Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Februar 2006
Aktenzeichen: 29 W (pat) 173/04

(BPatG: Beschluss v. 15.02.2006, Az.: 29 W (pat) 173/04)

Tenor

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. Juni 2002 und vom 8. Juli 2004 werden aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren "Datenbankprogramme" und die Dienstleistungen "Erstellen von Computerprogrammen und Grafiken" zurückgewiesen worden ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke Bühler Schloßgesprächesoll für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 38, 41 und 42 in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschlüssen vom 25. Juni 2002 und vom 8. Juli 2004 teilweise zurückgewiesen, nämlich für die Waren "bespielte mechanische, magnetische, magnetooptische und elektronische Träger für und/oder Bild und/oder Daten; Datenbankprogramme" und für die Dienstleistungen "Verbreitung, Verteilung und Weiterleitung von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze, auch Online- und Offline-Betrieb in Form von interaktiven elektronischen Mediendiensten sowie mittels Computer; Sammeln und Liefern von Nachrichten; Betrieb von Datendiensten; Unterhaltung durch Hörfunk- und Fernsehsendungen/-programme; Film-, Ton-, Video- und Fernsehproduktion; Veröffentlichung und Herausgabe von elektronisch wiedergebbaren Text-, Grafik-, Bild- und Toninformationen, die über Datennetze abrufbar sind; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen; Durchführung von Unterhaltungsveranstaltungen, von Konferenzen, Tagungen, Seminaren; Lehrgängen, Symposien, Ausstellungen, Vorträgen und Talk-Shows; Entwickeln und Gestalten von digitalen Ton- und Bildträgern; Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten auf Datenbanken; Erstellen von Computerprogrammen". Diesbezüglich sei die angemeldete Marke eine freihaltebedürftige und nicht unterscheidungskräftige Angabe. "Bühler Schlossgespräche" sei lediglich ein inhaltsbeschreibender Titel, der nur darauf hinweise, dass die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen Gespräche, also einen mündlichen Gedankenaustausch in Rede und Gegenrede über ein bestimmtes Thema, zum Inhalt haben, die auf dem Schloss zu Bühl stattfinden. Auf die Eintragung vermeintlich vergleichbarer Marken könne sich die Anmelderin nicht berufen.

Mit ihrer gegen die Zurückweisung gerichteten Beschwerde macht die Anmelderin geltend, dass die angemeldete Marke unterscheidungskräftig sei, da ihr die angesprochenen Verkehrskreise keine wirklich konkrete Aussage über die gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen entnehmen könnten. Nur die Tatsache, dass der Verkehr den Zusammenhang mit dem Schloss Bühl verstehe, genüge dafür nicht. Denn es bliebe gerade unklar, über welche Themen die Schlossgespräche geführt und in welcher Form sie dem Publikum dargeboten würden. Wegen des verschwommenen, unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten zugänglichen Aussagegehalts weise das Zeichen das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft auf. Dementsprechend lägen keine Schutzhindernisse vor.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. Juni 2002 und vom 7. Oktober 2004 aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen wurde.

Zu der von ihr hilfsweise beantragten mündlichen Verhandlung ist die Anmelderin zum Termin vom 15. Februar 2006 ordnungsgemäß geladen worden, aber nicht erschienen. Das Telefax ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 14. Februar 2006, das am selben Tag bei Gericht eingegangen war, und in dem sie sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt hat, ist erst am 17. Februar 2006 zu den Akten gelangt. Es konnte daher nicht mehr berücksichtigt werden, da die Entscheidung bereits in der mündlichen Verhandlung verkündet worden war.

II.

