Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 12. Juni 2003
Aktenzeichen: 1 K 8636/98

(VG Köln: Urteil v. 12.06.2003, Az.: 1 K 8636/98)

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Bescheid der RegTP vom 17.09.1998 (C. 0 0-00/000) insoweit rechtswidrig war, als die RegTP die von der Klägerin in Anlage 7 zum Vertragsangebot vom 30.06.1998 enthaltene Nachzahlungsklausel beanstandet hat.

Im Óbrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und die Beklagte je zur Hälf-te.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des je-weils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Die Revision unter Óbergehung der Berufungsinstanz wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin ist Eigentümerin der Telekommunikationsnetze und hierzu gehören- den technischen Einrichtungen der ehemaligen E. . Unter anderem unterhält sie ein bundesweites Netz mit ca. 46 Mio. Teilnehmeran- schlussleitungen (TAL), die den Zugang zu den von der Klägerin am Markt angebo- tenen Telekommunikationsdienstleistungen ermöglichen.

Seit Ende 1996/1997 führten verschiedene Wettbewerber Verhandlungen mit der Klägerin über einen Zugang zur TAL. Nachdem es zu keiner Einigung über die Aus- gestaltung des Zugangs kam, beanstandete das Bundesministerium für Post und Telekommunikation ( BMPT ) mit Bescheid vom 28.05.1997 gegenüber der Klägerin das Fehlen eines Angebots auf Zugang zur TAL und verpflichtete diese mit weiterem Bescheid vom 01.07.1997 zur Abgabe eines Angebots auf entbündelten Zugang zur TAL. Gegen diese Bescheide erhob die Klägerin jeweils Klage und suchte zugleich bei Gericht um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach. Die Eilanträge der Klägerin hatten in 1. Instanz keinen Erfolg. In der Beschwerdeinstanz vor dem OVG NRW verpflichtete sich die Klägerin am 29.09.1997 im Rahmen eines Erörterungstermins, den Wettbewerbern einen entbündelten Zugang zur TAL zu gewähren. Die Klagever- fahren der Klägerin blieben in der Folgezeit in allen Instanzen erfolglos.

Ende 1997 schloss die Klägerin mit drei verschiedenen Wettbewerbern Verträge über den entbündelten Zugang zur TAL. In diesen wurden unter anderem für die Zu- gangsvariante CuDA 2Dr (Kupferdoppelader zweiadrig) ein Entgelt in Höhe von 28,80 DM je TAL und Monat vereinbart. Diese Entgelte legte die Klägerin unter dem 23. 12.1997 der RegTP zur Genehmigung vor. Mit Bescheid vom 09.03.1998 teilge- nehmigte die RegTP die beantragten Entgelte, wobei sie für die Zugangsvariante CuDA 2Dr befristet bis zum 30.09.1998 ein monatliches Entgelt von 20,65 DM an- ordnete. Zugleich wurde die Klägerin aufgefordert, einen neuen Entgeltantrag mit einem deutlich unter 20,--DM liegenden Preis für die genannte CuDA 2 Dr vorzule- gen. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht Köln die Klage 1 K 2911/98, über die noch nicht entschieden ist. Unter dem 05.06.1998 beantragte die Klägerin erneut die Genehmigung von Entgel- ten für den Zugang zur TAL in 19 Varianten, die allerdings bis zu diesem Zeitpunkt mit keinem Wettbewerber vereinbart waren. Für die Variante CuDA 2 Dr brachte sie ein Überlassungsentgelt von 47,26 DM pro TAL und Monat in Ansatz. Mit Schreiben vom 30.06.1998 kündigte die Klägerin die mit zwischenzeitlich sechs Wettbewerbern geschlossenen Verträge mit Wirkung zum 30.09.1998. Zugleich bot sie die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unter geänderten Vertragsbedingun- gen an, die in einer Anlage 7 zum Vertragsangebot zusammengefasst waren. Ge- genüber Wettbewerbern, mit denen die Klägerin noch keine Vereinbarung über den Zugang zur TAL getroffen hatte, wurde die Anlage 7 von vornherein in das Vertrags- angebot aufgenommen. In dieser Anlage heißt es unter anderem:

"Die Frage der Genehmigungspflicht ist Gegenstand von verwaltungs- gerichtlichen Klagen, welche die Deutsche Telekom gegen Entschei- dungen der Regulierungsbehörde erhoben hat. Bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung werden die vorläufig genehmig- ten bzw. angeordneten Preise in Rechnung gestellt. Können oder müssen nach dem Vorliegen der rechtskräftigen Entscheidung die in der Anlage als gefordert bezeichneten Preise genehmigt werden oder besteht nach dieser Entscheidung keine Genehmigungspflicht, gelten die als gefordert bezeichneten Preise als vereinbart. Ergibt sich im Falle einer bestandskräftigen Genehmigung, dass die von einem Vertragspartner gezahlten Preise von dem Betrag abwei- chen, den er bei Zugrundelegung der endgültigen Preise zu zah- len verpflichtet gewesen wäre, so ist der Differenzbetrag inner- halb von 30 Tagen nach schriftlicher Aufforderung zu zahlen. Gleiches gilt in dem Fall, dass nach einer rechtskräftigen Entschei- dung keine Genehmigungspflicht besteht. Die Leistungspflicht der Telekom besteht für alle Leistungen ab dem Zeitpunkt der Ertei- lung und für die Dauer der Erteilung einer vorläufigen oder end- gültigen Genehmigung".

In der in Anlage 7 enthaltenen Preisliste war u.a. für die Zugangsvariante CuDA 2Dr das bereits im Genehmigungsantrag vom 05.06.1998 genannte Entgelt von 47, 26 DM pro TAL und Monat vorgesehen. Im Kündigungsschreiben wurde den Vertragspartnern ferner eine Frist zur Erteilung der schriftlichen Zustimmung zu dem Vertragsangebot bis zum 31.08.1998 gesetzt, ansonsten das Vertragsverhältnis zum 30.09.1998 beendet sei.

