Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Oktober 2006
Aktenzeichen: 8 W (pat) 301/04

(BPatG: Beschluss v. 24.10.2006, Az.: 8 W (pat) 301/04)

Tenor

Das Patent 101 10 084 wird widerrufen.

Gründe

I Das Patent 101 10 084 mit der Bezeichnung "Wellrohrformvorrichtung mit schwebendem Innenkörper" wurde am 2. März 2001 beim Patentamt angemeldet. Mit Beschluss vom 13. Februar 2002 wurde hierauf das Patent erteilt und am 14. August 2003 dessen Erteilung veröffentlicht.

Gegen das Patent hat die Firma A... GmbH, B...straße in C...

am 11. November 2003 Einspruch erhoben.

Die Einsprechende stützt ihren Einspruch auf folgenden druckschriftlichen Stand der Technik:

1. DE 28 31 318 C2 und 2. DE 1 780 381 U.

In der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2006 hat die Einsprechende die Ansicht vertreten, dass der Patentgegenstand nach Patentanspruch 1 gegenüber der Lehre nach der DE 28 31 318 C2 wohl neu sei, jedoch unter Berücksichtigung des Standes der Technik nach der DE 1 780 381 U nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Sie führte dazu aus, dass die im Patentanspruch 1 angegebenen Merkmale nur auf die Ausgestaltung des Innendorns gerichtet seien und das Merkmal das sich mit der Einführung von Kabeln in das Wellrohr befasse eine reine Zweckangabe wäre.

Die Einsprechende beantragte, das Patent 101 10 084 zu widerrufen.

Die Patentinhaberin ist in ihrer Eingabe vom 6. Juli 2004 dem Vorbringen der Einsprechenden entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten, dass der keilförmige Luftstopfen nach der DE 28 31 318 C2 nicht mit dem Innenkörper nach dem Streitpatent vergleichbar sei, da der patentgemäße Innendorn der Unterstützung der Ausbildung des Wellrohres mit Kabeln diene.

Die Patentinhaberin hat in ihrem Schreiben vom 11. Oktober 2006 beantragt, nach Lage der Akte zu entscheiden. In ihrer Einspruchserwiderung hatte sie zuvor sinngemäß beantragt, das Patent in der erteilten Fassung aufrecht zu erhalten.

II 1. Der Einspruch ist frist- und formgerecht erhoben und auch im Übrigen zulässig.

Der Einspruch ist auch sachlich gerechtfertigt, weil der Gegenstand des Patents keine Erfindung im Sinne der §§ 1 bis 5 PatG darstellt.

2. Nach dem erteilten Patentanspruch 1 betrifft der Gegenstand des Patents eine Wellrohrformvorrichtung zum Formen und Abgeben eines Wellrohres, in das Kabel eingeführt sind, wobei das Wellrohr entlang einem vorgegebenen Pfad (210) geführt wird, mita) einem Formkanal (110) zum Formen des Wellrohres (200), der einen sich in Abgaberichtung erstreckenden Hohlraum ummantelt, mittels Formteilen (112), die mit dem Wellrohr in Kontakt bringbar sind, um dem Wellrohr ein Profil mit einer vorgegebenen Profiltiefe zu verleihen, undb) einem Auslaufbereich (120), in dem die Formteile (112) in einer vorgegebenen Richtung von dem Wellrohr (200) entfernt werden, c) einem Kraftfelderzeuger (410, 420), der ein elektromagnetisches Kraftfeld zumindest in einem Bereich des vorgegebenen Pfades (110) erzeugt, undd) einem Innenkörper (300) zur Unterstützung der Ausbildung des Wellrohres mit Kabeln, der mittels des Kraftfeldes im Inneren des Wellrohres schwebend gehalten wird und mit dem entlang dem vorgegebenen Pfad (210) geführten Wellrohres (200) im gleitenden Kontakt ist oder mit dem Wellrohr in Kontakt gelangt, falls das Wellrohr vom vorgegebenen Pfad abweicht, wobeie) der Innenkörper zumindest im Auslaufbereich der Formvorrichtung erstreckt ist.

Hinsichtlich der zum Patentanspruch 1 nebengeordneten Patentansprüche 11 und 12, sowie der auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 10 wird auf die Akte verwiesen.

Gemäß der Patentschrift ist es Aufgabe der Erfindung (Spalte 2, Zeilen 51 bis 57), eine Wellrohrformvorrichtung bereitzustellen, die die Entformung eines Wellrohres aus dieser unterstützt. Ferner ist es Aufgabe der Erfindung, eine Wellrohrformvorrichtung zur Verfügung zu stellen, die eine Möglichkeit aufweist, größere Kabellängen in das Wellrohr mit der Herstellung des Wellrohres einzubringen.

