Landgericht Nürnberg-Fürth:
Urteil vom 25. Februar 2008
Aktenzeichen: 10 O 11030/06

(LG Nürnberg-Fürth: Urteil v. 25.02.2008, Az.: 10 O 11030/06)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einer vollstreckbaren notariellen Urkunde über die Bestellung einer Grundschuld. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin bestellte mit notarieller Urkunde des Notars K. in Nürnberg vom 9. Oktober 1990 (URNr. €) zugunsten der S.B. AG (nachfolgend: SB-AG) eine Grundschuld über 500.000,00 DM und unterwarf sich zugleich der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Die Grundschuld wurde am 18. Oktober 1990 in das Grundbuch eingetragen.

Am 29. September/6. Oktober 1993 schloss die Klägerin mit der SB-AG einen Darlehensvertrag Nr. € über einen Betrag von 500.000,00 DM mit einem bis 30. September 1998 festgeschriebenen Zinssatz von 6,75% p.a. Die Darlehensvaluta wurde vollständig ausgezahlt. Nach der Zweckbestimmungserklärung vom 29. September 1993 diente die Grundschuld der Sicherung sämtlicher Ansprüche der SB-AG gegen die Klägerin.

Am 26. Juni/4. Juli 2000 vereinbarten die Klägerin und die SB-AG eine Konditionenanpassung, nach der mit Wirkung zum 1. Januar 2001 ein Zinssatz von 6,35% p.a. bis 31. Dezember 2005 festgeschrieben wurde.

Aufgrund Verschmelzungsvertrages vom 16. Juli 2001 ging die SB-AG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die H. Bank AG (nachfolgend: H.) über. Die Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister erfolgte am 3. September 2001.

Die Klägerin geriet bereits ab Mai 2002 mit der Zahlung von Zins- und Tilgungsleistungen in Rückstand. Durch Schreiben der H. vom 21. Januar 2003 erfolgte eine Mahnung und mit Schreiben vom 7. März 2003 wurde die Klägerin zur Zahlung der Rückstände in Höhe von 12.106,82 EUR aufgefordert. In der Folgezeit kam die Klägerin nur noch vereinzelt ihren Zahlungspflichten nach. Am 11. März 2004 betrug der Rückstand auf dem Darlehenskonto bereits 25.593,41 EUR. Am 20. Juli 2004 kam zwischen der Klägerin und der H. eine bis 31. Dezember 2004 befristete Ratenzahlungsvereinbarung zustande. Danach hatte die Klägerin monatliche Raten von 2.032,50 EUR zu zahlen.

Mit notarieller Erklärung vom 16. November 2004 übertrug die H. ein Kreditportfolio im Gesamtwert von ca. 3,6 Mrd. EUR nebst Kreditsicherheiten im Wege der Ausgliederung zur Neugründung auf die I. GmbH (nachfolgend: I.). Die Eintragung der Ausgliederung in das Handelsregister erfolgte am 30. November 2004. Die H. teilte die Ausgliederung der Klägerin mit Schreiben vom 9. Dezember 2004 mit.

Am 20. Januar 2005 trat die I. die Darlehensforderung gegen die Klägerin an die Beklagte ab. Mit notarieller Urkunde des Notars Dr. S. in München vom 25. Januar 2005 (URNr. €) trat die I. auch die Grundschuld an die Beklagte ab. Die Änderung des Gläubigers wurde im Grundbuch eingetragen. Mit Schreiben vom 31. Januar 2005 teilte die HAG GmbH (nachfolgend: HAG) der Klägerin mit, dass die Forderung an die Beklagte verkauft wurde und sie die Verwaltung des Kredits übernommen habe.

Am 24. Mai 2005 wurde der Beklagten die Vollstreckungsklausel auf der Grundschuldurkunde erteilt.

