Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. Januar 2001
Aktenzeichen: 34 W (pat) 22/98

(BPatG: Beschluss v. 25.01.2001, Az.: 34 W (pat) 22/98)

Tenor

Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluss der Patentabteilung 26 des Deutschen Patentamts vom 15. Dezember 1997 aufgehoben und das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Ein Patentanspruch und Beschreibung Spalten 1 bis 4, eingegangen am 27. Dezember 2000, Beschreibung Spalten 5 und 6, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 25. Januar 2001, Zeichnung Figuren 1 bis 4 gemäß Patentschrift.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Patentabteilung das Patent widerrufen. In den Gründen ist ausgeführt, dieses Patent sei durch Teilung aus dem Patent 36 16 566 hervorgegangen und gehe über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung hinaus.

Die Teilung ("1. Teilung") ist am 16. Dezember 1992 vor dem 11. Senat des Bundespatentgerichts im Verfahren 11 W (pat) 45/92 erklärt worden.

Gegen den Beschluss wendet sich die Beschwerde der Patentinhaberin. Mit Eingabe vom 22. Dezember 2000, eingegangen am 27. Dezember 2000, hat sie einen neuen Patentanspruch und eine angepasste Beschreibung vorgelegt und die Teilung des Streitpatents erklärt ("2. Teilung"). Dazu hat sie ausgeführt, "der über die nunmehr geltende Neufassung des Patentanspruchs hinausgehende Teil des Patents wird abgetrennt (PatG § 60)".

Der geltende Patentanspruch hat folgenden Wortlaut:

Sammelhefter mit einer Sammelstrecke mit sattelförmiger Auflage, auf die an in einem Maschinentakt angetriebenen Anlegestationen Druckbogen rittlings abgelegt werden, wobei die Sammelstrecke mit quer zu ihrer Beschickungsrichtung mit den Druckbogen längs der Auflage wirksamen Mitnehmern versehen ist, welche die vereinzelten Druckbogen zu einem Heftapparat transportieren, von dem die auf der Sammelstrecke zusammengetragenen Druckbogen durch mindestens einen beim Heftvorgang damit gleichlaufenden Heftkopf geheftet werden, dadurch gekennzeichnet, dass parallel zur erwähnten Sammelstrecke wenigstens eine ihr zum Beschicken nachfolgende weitere Sammelstrecke mit sattelförmiger Auflage und mit Mitnehmern vorhanden ist, dass mit jedem Maschinentakt die Anlegestationen nacheinander jeweils eine der einander folgenden Sammelstrecken mit einem Druckbogen beschicken und die auf der weiteren Sammelstrecke zusammengetragenen Druckbogen durch mindestens einen beim Heftvorgang damit gleichlaufenden weiteren Heftkopf des Heftapparates geheftet werden, und dass die zusammengetragenen Druckbogen im Wirkbereich des Heftapparates relativ zu den Sammelstrecken stillstehen und die Heftköpfe beim Heftvorgang jeweils während eines Bewegungsweges den Sammelstrecken im Gleichlauf folgen.

Im Verfahren sind ua folgende Entgegenhaltungen:

D1 CH 519 993, D2 DE 33 43 466 C1, D3 CH 645 074, D4 US 4 478 398 D5 EP 0 095 603 B1 bzw EP 0 095 603 A1 D6 US 2 717 383 D7 CH 645 073 D8 DE 26 31 058 A1 D9 US 3 199 862 D10 CH 549 443 D11 DE 24 47 336 A1 entspricht CH 584 153 D12 CH 459 145 D13 US 3 938 799 D14 DE 31 53 716 C2 D15 DE-AS 1 055 499 entspricht US 2 717 383 D16 DE 26 04 101 A1 D17 CH 575303 D18 DE 31 35 930 C2 OS VT 3.6.82 D19 DE-AS 1 224 329 Die Patentinhaberin räumt ein, ihre Teilungserklärung vom 16. Dezember 1992 (1. Teilung) gelte wegen nicht vollständiger Zahlung der Gebühren als nicht abgegeben, jedoch habe sie diese Teilungserklärung mit Schriftsatz vom 10. März 1993 gegenüber dem 11. Senat des Bundespatentgerichts wiederholt. Durch diese neue Teilungserklärung sei die Frist des PatG § 39 Abs 3 erneut in Lauf gesetzt worden und innerhalb dieser Frist habe sie die Gebühren vollständig bezahlt. Selbst wenn man unterstelle, dass durch die Teilungserklärung vom 16. Dezember 1992 bzw vom 10. März 1993 eine Teilanmeldung nicht wirksam entstanden sei, so sei dieser Fehler durch die Erteilung des Patents geheilt.

Im übrigen hält die Patentinhaberin den Gegenstand des geltenden Anspruchs für ursprünglich offenbart und gegenüber dem Stand der Technik für neu und auf erfinderischer Tätigkeit beruhend.

Die Patentinhaberin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit den im Tenor dieses Beschlusses aufgeführten Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten.

Die Einsprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.

Sie trägt vor, schon die 1. Teilung, aus der das Streitpatent vermeintlich hervorging, sei unwirksam, weil die fälligen Gebühren nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen 3-Monatsfrist in voller Höhe entrichtet worden seien. Auch liege im Schreiben der Patentinhaberin vom 10. März 1993 an den 11. Senat des Bundespatentgerichts keine neue Teilungserklärung. Die am 10. März 1993 beim Patentamt eingegangenen Unterlagen seien vielmehr eine neue Anmeldung mit diesem Anmeldetag. Dem Gegenstand dieser Anmeldung stünde aber die im Stammverfahren herausgegebene Offenlegungsschrift (DE 36 16 566 A1) neuheitsschädlich entgegen. Die Unwirksamkeit der Teilung könne nicht durch die Erteilung des Patentes geheilt werden. Auf diese Weise könne insbesondere nicht der Eintritt der Nichtabgabefiktion des PatG § 39 Abs 3 außer Kraft gesetzt werden. Eine solche Heilung würde dazu führen, dass Fehler, die bei der Teilung geschehen sind, durch die Rechtsprechung nicht mehr überprüft werden könnten, soweit sie für den Anmelder und späteren Patentinhaber günstige Wirkungen hätten. Dies sei angesichts der komplexen gesetzlichen Regelung der Teilung nicht hinnehmbar.