Auf Antrag von sieben Wettbewerbern leitete die RegTP ein Missbrauchsverfahren gegen die Klägerin ein und erließ unter dem 17.09.1998 einen Bescheid folgenden Inhalts:

Unter Ziff. 1 wies die RegTP darauf hin, dass hinsichtlich der Wettbewerber der Klägerin O. und N. ( Beigeladene zu 1) und 7) im Verwaltungsverfahren ) bereits mit Bescheiden vom 28.05.1997 und 01.07.1997 Beanstandungen bzw. Anordnungen nach § 33 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 TKG ergangen seien, die die nachfragegerechte Gewährung des Zugangs zur TAL zum Gegenstand hätten. Die Anfechtung der Bescheide im Wege des Eilverfahrens habe zu einer von der Klägerin übernommenen Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots zur Gewährung des entbündelten Zugangs zur TAL gegenüber den Beigeladenen im Verwaltungsverfahren zu 1) und 7) geführt. Die Wahrnehmung dieser Verpflichtung gegenüber der Beigeladenen zu 1) sei aufgrund der Kündigung vom 30.06.1998 nicht über den 30.11.1998 hinaus gewährleistet. Das derzeitige Angebot unter Einbeziehung der neuen Anlage 7 entspreche nicht den Anforderungen der obengenannten Bescheide und auch nicht der von der Klägerin übernommenen Verpflichtung. Der in der Angebotsverweigerung liegende Missbrauch nach § 33 TKG sei abzustellen, indem den Bescheiden und der Verpflichtung entsprechende Verträge mit den Beigeladenen zu 1) und 7) aufrecht erhalten bzw. begründet werden. Der RegTP sei deren Bestehen bis spätestens 28.09.1998 nachzuweisen. Auf die Möglichkeit der Verhängung einer Geldbuße nach § 96 TKG werde hingewiesen. Unter Ziff. 2 stellte die RegTP fest, dass die Klägerin ihre marktbeherrschende Stel- lung missbrauche, indem sie die mit den Beigeladenen zu 2) bis 6) geschlossenen Verträge über den Zugang zur TAL gekündigt und zugleich angeboten habe, den Zu- gang über den 30.09.1998 hinaus lediglich zu veränderten Bedingungen, insbesondere unter Vereinbarung einer Nachzahlungsklausel für den Fall rechtskräftiger gerichtlicher Feststellung fehlender Entgeltgenehmigungspflicht zu gewähren. Unter Ziff. 3 forderte die RegTP die Klägerin auf, den Missbrauch abzustellen, indem sie den unter Ziff. 2 genannten Wettbewerbern den Zugang zu den TAL auch über den 30.09.1998 hinaus unterbrechungsfrei zu den Bedingungen der zwischen der Klägerin und den genannten Wettbewerbern bestehenden Verträge ermögliche. Das Bestehen derartiger vertraglicher Verpflichtungen sei der RegTP bis spätestens 28.09.1998 nachzuweisen. Den weitergehenden Anträgen der Wettbewerber entsprach die RegTP nicht. Der Bescheid wurde der Klägerin am 23.09.1998 zugestellt.

In der Folgezeit bot die Klägerin den Beigeladenen im Verwaltungsverfahren an, die Kündigung aufzuheben und die Verträge zu den bisherigen Bedingungen (ohne "Anlage 7") fortzuführen. Dieses Angebot nahmen alle Wettbewerber an.

Am 19.10.1998 hat die Klägerin gegen den Bescheid vom 17.09.1998 Klage erhoben. Sie hat zunächst mit ihrem Hauptantrag die Aufhebung des Bescheides vom 17.09.1998 verfolgt. Im Hinblick auf die zwischenzeitliche Rücknahme der Änderungskündigung und Fortsetzung der Verträge zu den bisherigen Bedingungen stellt die Klägerin ihren zunächst hilfsweise geltend gemachten Fortsetzungsfeststellungsantrag nunmehr als Hauptantrag. Sie trägt vor: Der Fortsetzungsfeststellungsantrag sei zulässig. Der im Streit befindliche Bescheid sei nur auf einmalige und nicht rückgängig zu machende Handlungen gerichtet gewesen. Da die Klägerin dem nachgekommen sei, sei insoweit Erledigung eingetreten. Für die Klage bestehe auch das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Es bestehe eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr. Die Klägerin müsse aufgrund der Spruchpraxis der Beklagten zur Einzelvertragsbezogenheit in Entgeltgenehmigungsverfahren bei der beabsichtigten Änderung von Entgelten entsprechende Änderungsvereinbarungen vorlegen und deshalb auch zukünftig Änderungskündigungen aussprechen. In derartigen Fällen müsse sie deshalb auch in Zukunft mit Missbrauchsverfügungen der RegTP rechnen.

Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei auch begründet. Die in Ziffer 1 bis 3 des angegriffenen Bescheides getroffenen Anordnungen seien rechtswidrig gewesen.