Nachdem die Klägerin erneut mit der Zahlung von mehr als zwei Darlehensraten im Rückstand war und die Zahlungsrückstände per 15. Februar 2006 insgesamt 28.569,54 EUR betrugen, forderte die HAG mit Schreiben vom 16. Februar 2006 die Klägerin auf, den rückständigen Betrag bis 21. März 2006 zu zahlen und drohte zugleich die Kündigung des Darlehensvertrages an. Da eine Zahlung der Klägerin nicht erfolgte, kündigte die HAG das Kreditengagement zum 30. März 2006 und stellte den Gesamtbetrag von 249.604,47 EUR zuzüglich Zinsen zur Rückzahlung fällig. Die offene Forderung beträgt per 1. Januar 2008 273.426,31 EUR.

Die Klägerin behauptet, dass sie im Zeitpunkt der Übertragung des Kreditengagements auf die I. am 16. November 2004 mit Zins- und Tilgungsleistungen nicht im Rückstand gewesen sei. Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass sie die Darlehensforderung der H. nebst Grundschuld tatsächlich auf die I. übergegangen ist. Die Beklagte sei nicht Inhaberin der Grundschuld.

Die Klägerin meint, dass eine stillschweigende Vereinbarung eines Abtretungsverbots zwischen den damaligen Vertragsparteien unterstellt werden müsse.

Die Klägerin beantragt zuletzt zu erkennen:

Die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Grundschuldbestellungsurkunde des Notars € vom 09. Oktober 1990 wird im Hinblick auf die der Beklagten am 24. Mai 2005 erteilten Vollstreckungsklausel für unzulässig erklärt.

Die Beklagte beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Sie trägt vor, dass Gegenstand der Ausgliederung am 16. November 2004 auch das Darlehen der Klägerin nebst Grundschuld gewesen sei und bezieht sich hierbei auf die Rechtsnachfolgebestätigung des Notars Dr. S. in München vom 8. Januar 2008 (URNr. €).

Das Gericht hat keinen Beweis erhoben.

Hinsichtlich des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den dazu übergebenen Anlagen verwiesen.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

I.

Die Klage ist zwar zulässig.

1. Das angegangene Gericht ist sachlich gemäß §§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 1 GVG zuständig. Die ausschließliche (§ 802 ZPO) örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 800 Abs. 3 ZPO, weil sich die Klage auf Abwehr der Zwangsvollstreckung aus einer gegen den jeweiligen Grundstückseigentümer vollstreckbaren Urkunde, in der sich der Schuldner auch persönlich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat, sowohl gegen die Vollstreckung gegen den jeweiligen Grundstückseigentümer als auch wegen des persönlichen Anspruchs richtet (OLG Hamm WM 2004, 1969; BayObLG NJW-RR 2002, 1295; KG Berlin NJW-RR 1989, 1407) und das Grundstück im hiesigen Gerichtsbezirk belegen sind.

2. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben, weil die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde begonnen hat und noch nicht abgeschlossen ist.

II.

Die Vollstreckungsabwehrklage ist jedoch unbegründet.

Der Klägerin stehen keine materiell-rechtlichen Einwendungen gegen den titulierten Anspruch der Beklagten zu (§§ 794 Abs. 1 Nr. 5, 795, 767 Abs. 1 ZPO). Insbesondere kommen Einwendungen gegen die mit dem Grundpfandrecht gesicherte Forderung nicht in Betracht. Die Beklagte hat gegen die Klägerin einen Darlehensrückzahlungsanspruch gemäß §§ 488 Abs. 1 Satz 2, 491 BGB in Höhe von 273.426,31 EUR.

1. Unstreitig ist, dass zwischen der Klägerin und der SB-AG ein Darlehensvertrag zustande gekommen ist und die Klägerin die Darlehensvaluta im Sinne von § 607 Abs. 1 BGB a.F. empfangen hat.