Die Einsprechende ist außerdem der Ansicht, daß auch die im vorliegenden Einspruchsbeschwerdeverfahren am 27. Dezember 2000 erklärte Teilung (2. Teilung) unwirksam sei. Beim Verständnis des Inhalts dieser Teilungserklärung dürfe der am 18. Januar 2001 zu den Gerichtsakten gelangte einzige Patentanspruch nicht unberücksichtigt bleiben. Dieser zeige, dass der Gegenstand des vorliegenden Streitpatents vollständig abgetrennt worden und im Restpatent nichts mehr verblieben sei. Im übrigen sei es auch rechtsmissbräuchlich, einen Gegenstand, von dem die Patentabteilung im Einspruchsverfahren bereits festgestellt habe, dass er gegenüber der Ursprungsoffenbarung unzulässig erweitert sei, nochmals einer patentamtlichen Überprüfung zuzuführen.

Die Einsprechende hält den Gegenstand des geltenden Patentanspruchs für nicht patentfähig.

Da die Patentabteilung in vorliegender Sache bisher lediglich den Widerrufsgrund der unzulässigen Erweiterung, nicht aber die Patentfähigkeit geprüft habe, des weiteren im Beschwerdeverfahren ein geänderter Anspruch vorgelegt worden und überdies wesentlicher neuer Stand der Technik bekannt geworden sei, beantrage sie hilfsweise eine Zurückverweisung der Sache an das Patentamt, da andernfalls den Parteien eine Instanz verloren gehe.

Ferner regt sie an, auch zur 2. Teilungserklärung vom 22. Dezember 2000 folgende Frage im Rahmen einer Rechtsbeschwerde zuzulassen:

"Liegt eine wirksame Teilung vor, wenn im Einspruchsbeschwerdeverfahren der einzige ursprünglich erteilte Anspruch des Stammpatents zum Gegenstand der Teilanmeldung gemacht wird, wodurch dieser Anspruch nochmals einer bereits erfolgten Überprüfung durch das Deutsche Patent- und Markenamt zugeführt wird."

Wegen Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Der Einspruch war zulässig.

1. Im Einspruchsbeschwerdeverfahren ist das Patent in dem Umfang, wie es die Patentinhaberin verteidigt, zu überprüfen.

Zwar ist mangels einer wirksamen Teilungserklärung am 16. Dezember 1992 eine Teilanmeldung, für die der Zeitpunkt der ursprünglichen Anmeldung und eine dafür in Anspruch genommene Priorität erhalten geblieben ist (PatG §3 60 Abs 1 Satz 2 und 3, 39 Abs 1 Satz 4), nicht entstanden. Dieser Mangel des Verfahrens ist jedoch durch die Patenterteilung geheilt.

In dem das Stammpatent betreffenden Verfahren 11 W (pat) 45/92 hat die Patentinhaberin im Rahmen ihrer Beschwerdebegründung mit Schriftsatz vom 16. Dezember 1992 gegenüber dem Bundespatentgericht die Teilung des Stammpatents erklärt (1. Teilung). Dieser Schriftsatz ist am 16. Dezember 1992 beim Bundespatentgericht eingegangen. Das ergibt sich aus dem auf der ersten Seite des Schriftsatzes aufgedruckten Eingangsstempel des Bundespatentgerichts, der dieses Datum trägt. zwar weist der Schriftsatz zusätzlich einen Lochstempel mit dem Datum "2.12.92" auf. Dieser muss jedoch unrichtig sein. Das ergibt sich insbesondere aus dem ersten Satz dieses Schriftsatzes. Dort heißt es: "Im Nachgang zur Vertreterbestellung vom 9. Dezember 1992...". Diese Vertreterbestellung ist in der Gerichtsakte vor dem genannten Schriftsatz eingeheftet und entsprechend foliert. Sie trägt den Eingangsstempel des Bundespatentgerichts vom 10. Dezember 1992 und einen damit übereinstimmenden Lochstempel. Beigefügt ist diesem Schriftsatz die Vollmacht, datiert vom 4. Dezember 1992. Dies alles lässt nur den Schluss zu, dass der Lochstempel "2.12.92" falsch sein muss. So haben das nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung auch alle Beteiligten gesehen.

Die Teilungserklärung vom 16. Dezember 1992 gilt jedoch als nicht abgegeben (PatG § 60 Abs 1 Satz 3 iVm PatG § 39 Abs 3). Die Patentinhaberin hat innerhalb der Frist von drei Monaten nach Eingang der Teilungserklärung die Gebühren für die abgetrennte Anmeldung nicht vollständig entrichtet. Die Höhe dieser Gebühren richtet sich gemäß PatG § 60 Abs 1 Satz 3 iVm PatG § 39 Abs 2 Satz 1 nach der Höhe der Gebühren, die für die ursprüngliche Anmeldung für die Zeit bis zur Teilung zu entrichten waren. In der ursprünglichen Anmeldung hat die Patentinhaberin sowohl Rechercheantrag gemäß PatG § 43 wie auch Prüfungsantrag gemäß PatG § 44 gestellt. Damit wurden nach PatGebG 1976 Gebührenverzeichnis Nr. 111201 und 111301 Gebühren in Höhe von 200,-- DM bzw. 250,-- DM fällig. Deshalb musste die Patentinhaberin auch für die Teilanmeldung insgesamt 450,--DM zahlen. Sie hat jedoch zunächst nur 400,-- DM (also die Gebühr für einen Prüfungsantrag, dem kein Rechercheantrag vorausging) gezahlt. Die ausstehenden 50,-- DM sind erst am 12. Mai 1993, mithin nach Ablauf der Dreimonatsfrist (16. März 1993) gezahlt worden.