Zunächst sei die Beklagte nicht zuständig gewesen, über die Anträge der im Verwaltungsverfahren beigeladenen Wettbewerber zu entscheiden, da es nur um zivilrechtliche Fragen gegangen sei. Die Wettbewerber hätten ausschließlich die Unwirksamkeit der Kündigung bzw. das Fortbestehen der vertraglichen Leistungspflichten der Klägerin zu den ursprünglichen Bedingungen auch über den 30.09.1998 hinaus erreichen wollen. In der Rechtsprechung zur parallelen Vorschrift des § 19 Abs. 5 GWB sei anerkannt, dass die Kartellbehörde die Einleitung eines Widerspruchsverfahrens mit der Erwägung ablehnen könne, dass dem Beschwerdeführer für sein Begehren der Zivilrechtsweg offenstehe. Ziffer 1 des Bescheides sei ferner deshalb rechtswidrig, weil die in ihr enthaltene An- ordnung unbestimmt sei. Ihr sei nämlich nicht zu entnehmen, auf welche Weise die Klägerin den angeblichen Missbrauch durch eine Angebotsverweigerung abstellen solle. Auch die in Bezug genommenen Bescheide vom 28.05.1997 und 01.07.1997 enthielten insofern keine Aussage. Die in Ziffer 2 des Bescheides getroffene Feststellung eines missbräuchlichen Verhaltens und die in Ziffer 3 enthaltene Aufforderung, diesen Missbrauch abzustellen, seien rechtswidrig gewesen. Die Änderungskündigung habe keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dargestellt. Das neue Vertragsgebot habe vorgesehen, dass bis zu einer Genehmigung der geforderten Entgelte nur die von der Beklagten bereits genehmigten, vorläufig genehmigten oder angeordneten Entgelte erhoben werden sollten. Nur für den Fall der Genehmigung der geforderten Entgelte bzw. der Feststellung, dass die entsprechenden Entgelte keiner Genehmigungspflicht unterlägen, sollten die geforderten Entgelte als von vorneherein vereinbart gelten und gegebenenfalls eine Nachzahlung der Differenzbeträge erfolgen. Die Klägerin habe mit dieser Änderungskündigung die einzige ihr zur Verfügung stehende Möglichkeit genutzt, eine Änderung bereits vereinbarter Entgelte herbeizuführen, da nach der Spruchpraxis der Beklagten Entgelte nur bei Vorliegen einer entsprechenden Vereinbarung genehmigt werden könnten.

Die Notwendigkeit der Vereinbarung einer Nachzahlungsklausel ergebe sich auch daraus, dass die Beklagte die Erteilung rückwirkender Genehmigungen in ständiger Spruchpraxis ablehne. Damit bestünde ohne die Vereinbarung einer zivilrechtlichen Nachzahlungsklausel für die Klägerin keine Möglichkeit für in der Vergangenheit bereits erbrachte Leistungen Entgelte in rechtmäßiger Höhe zu erhalten.

Entgegen der Ansicht der Beklagten seien die Vertragspartner der Klägerin im Falle einer Änderungskündigung auch nicht schutzlos gestellt oder besonders benachteiligt. Zunächst verbleibe es bei den genehmigten, vorläufig genehmigten oder angeordneten Entgelten. Die Nachzahlungspflicht im Falle der Genehmigung höherer als der bisher erhobenen Entgelte stelle keine unangemessene Benachteiligung dar. Sie entspreche vielmehr den Erstattungsklauseln, die die Beklagte umgekehrt im Falle der endgültigen Genehmigung von niedrigeren Entgelten, als sie auf der Grundlage einer vorläufigen Genehmigung erhoben worden seien, zu Lasten der Klägerin in ihre Entgeltgenehmigungsbescheide regelmäßig aufnehme. Durch die Nachzahlungsverpflichtung in Anlage 7 werde also lediglich eine ausgewogene Risikoverteilung hergestellt. Auch im Falle der rechtskräftigen Feststellung, dass für bestimmte Entgelte keine Genehmigungspflicht bestehe, seien die Vertragspartner der Klägerin bezüglich der Höhe der Entgelte nicht schutzlos, da in diesem Fall die ex post-Kontrolle nach § 30 Abs. 2 i.V.m. § 24 Abs. 2 TKG ein- greife.

Soweit die Beklagte schließlich beanstande, dass die Klägerin bemüht sei, ihre gesetzlichen Verpflichtungen vertraglich abzubedingen, indem sie erst ab dem Zeitpunkt der Erteilung und lediglich für die Dauer der Erteilung einer vorläufigen oder endgültigen Genehmigung zur Leistung verpflichtet sein wolle, sei diese Beanstandung rechtswidrig. Die Pflicht der Klägerin, Zugang zur TAL zu gewähren, bestehe nicht unentgeltlich. Da nach Auffassung der Beklagten eine rückwirkende Genehmigung von Entgelten rechtlich nicht möglich sei, könne eine kostenlose Vorleistungspflicht der Klägerin nur dadurch vermieden werden, dass die Leistung Zugang zur TAL erst ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Entgeltgenehmigung erbracht werden müsse.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass der Bescheid der RegTP vom 17.09.1998 (C. 3 a-98/008) rechtswidrig war.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor: Es bestünden Zweifel an dem für die Fortsetzungsfeststellungsklage erforderlichen Feststellungsinteresse in Form einer Wiederholungsgefahr. Der im Streit befindlichen Entscheidung sei nicht zu entnehmen, dass Änderungskündigungen der Klägerin in Zukunft generell die Gefahr eines Missbrauchsverfahren nach sich zögen. Ausschlaggebend für das Missbrauchsverfahren sei vielmehr gewesen, dass die Wettbewerber durch tatsächlichen und zeitlichen Druck in Form einer drohenden Abschaltung des Zugangs zur TAL drei Monate nach Kündigungserklärung veranlasst werden sollten, den veränderten Vertrag zu unterschreiben.

Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei im Übrigen unbegründet. Der angegriffene Bescheid der RegTP vom 17.09.1998 sei rechtmäßig gewesen. Entgegen der Ansicht der Klägerin habe es nicht an der Zuständigkeit der Beklagten zur Entscheidung über die Anträge der im Verwaltungsverfahren beigeladenen Wettbewerber gefehlt. Zwar hätten die Wettbewerber ihr Begehren, den Zugang zur TAL unterbrechungsfrei zu den bisherigen Bedingungen zur Verfügung gestellt zu bekommen, auch im Rahmen eines zivilgerichtlichen Verfahrens geltend machen können. Es sei jedoch nicht zu beanstanden, dass die RegTP auf einen entsprechenden Antrag der Wettbewerber hin im Rahmen ihres Entschließungsermessens ein Verfahren nach § 33 TKG eröffnet habe. Eine Re- gelung, nach der der Zivilrechtsweg vorgreiflich sei, existiere nicht.