2. Die Beklagte ist auch Forderungsinhaberin und Gläubigerin der Grundschuld geworden (§ 398 Satz 2 BGB).

a) Einigkeit besteht zwischen den Parteien darüber, dass zunächst die Forderung gegen die Klägerin und die Sicherungsgrundschuld im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die H. übergegangen sind.

b) Dass die Forderung aus dem Darlehensvertrag nebst Grundpfandrecht von der H. auf die I. nach Ausgliederung durch Neugründung gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG übergegangen sind, steht zur Überzeugung des Gerichts fest aufgrund der von der Beklagten vorgelegten Rechtsnachfolgebestätigung des Notars Dr. S. in München vom 8. Januar 2008. Daraus ergibt sich, dass der streitgegenständliche Darlehensvertrag und das Grundpfandrecht gemäß Ausgliederungsplan vom 16. November 2004, Beschluss der Hauptversammlung vom 16. November 2004 und Beschluss der Gesellschafterversammlung der übernehmenden Gesellschaft vom 16. November 2004 an diese abgetreten wurden. Das Bankgeheimnis wird dabei in vollem Umfange gewahrt, da der übernehmende Rechtsträger die Darlehensrechtsverhältnisse samt der Verpflichtung zur Wahrung der Verschwiegenheit im Zuge der partiellen Rechtsnachfolge in vollem Umfange lückenlos übernimmt. Das Bankgeheimnis wird daher im gleichen Umfange geschützt wie bei der Vereinbarung der Verschwiegenheitspflicht im Falle der Auslagerung von Bankgeschäften auf ein anderes Unternehmen im Sinne von § 25a KWG. Aus diesem Grunde ist bei einer Abspaltung oder Ausgliederung eines Kreditportfolios nach dem Umwandlungsgesetz die ausdrückliche Zustimmung der einzelnen Kreditnehmer nicht erforderlich (Bruchner BKR 2004, 394, 397).

c) Die Beklagte hat die Forderung aus dem Darlehensvertrag und die Sicherungsgrundschuld im Wege der Abtretung (§ 398 Satz 1 BGB) von der I. erworben und tritt daher als neue Gläubigerin an die Stelle der Zedentin (§ 398 Satz 2 BGB). Entgegen der Auffassung der Klägerin steht der Wirksamkeit der Abtretung der Darlehensforderung weder ein vertragliches noch ein gesetzliches Abtretungsverbot entgegen.

aa) Ein Ausschluss der Abtretung nach § 399 Alt. 1 BGB kommt nicht in Betracht, weil sich die Leistung nach ihrem Inhalt nicht verändert.

(1) Forderungen sind grundsätzlich übertragbar (§ 398 BGB). Nur in Ausnahmefällen ist die Übertragbarkeit ausgeschlossen. Eine solche Ausnahme enthält unter anderem § 399 Alt. 1 BGB. Danach kann eine Forderung nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erbracht werden kann. Eine solche Inhaltsänderung wird nicht nur bei höchstpersönlichen oder unselbstständigen akzessorischen Ansprüchen, sondern auch dann angenommen, wenn ein Gläubigerwechsel zwar rechtlich vorstellbar, das Interesse des Schuldners an der Beibehaltung einer bestimmten Gläubigerperson aber besonders schutzwürdig ist (BGHZ 96, 146, 149; MünchKommBGB/Roth, 5. Aufl., § 399 Rn. 1, 8 ff.). Ein solches schutzwürdiges Interesse wird bei Ansprüchen angenommen, bei denen es für den Schuldner entscheidend darauf ankommt, wer die Leistung erbringt.