Der Eintritt der Nichtabgabefiktion des PatG § 39 Abs 3 wird auch nicht dadurch gehindert, dass das Patentamt im Rahmen der Teilanmeldung unter dem Datum des 22. April 1993 (mithin bereits nach Fristablauf) die Patentinhaberin unzutreffend darauf hingewiesen hat, sie könne noch bis zum 10. Juni 1993 die ausstehenden 50,-- DM nachzahlen. Das Patentamt war zu solchen Hinweisen gesetzlich nicht verpflichtet. Werden sie gleichwohl gegeben, können sie - auch wenn sie falsch sind - jedenfalls nicht zu einer Verlängerung gesetzlicher Fristen führen.

Nach alledem gilt die Teilungserklärung vom 16. Dezember 1992 als nicht abgegeben, was auch die Patentinhaberin so sieht.

Die Patentinhaberin meint jedoch, in ihrem Schriftsatz vom 10. März 1993, beim Bundespatentgericht eingegangen am 12. März 1993, habe sie die Teilungserklärung vom 16. Dezember 1992 wiederholt, mithin eine neue Teilungserklärung abgegeben. Dem kann der Senat nicht folgen. Der Schriftsatz hat folgenden Wortlaut: "Es wird darauf hingewiesen, dass die in der Beschwerdeerwiderung (richtig: Beschwerdebegründung) angekündigte Erfüllung aller Wirksamkeitserfordernisse für die Teilung durch Einrichtung der Unterlagen und Gebührenzahlung beim Deutschen Patentamt erfolgt ist". Daraus konnte der Adressat dieses Schriftsatzes, der 11. Senat des Bundespatentgerichts, aus seinem Empfängerhorizont zum Zeitpunkt des Eingangs des Schriftsatzes nur entnehmen, dass hinsichtlich der ihm bereits vorliegenden Teilungserklärung vom 16. Dezember 1992 der durch PatG § 39 Abs 3 zunächst eingetretene Schwebezustand kurz vor Ablauf der Dreimonatsfrist beendet war. Da sämtliche Unterlagen wie auch die Gebührenzahlung zuständigkeitshalber an das Deutsche Patentamt gegangen waren (BGH GRUR 1999, 148, 150 - Informationsträger) und nie zu den Gerichtsakten gelangt sind, gab es für den 11. Senat keinen Anhalt für Fehler, die zum Eintritt der Nichtabgabefiktion führen. Nur im Wissen um den Eintritt dieser Fiktion hätte aber der Senat im Schriftsatz der Patentinhaberin vom 10. März 1993 die Wiederholung ihrer Teilungserklärung vom 16. Dezember 1992 sehen können. Dieser Schriftsatz enthält im übrigen auch keinerlei Vorbehalt in die Richtung, dass für den Fall des Eintritts der Nichtabgabefiktion vorsorglich die Teilungserklärung wiederholt werde. Mithin ist durch ihn insbesondere keine neue Dreimonatsfrist nach PatG § 39 Abs 3 in Gang gesetzt worden. Die Nachzahlung der ausstehenden 50,-- DM bleibt verspätet.

Das Patentamt ist von einer ihm gegenüber am 10. März 1993 abgegebenen Teilungserklärung ausgegangen. Das ergibt sich aus den Amtsakten und insbesondere aus dem bereits erörterten Hinweis des Amtes an die Patentinhaberin vom 22. April 1993. In der Tat hat die Patentinhaberin im amtlichen Vordruck des Antrags auf Erteilung eines Patents, der Bestandteil der am 10. März 1993 beim Patentamt eingegangenen Unterlagen zur Trennanmeldung war, in der Rubrik 8 "Erklärungen" angekreuzt: "Teilung/Ausscheidung aus der Patentanmeldung - Aktenzeichen der Stammanmeldung - P 36 16 566.2-27". Diese Teilungserklärung ist jedoch nur an das Patentamt gegangen, sie ist nicht zu den Akten des Bundespatentgerichts gelangt. Dort war aber das Einspruchsverfahren in der Beschwerdeinstanz vor dem 11. Senat anhängig. Damit war der alleinige Adressat für eine Teilungserklärung das Bundespatentgericht (Keukenschrijver in Busse, Patentgesetz, 5. Aufl, § 60 Rdn. 4; van Hees, Verfahrensrecht, S. 207; Kühnen, Die Teilung des Patents, S. 54; Hacker in Mitt 1999, 1, 8). Das Patentamt war der falsche Adressat. Die Teilungserklärung vom 10. März 1993 ist deshalb ins Leere gegangen und kann keine Wirkung entfalten.

Im Ergebnis gilt die Teilungserklärung vom 16. Dezember 1992 wegen verspäteter Gebührenzahlung als nicht abgegeben, eine weitere (spätere) Teilungserklärung liegt nicht vor bzw hat ihren Adressaten nicht erreicht.

Es kann offen bleiben, ob der 11. Senat des Bundespatentgerichts in seinem Beschluss vom 19. September 1994 unter I. der Gründe auch eine Entscheidung über die Wirksamkeit der Teilungserklärung getroffen hat, wie die Patentinhaberin meint. Denn eine solche Entscheidung wäre für das Verfahren der Teilanmeldung nicht präjudiziell (BGH GRUR 1999, 148, 150 - Informationsträger; Kühnen, a.a.O., S. 108; Hacker, a.a.O., S. 10).

Soweit die Einsprechende rügt, die Teilungserklärung vom 16. Dezember 1992 sei auch deshalb unwirksam, weil der abgetrennte Gegenstand nicht von den erteilten Patentansprüchen des Stammpatents umfasst sei, unterstellt hier der Senat die Unwirksamkeit der Teilungserklärung. Denn dies hat die gleichen Folgen wie die bereits festgestellte Nichtabgabe der Teilungserklärung per Fiktion. Für beide Fälle gilt: es entsteht keine Teilanmeldung, für die gemäß PatG § 60 Abs 1 Satz 3 iVm PatG § 39 Abs 1 Satz 4 der Zeitpunkt der ursprünglichen Anmeldung und eine dafür in Anspruch genommene Priorität erhalten geblieben wären.