Die zulässige Beschwerde hat überwiegend keinen Erfolg. Mit Ausnahme der Waren "Datenbankprogramme" und der Dienstleistungen "Erstellen von Computerprogrammen und Grafiken" fehlt dem angemeldeten Zeichen für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, Rn. 62 - Libertel; BGH GRUR 2005, 257 - Bürogebäude). Die Unterscheidungskraft ist dabei zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR Int. 2005, 135 ff., 137 - Maglite Rn. 19 m. w. N.). Damit ist der Anwendungsbereich der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG allerdings nicht auf Bezeichnungen beschränkt, welche konkret die Art oder Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen beschreiben. Vielmehr kann einer Bezeichnung die Unterscheidungskraft auch aus anderen Gründen fehlen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 ff., Rn. 70 und 86 - Postkantoor). Unterscheidungskraft fehlt einem Zeichen nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung unter anderem dann, wenn es für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen einen im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt aufweist (vgl. EuGH a. a. O. Rn. 86 - Postkantoor; BGH GRUR 1999, 1089 - YES; GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Dies ist hier der Fall.

1.1. Die angemeldete Wortfolge ist aus den Begriffen "Bühl" und "Schlossgespräche" zusammengesetzt. Schlossgespräche sind Gespräche - nach der Definition "mehrmalige oder längere Wechsel von Rede und Gegenrede" (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 7. Aufl. 2000) - die auf einem Schloss stattfinden. Bühl ist, wie im Erinnerungsbeschluss zutreffend festgestellt, ein Ortsteil der Baden-Württembergischen Stadt Tübingen, wo das Schloss Bühl liegt. Durch die adjektivische Form "Bühler" besteht ein unmittelbare Bezug zwischen dieser geografischen Angabe und den "Schlossgesprächen". Das Zeichen in seiner maßgeblichen Gesamtheit weist daher für die angesprochenen breiten Verkehrskreise auf Unterhaltungen hin, die auf Schloss Bühl geführt werden. Die von der Anmelderin angenommene Bedeutung, dass die Bezeichnung auch auf Gespräche hinweisen könnte, die das Bühler Schloss zum Gegenstand haben, ist weniger nahe liegend. Dies kann aber dahinstehen. Denn in jedem Fall handelt es sich für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen nur um einen rein sachlichen, nämlich thematischinhaltlichen Hinweis. Eine etwaige inhaltliche Ungenauigkeit, die darin besteht, dass die konkreten Themen der Gespräche nicht erkennbar sind, kann die Unterscheidungskraft nicht begründen. Insoweit handelt es sich um eine weite Sammelbezeichnung, unter die Gespräche mit unterschiedlichen Themen gefasst werden sollen (BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt).

1.2. Bezüglich der Waren "bespielte mechanische, magnetische, magnetooptische und elektronische Träger für und/oder Bild und/oder Daten" weist das Zeichen damit darauf hin, dass sie sich inhaltlich auf Gespräche beziehen, die auf Schloss Bühl stattgefunden haben. Diese inhaltsbeschreibende Bedeutung betrifft auch die Veranstaltungsdienstleistungen, die die Durchführung derartiger Schlossgespräche zum Gegenstand haben können, nämlich die "Durchführung von Unterhaltungsveranstaltungen, von Konferenzen, Tagungen, Seminaren; Lehrgängen, Symposien, Ausstellungen, Vorträgen und Talk-Shows". Wegen des engen Zusammenhangs zwischen den Dienstleistungen "Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen" und dem durch das Zeichen beschriebenen Inhalt der Druckschriften eignet sich das Zeichen auf insoweit nicht als Herkunftshinweis, weil das angesprochene Publikum den Inhalt ohne weitere Überlegungen auf die betreffende Dienstleistung bezieht (BGH GRUR 2001, 1042 - REICH UND SCHÖN; GRUR 2001, 1043 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; GRUR 2003, 342 - Winnetou). Dies gilt auch für das "Sammeln und Liefern von Nachrichten" und diejenigen Dienstleistungen, die der Verbreitung der Inhalte über andere Medien dienen, nämlich die "Verbreitung, Verteilung und Weiterleitung von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze, auch Online- und Offline-Betrieb in Form von interaktiven elektronischen Mediendiensten sowie mittels Computer" ebenso wie die Dienstleistungen "Unterhaltung durch Hörfunk- und Fernsehsendungen/-programme; Film-, Ton-, Video- und Fernsehproduktion; Veröffentlichung und Herausgabe von elektronisch wiedergebbaren Text-, Grafik-, Bild- und Toninformationen, die über Datennetze abrufbar sind" sowie die mit den letztgenannten Dienstleistungen identische Dienstleistung "Betrieb von Datendiensten" (BGH a. a. O.). Ebenso keine Unterscheidungskraft besitzt das Zeichen "Bühler Schlossgespräche" für die Dienstleistungen "Entwickeln und Gestalten von digitalen Ton- und Bildträgern". Diese Dienstleistung bezieht sich auf die Herstellung der Waren "bespielte mechanische, magnetische, magnetooptische und elektronische Träger für und/oder Bild und/oder Daten" und entspricht insoweit bezogen auf DVDs der Dienstleistung "Film-, Ton-, Video- und Fernsehproduktion". Dementsprechend beschränkt sich die Wortfolge auch hier auf eine verständliche Beschreibung der Inhalte dieser Medien, die das angesprochene Publikum mit den betreffenden Dienstleistungen gleich setzt (BGH a. a. O.). Entsprechendes gilt für die Dienstleistung "Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten auf Datenbanken", bei denen die Wortfolge "Bühler Schloßgespräche" wiederum lediglich den Inhalt der Datenbanken beschreibt.