(2) Nach einer Auffassung (Schwintowski NJW 2008, 472, 473) soll es bei einem grundpfandrechtlich gesicherten Darlehen für den Schuldner essenziell darauf ankommen, eine das Darlehen und die Sicherung umfassende Beziehung zu einem Gläubiger zu haben, der unter der besonderen (laufenden) Aufsicht des Staates steht und dem die Rechtsordnung und damit auch der einzelne Schuldner in besonderer Weise Vertrauen entgegenbringt. Nur so entstehe das notwendige Vertrauen des Schuldners in die Erfüllung der Verpflichtungen durch die Bank, welches insbesondere für den vertrauensvollen Umgang mit den Rechten und Pflichten, welche die Sicherungsabrede zwischen Kunde und Bank konstituiere, Bedingung sei. Auch solle der Schuldner bei Darlehen mit festen Zinssätzen nach Ablauf von zehn Jahren einem Partner gegenüberstehen, der mit ihm über eine Verlängerung des Darlehens zu angemessenen Zinsen zumindest verhandeln kann (§ 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Bei einer Inkassogesellschaft scheide dies aus. Es gehe ferner darum, dass Sicherheiten €schonend€ im Interesse einer auch langfristig belastbaren Beziehung zwischen Bank und Kunde eingefordert und verwertet werden. Dazu passe es nicht, dass eine der beiden Seiten ihre wirtschaftlichen Interessen einseitig durchsetzt, ganz unabhängig davon, ob es als Folge davon auf Seiten des Darlehensnehmers zu einer (vermeidbaren) Vernichtung substanzieller Vermögenswerte komme, verbunden mit der Gefahr, dass der Darlehensnehmer damit der Gemeinschaft der Steuerzahler als Sozialfall zur Last falle. Außerdem werde der Inhalt des Schuldverhältnisses dadurch geändert, dass die Verbindung zwischen der dinglichen Forderung und der ihr zu Grunde liegenden Causa einschließlich des schützenden Bankgeheimnisses gekappt werde. Eine solche Trennung von Forderung und ihr zu Grunde liegendem Schuldverhältnis sei zwar rechtlich möglich und entspreche dem Konzept von § 398 BGB, führe aber bei einem grundpfandrechtlich gesicherten Darlehensvertrag zu einer künstlichen Trennung zweier bis dahin aufeinander bezogener Rechtsverhältnisse, nämlich der dinglichen Forderung und der durch den Bankvertrag im Detail ausgestalteten Causa.

34(3) Nach zutreffender Ansicht (Nobbe WM 2005, 1537, 1548), welcher sich das Gericht anschließt, kommt es nicht darauf an, ob es sich bei dem Zessionar um eine Bank oder eine Rating-Agentur handelt. Dies trifft auch auf § 399 Alt. 1 BGB zu. Die gegenteilige Ansicht überzeugt indessen nicht. Nach Auszahlung der Darlehensvaluta ist es für den Schuldner gerade nicht mehr von entscheidender Bedeutung, wer die Leistung erbringt. Denn damit hat die Bank die ihr obliegende Leistung erbracht. Es ist nun am Schuldner, seiner Verpflichtung zur Zahlung von Zins- und Tilgungsleistungen nachzukommen. An wen er diese erbringt, ist ihm regelmäßig gleichgültig, solange nur die Erfüllungswirkung (§ 362 Abs. 1 BGB) mit jeder Zahlung eintritt. Soweit es dem Darlehensnehmer im Einzelfall auf die Identität einer bestimmten Gläubigerbank ankommen sollte, steht es ihm frei, mit dieser ein umfassendes Abtretungsverbot zu vereinbaren. Nach Ablauf einer Zinsbindungsfrist kann der Schuldner zudem selbst bei einer Bank nicht sicher sein, dass tatsächlich die von ihm gewünschte Konditionenanpassung zustande kommt, etwa mit einem für ihn besonders günstigen Zinssatz. Auch wenn eine Bank Inhaberin der Forderung bleibt, kann es daher - wie die Praxis häufig zeigt - für den Darlehensnehmer notwendig werden, den Kredit umzuschulden. Außerdem leidet obige Auffassung an allzu einseitiger Betrachtungsweise in Bezug auf die Interessen eines Darlehensnehmers und lässt im Rahmen der Abwägung der Interessenlage gänzlich außer Acht, dass die Bank ein erhebliches wirtschaftliches Interesse an der Abtretung von Kreditforderungen zum Zwecke der Refinanzierung oder der Risiko- und Eigenkapitalentlastung hat (LG Frankfurt a.M. ZIP 2005, 115, 116; Langenbucher BKR 2004, 333, 334; Nobbe WM 2005, 1537, 1541). Im Übrigen führt die Abtretung nicht zu einer Inhaltsänderung des Schuldverhältnisses. Die dinglich gesicherte Forderung bleibt nach wie vor eine Darlehensforderung. Zu einer Trennung von dinglicher Forderung und zugrunde liegendem Schuldverhältnis kommt es nicht, da die Beklagte jedenfalls sowohl Inhaberin der Forderung als auch der Grundschuld sowie des abstrakten Schuldanerkenntnisses geworden ist, zumal es einen allgemeinen Bankvertrag als Causa nicht gibt (BGH, Urteil vom 24. September 2002 - XI ZR 345/01, WM 2002, 2281).

bb) Die Abtretung durch die Zedentin ist nicht gemäß § 399 Alt. 2 BGB ausgeschlossen, weil eine hierfür erforderliche "Vereinbarung mit dem Schuldner" nicht vorliegt.