Daraus folgt jedoch nicht, wie die Einsprechende meint, dass die am 10. März 1993 beim Patentamt eingegangenen Unterlagen für die Teilanmeldung deshalb als eigenständige neue Anmeldung mit dem Anmeldetag 10. März 1993 anzusehen seien (in diesem Sinne BPatGE 39, 17, 29 - 2. Senat - und Kühnen, a.a.O., S. 146, ferner die zum Gebrauchsmusterrecht ergangenen Entscheidungen des BGH BlPMZ 2000, 316, 317 - Sintervorrichtung - und des 5. Senats BPatGE 32, 212, 217). Da es - wie ausgeführt - gar nicht zu einer wirksamen Teilanmeldung kommt, besteht auch nicht die Möglichkeit, die für diese Teilanmeldung vorgelegten Unterlagen als neue Patentanmeldung anzusehen. Es handelt sich hier nicht etwa nur um den Wegfall eines Prioritätsrechtes, wodurch die sonst in ihrer Wirksamkeit nicht beeinträchtigte Nachanmeldung ohne weiteres den Zeitrang ihres eigenen, von vorne herein gegebenen Anmeldetags enthalten würde. Kommt es dagegen wie hier zu gar keiner wirksamen Teilanmeldung, fehlt es überhaupt an einem Anmeldetag. Den verschafft nur eine wirksame Teilung: es ist der Anmeldetag der Stammanmeldung (danach bestimmen sich u.a. die Laufzeit und die Fälligkeit der Jahresgebühren für die Teilanmeldung).

Im übrigen konnte das Patentamt als Adressat dieser Unterlagen bei ihrer Vorlage von einem Empfängerhorizont aus (Kühnen a.a.O. S. 49) gar nicht von einer neuen Anmeldung ausgehen. Im formularmäßigen Erteilungsantrag ist unter Ziffer 8 ausdrücklich erklärt, dass es sich um eine Teilung aus P 36 16 566.2-27 handeln soll. Wenn des weiteren unter Ziffer 9 eine ausländische Priorität vom 4. Juni 1985 in Anspruch genommen wird, macht dies für eine Anmeldung vom 10. März 1993 keinerlei Sinn, da die Jahresfrist für die Inanspruchnahme der Priorität (PVÜ Art. 4C) offensichtlich weit überschritten ist. Vor allem aber spricht gegen eine Anmeldung mit dem Anmeldetag 10. März 1993, dass der Patentinhaber hier bereits die 3. bis 7. Jahresgebühr in Höhe von insgesamt 875,-- DM eingezahlt hat.

Für das Patentamt war auch aus seinen Akten ersichtlich, dass der Patentinhaber keinerlei Interesse an einer solchen neuen Anmeldung haben konnte, da im Stammverfahren die Offenlegungsschrift DE 36 16566 A1 längst erschienen war (Offenlegungstag 4. Dezember 1986) und damit dem Gegenstand einer solchen Anmeldung neuheitsschädlich entgegengestanden hätte.

Nach alledem konnte das Patentamt hier nicht von einer neuen Anmeldung mit dem Zeitrang des 10. März 1993 ausgehen. Es hat das auch nicht getan, wie sich aus dem bereits erörterten Bescheid vom 22. April 1993 ergibt.

Auch nach Auffassung des Senats leidet das Erteilungsverfahren unter einem Mangel. Das Patentamt hat es übersehen und versäumt, die Feststellung zu treffen, dass gar keine wirksame Teilanmeldung vorliegt (BPatG Entscheidung vom 27.7.92 - 4 W (pat) 22/91 unveröffentlicht; Keukenschrijver, a.a.O., § 39 Rdn. 28; a.A. Kühnen, a.a.O., S. 137 - Zurückweisung der Anmeldung; vgl. auch Keukenschrijver, a.a.O., § 39 Rdn. 33) stattdessen hat sie das Patent erteilt.

Das Fehlen einer wirksamen Teilanmeldung führt nicht etwa (über Heranziehung von Grundsätzen des Verwaltungsrechts zu nichtigen Verwaltungsakten) zur Nichtigkeit des Erteilungsbeschlusses (BPatG (7 W (pat) 11/97) Mitt 1998, 26, 27 - die zugehörigen Leitsätze der Entscheidung sind nicht auf S. 26, sondern auf S. 25 abgedruckt; Keukenschrijver, a.a.O., § 39 Rdn.7; a.A. BPatGE 39, 17, 22). Der Fehler ist nicht offenkundig. Er kann überhaupt erst bei Studium der Erteilungsakten festgestellt werden. Bezeichnenderweise hat die Einsprechende diesen Mangel erst gegen Ende des vorliegenden Einspruchsbeschwerdeverfahrens erstmals gerügt. Der Fehler ist auch nicht derart, dass der ordentliche Ablauf des Erteilungsverfahrens im übrigen nicht mehr gewährleistet gewesen wäre.

Das Fehlen einer wirksamen Teilanmeldung ist aber durch den unanfechtbar gewordenen Erteilungsbeschluss vom 2. September 1993 geheilt worden (Keukenschrijver, a.a.O., § 39 Rdn. 30 und 33, § 49 Rdn. 29; Benkard, PatG GbmG, 9. Aufl., PatG § 22 Rdn 16; Schulte, PatG, 5. Aufl., § 49 Rdn. 16; a.A. BPatGE 39, 17 (2. Senat), Kühnen, a.a.O., S. 146, Fußn 469). Die Heilungswirkung des Erteilungsbeschlusses ist zwar gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, sei folgt letztlich aber daraus, dass das Patentgesetz nach Erteilung eine Überprüfung nur noch im Rahmen der gesetzlichen Widerrufs- bzw. Nichtkeitsgründe vorsieht. Alle anderen Mängel des Erteilungsverfahrens, und seien es auch so schwerwiegende und folgenreiche wie der hier vorliegende, können den Bestand des Patents nicht mehr berühren. Dies ist letztlich auch eine Folge der Unanfechtbarkeit des Erteilungsbeschlusses. Diese Heilung führt allerdings dazu, dass der Patentinhaber ein Patent erhält, dessen Zeitrang ihm eigentlich nicht zusteht. Dies ist jedoch im Patentrecht nichts Unbekanntes. Übersieht z.B. eine Prüfungsstelle, dass die förmlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer ausländischen Priorität nicht gegeben sind (z.B. der Prioritätsanspruch wegen Überschreitung von Fristen verwirkt ist PatG § 41 Abs 1 Satz 3), so ist dies nach Patenterteilung im Einspruchs- aber auch Nichtigkeitsverfahren nicht mehr nachprüfbar und deshalb bindend (h.M. BGH GRUR 1960, 506, 507 - Schiffslukenverschluss; RGZ 63, 161, 163; RPA Mitt 1932, 181 und BlPMZ 1935, 33; Benkard, PatG GbmG, 9. Aufl, Int. Teil Rdn. 72; § 22, Rdn. 16; Keukenschrijver, a.a.O., § 41 Rdn 50: Schulte, a.a.O., § 21 Rdn 46): das Patent behält den Zeitrang der Voranmeldung.

