Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. September 2003
Aktenzeichen: 32 W (pat) 371/02

(BPatG: Beschluss v. 24.09.2003, Az.: 32 W (pat) 371/02)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 24 - vom 24. September 2002 aufgehoben.

Die Marke 300 04 208 wird gelöscht.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der am 21. Januar 2000 für Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bettwäsche und Tischdeckenangemeldeten Marke 300 04 208 siehe Abb. 1 am Endehat die Inhaberin der am 9. Juli 1996 eingetragenen Marke 395 47 780 siehe Abb. 2 am Ende Widerspruch erhoben. Die Widerspruchsmarke genießt u.a. Schutz für Heimtextilien für die Raumausstattung, nämlich Gardinen, Vorhangstoffe, Möbelbezugsstoffe.

Die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 24 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Beschluss vom 24. September 2002 zurückgewiesen.

Selbst bei unterstellter Identität der sich gegenüberstehenden Textilwaren in Klasse 24 reiche die Ähnlichkeit der Marken nicht für die Bejahung einer Verwechslungsgefahr aus. Dem gemeinsamen Wortbestandteil Casa Nova komme in der angegriffenen Marke keine selbständig kennzeichnende Stellung zu; die bloße Mitprägung des Gesamteindrucks reiche nicht aus. Der Verkehr erblicke auf dem Modesektor, zu dem auch Heimtextilien zu zählen seien, in einer Herstellerangabe, welche durch das Wörtchen "by" deutlich als solche gekennzeichnet sei, das am ehesten individualisierende Kennzeichnungselement. Von der Schriftgröße her trete diese Angabe zwar optisch hinter Casa Nova zurück, jedoch nicht in solchem Maße, dass die Annahme gerechtfertigt wäre, sie könnte in entscheidungserheblichem Umfang (etwa bei einer verkleinerten Verwendung auf Etiketten) gänzlich übersehen werden. Darüber hinaus werde Casa Nova in der Bedeutung "neues Haus" von einem Großteil der Käuferkreise auch nur als eine Bestimmungsangabe für die betreffenden Heimtextilien verstanden und nicht als individueller Herkunftshinweis auf ein bestimmtes Unternehmen. Es bestehe auch nicht die Gefahr, dass die Marken gedanklich in Verbindung gebracht würden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie erstrebt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Löschung der jüngeren Marke.

Die sich gegenüberstehenden Waren seien teils identisch, teils äußerst ähnlich. Die Wortfolge Casa Nova präge den Gesamteindruck auch in der angegriffenen Marke. Die dort enthaltenen weiteren Wortbestandteile seien kaum erkennbar, zudem teilweise glatt beschreibend und im übrigen nicht als Kennzeichnung zu verstehen. Der Verkehr unterscheide Waren auf dem vorliegenden Sektor nicht nach dem Namen des Herstellers oder Händlers, sondern orientiere sich an anderen Kennzeichnungsmitteln. Diese tatsächliche Verkehrsauffassung werde bei der angegriffenen Marke noch dadurch gestützt, dass die zusätzlichen Wortbestandteile neben dem beherrschenden Begriff Casa Nova in äußerst kleiner, kaum leserlicher Schrift in Erscheinung träten. Die jeweilige bildliche Ausgestaltung beider Marken sei völlig unbedeutend. Insbesondere bei sprachlicher Übermittlung träfen die kennzeichnenden Bestandteile Casa Nova unmittelbar aufeinander. Hierbei handele es sich auch nicht um eine reine Bestimmungsangabe.

Die Markeninhaberin hat sich in der Beschwerdeinstanz nicht zur Sache geäußert.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig und begründet. Die sich gegenüberstehenden Marken unterliegen bezüglich der beanspruchten Waren einer Verwechslungsgefahr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

Nach diesen Vorschriften ist die Eintragung einer Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke älteren Zeitrangs und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl BGH GRUR 2002, 626 - IMS).

1. Die für die jüngere Marke registrierten weiten Oberbegriffe Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten, umfassen auch Heimtextilien für die Raumausstattung, nämlich Gardinen, Vorhangstoffe, Möbelbezugsstoffe; insoweit besteht Warenidentität. Bettwäsche und Tischdecken stehen zu den genannten Heimtextilien in einem nahen Ähnlichkeitsverhältnis. Maßgeblich für diese Beurteilung ist nicht allein die gemeinsame textile Struktur (aus gewebtem Stoff) der jeweiligen Erzeugnisse, sondern vor allem auch der Umstand, dass farblich und vom Design her aufeinander bezogene Kollektionen im Angebot sind, die Muster der für Schlafräume bestimmten Gardinen etwa denen von Bettbezügen entsprechen oder bei Wohnräumen Möbelbezugsstoffe und Tischdecken aufeinander abgestimmt sind. Derartige, keineswegs nur vereinzelt auftretende Präsentationsformen beeinflussen die Verkehrsauffassung breiter Publikumskreise dahingehend, dass die betreffenden Erzeugnisse als warenähnlich angesehen werden.

2. Der Schutzumfang der Widerspruchsmarke ist von Hause aus annähernd durchschnittlich. Zwar bedeutet Casa Nova im Italienischen "neues Haus", jedoch wird dieser warenbezogene Anklang breiten inländischen Verkehrskreisen, an welche sich die betreffenden Waren richten, mangels Sprachkenntnissen im allgemeinen nicht bewusst werden; zudem ist die Neigung des Publikums, etwaigen Wortbedeutungen nachzugehen, bei Alltagserzeugnissen nicht sonderlich ausgeprägt. Als unmittelbar warenbeschreibend kann Casa Nova ohnehin nicht angesehen werden.

3. Die Ähnlichkeit beider Marken ist im vorliegenden Falle groß. Die Wortbestandteile der Widerspruchsmarke treten auch in der jüngeren Marke groß und unübersehbar hervor. Gleichwohl läßt sich im Hinblick auf die unterschiedliche typographische und bildliche Gestaltung (Schrifttypen, Umrahmung respektive Unterstreichung) eine unmittelbare schriftbildliche Verwechslungsgefahr noch ausschließen, nicht jedoch die klangliche Verwechslungsgefahr. Beide Marken werden mit Casa Nova benannt. Die nur in der jüngeren Marke enthaltenen weiteren Wortbestandteile sind in einer so winzigen Schrift gehalten, dass ihre Aufnahme ohne ganz genaues Hinsehen nicht ohne weiteres möglich ist. Dies gilt nicht nur für die warenbeschreibenden Angaben Tischwäsche, Bettwäsche & Accessoires, sondern auch für die in gleicher Weise zurücktretende Firmenbezeichnung. Wenn aber bereits das Erkennen des Firmennamens bei einer Verwendung der Marke in üblicher Größe nicht möglich ist, wird der betreffende Bestandteil bereits aus diesem Grunde auch nicht zur Benennung der Marke (mit) herangezogen. Eines Eingehens auf die Frage, ob Firmenbezeichnungen auf dem vorliegenden Warensektor - ebenso wie etwa bei modischer Bekleidung - an sich neben sonstigen Wortelementen (mit-)prägend sind, bedarf es deshalb nicht.

Für eine Auferlegung von Kosten (gem § 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlaß.

Winkler Sekretaruk Viereck Hu Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/32W(pat)371-02.1.3.gif Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/32W(pat)371-02.2.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 24.09.2003
Az: 32 W (pat) 371/02


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