(1) Nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum setzt ein Abtretungsausschluss einen Vertrag voraus, in dem sich die Vertragsparteien zumindest stillschweigend über den Ausschluss der Abtretung geeinigt haben (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2002 - VIII ZR 327/00, WM 2002, 1845, 1846; MünchKommBGB/Roth, 5. Aufl., § 399 Rn. 30; Palandt/Grüneberg, BGB, 67. Aufl., § 399 Rn. 8).

(2) Gemessen hieran ist die stillschweigende Vereinbarung eines Abtretungsausschlusses im Streitfall zu verneinen. Für den dazu erforderlichen übereinstimmenden inneren Willen der Parteien fehlt es an jedem Anhaltspunkt. Ein Abtretungsausschluss widerspricht - für den Kunden erkennbar - den berechtigten Interessen der Bank. Diese ist an einer freien Abtretbarkeit der Kreditforderungen zum Zwecke der Refinanzierung oder der Risiko- und Eigenkapitalentlastung interessiert (BGH, Urteil vom 27. Februar 2007 - XI ZR 195/05, WM 2007, 643 ff.; OLG Köln WM 2005, 2385, 2386; LG Frankfurt/Main WM 2005, 1120, 1123; LG Koblenz WM 2005, 30, 32; Bruchner BKR 2004, 394, 396; Cahn WM 2004, 2041, 2048; Langenbucher BKR 2004, 333, 334; Nobbe WM 2005, 1537, 1541; Schantz VuR 2006, 464, 465; a.A. Schwintowski NJW 2008, 472, 474).

Gänzlich verfehlt ist daher die Ansicht der Klägerin, es €müsse€ eine stillschweigende Vereinbarung eines Abtretungsverbots zwischen den damaligen Vertragsparteien unterstellt werden. Dies würde auf das Zustandekommen eines Vertrages ohne Willenserklärung hinauslaufen.

39cc) Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich ein vertraglicher Abtretungsausschluss auch nicht aus dem Bankgeheimnis.

40(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht das Bankgeheimnis in der Pflicht des Kreditinstituts zur Verschwiegenheit über kundenbezogene Tatsachen und Wertungen, die ihm aufgrund, aus Anlass oder im Rahmen der Geschäftsverbindung zum Kunden bekannt geworden sind und die der Kunde geheim zu halten wünscht (vgl. BGHZ 27, 241, 246; BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, WM 2006, 380, 384; vgl. dazu auch Bruchner/Krepold in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl., § 39 Rn. 1). Die Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses ist eine besondere Ausprägung der allgemeinen Pflicht der Bank, die Vermögensinteressen des Vertragspartners zu schützen und nicht zu beeinträchtigen (BGH, Urteil vom 24. Januar 2006 - XI ZR 384/03, WM 2006, 380, 385).

(2) Aus dieser Verschwiegenheitspflicht, die rein schuldrechtlichen Charakter hat (Nobbe WM 2005, 1537, 1539; Bruchner/Krepold in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl., § 39 Rn. 8), folgt kein dinglich wirkendes Abtretungsverbot. Hierzu bedürfte es einer - wie oben ausgeführt hier nicht vorliegenden - ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung der Parteien im Sinne des § 399 Alt. 2 BGB.