Heilung wird auch dann angenommen, wenn bei Patenterteilung übersehen wird, dass zuvor bereits die Fiktion der Rücknahme der Anmeldung (etwa wegen unvollständiger Gebührenzahlung) eingetreten war (BPatG BlPMZ 1984, 380 - 3. Senat; Mes, Patentgesetz, § 49 Rdn. 6). Auch in diesem Fall liegt zum Zeitpunkt der Patenterteilung keine wirksame Anmeldung vor. Also können - entgegen der Auffassung der Einsprechenden - auch Fehler, die entstehen, wenn der Eintritt einer Fiktion übersehen wird, geheilt werden.

Soweit die Einsprechende Bedenken hat, dass durch Heilung auch schwere Fehler bei der Teilung im Einspruchsverfahren nicht mehr überprüft werden können, so ist dem entgegenzuhalten, dass die Einsprechende die Unwirksamkeit der Teilungserklärung bereits im Rahmen des Einspruchsbeschwerdeverfahrens vor dem 11. Senat des Bundespatentgerichts hätte rügen können.

Nach alledem ist durch die Patenterteilung der angesprochene Verfahrensmangel geheilt.

2. Die Patentinhaberin verteidigt das Patent im Einspruchsbeschwerdeverfahren nur noch in beschränktem Umfang, und zwar mit einem Patentanspruch, den sie durch eine Teilungserklärung beschränkt hat, die Gegenstand ihres Schriftsatzes vom 22. Dezember 2000, eingegangen am 27. Dezember 2000, ist.

Der Patentanspruch betrifft eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen:

Sammelhefter 1 mit einer Sammelstrecke 1.1 die Sammelstrecke weist eine sattelförmige Auflage auf 1.2 auf die Auflage werden an in einem Maschinentakt angetriebenen Anlegestationen Druckbogen rittlings abgelegt 1.3 die Sammelstrecke ist mit quer zu ihrer Beschickungsrichtung mit den Druckbogen längs der Auflage wirksamen Mitnehmern versehen 1.4 Mitnehmer transportieren die vereinzelten Druckbogen zu einem Heftapparat 2 von dem Heftapparat werden die auf der Sammelstrecke zusammengetragenen Druckbogen durch mindestens einen beim Heftvorgang damit gleichlaufenden Heftkopf geheftet 3 parallel zur erwähnten Sammelstrecke ist wenigstens eine ihr zum Beschicken nachfolgende weitere Sammelstrecke mit sattelförmiger Auflage (3) und mit Mitnehmern (6) vorhanden 4 mit jedem Maschinentakt beschicken die Anlegestationen (7, 8, 19) nacheinander jeweils eine der einander folgenden Sammelstrecken mit einem Druckbogen 5 die auf der weiteren Sammelstrecke zusammengetragenen Druckbogen werden durch mindestens einen beim Heftvorgang damit gleichlaufenden weiteren Heftkopf (12, 13, 33) des Heftapparates (9) geheftet 6 die zusammengetragenen Druckbogen stehen im Wirkbereich des Heftapparates (9) relativ zu den Sammelstrecken still 7 die Heftköpfe (12, 13, 33) folgen beim Heftvorgang jeweils während eines Bewegungsweges den Sammelstrecken im Gleichlauf.

Die Zulässigkeit des geänderten Patentbegehrens ist gegeben:

Zunächst hat die Patentinhaberin ein Rechtsschutzinteresse an der Aufrechterhaltung eines solchen Patents, denn von dem in dem Patent 35 16 566 (Stammpatent zum Streitpatent) beanspruchten Gegenstand unterscheidet sich der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs ua dadurch, dass die Sammelstrecken nicht notwendigerweise symmetrisch zu einer Achse und um diese drehend angeordnet sind. Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass nach Merkmal 1.3 die Sammelstrecke mit quer zu ihrer Beschickungsrichtung mit den Druckbogen längs der Auflage wirksamen Mitnehmern versehen ist.

Die Merkmale des Anspruchs sind in der Streitpatentschrift als zur Erfindung gehörig offenbart:

Merkmale 1 bis 4 und 6 entsprechen jeweils wörtlich der erteilten Fassung. Im Kennzeichen wurde Merkmal 5 eingefügt. Es wird auf Sp 5 Z 6 bis 8 und Sp 6 Z 55 bis 57 der Streitpatentschrift verwiesen.

Das Merkmal 7 des Kennzeichens, wonach die Heftköpfe 12, 13, 33 beim Heftvorgang jeweils während eines Bewegungsweges den Sammelstrecken im Gleichlauf folgen, wurde gegenüber der erteilten Fassung abgeändert, s dazu Sp 5 Z 10 bis 22 und Sp 6 Z 57 bis 59.

Die Merkmale des Anspruchs sind gleichfalls in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen offenbart. Dies wurde in der mündlichen Verhandlung von der Einsprechenden nicht in Frage gestellt.

Die Teilungserklärung vom 27. Dezember 2000 (2. Teilung) ist entgegen der Ansicht der Einsprechenden wirksam.

