Bundespatentgericht:
Beschluss vom 3. Juli 2007
Aktenzeichen: 27 W (pat) 87/07

(BPatG: Beschluss v. 03.07.2007, Az.: 27 W (pat) 87/07)

Tenor

Die Beschlüsse der Markenstelle vom 13. Oktober 2006 sowie vom 1. März 2007 werden aufgehoben.

Gründe

I.

Die Anmeldung der Wortmarke LIEBER DRITTER ALS PETZE für Waren und Dienstleistungen der Klassen 25: T-Shirts, Sweatshirts, Pullover, Mützen 9: DVD, CD, digitale Bild-/Tonträger 41: kulturelle Unterhaltunghat die Markenstelle mit Beschluss vom 13. Oktober 2006 zurückgewiesen. Das ist damit begründet, der mittlerweile weithin bekannte Slogan LIEBER DRITTER ALS PETZE, der auch als Titel eines Songs bekannt sei, stehe im Zusammenhang mit der Fußball WM 2006, dem dritten Platz der deutschen Mannschaft und der Sperre für den deutschen Spieler Thorsten Frings nach italienischer Intervention. Dies wüssten die angesprochenen Verbraucher.

Die Erinnerung der Anmelderin hat die Markenstelle mit Beschluss vom 1. März 2007, der der Anmelderin am 13. März 2007 zugestellt worden ist, zurückgewiesen.

Die Anmelderin hat am 3. April 2007 Beschwerde eingelegt und dazu vorgetragen, LIEBER DRITTER ALS PETZE sei keine beschreibende Angabe und auch kein allgemeiner Werbeslogan.

Sie beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Marke einzutragen.

II.

1) Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg; einer Registrierung der angemeldeten Marke stehen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Schutzhindernisse aus § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen.

a) § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verbietet die Eintragung von Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können, unabhängig davon, ob und inwieweit sie bereits bekannt sind oder verwendet werden (vgl. STRÖBELE, FS für Ullmann, S. 425, 428).

Hier kann nicht festgestellt werden, dass die angemeldete Wortfolge mögliche Eigenschaften der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen bezeichnet. Dies könnte nämlich nur angenommen werden, wenn es sich um die Beschreibung eines objektivierbaren Merkmals handeln würde.

b) Die Bezeichnung entbehrt für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen auch nicht jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende Eignung, als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen zu dienen. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Hat ein Zeichen keinen beschreibenden Begriffsinhalt und handelt es sich auch nicht um eine gebräuchliche Wortfolge, die das Publikum - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung im allgemeinen Sprachgebrauch oder in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel versteht, so fehlt ihr nicht jegliche Unterscheidungskraft (st. Rspr.; vgl. BGH, BlPMZ 2002, 85 - INDIVIDUELLE).

Die extrem enge Formulierung in § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, die Marken von der Eintragung ausschließt, wenn ihnen "jegliche Unterscheidungskraft" fehlt, zeigt, dass schon eine geringe Unterscheidungskraft in qualitativer und quantitativer Hinsicht für Markenschutz ausreicht.

Bei werbemäßigen Aussagen hat der Bundesgerichtshof insoweit im Wesentlichen darauf abgestellt, ob sie sich in Anpreisungen allgemeiner Art erschöpfen (vgl. BGH MarkenR 2000, 262, 263 - UNTER UNS; WRP 2000, 298, 299 - RADIO VON HIER; WRP 2000, 300, 301 - PARTNER WITH THE BEST; GRUR 2001, 1047, 1048 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; GRUR 2001, 735, 736 - TEST IT; GRUR 2002, 1070, 1071 - BAR JEDER VERNUNFT).

Handelt es sich bei den beanspruchen Waren und Dienstleistungen um solche, die neben ihrem Charakter als handelbare Güter auch einen bezeichnungsfähigen gedanklichen Inhalt aufweisen oder aufweisen können, wie hier Tonträger und Unterhaltung, so ist - unbeschadet eines etwaigen Werktitelschutzes nach § 5 Abs. 3 MarkenG - die markenrechtliche Unterscheidungskraft nur dann zu verneinen, wenn die betreffende Bezeichnung geeignet ist, diesen gedanklichen Inhalt der Waren und Dienstleistungen zu beschreiben (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 - BÜCHER FÜR EINE BESSERE WELT; GRUR 2001, 1042, 1043 - REICH UND SCHÖN; GRUR 2001, 1043, 1045 - GUTE ZEITEN - SCHLECHTE ZEITEN; GRUR 2002, 1070, 1072 - BAR JEDER VERNUNFT). Davon ist jedoch nur bei Bezeichnungen auszugehen, die nach Art eines Sachtitels gebildet sind. Phantasietitel sind dem Markenschutz hingegen grundsätzlich zugänglich - solange das Werk nicht gemeinfrei ist -, auch wenn Werktitel den Inhalt der das Werk enthaltenden Medien angeben können. Dass LIEBER DRITTER ALS PETZE ein Titel eines Liedes ist, macht die Wortfolge als solche nicht beschreibend, weil es nicht nach Art eines Sachtitels gebildet ist. Wer daran Werktitelschutz geltend machen kann, ist im Eintragungsverfahren nicht zu prüfen.

Nach diesen Grundsätzen kann der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.

2) Zur Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 MarkenG) besteht kein Anlass.






BPatG:
Beschluss v. 03.07.2007
Az: 27 W (pat) 87/07


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