3. Der erteilte Patentanspruch 1 ist zulässig. Der Patentanspruch 1 entspricht hinsichtlich seiner Merkmale dem ursprünglichen Patentanspruch 1, wobei die Vorrichtung auf die Herstellung von Wellrohren mit Kabeln beschränkt worden ist.

Der erteilte Patentanspruch 11 entspricht hinsichtlich seiner Merkmale dem ursprünglichen Patentanspruch 1, wobei die Vorrichtung auf die Herstellung von Wellrohren mit Kabeln beschränkt worden ist. Ferner sind die Merkmale c) und f) noch hinzugefügt worden. Diese Merkmale sind auf der Seite 3 oben (Merkmal c)) der ursprünglichen Beschreibung und der Figur 1 (Merkmal f)) zu entnehmen.

Der erteilte Patentanspruch 12 entspricht im Wesentlichen dem ursprünglichen Patentanspruch 14 unter Hinzunahme folgender Merkmale:

1) zum Einführen von Kabeln in das Wellrohr, 2) um diesen ein Profil mit einer vorgegebenen Profiltiefe zu verleihen, 3) die im Abschnitt d) aufgeführten Merkmale, wobei sich der Innenkörper zumindest in den Auslaufbereich der Formvorrichtung erstreckt.

Diese Merkmale sind auf Seite 11, 12 und 15 offenbart. Das Wort "gleitend" ist so nicht offenbart, jedoch wird gemäß Seite 11 Mitte, letzter Absatz, der Innenkörper schwebend gehalten und ist somit gleitend.

Die Patentansprüche 2 bis 10 entsprechen den ursprünglichen Patentansprüchen 3 und 5 bis 12 in entsprechender Umnummerierung und Anpassung ihrer Rückbeziehungen.

Diese Patentansprüche sind somit ebenfalls zulässig.

4. Die aufgrund ihrer Zweckbestimmung ohne Zweifel gewerblich anwendbare Vorrichtung nach Patentanspruch 1 ist gegenüber dem im Verfahren befindlichen druckschriftlichen Stand der Technik neu.

So wird bei der Vorrichtung nach der DE 28 31 318 C2 der Innendorn nicht durch ein magnetisches Kraftfeld gehalten und die Vorrichtung nach der DE 1 780 381 U betrifft keine Wellrohrformvorrichtung.

Die Vorrichtung nach dem Patentanspruch 1 beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Bei der Wellrohrformvorrichtung nach dem Streitpatent ist zur Unterstützung der Ausbildung des Wellrohres mit Kabeln ein Innenkörper vorgesehen. Dieser Innenkörper wird mittels eines Kraftfeldes im Innern des Wellrohres schwebend gehalten und ist mit dem Inneren des Wellrohres entlang einem vorgegebenen Pfad im gleitenden Kontakt. Der Innenkörper unterstützt den Profiliervorgang durch den Aufbau eines Überdrucks im Formkanal und zwar durch Abdichten des Formkanals in Zusammenwirkung mit einem unter Überdruck stehenden Gas oder Fluid, das beispielsweise aus der Innendüse ausströmt (Spalte 4, Zeilen 32 bis 38).

Für diese Maßnahmen vermittelt der aufgezeigte Stand der Technik dem Durchschnittsfachmann, einem Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Kunststofftechnologie mit mehrjährigen Kenntnissen auf dem Gebiet der Rohrherstellung, ausreichend Anregungen.