Diese Teilungserklärung besteht aus zwei Teilen. Zunächst unterbreitet die Patentinhaberin eine Neufassung des Patentanspruchs für das vorliegende Verfahren. Sodann erklärt sie, dass sie den über die nunmehr geltende Neufassung des Patentanspruchs hinausgehenden Teil des Patentes gemäß PatG § 60 abtrenne. Diese Teilung ist klar, aus sich heraus verständlich und vollständig. Was im Restpatent verbleibt, ergibt sich aus dem neu formulierten Patentanspruch. Er hat einen Sammelhefter zum Gegenstand, der neben verschiedenen anderen Merkmalen durch mindestens zwei Heftköpfe gekennzeichnet ist. Der darüber hinausgehende Teil des Patents, der abgeteilt wird, hat demzufolge einen Sammelhefter zum Gegenstand, der u.a. durch nur einen Heftkopf gekennzeichnet ist. Denn Sammelhefter mit zwei oder mehr Heftköpfen sind im vorliegenden Restpatent verblieben.

Entgegen der Auffassung der Einsprechenden darf zum Verständnis der Teilungserklärung nicht der erst später, nämlich am 18. Januar 2001, zu den Akten gereichte Patentanspruch herangezogen werden (BGH BlPMZ 1996, 351, 355 - Lichtbogen-Plasma-Beschichtungssystem). Dieser Patentanspruch gehört bereits zu den Unterlagen für die vorher, nämlich am 27. Dezember 2000 durch die Teilungserklärung entstandene Teilanmeldung. Kopien dieser Unterlagen und damit auch des Patentanspruchs sind von der Patentinhaberin nur zur Unterrichtung des Senats mit entsprechendem Anschreiben vom 17. Januar 2001 zu den Gerichtsakten gereicht worden. Deshalb greift auch die Rüge der Einsprechenden, die Patentinhaberin habe den Gegenstand des Stammpatentes vollständig abgetrennt, nicht durch.

Allerdings ergibt sich eine nicht unerhebliche Diskrepanz zwischen diesem für die Unterlagen der Teilanmeldung formulierten Patentanspruch und dem Gegenstand, der bei rechtem Verständnis Inhalt der am 27. Dezember 2000 abgegebenen Teilungserklärung ist. Letzterer hat, wie ausgeführt, einen Sammelhefter u.a. mit nur einem Heftkopf zum Gegenstand. Demgegenüber ist im Oberbegriff des Patenanspruchs, der mit den Unterlagen für die Teilanmeldung eingereicht worden ist, von "mindestens einem Heftkopf" die Rede, was wieder Sammelhefter mit zwei oder mehr Heftköpfen umfasst.

Diese Diskrepanz zwischen abgetrennten Gegenstand und eingereichtem Patentanspruch ist jedoch kein eindeutiger Anhaltspunkt für den unmissverständlichen Willen der Patentinhaberin, ihre Teilungserklärung vom 27. Dezember 2000 stillschweigend zurückzunehmen und gegenüber dem Senat eine neue Teilungserklärung abzugeben (BGH BlPMZ 1996, 351, 355; Kühnen, a.a.O., S. 50 ff). Dagegen spricht schon die äußere Form der Eingabe vom 17. Januar 2001. Adressat für eine neue Teilungserklärung wäre der Senat gewesen. An ihn sind jedoch der Patentanspruch und die Unterlagen nur in Kopie zur Kenntnisnahme gegangen. Die Originale sind beim Patentamt eingereicht worden. Das spricht dafür, dass es sich nach dem Willen der Patentinhaberin um die Unterlagen für die Teilungserklärung vom 27. Dezember 2000 handelt. Denn dafür war das Patentamt der richtige Adressat. Der Senat verkennt nicht, dass die Abweichung hier nicht nur sprachlicher, sondern durchaus sachlicher Natur und auch nicht ohne Gewicht ist. Aber hier ist zu berücksichtigen, dass der mit den Unterlagen für die Teilanmeldung eingereichte Patentanspruch ohnehin nur vorläufigen Charakter hat, die Diskrepanz also im Verfahren der Teilanmeldung noch behoben werden kann (BGH BlPMZ 1996, 355).

Die (von den Parteien im Einspruchsverfahren ausführlich erörterte) Frage, ob das vorliegende Restpatent gegenüber den ursprünglichen Unterlagen unzulässig erweitert sei, spielt bei der Beurteilung der Wirksamkeit der Teilungserklärung keine Rolle. Maßstab dafür ist allein das erteilte Patent, das die "Teilungsmasse" (Kühnen, a.a.O., S. 33 ff) darstellt. Dass der Gegenstand des Patents möglicherweise über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung hinausgeht, ändert daran nichts. Die Entscheidung BGH GRUR 1999, 41 - Rutschkupplung - ist nicht einschlägig. Sie befasst sich mit der Teilung einer Anmeldung, bei der die gesamte ursprüngliche Offenbarung "Teilungsmasse" ist. Das soll dazu führen, dass die ursprüngliche Offenbarung bereits bei der Frage der Wirksamkeit der Teilungserklärung überprüft wird (kritisch dazu Keukenschrijver, a.a.O., § 39 Rdn. 17).

Daran ändert auch nichts, dass die Patentabteilung im angefochtenen Beschluss von einer solchen unzulässigen Erweiterung ausgegangen ist. Es ist der Patentinhaberin unbenommen, diese Frage durch entsprechende Beschränkung des Patents nicht in diesem Verfahren vom Senat, sondern erst im Rahmen einer (weiteren) Teilanmeldung endgültig entscheiden zu lassen. Wenn die Patentinhaberin von dieser vom Gesetz eröffneten Möglichkeit Gebrauch macht, kann darin ein Rechtsmissbrauch nicht gesehen werden.

3. Der Gegenstand des Anspruchs ist neu:

Im Stand der Technik ist ein Gegenstand mit allen Merkmalen des geltenden Anspruchs nicht vorbeschrieben. So zeigt keine der Entgegenhaltungen D1 bis D19 einen Sammelhefter mit wenigstens zwei Sammelstrecken und wenigstens zwei Heftköpfen, bei dem das Merkmal verwirklicht ist, dass die Heftköpfe beim Heftvorgang jeweils während eines Bewegungsweges den Sammelstrecken im Gleichlauf folgen. Es wird auf die nachfolgenden Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit verwiesen.