Auch soweit die Klägerin geltend mache, dass Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides unbestimmt sei, sei dies unzutreffend. Die Klägerin habe sich im Erörterungstermin am 29.09.1997 vor dem OVG NRW verpflichtet, ein den Entscheidungen der Beklagten vom 28.05.und 01.07.1997 entsprechendes, also nachfragegerechtes Angebot abzugeben. Die in den Sätzen 5 bis 7 der Ziffer 1 des angefochtenen Bescheides ausgesprochene Aufforderung, den Missbrauch durch Aufrechterhaltung bzw. Abschluss der Verträge zu den bisherigen Bedingungen abzustellen, gehe auf die seinerzeitige Aufforderung und Anordnung zurück und verweise in zulässiger Weise auf diese. Zudem gehe ohne weiteres aus dem Wortlaut der Ziffer 1 hervor, dass eine Nachforderung von höheren als den angeordneten Entgelten für sämtliche Beigeladene im Verwaltungsverfahren habe ausgeschlossen werden sollen, wie sich bereits aus dem Zusammenspiel der Ziffern 1, 2 und 3 des Bescheides ergebe.

Die in Ziffer 2 des angegriffenen Bescheides getroffene Feststellung missbräuchlichen Verhaltens und die Aufforderung in Ziffer 3, den Wettbewerbern den Zugang zur TAL auch über den 30.09.1998 hinaus unterbrechungsfrei zu den bisherigen Bedingungen zu ermöglichen, seien rechtmäßig. Die von der Klägerin ausgesprochenen Änderungskündigungen seien missbräuchlich gewesen. Die Wettbewerber seien durch die Kündigung bei gleichzeitigem veränderten Angebot vor die Wahl gestellt worden, den veränderten Vertrag mit unabsehbaren Belastungen durch eventuelle Nachzahlungen zu unterschreiben oder gegebenenfalls die Abschaltung hinzunehmen. Selbst wenn einzelne Wettbewerber die nachzuzahlenden Beträge fristgemäß aufbringen könnten, wäre damit bei weniger finanzstarken Unternehmen ein Anstieg des Insolvenzrisikos zu verzeichnen, das auch bei Einleitung eines nachträglichen Entgeltregulierungsverfahrens nicht kurzfristig verringert werden könne. Die Nachzahlungsklausel gefährde ferner die Planungssicherheit für die Vertragspartner. Es müssten erhebliche Rückstellungen gebildet werden, deren Höhe die Klägerin bestimmen könne. Der Nachzahlungsklausel stehe ferner § 29 TKG entgegen, der auf die jeweils geltende Entgeltgenehmigung der Regulierungsbehörde abstelle und keine Rückwirkung vorsehe. Schließlich sei auch die in Anlage 7 enthaltene Regelung, wonach die Klägerin erst ab dem Zeitpunkt und für die Dauer der Erteilung einer Genehmigung leistungspflichtig sei, als missbräuchlich zu beanstanden gewesen. Zwar sei die Klägerin nicht generell verpflichtet, unentgeltlich Zugang zur TAL zu gewähren. Anderes gelte jedoch, wenn die Klägerin es zu vertreten habe, dass kein Entgelt habe genehmigt werden können, z. B. durch Stellung eines verspäteten oder nicht genehmigungsfähigen Antrages. In diesen Fällen sei sie selbstverständlich zur Gewährung des Zugangs verpflichtet. Die vorübergehende Unentgeltlichkeit gehe dann zu ihren Lasten. Zudem brächte eine derartige Regelung die Gefahr für die Wettbewerber mit sich, dass mangels rechtzeitiger Antragstellung die Leistung vorübergehend eingestellt werden könne, was zu Schäden unabsehbarer Größenordnung führen könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge.

Gründe

Die Klage ist zulässig.

Die Klägerin ist zu Recht von einem Anfechtungsbegehren zu einem Fortsetzungsfeststellungsantrag gemäß § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO übergegangen.

Der Bescheid der RegTP vom 17.09.1998 hat sich erledigt. Die Klägerin hat nach dessen Erlass mit sämtlichen im Verwaltungsverfahren Beigeladenen ohne Vorbehalt vereinbart, die Verträge über die Gewährung des Zugangs zur TAL zu den bisherigen Bedingungen fortzusetzen, und damit das beanstandete Verhalten abgestellt. Hierdurch ist der Missbrauchsverfügung die Grundlage entzogen. Die Klägerin verfügt auch über das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse in Form einer sog. Wiederholungsgefahr. Das Bundesverwaltungsgericht fordert zur Annahme einer Wiederholungsgefahr bzw. eines "Wiederholungsvorbeugungsinteresses", dass auch in Zukunft die gleichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsakts vorliegen können,

BVerwG, Beschluss vom 24. August 1979 - 1 B 76.76 -, Buchholz 402.24 § 2 AuslG Nr. 16.

Ein solches Wiederholungsvorbeugungsinteresse setzt das Bestehen einer konkreten Gefahr voraus, die Beklagte werde gegenüber der Klägerin in naher Zukunft auf einen gleichartigen Antrag hin eine gleichartige Verwaltungsentscheidung treffen. Diese Gleichartigkeit einer zu erwartenden Verwaltungsentscheidung kann grundsätzlich nur dann angenommen werden, wenn sich die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse seit dem Erlass der erledigten Verwaltungsentscheidung nicht geändert haben und diese Verhältnisse auch noch im Zeitpunkt der zukünftig zu erwartenden Verwaltungsentscheidung vorliegen werden. Ausnahmsweise wird auch trotz veränderter Verhältnisse eine gleichartige Entscheidung der Beklagten zu erwarten sein, wenn sie eine entsprechende konkrete Absicht zu erkennen gegeben hat.

BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1983 - 3 C 56.80 -, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 129 = DVBl. 1983, 150 f.; BVerwG, Beschluss vom 21. Oktober 1999 - 1 B 37.99 -, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 7.

Allerdings ist dabei nicht der Nachweis erforderlich, dass einem zukünftigen behördlichen Vorgehen in allen Einzelheiten die gleichen Umstände zugrunde liegen wie vor Erledigung des Verwaltungsakts. Denn entscheidend ist die Klärung der rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen zukünftigen Verwaltungshandelns unter Anwendung der dafür maßgeblichen Rechtsvorschriften.

BVerwG, Beschluss vom 21. Oktober 1999 - 1 B 37.99 -, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 7.

Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die geringeren Anforderungen an das Rechtsschutzinteresse bei § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO gegenüber § 43 VwGO auf der Erwägung beruhen, dass "eine Partei insbesondere dann nicht ohne Not um die Früchte des bisherigen Prozesses gebracht werden soll, wenn das Verfahren unter entsprechendem Aufwand einen bestimmten Stand erreicht hat und die Erledigung nicht auf ihr Verhalten zurückgeht",

vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 1986 - 8 C 84.84 - Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 69 sowie Beschluss vom 7. Mai 1996 - 4 B 55.96 -, Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 286.

Bei Zugrundelegung dieser Vorgaben ist von einer Wiederholungsgefahr auszugehen. Die Tatsache, dass die Klägerin die Erledigung selbst herbeigeführt hat, kann vorliegend nicht dazu führen, dass die dargestellten Anforderungen für die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses nicht gelten, da die Klägerin ersichtlich nur ihrer vollziehbaren Verpflichtung aus dem Bescheid vom 17.09.1998 nachgekommen ist und die Herbeiführung der Erledigung daher nicht auf ihrem freien Entschluss beruht. Des Weiteren hat die Beklagte zwar versichert, dass sie die generelle Befugnis der Klägerin zur Vornahme von Änderungskündigungen nicht in Abrede stelle und die Missbrauchsverfügung nur wegen der konkreten "Drucksituation" aufgrund einer nur 3 Monate nach Kündigungserklärung drohenden "Abschaltung" der Wettbewerber, die Verhandlungen ausgeschlossen hätten, erlassen worden sei. Zu Recht hat die Klägerin dem jedoch entgegengehalten, dass im Falle der Kündigung einer Vereinbarung über den Zugang zur TAL eine derartige "Drucksituation" regelmäßig auftreten werde, so dass erneut mit einer vergleichbaren Missbrauchsverfügung zu rechnen sei.

In der Sache hat die Klage allerdings nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Bescheid der RegTP vom 17.09.1998 ist insoweit rechtmäßig, als die RegTP in ihm sinngemäß auch die in Anlage 7 des Angebots der Klägerin vom 30.06.1998 letzter Satz vorgesehene Aussetzung der Leistungspflicht bis zur Entgeltgenehmigung beanstandet hat.

Der Auffassung der Klägerin, die RegTP sei für den Erlass des Bescheides wegen der Vorrangigkeit der Einleitung eines zivilgerichtlichen Verfahrens durch die Wettbewerber unzuständig gewesen, vermag die Kammer nicht zu folgen, da die RegTP sich nicht zur Frage der Rechtswirksamkeit der von der Klägerin erklärten Kündigungen verhalten, sondern lediglich Regelungen zur weiteren Gewährung des Zuganges zur TAL getroffen hat. Darüber hinaus ist § 33 TKG nicht zu entnehmen, dass die Vorschrift im Falle der Möglichkeit der Beschreitung des Zivilrechtsweges (durch Wettbewerber) grundsätzlich nicht zur Anwendung kommen soll.

Die Verfügung ist in Bezug auf Ziff. 1 des Tenors auch hinreichend bestimmt. Aus Ziffer 1 lässt sich mit ausreichender Deutlichkeit entnehmen, dass die RegTP die von der Klägerin mit ihrer Kündigung angestrebte Vertragsänderung als im Widerspruch zu den Vorgaben der Bescheide des BMPT vom 27.05. und 01.07.1998 stehend und deshalb als missbräuchlich beanstanden wollte. Darüber hinaus ist den Sätzen 5 bis 7 - auch mit Blick auf die in Ziffern 2 und 3 getroffenen Regelungen - bei verständiger Würdigung zu entnehmen, dass die RegTP der Klägerin auferlegen wollte, den Beigeladenen zu 1) und 7) - wie auch den übrigen Beigeladenen -, den Zugang zur TAL zu den bisherigen Bedingungen, also ohne Einbeziehung der in Anlage 7 enthaltenen Regelungen, zu gewähren.

In der Sache haben auch die Voraussetzungen für den Erlass einer Missbrauchsverfügung nach § 33 Abs. 2, S. 2 , Abs. 1 TKG vorgelegen, soweit Anlage 7 zum beanstandeten Vertragsangebot der Klägerin vorsieht, dass deren Leistungspflicht erst ab dem Zeitpunkt der Erteilung einer zumindest vorläufigen Genehmigung bestehen soll.

Nach § 33 Abs. 1 TKG hat ein Anbieter, der auf einem Markt für Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit über eine marktbeherrschende Stellung nach § 19 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB ) verfügt, Wettbewerbern auf diesem Markt diskriminierungsfrei den Zugang zu seinen intern genutzten und seinen am Markt angebotenen Leistungen, soweit sie wesentlich sind, zu den Bedingungen zu ermöglichen, die er sich selbst bei der Nutzung dieser Leistungen für die Erbringung anderer Telekommunikationsdienstleistungen einräumt, es sei denn, dass die Ein- räumung ungünstigerer Bedingungen sachlich gerechtfertigt ist. Nach § 33 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 TKG kann die Regulierungsbehörde dem Marktbeherrscher, der gegen diese Verpflichtungen verstößt und seine Stellung missbräuchlich ausnutzt, ein be- stimmtes Verhalten auferlegen. Zuvor sind die Beteiligten aufzufordern, den beanstandeten Missbrauch abzustellen.

Die genannten Voraussetzungen lagen im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung,

vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 25. April 2001 - 6 C 6.00 -, Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein- Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 07. Februar 2000 - 13 A 180/99 -; Urteil der Kammer vom 05. No- vember 1998 - 1 K 5929/97 -.

hinsichtlich der in Rede stehenden Klausel vor. Dass die Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung auf dem sachlich relevanten Markt für Telekommunikationsdienstleistungen eine marktbeherrschende Stellung hatte und es sich bei dem Zugang zur TAL um eine intern genutzte wesentliche Leistung im Sinne von § 33 Abs. 1 TKG handelt, vgl. BVerwG, Urteil vom 25. April 2001 - 6 C 6.00 - NVwZ 2001, 1399; OVG NRW, Beschluss vom 15. Februar 2002 - 13 B 4075/00 -, Urteil der Kammer vom 08. Juni 2000 - 1 K 4450/98 -.

unterliegt keinen ernsthaften Bedenken.