Allerdings kann die aus dem Bankgeheimnis folgende Verschwiegenheitspflicht mit der Auskunftspflicht des Zedenten nach § 402 BGB, die Bestandteil des der Zession zugrunde liegenden schuldrechtlichen Grundgeschäfts ist, kollidieren. Gemäß § 402 BGB ist der Zedent verpflichtet, dem Zessionar die zur Geltendmachung der Forderung nötigen Auskünfte zu erteilen. Ein hiermit verbundener Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht kann jedoch lediglich auf schuldrechtlicher Ebene eine Schadensersatzpflicht aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB auslösen, berührt aber die Wirksamkeit des dinglichen Verfügungsgeschäfts der Forderungsabtretung nicht (BGH, Urteil vom 27. Februar 2007 - XI ZR 195/05, WM 2007, 643 ff.; LG Koblenz WM 2005, 30, 32; Nobbe WM 2005, 1537, 1541). Gegen die Auffassung, jede Zession verletze wegen der mit ihr verbundenen Informationspflichten stets die Verschwiegenheitspflicht des Kreditinstituts (vgl. OLG Frankfurt/Main WM 2004, 1386, 1387; Schwintowski NJW 2008, 472, 474), spricht zudem, dass § 402 BGB zwar eine typisierende, aber keineswegs zwingende Regelung enthält, sondern abbedungen oder beschränkt werden kann. Der Zedent kann etwa weiterhin zur Einziehung der abgetretenen Forderung verpflichtet werden, so dass es zu keiner Informationsweitergabe kommt und das Bankgeheimnis von vornherein nicht betroffen ist (BGH, Urteil vom 27. Februar 2007 - XI ZR 195/05, WM 2007, 643 ff.). Das Bankgeheimnis schützt den Kreditnehmer nicht vor einem Gläubigerwechsel (Langenbucher BKR 2004, 333 ff.).

43dd) Die Abtretung verstößt auch nicht gegen ein gesetzliches Abtretungsverbot gemäß § 134 BGB.

(1) Ein gesetzliches Abtretungsverbot lässt sich nicht mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit der Abtretung von Honorarforderungen von Ärzten, Rechtsanwälten, Steuerberatern und Vertretern ähnlicher Berufe (vgl. etwa BGHZ 122, 115, 117 Rechtsanwalt) begründen. Danach folgt das Abtretungsverbot aus einem Verstoß gegen § 134 BGB i.V.m. § 203 Abs. 1 StGB. Dieses Verbotsgesetz stellt die unbefugte Offenbarung eines anvertrauten oder sonst bekannt gewordenen fremden Geheimnisses durch die in § 203 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 StGB aufgeführten Berufsangehörigen unter Strafe. Für die Verletzung des Bankgeheimnisses durch Vorstandsmitglieder oder Angestellte eines privaten Kreditinstituts oder - wie hier - einer Gesellschaft zur treuhänderischen Haltung von Darlehensforderungen sieht das Strafgesetzbuch keine Sanktion vor. Eine analoge Anwendung des § 203 Abs. 1 StGB scheidet wegen Art. 103 Abs. 2 GG von vornherein aus (BGH, Urteil vom 27. Februar 2007 - XI ZR 195/05, WM 2007, 643 ff.).

(2) Anders als die Klägerin meint, stehen der Wirksamkeit der Abtretung schließlich auch nicht die Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes entgegen.