4. Der unbestritten gewerblich anwendbare Sammelhefter nach dem Patentanspruch beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.

Im Anspruch ist nach dem Vortrag der Patentinhaberin ausgegangen von der CH 519 993 (D1), vgl Beschreibung des Streitpatents Sp 1 Abs 3. Diese Druckschrift offenbart einen Sammelhefter, bei dem die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 im wesentlichen verwirklicht sind. Die Sammelstrecke wird durch das obere Trum der Transportkette 7 gebildet, die eine sattelförmige Auflage aufweist, auf die Druckbogen 13 rittlings abgelegt werden, s Fig 1 und 2. Die Sammelstrecke 7 ist mit längs der Auflage wirksamen Mitnehmern versehen, welche die vereinzelten Druckbogen zu einem Heftapparat transportieren, von dem die auf der Sammelstrecke 7 zusammengetragenen Druckbogen durch mindestens einen beim Heftvorgang damit gleichlaufenden Heftkopf 14 geheftet werden. Der Heftapparat mit den zwei Heftköpfen 14 bewegt sich während des Heftvorgangs in der Transportrichtung der Sammelstrecke und fährt dann zurück, s Fig 1 und zugehörige Beschreibung. Über den Vorgang des Ablegens der Druckbogen auf der Sammelstrecke und die Beschickungsrichtung der Druckbogen ist in der Entgegenhaltung nichts ausgeführt, vgl Merkmale 1.2 und 1.3.

Bei diesem Sammelhefter ist als nachteilig zu sehen, dass nur eine einzige Sammelstrecke vorhanden ist, auf der der gesamte Sammel- und Heftvorgang stattfindet Dies steht einer Erhöhung der Produktionsleistung entgegen, ebenso der Umstand, dass durch die Bewegungsumkehr der Heftköpfe an den zwei Umkehrpunkten hohe Massenkräfte auftreten, s Streitpatentschrift Sp 1 Z 42 ff.

Unter Berücksichtigung von weiterem in der Beschreibungseinleitung diskutierten Stand der Technik ist dem Streitpatent das als Aufgabe formulierte technische Problem zugrundegelegt, einen Sammelhefter der eingangs genannten Art dahingehend auszubilden, dass ohne Verlust an Verarbeitungspräzision eine Steigerung der Produktionsleistung erreicht wird, vgl Sp 3 Z 53 ff.

Eine Lösung ist bei einem gattungsgemäßen Sammelhefter durch die Merkmale des Kennzeichens des Anspruchs gegeben.

Die CH 519 993 (D1) vermochte keinen zum Gegenstand des Anspruchs führenden Hinweis zu geben, da die Druckschrift allein auf einen Sammelhefter mit nur einer Sammelstrecke abstellt und keines der Merkmale des Kennzeichens des geltenden Anspruchs offenbart ist.

Die beanspruchte Lösung ergab sich für den Fachmann auch bei Einbeziehung der übrigen Entgegenhaltungen und einer Gesamtschau des Standes der Technik nicht ohne erfinderische Tätigkeit.

Die DE 33 43 466 C1 (D2) zeigt und beschreibt einen gattungsähnlichen Sammelhefter mit den Merkmalen 1 bis 1.2, 1.4 und 2, der die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs nicht aufweist. Sp 3 Z 23 ff in Verbindung mit Fig 1 weist auf - nicht näher spezifizierte - Transportmittel hin, welche die vereinzelten Druckbogen zu einem Heftapparat transportieren. Die auf der Sammelstrecke zusammengetragenen Druckbogen werden durch einen beim Heftvorgang damit gleichlaufenden Heftapparat geheftet. Er bewegt sich während des Heftvorgangs in der Transportrichtung der Druckbogen auf der Sammelstrecke, s Fig 1 und zugehörige Beschreibung Sp 3 Z 51 bis 62. Der mit insgesamt vier Heftköpfen 5 ausgerüstete Heftapparat ist für die gleichzeitige Heftung von zwei Druckerzeugnissen vorgesehen, was zu einer Vergrößerung der Produktionsgeschwindigkeit des Sammelhefters führt. Nach wie vor ist jedoch die Produktionsleistung durch die Beschränkung auf eine Sammelstrecke und durch die Bewegungsumkehr des Heftapparats bzw der Heftköpfe an den zwei Umkehrpunkten mit den dabei auftretenden hohen Massenkräften begrenzt. Die Entgegenhaltung D2 vermochte daher gleichfalls nicht zur gekennzeichneten Lösung anzuregen.

Die von der Einsprechenden als besonders relevant erachtete CH 645 074 (D3) offenbart einen Sammelhefter mit den Merkmalen 1 bis 1.2 und 2 bis 4.

Eine Sammelstrecke mit sattelförmiger Auflage wird von jedem der Stützstege 47 gebildet, die auf der drehend angetriebenen Trommel 45 radial abstehend und sich axial über die Trommellänge erstreckend angeordnet sind. An im Maschinentakt angetriebenen Anlegestationen werden der Trommel 45 zickzackförmig gefaltete Papierbahnen zugeführt, die - abweichend von Merkmal 1.4 des Anspruchs - aus den noch miteinander verbundenen Druckbogen bestehen. Dabei wird jeweils ein mittig gefalteter Druckbogen als Teil einer Bahn auf einem der Stützstege rittlings abgelegt. Im Ausführungsbeispiel sind drei Anlegestationen 52, 53, 54 gezeigt, s Fig 5. Die bei Anlegestationen 52 angelegte Bahn 1a bewegt sich während einer Umdrehung der Trommel so in deren Längsrichtung, dh quer zur Beschickungsrichtung, dass bei der Anlegestation 53 die nächste Bahn 1b mit den gleichfalls verbundenen Bogen passend aufgelegt werden kann etc. Die Querbewegung wird durch nicht näher beschriebene Mittel bewirkt, die offenbar der Trommel insgesamt zugeordnet sind, s S 4 linke Sp Z 37 f, nicht aber, wie nach Merkmal 1.3 gefordert, einer einzelnen Sammelstrecke. Es ist ein Heftapparat (Rotationsheftapparat 62) vorhanden, von dem die auf einer Sammelstrecke zusammengetragenen Druckbogen geheftet werden, s Fig 7.