Da die beanstandete Klausel eine Vorleistungspflicht der Klägerin bei - noch - fehlender Entgeltgenehmigung ausschließen soll, nicht aber die Verpflichtung der Klägerin zur Zugangsgewährung insgesamt in Frage steht, handelt es sich insoweit lediglich um Bedingungen der Leistungserbringung; auf diese bezieht sich ausweislich des Wortlauts des § 33 Abs. 1 Satz 1 TKG das Merkmal der Wesent- lichkeit nicht.

Die Klägerin hat ferner ihre marktbeherrschende Stellung durch die Verwendung der beanstandeten Klausel zunächst insoweit missbräuchlich ausgenutzt (§ 33 Abs. 2 Satz 1 TKG), als Verträge über den Zugang zur TAL in Rede stehen; eine sachliche Rechtfertigung für die den Vertragspartnern durch diese Klausel auferlegte Beschränkung besteht nicht.

Die Kammer hat - im Rahmen ihrer Ausführungen zur rückwirkenden Erteilung von Entgeltgenehmigungen für den Zugang zur TAL - die Frage der Vorleistungspflicht der Klägerin bereits bejaht und insoweit ausgeführt:

"Darüber, ob eine Entgeltgenehmigung nach § 39, 27 Abs. 1 Nr. 1 TKG rückwirkend erteilt werden kann oder nicht, kann dem Wortlaut der Vorschriften über das Exante-Regulierungsverfahren nichts entnommen werden. Ob ihr Rückwirkung zukommt ist deshalb nach Sinn und Zweck der Genehmigungsvorschrift zu entscheiden,

so auch: OVG NRW, Urteil vom 16.12.1981 - 14 A 1894/81 -, NJW 1982, 1771.

Sinn und Zweck des Entgeltgenehmigungsverfahrens sprechen dafür, dass die Entgeltgenehmigung im Falle der Genehmigung von Entgelten für die Gewährung besonderer Netzzugänge nach § 39, 27 Abs. 1 Nr. 1 TKG auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zurückwirkt, in dem das nach § 39 TKG genehmigungsbedürftige Entgelt vereinbart wurde. Das Exante-Genehmigungserfordernis ist nach dem TKG als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet; die Genehmigung besitzt privatrechtsgestaltende Wirkung (vgl. § 29 TKG). Aus der Rechtsnatur als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt folgt, dass das der Regulierung unterliegende Unternehmen nur so lange an der Erhebung von Entgelten gehindert sein soll, bis die von ihm vereinbarten Entgelte genehmigt sind. Hat eine Überprüfung der vereinbarten Entgelte im Rahmen des Genehmigungsverfahrens ergeben, dass sie nicht gegen die Entgeltmaßstäbe der §§ 24, 27 TKG verstoßen, besteht kein sachlicher Grund dagegen, dass das antragstellende Unternehmen diese nicht schon ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses verlangen kann. Denn ab diesem Zeitpunkt ist es auch seinerseits verpflichtet, die von ihm vertraglich geschuldeten Leistungen zu erbringen. Auch aus der Rechtsnatur der Entgeltgenehmigung als privatrechtsgestaltender Verwaltungsakt folgt, dass sie auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses über die Gewährung des besonderen Netzzugangs zurückwirkt. Denn das Erfordernis einer öffentlichrechtlichen Genehmigung ist nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung Rechtsbedingung für das der Genehmigung unterliegende Privatgeschäft, mit der Folge, dass der privatrechtliche Vertrag - nur - bis zum Ergehen einer Entgeltgenehmigung schwebend unwirksam bleibt. Wird aber die Genehmigung erteilt, ist die Bedingung erfüllt und das Privatrechtsgeschäft somit vom Zeitpunkt seines Abschlusses an wirksam,

vgl. Stelkens/Bonk, VwVfG, 5. Aufl. 1998, § 35 Rn. 141.

Für die Annahme einer Rückwirkung spricht ferner die Bestimmung des § 29 Abs. 2 Satz 1 TKG. Denn aus der dort angeordneten nur teilweisen Unwirksamkeit von Verträgen, die andere als die genehmigten Entgelte enthalten, wird deutlich, dass die Genehmigung nicht konstitutiv für den Entgeltanspruch der Klägerin ist. Vielmehr bleiben aufgrund der Regelung des § 29 Abs. 2 Satz 1 TKG - auch vor Erlass einer Genehmigung - geschlossene Verträge wirksam, soweit sie mit den - späteren - Regelungen der Entgeltgenehmigung übereinstimmen. Dass die Entgeltgenehmigung nach §§ 39, 27 Abs. 1 Nr. 1 TKG auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses über die Gewährung eines besonderen Netzzugangs zurückwirkt, folgt weiterhin aus dem besonderen nur für Entgelte nach § 39 TKG geltenden Erfordernis der Ein- zelvertragsbezogenheit. Dieses besondere Genehmigungserfordernis ver- langt für einen Antrag auf Genehmigung von Entgelten für einen beson- deren Netzzugang die Vorlage konkret abgeschlossener Einzelverträge; die Vorlage bloßer Entgeltansätze und Preisvorstellungen, wie sie in bloßen Muster- oder Standardverträgen enthalten sind, genügt dagegen nicht,

vgl. VG Köln, Urteil vom 06.04.2000 - 1 K 3375/98 -.