Das Gericht muss sich nicht näher damit befassen, ob tatsächlich datenschutzrechtliche Vorschriften verletzt wurden. Selbst im Falle eines Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen lässt sich aus dem Bundesdatenschutzgesetz kein gesetzliches Abtretungsverbot im Sinne des § 134 BGB herleiten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und wohl herrschender Auffassung in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum ist § 134 BGB bei einer gegen die Vorgaben des Bundesdatenschutzgesetzes verstoßenden Abtretung nicht anwendbar (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 2007 - XI ZR 195/05, WM 2007, 643 ff.; OLG Celle WM 2004, 1384, 1385; Bütter/Aigner BB 2005, 119, 122; Nobbe WM 2005, 1537, 1543 f.; Theewen WM 2004, 105, 113). Die Herleitung eines gesetzlichen Abtretungsverbots aus dem Bundesdatenschutzgesetz würde zu einem untragbaren Wertungswiderspruch führen. Nach § 3 Abs. 1 BDSG fallen in dessen Anwendungsbereich lediglich die Daten natürlicher Personen, nicht aber diejenigen juristischer Personen. Es ist kein sachlich gerechtfertigter Grund ersichtlich, die Abtretung von Darlehensforderungen eines Kreditinstituts gegen natürliche Personen an einem datenschutzrechtlichen Abtretungsverbot scheitern zu lassen, die Abtretung solcher Forderungen gegen juristische Personen aber als wirksam anzusehen. Ein solches Ergebnis wäre insbesondere im Hinblick auf den spezifischen Geheimnis- und Vertrauensschutz, der durch das Bankgeheimnis zwischen Kreditinstitut und Kunde begründet wird, nicht mehr verständlich (vgl. Nobbe WM 2005, 1537, 1544). Weiterhin spricht gegen die Nichtigkeit der Abtretung infolge eines Verstoßes gegen Datenschutzbestimmungen, dass ansonsten in weiten Bereichen die nach § 398 BGB vom Gesetzgeber gewollte grundsätzliche Abtretbarkeit von Geldforderungen ausgehebelt würde. Stattdessen wäre nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG die Zulässigkeit der Übermittlung der zur Geltendmachung der Forderung erforderlichen Informationen an den Zessionar von dem Ergebnis der Abwägung der berechtigten Interessen der zedierenden Bank an deren Weitergabe und der schutzwürdigen Belange des Kreditnehmers an deren Nichtweitergabe abhängig, die in jedem Einzelfall gesondert vorgenommen werden müsste. Dass der Gesetzgeber ein solches Ergebnis gewollt hat, kann insbesondere vor dem Hintergrund, dass er mit den Regelungen des § 354a HGB und des § 22d Abs. 4 KWG, nach denen unter den dort genannten Voraussetzungen selbst ein vertragliches Abtretungsverbot nach § 399 Alt. 2 BGB die Abtretbarkeit der Forderung nicht hindert, die Verkehrsfähigkeit von Geldforderungen insbesondere von Kreditinstituten gestärkt hat, nicht angenommen werden (BGH, Urteil vom 27. Februar 2007 - XI ZR 195/05, WM 2007, 643 ff.).

(3) Darüber hinaus erweist sich die weitere Annahme der Klägerin, es liege ein Verstoß gegen § 32 KWG vor, als unzutreffend. Unter Kreditgeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG ist die Gewährung von Gelddarlehen und Akzeptkrediten zu verstehen. Die Gewährung eines Kredits ist nur die erstmalige Hingabe von Geld, nicht - wie hier - die Übernahme schon bestehender Darlehen, z.B. im Rahmen einer offenen oder stillen Unterbeteiligung (Fülbier in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, 2. Aufl., § 1 Rn. 44, 46).

dd) Es macht - auch im Streitfall - keinen Unterschied, ob es sich um einen €Not leidenden€ Kredit handelt oder ein €Performing-Loan€ vorliegt (Nobbe WM 2005, 1537, 1541). Unabhängig davon ist ein €Non-Performing-Loan€ dann gegeben, wenn der Kreditnehmer seine vertraglichen Zahlungspflichten verletzt und die Bank infolge dieses vertragswidrigen Verhaltens zur Kündigung der Darlehensvertrages berechtigt ist, wobei die Kündigung noch nicht ausgesprochen sein muss (Bruchner/Krepold in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 3. Aufl., § 39 Rn. 59). So liegt der Fall hier: Die insoweit nach allgemeinen Regeln darlegungs- und beweispflichtige Klägerin hat schon nicht ausreichend dargelegt, dass sie ihren Zahlungsverpflichtungen regelmäßig und vollständig nachgekommen ist. Der Kredit wurde vielmehr bereits ab Mai 2002 nicht mehr ordnungsgemäß bedient. Jedenfalls lagen am 11. März 2004 die Voraussetzungen einer Kündigung nach § 498 BGB vor. Deswegen wurde schließlich eine zeitlich befristete Ratenzahlungsvereinbarung mit der H. angestrebt und auch geschlossen.

3. Aufgrund der wirksamen Kündigung der Beklagten vom 30. März 2006 ist das Darlehen zur Rückzahlung fällig.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

IV.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 255.645,94 EUR festgesetzt.






LG Nürnberg-Fürth:
Urteil v. 25.02.2008
Az: 10 O 11030/06


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