Bundespatentgericht:
Beschluss vom 31. Juli 2002
Aktenzeichen: 2 Ni 42/01

(BPatG: Beschluss v. 31.07.2002, Az.: 2 Ni 42/01)

Tenor

Der Antragstellerin wird Einsicht in die Akten des Nichtigkeitsverfahrens 2 Ni 42/01 gewährt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 5. April 2002 Akteneinsicht beantragt und hierbei auf eine Abmahnung durch die Beklagte des Nichtigkeitsverfahrens 2 Ni 42/01 wegen Verletzung des deutschen Patents 36 25 555 hingewiesen. Die Nichtigkeitsbeklagte hat beantragt, ihre Schriftsätze vom 7. Januar 2002 und 13. März 2002 von der Akteneinsicht auszunehmen, ebenso ihre Stellungnahme vom 13. Mai 2002 zum Akteneinsichtsgesuch. Die genannten Schriftsätze enthielten Ausführungen zu geschäftspolitischen Erwägungen und internen Geschäftsbeziehungen zwischen der Patentinhaberin und Dritten, die weiteren Mitbewerbern nicht zur Verfügung gestellt werden dürften. Insoweit liege ein schutzwürdiges Interesse der Nichtigkeitsbeklagten am Ausschluss dieser Aktenteile von der Akteneinsicht vor.

Die Antragstellerin hat hierzu ausgeführt, da sie den Inhalt der im einzelnen angeführten Schriftsätze und Stellungnahmen nicht kenne, müsse es dem Gericht überlassen bleiben, unter Anwendung der von der obergerichtlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zu beurteilen, ob hinsichtlich der von der Patentinhaberin genannten Schriftstücke ein dem Interesse der Antragstellerin vorgehendes schutzwürdiges Gegeninteresse der Patentinhaberin bestehe. Falls lediglich allgemeine Angaben statt präziser Daten über schutzwürdige Geschäftsgeheimnisse vorlägen, könnten sie von der Akteneinsicht nicht ausgenommen werden. Hierauf deute der unsubstantiierte Vortrag der Beklagten hin.

Die Nichtigkeitsklägerin hat der Akteneinsicht ebenfalls widersprochen und geltend gemacht, die Nichtigkeitsklage enthalte Informationen, die in der konkreten Zusammenstellung nicht bekannt gewesen seien, wodurch bei Akteneinsicht Betriebsgeheimnisse der Klägerin offenbart würden, ohne dass erkennbar sei, welches individuelle berechtigte Interesse der Antragstellerin zustehe.

Die Antragstellerin hat hierzu ausgeführt, diese Begründung sei unsubstantiiert, auch seien die angeblichen Betriebsgeheimnisse einer anderen Wettbewerberin, nämlich der Beklagten, durch die Klage offenbart worden.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Der Antragstellerin war gemäß § 99 Absatz 3 iVm § 31 PatG uneingeschränkt Akteneinsicht zu gewähren.

a) Ein das Interesse der Antragstellerin an der Akteneinsicht überwiegendes Gegeninteresse der Nichtigkeitsbeklagten im Sinne des § 99 Absatz 3 Satz 3 PatG ist auch bezüglich der Aktenteile, die die Beklagte von der Einsicht ausgenommen haben will, nicht dargetan. Sie enthalten lediglich Anträge der Nichtigkeitsbeklagten auf Fristverlängerung, wobei sie auf Vergleichshandlungen und einen Verbindungsantrag hinweist. Irgendwelche technische oder betriebliche Daten sind in diesen Schriftsätzen nicht enthalten.

Ein schutzwürdiges Gegeninteresse der Beklagten könnte somit allein darin begründet liegen, dass Dritte keine Kenntnis von laufenden Vergleichsverhandlungen erlangen sollen. Eine Entscheidung, in der ein derartiges Gegeninteresse anerkannt worden wäre, ist dem Senat nicht bekannt. Entscheidungen liegen bisher nur bezüglich geheimhaltungsbedürftiger Betriebsinterna wie Umsätze, Betriebserfahrungen oder Betriebsergebnisse, Aktenteile, die sich auf eine widerrechtliche Entnahme beziehen, Angaben über gegenseitige geschäftliche Beziehungen der Parteien und betriebsinterne technische Entwicklungen sowie über Detailregelungen eines geschlossenen Vergleiches vor (vgl Busse, PatG 5. Aufl, Rdnr 38 zu § 99). Mit Beschluß vom 27. März 2001 (3 ZA (pat) 64/00) hat der 3. Senat des BPatG entschieden, dass die Tatsache, dass ein Nichtigkeitsverfahren durch eine außergerichtliche Einigung der Parteien beendet worden ist, kein der freien Akteneinsicht entgegenstehendes schutzwürdiges Interesse begründet. Es sei gerade Sinn und Zweck der Akteneinsicht, die Antragstellerin darüber zu informieren, inwieweit, mit welchen Mitteln und mit welchem Erfolg das Patent angegriffen und verteidigt werde.

Für die Erwähnung von Vergleichsverhandlungen in Schriftsätzen der Parteien kann nichts anderes gelten. Inwieweit die Antragstellerin auch einen Anspruch darauf hätte, Einsicht in von den Parteien des Nichtigkeitsverfahrens vorgetragene Einzelheiten zu Vergleichsverhandlungen zu erlangen, kann hier dahinstehen. Ihr generell den Umstand von Vergleichsverhandlungen durch die Ausnahme diesbezüglicher Aktenteile zu verheimlichen, ist nach Auffassung des Senats nicht von einem überwiegenden schutzwürdigen Interesse der Nichtigkeitsbeklagten gedeckt.

b) Ein das Interesse der Antragstellerin an der Akteneinsicht überwiegendes Interesse der Nichtigkeitsklägerin ist für den Senat ebenfalls nicht ersichtlich. Die Klage befaßt sich mit der Frage der Neuheit und Erfindungshöhe gegenüber Druckschriften, die jedermann zugänglich waren und sind. Wodurch ein schützenswertes Betriebsgeheimnis der Klägerin offenbart worden sein soll, ist nicht substantiiert dargelegt und für den Senat auch in keiner Weise erkennbar.

Der zum Akteneinsichtsverfahren eingereichte Schriftsatz der Beklagten vom 13. Mai 2002 ist der Antragstellerin schon als Beteiligter dieses Verfahrens zu übermitteln.

Meinhardt Dr. Kaminski Gutermuth Ko






BPatG:
Beschluss v. 31.07.2002
Az: 2 Ni 42/01


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