 169 und Bl. 218 -235 GA 29 W (pat) 195/10, sowie die Pressestimmen zu den Volks-Produkten S. 13, 17, 18, 20, 24, 28, 30, 32, 34, 36. 38, 58, Anlage zum o. g. Protokoll).

Die o. g. Faktoren vermitteln dem angesprochenen Publikum den Eindruck, dass die jeweiligen Produkte nicht lediglich von dem hinter Bild.de stehenden Unternehmen werbemäßig empfohlen werden, sondern dieses vielmehr auch Einfluss auf deren Auswahl und Besonderheiten hat verbunden mit der Botschaft, dass es das jeweilige Produkt nur im Rahmen seiner Volks-Aktionen zu diesem Preis bzw. mit den besonderen Dreingaben und/oder Ausstattungsmerkmalen gibt. Damit verfügen die Zeichen der "Volks"-Markenserie über die Eignung, die damit gekennzeichneten Produkte als solche eines bestimmten Unternehmens zu individualisieren.

Sämtliche oben dargestellten Umstände hat das DPMA bei der Prüfung der Unterscheidungskraft des Anmeldezeichens im vorliegenden Einzelfall nicht gewürdigt.

3. Im Hinblick auf die unterscheidungskräftige grafische Gestaltung unterliegt das angemeldete Zeichen ungeachtet seiner nicht unterscheidungskräftigen Wortelemente auch keinem Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Denn es wird nicht der Schutz für eine zeichenmäßige Verwendung der Wortverbindung "Volks-Golfen" in jedweder Form, sondern nur in der gegebenen grafischen Gestaltung begehrt. Diese bestimmt und beschränkt zugleich den Schutzbereich der beanspruchten Bezeichnung (vgl. BGH a. a. O. -NEW MAN).

Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben.

Grabrucker Kortge Dorn Hu






BPatG:
Beschluss v. 24.03.2011
Az: 29 W (pat) 215/10


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/68d9c9764713/BPatG_Beschluss_vom_24-Maerz-2011_Az_29-W-pat-215-10




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share