Dieses für Entgelte nach § 39 TKG zusätzlich geltende Genehmigungserfordernis hat für die Klägerin zur Folge, dass sie sich bereits vor Antragstellung und damit auch vor Ergehen der Genehmigungsentscheidung vertraglich zu den von ihr geschuldeten Leistungen verpflichten muss. Lehnte man die Rückwirkung der Entgeltgenehmigung aber ab, hätte dies zur Konsequenz, dass die Klägerin - wenn man ihr kein Leistungsverweigerungsrecht zugesteht - die von ihr geschuldeten Leistungen unentgeltlich erbringen müsste. Dies wäre nach dem Inhalt der Entgeltregulierungsbestimmungen, die davon ausgehen, dass dem marktbeherrschenden Unternehmen für erbrachte Leistungen i.S.d. § 39 TKG Entgelte in Höhe der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung zustehen, nicht gerechtfertigt. Die Genehmi- gungspraxis der Beklagten, die dahin geht, zeitgleich mit der - ihrer Auffas- sung nach nur ex nunc wirkenden - endgültigen Genehmigung, eine sog. vorläufige Genehmigung nach § 78 TKG zu erteilen, die auf den Zeitpunkt der Antragstellung der Klägerin zurückwirkt, könnte diesen Nachteil nicht in rechtlich zulässiger Weise ausgleichen. Selbst vom Rechtsstandpunkt der Beklagten aus, wonach eine Entgeltgenehmigung nur für die Zukunft wirkt, wäre ihr eine solche vorläufige Regelung nicht möglich. Denn beim Erlass vorläufiger Regelungen nach § 78 TKG ist sie an den Entscheidungsrahmen in der Hauptsache gebunden. Sie kann über ihn nicht hinausgehen,

vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 11. Aufl. § 123 Rn. 9; Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Januar 2000, § 123 Rn. 140.

Dies tut die Beklagte aber, wenn sie einer vorläufigen Genehmigung - wenn auch nur bis zur Antragstellung - Rückwirkung zukommen lässt, obwohl sie davon ausgeht, dass eine endgültige Entgeltgenehmigung - und damit die Entscheidung in der Hauptsache - nur für die Zukunft wirken kann. Zudem handelt die Beklagte mit ihrer Genehmigungspraxis der nur vorläufigen Rechtsnatur einer Regelung nach § 78 TKG zuwider, weil sie den einstweiligen Entgeltanordnungen für die Zeit von der Antragstellung der Klägerin bis zum Ergehen der eigentlichen Genehmigung faktisch doch Endgültigkeit beimisst.

Telekommunikationsrechtliche Bestimmungen stehen der Annahme der Rückwirkung der Entgeltgenehmigung nach §§ 39, 27 Abs. 1 Nr. 1 TKG nicht entgegen. Entgegen der Auffassung der Beklagten besagt die Ausgestaltung als Vorabgenehmigungsverfahren nichts zur rechtlichen Wirkung der Genehmigung, sondern nur dazu, dass die Entgelte vor ihrer Erhebung i.S.d. § 29 Abs. 1 TKG - und nicht wie im Falle der Expost- Regulierung danach - auf ihre Vereinbarkeit mit den Kostengrundsätzen der §§ 24, 27 TKG zu überprüfen sind. Die im Interesse des der Regulierung unterliegenden Unternehmens zu beachtenden kurzen Fristen des § 28 TKG behalten auch bei Annahme der Rückwirkung ihren Sinn. Denn das marktbeherrschende Unternehmen kann bis zum Zeitpunkt der Genehmigungsentscheidung seine vertraglichen Ansprüche nicht realisieren. ...... Aus Gründen des Wettbewerbs- und Wettbewerberschutzes ist es ebenfalls nicht geboten, die Rückwirkung der Entgeltgenehmigung nach §§ 39, 27 Abs. 1 Nr. 1 TKG auszuschließen. Zwar ist einzuräumen, dass der Anreiz der Klägerin zu rechtzeitiger Vorlage eines vollständigen Entgeltantrages durch die Annahme einer rückwirkenden Genehmigung gemindert werden kann. Diese Anreizminderung fällt allerdings nicht entscheidend ins Gewicht. Denn auch bei Annahme der Rückwirkung der Genehmigung besteht für die Klägerin ein eigenes wirtschaftliches Interesse an einem frühzeitigen Ergehen einer Entgeltgenehmigung. Dieses wirtschaftliche Interesse folgt daraus, dass die Klägerin bis zur Genehmigungsentscheidung vorübergehend an der Realisierung ihrer vertraglichen Entgeltansprüche gehindert (§ 29 Abs. 1 TKG) ist und sie ihrerseits vorleistungspflichtig ist, weil ihr wegen des rückwirkend entstehenden Entgeltanspruchs bis zum Ergehen der Entgeltgenehmigung kein Recht zur Verweigerung der ihrerseits geschuldeten Leistungen zusteht. ..... Schließlich darf nicht übersehen werden, dass die Annahme der Rückwir- kung der Entgeltgenehmigung nach §§ 39, 27 Abs. 1 Nr. 1 TKG auch für die Wettbewerber der Klägerin vorteilhaft ist. Dieser Vorteil folgt daraus, dass der Klägerin - wegen des ihr aufgrund der Rückwirkung vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses an garantierten Entgeltanspruches - für die Zeit bis zum Ergehen der Genehmigungsentscheidung, in der sie gemäß § 29 TKG vorübergehend keine Entgelte von ihren Wettbewerbern erheben kann, nicht die von ihr geschuldeten Leistungen verweigern darf. Die Wettbewerber erhalten damit unmittelbar nach Vertragsschluss Zugang zu den Leistungen der Klägerin, ohne dass Streit über ein der Klägerin während der Dauer des Genehmigungsverfahrens zustehendes Leistungsverweigerungsrecht entstehen kann,"

vgl. Urteile der Kammer vom 09. November 2000 - 1 K 10406/98 - sowie vom 30. August 2001 - 1 K 9669/98 -.

Hieran hält die Kammer nach nochmaliger Überprüfung ihres Rechtsstandpunktes fest. Soweit das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen demgegenüber eine Vorleistungspflicht des Marktbeherrschers unter Hinweis auf § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB verneint hat,

vgl. Beschluss vom 14. Dezember 2001 - 13 B 1362/01 -,

ist dem nicht zu folgen.

