Hessischer Verwaltungsgerichtshof:
Urteil vom 24. Februar 1986
Aktenzeichen: 11 UE 2/85

(Hessischer VGH: Urteil v. 24.02.1986, Az.: 11 UE 2/85)

Tatbestand

Der am ... 1943 geborene Kläger absolvierte nach Beendigung des Schulbesuchs im Jahre 1961 eine Lehre im Gastronomiebereich und besuchte zugleich die Hotelfachschule in Heidelberg. Anschließend war er bis zum Jahre 1972 in verschiedenen Hotels des In- und Auslandes tätig. Nach einem Studium an der Fachhochschule des Landes Rheinland-Pfalz in Mainz, wo er auch Vorlesungen im Zivil- und Prozeßrecht (einschl. Arbeitsrecht und öffentlichem Recht) mit befriedigendem Erfolg besuchte, bestand er am 29. Januar 1975 die Abschlußprüfung in der Studienrichtung Finanz-, Prüfungs- und Steuerwesen. Aufgrund dieser Prüfung wurde ihm mit Urkunde vom 29. August 1979 der Diplomgrad "Diplom-Betriebswirt (FH)" verliehen. In den Jahren 1975 bis 1979 war er in dem Büro des 'Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters E. in Offenbach am Main als Steuersachbearbeiter und bei der D. I.-T. mbH in Frankfurt als Revisionsassistent und Steuersachbearbeiter tätig. Am 2. Februar 1979 wurde er von der Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main als Steuerbevollmächtigter bestellt. Er ist seit dem 1. April 1979 als selbständiger Steuerbevollmächtigter tätig.

Am 14. Oktober 1980 bzw. am 25. November 1980 beantragte der Kläger unter Vorlage entsprechender Nachweise über seine Ausbildung und seine bisherige Tätigkeit die Zulassung als Rechtsbeistand.

Diesen Antrag lehnte der Präsident des Landberichts Darmstadt mit Bescheid vom 30, März 1981 ab. Er führte u.a. aus, nach Artikel 3 des Gesetzes vom 18. August 1980 (BGBl. I S. 1503) sei Voraussetzung für die Zulassung als Rechtsbeistand, daß der Bewerber am 26. August 1980 erhebliche und zielgerichtete Vorbereitungen zur Erlangung der Erlaubnis getroffen habe. Daran fehle es hier. Die von dem Kläger über seinen beruflichen Werdegang vorgelegten Zeugnisse seien ebensowenig wie der Kauf der in der Literaturliste bezeichneten Fachbücher, die Tätigkeit bei dem Wirtschaftsprüfer E. und die Angabe, sich intensiv mit der juristischen Materie vertraut gemacht zu haben, geeignet, das Erfordernis einer erheblichen Vorbereitung darzutun. Der Kursbesuch an der Rackow-Schule sei erst nach Inkrafttreten des neuen Berufsrechts erfolgt und könne daher die Anwendung des Übergangsrechtes nicht rechtfertigen.

Gegen diesen ihm am 1. April 1981 zugestellten Bescheid legte der Kläger am 23. April 1981 mit näherer Begründung Widerspruch ein und schränkte dabei seinen Antrag dahin ein, daß er nur eine Teilzulassung für die Gebiete Bürgerliches Recht, Handelsrecht und Gesellschaftsrecht begehre.

Der Präsident des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 1981 als unbegründet zurück. Er führte im wesentlichen aus: Der Widerspruchsführer könne sich nicht auf Art. 3 Satz 2 des Fünften Gesetzes zur Änderung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vom 18. August 1980 berufen, weil er bis zum Inkrafttreten am 27. August 1980 keine erheblichen und zielgerichteten Vorbereitungen getroffen gehabt habe, um die begehrte Erlaubnis zu erlangen. Die möglicherweise im Laufe seines Studiums an der Fachhochschule und seiner beruflichen Tätigkeit erworbenen zusätzlichen Rechtskenntnisse hätten der Erweiterung der bisherigen Berufsausübung sowie der eigenen Tätigkeit als Steuerbevollmächtigter gedient. Sie seien deshalb Bestandteil des ausgeübten Berufes, nicht jedoch zielgerichtet auf die Ausübung eines anderen, über die bisherigen Tätigkeitsfelder hinausgehenden Berufes. Die angebliche Absicht des Widerspruchsführers, neben der Tätigkeit als Steuerbevollmächtigter die des Rechtsbeistandes auszuüben, könne an dieser Beurteilung nichts ändern. Auch die Behauptung der Anmeldung zu einem Klausurenkurs in der Rackow-Schule im Sommer 1980 ohne genaue Angaben des Datums und des Inhalts der Anmeldung sowie der daraus folgenden Erwartung sei nicht geeignet, konkrete Tatsachen über eine zielgerichtete Erweiterung der Berufstätigkeit darzutun.