Die Einsprechende hat vorgetragen, der Fachmann hätte ohne weiteres erkannt, dass im Berührungsbereich von Heftapparaten 62 und Trommel 45 eine Relativbewegung zwischen den Druckbogen und den Heftköpfen zu vermeiden sei, um ein ordnungsgemäßes Heften zu ermöglichen. Demzufolge hätte er dann unter Zugrundelegung der sich aus Fig 7 der Druckschrift ergebenden Größenverhältnisse auf dem Umfang des Heftapparats 62 acht Heftköpfe angeordnet, um bei konstanten Winkelgeschwindigkeiten von Heftapparat 62 und Trommel 45 beider Umfangsgeschwindigkeiten gleich einstellen zu können.

Selbst wenn man diesem Vortrag der Einsprechenden folgt und unterstellt, der Fachmann hätte die oa Zusammenhänge erkannt und dann die geschilderten Maßnahmen auf den Sammelhefter für Einzelbogen nach der D1 übertragen, wäre die Erfindung noch nicht verwirklicht gewesen. Dazu bedurfte es noch einer Ausgestaltung derart, dass die Heftköpfe beim Heftvorgang jeweils während eines Bewegungsweges den Sammelstrecken im Gleichlauf folgen, s Merkmal 7. Dies erfordert zumindest eine Folgebewegung des Heftapparats insgesamt, wozu die Entgegenhaltung jedoch ersichtlich keine Anregung gibt.

Auch bei Hinzunahme der US 4 478 398 (D4) fand der unvoreingenommene Fachmann zu der vorstehenden Ausgestaltung keinerlei Hinweis. Denn bei dem Sammelhefter nach dieser Druckschrift, dem schon die vorausgesetzte Sammelstrecke fehlt, ist ebenfalls nur ein ortsfest angeordneter Rotationshefter 22 vorgesehen. Dieser wird offenbar in Abstimmung auf die Transportgeschwindigkeit der auf den Fingern 14 aufliegenden zusammengetragenen Papierbogen 11 drehend angetrieben. Diese Art der Antriebseinstellung mit Synchronisation geht somit gleichfalls nicht über das in Merkmal 2 bzw Merkmal 5 des Anspruchs des Streitpatents Beanspruchte hinaus.

In der mündlichen Verhandlung wurde von der Einsprechenden noch die US 2 717 383 (D6) in das Verfahren eingeführt. Diese Schrift befasst sich mit einer Heftmaschine mit einem Heftapparat 10, der einen Doppelheftkopf mit gleichzeitigen Setzen von zwei Klammern in eine Gruppe von Papierbogen 28 aufweist, s Sp 1 Z 69 bis Sp 2 Z 2. Von den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs ist keines verwirklicht. Insbesondere ist eine Sammelstrecke nicht angesprochen, vielmehr werden die zu heftenden Bogen 28 in zuvor an anderer Stelle gebildeten, flachliegenden Gruppen mittels eines Riemens 112 über die Führung 27 der Heftmaschine zugeführt, s Fig 2 und Sp 5 Abs 2. Bei der Heftung durch den rotierenden Heftkopf des Heftapparats 10 dient ein synchron rotierender Amboß 11 als Gegenlager. Gegenstand der Entgegenhaltung ist es, die Klammern beim gesamten Heftvorgang in richtiger Orientierung zu den zusammengetragenen Papierbogen zu halten, um die Heftung zu verbessern, Sp 1 Z 24 bis 37. Dies wird dadurch erzielt, dass die vorbekannte radiale Ausrichtung der Klammern aufgegeben und stattdessen während des Heftvorgangs eine Verschwenkung der Klammern um kleine Winkel relativ zu dem Heftapparat 10 durchgeführt wird, s insbesondere Ablauf der Heftung in den Fig 3 bis 5 mit zugehöriger Beschreibung.

Die Lehre der Schrift ist allein auf den Heftvorgang innerhalb einer Heftmaschine mit rotierendem Heftapparat gerichtet und könnte somit dem Fachmann nicht als Vorbild für die Anpassung der Bewegung mehrerer Heftköpfe an die Bewegung mehrerer Sammelstrecken zur Steigerung der Produktionsleistung eines gattungsgemäßen Sammelhefters dienen.

Die übrigen Entgegenhaltungen kommen dem Gegenstand des Patentanspruchs nicht näher als der vorstehend diskutierte Stand der Technik. Sie wurden von der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr aufgegriffen und als dem Streitpatent entgegenstehend diskutiert. Ein Eingehen auf diese Druckschriften erübrigt sich daher.

Der geltende Patentanspruch ist daher gewährbar.

5. Der Senat hat von einer Zurückverweisung abgesehen und in der Sache entschieden. Der im Beschwerdeverfahren von der Einsprechenden neu vorgelegte Stand der Technik zusammen mit dem umfangreichen Stand der Technik, der sich bereits im Verfahren befand, hat den Senat in die Lage versetzt, über die Sache abschließend zu entscheiden. Angesichts der Dauer des Verfahrens, die sich durch eine Zurückverweisung an das Patentamt noch wesentlich verlängert hätte, tritt der von der Einsprechenden genannte Gesichtspunkt des Instanzverlustes zurück.

6. Die Rechtsbeschwerde hat der Senat gemäß PatG § 100 Abs 2 Nr 1 und 2 zugelassen. Ob der Mangel einer nicht wirksam entstandenen Teilanmeldung durch die Patenterteilung geheilt wird, ist eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung und wird von Senaten des Bundespatentgerichts unterschiedlich beantwortet.

Die von der Einsprechenden zu Protokoll gegebene Rechtsfrage hat sich dem Senat bei seiner Entscheidung nicht gestellt.

Ch. Ulrich Hövelmann Dr. Barton Dr. Frowein Bb






BPatG:
Beschluss v. 25.01.2001
Az: 34 W (pat) 22/98


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/68830bd138f8/BPatG_Beschluss_vom_25-Januar-2001_Az_34-W-pat-22-98




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share