In der DE 28 31 318 C2 ist eine Wellrohrformvorrichtung zum Formen und Abgeben eines Wellrohres beschrieben, in das ein Draht eingeführt wird, wobei das Wellrohr entlang einem vorgegebenen Pfad geführt wird, mit einem Formkanal zum Formen des Wellrohres, der einen sich in Abgaberichtung erstreckenden Hohlraum ummantelt, mittels Formteilen, die mit dem Wellrohr in Kontakt bringbar sind, um dem Wellrohr ein Profil mit einer vorgegebenen Profiltiefe zu verleihen und einem Auslaufbereich, in dem die Formteile in einer vorgegebenen Richtung von dem Wellrohr entfernt werden sowie einem Innenkörper zur Unterstützung der Ausbildung des Wellrohres mit einem Draht, wobei auch schon der Innenkörper zumindest im Auslaufbereich der Formvorrichtung erstreckt ist, denn auch bei der Vorrichtung nach dem Streitpatent erstreckt sich der Innenkörper bis in den Formkanal hinein (Spalte 8, Zeile 45). Auch unterstützt bei der bekannten Vorrichtung der Innenkörper durch den Aufbau eines Überdrucks im Formkanal den Profiliervorgang, denn in die Luftkammer (13), die einerseits durch den Innendorn und andererseits durch den Spritzkopf begrenzt ist, wird Druckluft eingepresst, um dem zunächst glattwandigen Rohr die gewünschte wellige Form zu verleihen (Spalte 5, Zeilen 31 bis 38, Figur 1 der DE 28 31 318 C2). Bei dieser Wellrohrvorrichtung wird der Innenkörper jedoch über das Rohr (9) gehalten und nicht mittels eines Kraftfelderzeugers, der ein elektromagnetisches Kraftfeld zumindest in einem Bereich des vorgegebenen Pfades erzeugt und den Innenkörper mittels des Kraftfeldes im Inneren des Wellrohres im gleitenden Kontakt hält.

Wenn nun der Fachmann vor dem Problem steht, dass die Befestigungsstange gemäß der DE 28 31 318 C2 auf Grund ihrer Länge durchhängt (Spalte 1, Zeilen 54 ff. der Streitpatentschrift) und infolgedessen der Innenkörper streifenförmige Spuren an der Innenoberfläche des Wellrohres erzeugt oder die geometrischen Verhältnisse keine ausreichende Bauteilfestigkeit der Innendüse oder der daran befestigten Befestigungsstange zulassen, da die Gefahr des Abreißens oder Herausreißens der Befestigungsstange besteht, wird er im Stand der Technik gezielt nach Lösungsansätzen für diese Problematik suchen. Dabei stößt er bei der einschlägigen DE 17 80 381 U auf die vorliegende Problematik. Sie zeigt eine Einrichtung zum Kalibrieren endlos gespritzter Hohlkörper und beschreibt (S. 1, letzter Abs.), dass Innenkörper, die über ein Seil, eine Kette oder eine Stange an einem Spritzkopf zur Herstellung von Rohren befestigt sind, Nachteile aufweisen. Diese Nachteile werden dadurch überwunden, dass Bauteile, die sich im Innenraum eines extrudierten noch im plastischen Zustand befindlichen Rohres befinden, über ein magnetisches Kraftfeld gehalten werden können. Der Innenkörper bei der Einrichtung nach DE 1 780 831 U besteht dabei aus einem magnetischen Material (Seite 2, zweiter Absatz) und wird durch einen Kraftfelderzeuger gehalten, der ein elektromagnetisches Kraftfeld zumindest in einem Bereich des vorgegebenen Pfades erzeugt. Dadurch wird der Innenkörper schwebend gehalten und ist entlang eines vorgegebenen Pfades im gleitenden Kontakt mit der Innenwandung des Rohres. Dieser Innenkörper stellt sicher, dass der innere Überdruck erhalten bleibt und dadurch das noch plastische Rohr an ein Kalibrierrohr angedrückt wird um das Rohr in eine vorgegebene Form, in diesem Fall in eine solche mit einer glatten Außenwand, zu kalibrieren.

Diese Lehre kann der Fachmann, ohne erfinderisch tätig werden zu müssen, auf eine gattungsgemäße Vorrichtung übertragen. Daran hindert ihn auch die Tatsache nicht, dass es sich dort um glatte Rohre und gattungsgemäß um Wellrohre handelt. In beiden Fällen wird nämlich das noch plastische Rohr gegen eine Formwandung angedrückt und dadurch die Oberfläche des Rohres ausgebildet. Dabei ist es auch unerheblich, ob in das herzustellende Rohr bei der Extrusion ein Kabel oder ein Draht eingezogen ist bzw. wird, da die Merkmale des erteilten Patentanspruchs 1 auf den Innenkörper, dessen Anordnung und dessen Befestigung gerichtet sind, und die Zweckbestimmung die Vorrichtung nicht spezifiziert.

Der Patentanspruch 1 ist daher nicht bestandsfähig.

Die auf diesen rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 10 sowie der auf eine Wellrohrformvorrichtung zum Formen eines Wellrohres gerichtete Patentanspruch 11 bzw. der auf ein Verfahren zum Entformen eines Wellrohres gerichtete Patentanspruch 12 haben ebenfalls keinen Bestand, da sie bereits aufgrund der Antragsbindung mit dem Patentanspruch 1 fallen.

Das Patent war somit zu widerrufen.






BPatG:
Beschluss v. 24.10.2006
Az: 8 W (pat) 301/04


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