Am 20. Juli 1981 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgte.

Zur Begründung trug er u.a. vor: Mit der Übergangsregelung sollten aus verfassungsrechtlichen Gründen alle Personen geschützt werden, die bereits erkennbar bei Inkrafttreten des Änderungsgesetzes die Berufswahl zum Rechtsbeistand getroffen gehabt hätten. Er habe sich die Sachkunde für den erstrebten Beruf durch den Besuch der Vorlesung im Zivil- und Prozeßrecht an der Fachhochschule Rheinland-Pfalz verschafft. Diese Kenntnisse habe er vertieft und in seinem Beruf als Diplom-Betriebswirt im Büro des Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters E., bei der D. I. T. und später als selbständiger Steuerbevollmächtigter anwenden können. Bei dem Steuerberater E. sei er nicht nur materiell-rechtlich, sondern auch verfahrensmäßig einschlägig tätig gewesen, weil dieser Volljurist sei und er, der Kläger, diese Fragen zusammen mit E. bearbeitet habe. Bereits Anfang 1980 habe er in der Rackow-Schule vorgesprochen, um an einem laufenden Lehrgang teilzunehmen. Dies sei damals nur deshalb nicht möglich gewesen, weil der Lehrgang bereits im Herbst 1979 begonnen gehabt habe. Deshalb habe er sich im Sommer 1980 zur Teilnahme am nächsten Lehrgang angemeldet, der - unstreitig - vom 3. November 1980 bis 30. April 1981 stattgefunden hat und an dem der Kläger - ebenfalls unstreitig ausweislich des Abschlußzeugnisses vom 10. August 1981 mit Erfolg teilgenommen hat. Die Bücher - darunter auch zwei Lehrgänge der Firma A. und Sch. - habe er teilweise in einer Buchhandlung käuflich erworben und sich intensiv mit dieser Literatur befaßt, wobei diese erheblichen Vorbereitungen zum wesentlichen Teil in die Zeit bis zum Inkrafttreten des Änderungsgesetzes gefallen seien.

Der Kläger beantragte,

unter Aufhebung des Bescheides des Präsidenten des Landgerichts Darmstadt vom 30.3,1981 Az.: 371 E 3-AR 142/81 - und des Widerspruchsbescheides des Präsidenten des Oberlandesgerichts Frankfurt/M, vom 23.6.1981 - Az.: 3712 E-I/3 -2183/81 - dem Kläger am 2.7.1981 zugestellt den Beklagten zu verpflichten, den Kläger als Rechtsbeistand für die Gebiete des Bürgerlichen Rechts, des Handelsrechts und des Gesellschaftsrechtes zuzulassen,