In Ansehung der Umstände, dass § 35 Abs. 1 TKG eine Verpflichtung des Marktbeherrschers zur Gewährung des Netzzugangs ohne entgeltabhängige Einschränkungen statuiert und dass nach der gesetzlichen Abfolge die Frage der Entgeltgenehmigung nach § 39 TKG unabhängig von der Verpflichtung zur Zugangsgewährung ausgestaltet ist, ist weiterhin von einer öffentlichrechtlichen Vorleistungspflicht auszugehen, die durch die Einrede aus § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB unterlaufen würde,

in diese Richtung wohl auch Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 35 Rdn. 13, indem er ausführt, die Gewährung des Netzzugangs sei von der Genehmigung des Entgelts nicht abhängig.

Gegen ein derartiges Leistungsverweigerungsrecht spricht ferner die Regelung des § 29 Abs. 2 Satz 2 TKG,

a.A. wohl: OVG NRW, Beschluss vom 14. Dezember 2001 - 13 B 1362/01 -.

Nach dieser Regelung kann die Regulierungsbehörde die Durchführung eines Rechtsgeschäfts untersagen, das ein anderes als das genehmigte Entgelt enthält. Darunter fällt nicht nur die betragsmäßige Abweichung von einer Entgeltgenehmigung, sondern erst recht der Fall, dass ein Entgelt verlangt wird, obwohl noch keinerlei Genehmigung erteilt wurde,

vgl. Urteil der Kammer vom 30. August 2001 - 1 K 1725/98 -, Juris.

Macht aber die Klägerin von der Einrede des nicht erfüllten Vertrages Gebrauch und verweigert sie somit vor Erlass der Genehmigung im Sinne des § 320 Abs. 1 Satz 1 BGB "die ihr obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung", so verlangt sie nicht nur entgegen § 29 Abs. 1 TKG ein nicht genehmigtes Entgelt, sondern führt damit zugleich ein gemäß § 29 Abs. 2 Satz 2 TKG untersagungsfähiges Rechtsgeschäft durch.

Gegen ein Leistungsverweigerungsrecht spricht im Übrigen auch die vom Bundesverwaltungsgericht getroffene Wertung, die Weigerung der Klägerin, Wettbewerbern ein Angebot über den Zugang zur TAL zu machen, stelle ein missbräuchliches Verhalten im Sinne des § 33 Abs. 1 TKG dar,

vgl. BVerwG, a.a.O.

Diese hätte nicht erfolgen können, wenn die Klägerin - mangels geschlossenen Vertrages bzw. vorliegender Entgeltgenehmigung - noch nicht zur Zugangsgewährung verpflichtet wäre, sondern bis zur Erteilung dieser Genehmigung ein Zurückbehaltungsrecht hätte.

Damit aber stellt sich eine Vertragsklausel, die der Umgehung dieser Vorleistungspflicht dienen soll, als ein sachlich nicht gerechtfertigtes Verhalten im Sinne des § 33 Abs. 1 TKG dar. Dieses ist auch missbräuchlich, da die Klägerin damit als Marktbeherrscherin ein Marktergebnis durchsetzen will, welches sie bei funktionsfähigem Wettbewerb nicht erreichen könnte,

vgl. hierzu: BVerwG, a.a.O., Seite 1406.

Denn dass in einem solchen Falle andere Marktbeherrscher den Zugang zu ihrer TAL ebenfalls bis zur Entgeltgenehmigung verweigern würden, ist unwahrscheinlich, da damit für die Dauer der Leistungsverweigerung auf Einnahmen verzichtet würde.

Die im angefochtenen Bescheid der RegTP ferner enthaltene Beanstandung der von der Klägerin in Anlage 7 zu ihrem Vertragsangebot aufgeführten Nachzahlungsklausel war demgegenüber rechtswidrig. Insoweit lagen die Voraussetzungen für ein behördliches Einschreiten nach § 33 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 TKG nicht vor. Es fehlt an der erforderlichen missbräuchlichen, sachlich nicht gerechtfertigten Ausnutzung der marktbeherrschenden Stellung der Klägerin.

Die Nachzahlungsklausel sollte - wie die Klägerin im Klageverfahren auch mehrfach bestätigt hat - nur für den Fall Geltung beanspruchen, dass zuvor ein höheres als das vom Wettbewerber bislang gezahlte Entgelt bestandskräftig genehmigt oder eine exante-Genehmigungpflicht bestandskräftig verneint worden ist. Damit gibt die Klausel nur die Selbstverständlichkeit wieder, dass die Klägerin ein genehmigtes Entgelt fordern darf und bei fehlender Genehmigungspflicht das mit dem Wettbewerber vereinbarte Entgelt. Auch steht die Klausel im Einklang mit § 29 TKG, da sie gerade keine Zahlung ungenehmigter Entgelte ermöglichen soll.

Soweit die in Rede stehende Klausel dazu führt, dass die Wettbewerber gegebenenfalls mit nicht unerheblichen Nachzahlungen konfrontiert werden, gebietet dies keine andere Betrachtungsweise, da eine erteilte Entgeltgenehmigung auf den Zeitpunkt der Vereinbarung des Entgelts zurückwirkt, wie die Kammer und das OVG NRW - aus den Beteiligten bekannten und deshalb hier nicht zu wiederholenden Gründen - schon mehrfach und auch unter Berücksichtigung der durch eine Nachzahlungsverpflichtung für die Wettbewerber entstehenden Probleme entschie- den haben.

vgl.u.a.: VG Köln, Urteil vom 30.08.2001 - 1 K 9669/98 - Juris; OVG NRW, Beschluss vom 14.12.2001 - 13 B 1362/01 -, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2002, 496 ff.)

Auch insoweit wird durch die Nachzahlungsklausel deshalb lediglich die geltende Rechtslage wiedergegeben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 709 ZPO.

Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124 a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, die der Sprungrevision auf § 134 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.






VG Köln:
Urteil v. 12.06.2003
Az: 1 K 8636/98


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/6083e5a7b1be/VG-Koeln_Urteil_vom_12-Juni-2003_Az_1-K-8636-98




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