Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 8. Oktober 2010
Aktenzeichen: 6 U 102/10

(OLG Köln: Urteil v. 08.10.2010, Az.: 6 U 102/10)

Tenor

1.) Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 6.5.2010 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln -81 O 18/10- wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass zwischen der Abbildung auf Seite 5 des angefochtenen Urteils und den ab Seite 6 folgenden Abbildungen „und/oder“ eingefügt wird.

2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Gründe

Von der Darstellung des Sachverhalts wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1, 542 Abs. 2 S. 1 ZPO abgesehen.

Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

1. Durch die Einfügung des „und/oder“ nach Seite 5 des angefochtenen Urteils wird klargestellt, dass das

Verfahren zwei Streitgegenstände betrifft, nämlich zum einen die auf Seite 5 des angefochtenen Urteils abgebildete

Produktgestaltung und zum anderen die Verwendung der Produktgestaltung, die Gegenstand des Verfahrens vor dem Landgericht

Köln - Az. 33 O 98/09 - war, im Internetauftritt der Antragsgegnerin.

2. Es besteht ein Verfügungsgrund. Die Antragstellerin hat von der angegriffenen Produktgestaltung und der (erneuten)

Verwendung der alten Produktgestaltung im Internet Ende November 2009 erfahren und am 2.12.2009 den Erlass einer

einstweiligen Verfügung beantragt. Damit hat sie die Dringlichkeit gewahrt.

3. Hinsichtlich der auf Seite 5 des landgerichtlichen Urteils wiedergegebenen Produktgestaltung steht der Antragstellerin

ein Anspruch auf Unterlassung gemäß §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG iVm. § 11 Abs. 1 Satz 1

und 2 Nr. 1 LFBG zu. Zur Begründung nimmt der Senat auf die Ausführungen des Landgerichts zustimmend Bezug. Das

Vorbringen der Antragsgegnerin im Berufungsverfahren führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung, veranlasst aber

folgende teilweise ergänzende, teilweise wiederholende Erwägungen:

Die Produktaufmachung ruft bei einem erheblichen Teil des Verkehrs die Erwartung hervor, die Färbung des

Getränks beruhe ausschließlich auf dem beigefügten Fruchtsaft.

Der Verkehr, dem das natürliche Mineralwasser „Volvic“ der Antragsgegnerin bekannt ist, verbindet mit

dieser Kennzeichnung besondere Erwartungen an Natürlichkeit. Diese Erwartungen werden von der Antragsgegnerin, wie sich

etwa aus dem Internetauftritt ergibt (vgl. Seite 6 des angefochtenen Urteils), gezielt und zum eigenen Vorteil

gefördert. Das Etikett der angegriffenen Produktausstattung verstärkt diese Erwartungen. Die Darstellung eines

Vulkans erinnert an die vulkanische Herkunft des Mineralwassers. Ein blauer Himmel, das grüne Gras, ein frischer Apfel

und die Bezeichnung Landapfel bedeuten dem Verkehr, dass er es mit einem der Natürlichkeit verpflichteten Produkt

zu tun hat. Die graphisch hervorgehobene Aussage „mit einem Spritzer Saft“ auf der Darstellung eines

„natürlich“ vergilbten, an einer Kordel hängenden Etiketts wird der Verkehr dahin verstehen, dass dem

natürlichen Volvic-Wasser eine Menge Apfelsaft hinzugefügt ist, die so gering ist, dass das Wasser seine

Spritzigkeit nicht verliert; er wird aber auch erwarten, dass das Getränk seine Natürlichkeit nicht durch

sonstige Zusätze eingebüßt hat. Der Verbraucher wird daher erwarten, dass die naturtrübem Apfelsaft

nachempfundene Färbung durch den zugesetzten Fruchtsaft, nicht aber durch Karamellsirup verursacht ist.

Diese Erwartung wird nicht durch die Angabe „mit 5 % Frucht (2 % Apfel)“ relativiert. Denn es

kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Verkehr hinreichende Vorstellungen über die Färbekraft von

Apfelsaft hat und daher erkennt, dass die angegebene Menge Fruchtsaft eine derartige, zwar deutlich sichtbare, zugleich

aber stark „wässrige“ Färbung nicht hervorzurufen vermag. Auch die Bezeichnung als

„Erfrischungsgetränk“ führt nicht zu einer Veränderung der Erwartung des Verbrauchers. Der

Verkehr weiß zwar, dass hierunter auch ungesunde und unnatürlich gefärbte Getränke fallen; der Begriff

erfasst aber ebenso gesunde und natürliche Getränke, so dass die dargestellte Erwartung nicht relativiert wird.

Die Irreführung wird durch das Zutatenverzeichnis auf der Seite des Etiketts nicht beseitigt. Dort werden die

Bestandteile zwar zutreffend aufgeführt und es mag unterstellt werden, dass der Verkehr erkennt, zu welchem Zweck

dem Getränk Karamellsirup hinzugefügt ist. Eine die Irreführung ausschließende Aufklärung

hätte aber an dem Natürlichkeit verheißenden Blickfang teilnehmen müssen (vgl. Senat, MD 2008, 288

- Fruit2Day). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Sie steht entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin

nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der verschiedene nationalstaatlichen Regelungen

nicht entsprechende Produktbezeichnungen für zulässig erachtet hat, wenn die Zutatenliste über die

Zusammensetzung des Produkts zutreffend aufklärt (vgl. etwa EuGH, Urteile vom 26.10.1995 - C-51/94 „Sauce

Hollandaise“ und vom 4.4.2000 - C-465 „d’arbo naturrein“). Diesen Entscheidungen ist nur zu

entnehmen, dass ein Verbraucher, der sich in seiner Kaufentscheidung nach der Zusammensetzung der Erzeugnisse richtet,

zunächst das Zutatenverzeichnis lesen wird (vgl. Rz. 22 der zuletzt genannten Entscheidung). Dies rechtfertigt es aber

nicht, Verbrauchern eine von dem Zutatenverzeichnis abweichende Zusammensetzung vorzuspiegeln. Dies ist hier, anders als in

dem ebenfalls vom Senat entschiedenen Fall „d‘arbo naturrein“ (vgl. MD 2001, 65, 69), jedoch aus den

dargelegten Gründen der Fall.

4. Im Hinblick auf die Präsentation der früheren Ausstattung der Flasche im Internet steht der Antragstellerin

ein Unterlassungsanspruch aus dem Unterlassungsvertrag gemäß dem Schriftsatz der damaligen Bevollmächtigten

der Antragsgegnerin vom 6.5.2009 zu. Indem die Antragsgegnerin die vertragsgegenständliche Flaschengestaltung im

Internet dargestellt hat, hat sie diese beworben und damit gegen die von ihr übernommene Unterlassungsverpflichtung

verstoßen. Dass dies - wie die Antragsgegnerin geltend macht - versehentlich geschehen ist, ist unerheblich.

Der Unterlassungsanspruch setzt ein Verschulden nicht voraus.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

6. Das Urteil ist gemäß § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO mit seiner Verkündung rechtskräftig.

7. Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: 150.000 €.






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