Der Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Er nahm zur Begründung seines Antrags auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide Bezug und führte u.a. aus, allein in den Vorbereitungen des Klägers auf den Besuch der Rackow-Schule könnten - wenn überhaupt - "erhebliche Vorbereitungen" für den Beruf des Rechtsbeistandes gesehen werden. Daß der Kläger die in einer Liste aufgeführte Literatur gekauft und durchgearbeitet habe, werde mit Nichtwissen bestritten. Bei der Bescheinigung der Buchhandlung J. handele es sich offensichtlich um eine Gefälligkeitsbescheinigung.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage durch Urteil vom 4. Februar 1983 ab. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus: Das Verpflichtungsbegehren des Klägers auf Zulassung als Rechtsbestand könne keinen Erfolg haben, weil der Kläger jedenfalls keine "erheblichen" und äußerlich erkennbaren Vorbereitungen für diesen Beruf getroffen habe. Was die für eine erhebliche Vorbereitung wesentlichen Kenntnisse des Klägers in Richtung gerade auf eine eigenständige Rechtsberatung angingen, könnten diese nur uneinheitlich beurteilt werden. Die Bücher habe er im wesentlichen schon für sein Studium des Finanzprüfungs- und Steuerwesens bis 1975 benutzt. Die von dem Kläger besuchten Vorlesungen hätten nur dem wirtschaftswissenschaftlichen Studium gedient, nicht hingegen einem eigenständigen Rechtsstudium mit der Rechtsberatung als Endziel. Das gleiche gelte für die Rechtsberatung in seinem Beruf als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Auch das behauptete weitere Selbststudium lasse nicht ausreichend einen ausschlaggebenden Bezug gerade auf eine Rechtsberatung zu. Einen deutlichen sachlichen Bezug zur eigenständigen Rechtsberatung lasse allerdings die Teilnahme an dem Rechtsbeistandslehrgang erkennen. Dessen zeitlicher Bezug reiche jedoch nicht mehr für eine erhebliche Vorbereitung aus, denn dieser Lehrgang hätte bei Inkrafttreten der Neu- und Übergangsregelung am 27. August 1980 wenn nicht schon beendet, so wenigstens bereits begonnen gewesen sein müssen. Daran fehle es hier. Daß sich der Kläger schon Anfang 1980 bei der Schule nach den Möglichkeiten eines Lehrgangs erkundigt gehabt habe, sei nicht ausreichend für eine erhebliche Vorbereitung. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müsse im übrigen von einem Antragsteller gefordert werden, daß er bereits auf eine Tätigkeit als Sachbearbeiter oder dergleichen auf dem Gebiet, für das er die Rechtsberatungserlaubnis begehre, verweisen könne. Der Kläger könne jedoch auf keine praktische Tätigkeit in den von ihm genannten Rechtsbereichen verweisen. Eine solche eigenständige praktische Erfahrung - auch im Verfahrensbetrieb - könne zum Beispiel ein Sachbearbeiter eines Rechtsschutzbüros haben, ein Wirtschafts- und Steuerberater werde sie allgemein von dieser Tätigkeit her nicht haben. Daß der Kläger sie hätte, könne das Gericht nicht erkennen. Mithin sei auch der Aufhebungsantrag des Klägers hinsichtlich der angefochtenen Bescheide unbegründet.

