Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 16. Dezember 2010
Aktenzeichen: Xa ZR 19/10

(BGH: Beschluss v. 16.12.2010, Az.: Xa ZR 19/10)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 16. Dezember 2010 (Aktenzeichen Xa ZR 19/10) entschieden, dass dem Patentanwalt Dr. J. (Patentanwälte U.) Einsicht in die Akten des vorliegenden Rechtsstreits gewährt wird. Die begehrte Akteneinsicht wurde gemäß § 99 Abs. 3 Satz 1 und § 31 Abs. 2 Nr. 2 PatG gewährt. Die von der Beklagten erhobenen Einwände haben nicht gegriffen.

Grundsätzlich unterliegen Hinweise auf ein laufendes Verletzungsverfahren sowie Kopien von Aktenteilen eines Verletzungsprozesses der freien Akteneinsicht nach den genannten Vorschriften. Die Beklagte hat jedoch kein schutzwürdiges Interesse dargelegt, das der Akteneinsicht gemäß § 99 Abs. 3 Satz 3 PatG entgegensteht.

Die Beklagte hat geltend gemacht, dass die Akten ihre Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berühren und umfangreiche Erläuterungen zu Schutzgegenstand und Schutzumfang des Streitpatents sowie zu technischen Merkmalen der angegriffenen Ausführungsform enthalten. Ihr Vortrag lässt jedoch nicht erkennen, aus welchen Aktenteilen sich diesbezügliche Ausführungen ergeben und weshalb zur Wahrung etwaiger Geheimnisse die vollständige Versagung der Akteneinsicht erforderlich wäre.

Die von der Beklagten aufgeführten Passagen in verschiedenen Schriftsätzen lassen keine Einzelheiten der angegriffenen Ausführungsform erkennen, die ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse der Beklagten rechtfertigen würden. Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf beschreibt die angegriffene Ausführungsform nicht näher, sondern stellt fest, dass die Verletzung des Streitpatents aus den Ergebnissen von Analysen folgt. Auch die angegebenen Passagen in anderen Schriftsätzen befassen sich nicht mit geheimen Informationen.

Die Einwände der Beklagten hinsichtlich beigezogener Akten aus Verletzungsprozessen gehen ins Leere, da solche Akten im vorliegenden Rechtsstreit nicht beigezogen wurden.

Die vorherige Instanz war das Bundespatentgericht, das am 27.10.2009 die Entscheidung - 3 Ni 9/08 (EU) - getroffen hat.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BGH: Beschluss v. 16.12.2010, Az: Xa ZR 19/10


Tenor

Dem Patentanwalt Dr. J. (Patentanwälte U. ) wird Einsicht in die Akten des vorliegenden Rechtsstreits gewährt.

Gründe

Die begehrte Akteneinsicht ist entsprechend § 99 Abs. 3 Satz 1 und § 31 Abs. 2 Nr. 2 PatG zu gewähren. Die von der Beklagten erhobenen Einwände greifen nicht durch.

1. Der freien Akteneinsicht nach den genannten Vorschriften unterliegen grundsätzlich auch Hinweise auf ein laufendes Verletzungsverfahren sowie Kopien von Aktenteilen eines Verletzungsprozesses, die von den Parteien im Nichtigkeitsverfahren eingereicht worden sind (BGH, Beschluss vom 30. Januar 2008 - X ZR 1/07, GRUR 2008, 633 Rn. 3 - Akteneinsicht XIX mwN). Ein schutzwürdiges Interesse, das der Akteneinsicht gemäß § 99 Abs. 3 Satz 3 PatG entgegensteht, hat die Beklagte nicht dargetan.

2. Soweit die Beklagte ohne nähere Konkretisierung geltend macht, die Akten berührten ihre Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse und enthielten umfangreiche Erläuterungen zu Schutzgegenstand und Schutzumfang des Streitpatents sowie zu technischen Merkmalen der angegriffenen Ausführungsform, lässt ihr Vortrag nicht erkennen, aus welchen Aktenteilen sich diesbezügliche Ausführungen ergeben und weshalb zur Wahrung etwaiger Geheimnisse die vollständige Versagung der Akteneinsicht erforderlich wäre.

3. Die von der Beklagten im Einzelnen aufgeführten Passagen auf den Seiten 5 bis 15 des - ohnehin veröffentlichten - Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 18. März 2008 (4a O 571/05; Anlage KW8), auf den Seiten 17 bis 19 des in jenem Rechtsstreit eingereichten Schriftsatzes der Nichtigkeitsklägerin vom 7. Februar 2008 (Anlage KW10) und auf Seite 7 des von der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit eingereichten Schriftsatzes vom 16. Oktober 2009 (NiA 260) lassen keine Einzelheiten der im Verletzungsrechtsstreit angegriffenen Ausführungsform erkennen, die ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse der Bek Im Urteil des Landgerichts Düsseldorf wird die angegriffene Ausführungsform nicht näher beschrieben. Vielmehr wird ausgeführt, die Verletzung des Streitpatents folge aus den Ergebnissen von zwei Analysen, bei denen Abbauprodukte der angegriffenen Ausführungsform untersucht worden seien. Daraus geht nicht hervor, wie die angegriffene Ausführungsform im Einzelnen beschaffen ist.

Die angegebenen Passagen im Schriftsatz vom 7. Februar 2008, auf die im Schriftsatz vom 16. Oktober 2009 Bezug genommen wird, befassen sich mit den möglichen Folgen einer Vollstreckung eines erstinstanzlichen Unterlassungstitels. Dabei wird Bezug genommen auf von den Krankenkassen festgelegte Festbeträge, die aus im vorliegenden Rechtsstreit nicht vorgelegten Anlagen hervorgehen. Auch hieraus ergibt sich kein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse.

4. Soweit die Beklagte der Einsichtnahme in beigezogene Akten aus Verletzungsprozessen entgegentritt, gehen ihre Ausführungen ins Leere. Im vorliegenden Rechtsstreit sind keine derartigen Akten beigezogen worden.

Keukenschrijver Mühlens Bacher Hoffmann Schuster Vorinstanz:

Bundespatentgericht, Entscheidung vom 27.10.2009 - 3 Ni 9/08 (EU) -






BGH:
Beschluss v. 16.12.2010
Az: Xa ZR 19/10


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/610c782588ae/BGH_Beschluss_vom_16-Dezember-2010_Az_Xa-ZR-19-10




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