1.3. Die von der Anmelderin geltend gemachten Eintragungen ihrer Ansicht nach vergleichbarer Marken führen zu keiner anderen Beurteilung. Da es sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt, die jeweils einer auf den Einzelfall bezogenen Prüfung unterliegt, ergibt sich aus der Registrierung ähnlicher oder selbst identischer Marken durch das Deutsche Patent- und Markenamt auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots nach Art. 3 GG kein Anspruch auf Schutzgewährung für spätere Markenanmeldungen (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 ff., Rn. 62 - Henkel; BGH BlPMZ 1998, 248 - Today; GRUR 1997, 537, 526 - Autofelge).

Die angemeldete Marke ist daher für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen wegen ihres im Vordergrund stehenden sachbezogenen Begriffsinhalts nicht als individualisierender Hinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb geeignet und daher nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen.

2. Was hingegen die Waren "Datenbankprogramme" und die Dienstleistungen "Erstellen von Computerprogrammen und Grafiken" anbelangt, bestehen keine Schutzhindernisse. Für sie besitzt das Zeichen keinerlei beschreibenden oder sonst im Vordergrund stehenden sachbezogenen Aussagegehalt. "Datenbankprogramme" sind Programme, die die Daten einer Datenbank verwalten und deren Bearbeitung möglich machen. Der Zuschnitt derartiger Programme ist damit rein technischer Natur und von etwaigen Inhalten der Datenbank vollkommen unabhängig. Grundsätzlich ebenfalls rein technischer Natur und nicht inhaltsbezogen ist auch die Dienstleistung "Erstellen von Computerprogrammen und Grafiken". Ein Computerprogramm besteht aus Befehlen, die es ermöglichen, auf einem Computer bestimmte über den Einzelfall hinausgehende Aufgaben realisieren zu können, u. a. auch die Darstellung von Grafiken. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass das angesprochene Publikum annimmt, diese Dienstleistungen seien thematisch auf Inhalte beschränkt, die sich allein mit Bühler Schlossgesprächen befassen. Da es an einem konkreten Sachbezug zu diesen Waren und Dienstleistungen fehlt, wird die Marke vom Verkehr insoweit als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden, weshalb ihr insoweit die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden kann. Nachdem der Marke keine sachbeschreibende Aussage zugeordnet werden kann, fehlen weiterhin Anhaltspunkte dafür, dass Dritte gegenwärtig oder künftig insoweit ein legitimes Interesse an der werblichen Verwendung der angemeldeten Marke für diese Dienstleistungen haben könnten, so dass auch ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht besteht.






BPatG:
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Az: 29 W (pat) 173/04


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