Gegen dieses ihm am 28. Februar 1983 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28, März 1983 Berufung eingelegt. Er vertritt weiterhin die Auffassung, bei Inkrafttreten der Neuregelung vom 27. August 1980 bereits erhebliche Vorbereitungen für den Beruf des Rechtsbeistandes getroffen zu haben. Ferner führt er u.a. aus: Das Verwaltungsgericht habe außer acht gelassen, daß er die für eine Rechtsbeistandspraxis wichtigen Kommentare und Bücher intensiv durchgearbeitet habe. Es habe die mehrjährige Tätigkeit in einem Steuer- und Wirtschaftsberatungsbüro, das von einem Volljuristen geleitet werde, zu Unrecht als nicht relevant bezeichnet und seine Mitarbeit in diesem Büro nicht richtig gewürdigt und schließlich die erfolgreiche Teilnahme an dem Rackow-Lehrgang, die als Sachkundenachweis anzusehen sei, nicht berücksichtigt. Der Auffassung des Verwaltungsgerichts, die sachlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis müßten bei Inkrafttreten des Übergangsgesetzes vorgelegen haben, stehe der klare Wortlaut der gesetzlichen Übergangsregelung entgegen. Während Bewerber, die vor dem 27, August 1980 ihren Antrag gestellt hätten, selbst dann erfolgreich sein könnten, wenn sie die sachlichen Voraussetzungen nicht erfüllt hätten, trete für Antragsteller zwischen dem 27. August 1980 und 26. August 1981 die Erschwernis hinzu, daß sie bei Inkrafttreten des Übergangsgesetzes erhebliche Vorbereitungen für die Erlaubnis getroffen haben müßten, um in den Genuß der Anwendung des bisherigen Rechts zu kommen. Diese erheblichen Vorbereitungen habe er aber geleistet, wie sich aus seinem Vorbringen in erster Instanz ergebe. Was die Sachkunde angehe, so sei sie nach der im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung gegebenen Sachlage zu beurteilen. Sie sei durch den erfolgreichen Abschluß des Rackow-Lehrganges, der nicht nur theoretische Kenntnisse vermittele, sondern auch in Übungen die praktische Sachkunde zum Inhalt habe, bewiesen. Im übrigen sei er nach wie vor bereit, sich einem Test vor einem Prüfungsausschuß zu unterziehen.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide und des Urteils des Verwaltungsgerichts Darmstadt vom 4. Februar 1983 den Beklagten zu verpflichten, ihm die Erlaubnis zur Ausübung der Tätigkeit als Rechtsbeistand für die Gebiete des Bürgerlichen Rechts, des Handelsrechts und des Gesellschaftsrechts zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil,. bezieht sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide und das erstinstanzliche Vorbringen und führt ergänzend aus: Auch die Berufungsbegründung enthalte keine neuen Gesichtspunkte, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten. Da die Voraussetzungen der Übergangsregelung nicht vorlagen und mithin das Rechtsberatungsgesetz in der bis dahin geltenden Fassung auf den Kläger nicht anzuwenden sei, komme es auf die von dem Kläger nunmehr in den Vordergrund gestellte Frage der Sachkunde gar nicht mehr an. Im übrigen habe der Kläger die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlichen praktischen Fertigkeiten in den Rechtsbereichen, für die er die Zulassung als Rechtsbeistand erstrebe, nicht vorweisen können.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Behördenakten des Beklagten (1 Hefter) die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung ist nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die als Verpflichtungsklage zulässige Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung der von ihm begehrten Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten auf den Gebieten des Bürgerlichen Rechts, des Handels- und des Gesellschaftsrechts.

Zwar ist der Beruf des Rechtsbeistandes dessen - auf die von ihm näher bezeichneten Sachbereiche eingeschränkte - Ausübung der Kläger anstrebt, durch Art. 2 Abs. 6 Nr. 1 des Fünften Gesetzes zur Änderung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vom 18. August 1980 (BGBl. I S, 1503) auf wenige, hier nicht einschlägige Spezialgebiete beschränkt und im übrigen geschlossen worden. Jedoch ist nach der Übergangsvorschrift des Art. 3 Satz 2 des vorgenannten Gesetzes das Rechtsberatungsgesetz noch in der bis dahin geltenden Fassung anzuwenden, wenn der Bewerber um die Erlaubnis bei dem Inkrafttreten dieser Übergangsvorschrift (27. August 1980) erhebliche Vorbereitungen getroffen hatte, um eine Erlaubnis zu erlangen, und er den Antrag auf Erteilung der Erlaubnis innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten dieser Übergangsvorschrift gestellt hat. Der Kläger hat seinen Antrag auf Erteilung der Erlaubnis hier rechtzeitig, nämlich innerhalb eines Jahres nach dem 27. August 1980 gestellt. Er müßte weiterhin am 27. August 1980 "erhebliche Vorbereitungen" getroffen gehabt haben, um die Erlaubnis zu erlangen. Dem Verwaltungsgericht ist zunächst darin beizupflichten, daß die erheblichen Vorbereitungen bewußt und zielgerichtet im Hinblick auf die beantragte Erlaubnis getroffen sein mußten. Dies folgt aus dem Wertlaut der Übergangsvorschrift und deren Sinn und Zweck, in Anbetracht der Schließung des Berufs des Rechtsbeistandes herkömmlicher Art und unter Berücksichtigung von Art. 12 Abs. 1 GG unzumutbare Härten durch eine Veränderung der Rechtslage für solche Berufsbewerber auszuschließen bzw. zu vermeiden, bei denen die Realisierung ihres Berufswunsches durch eigene Bemühungen bereits konkrete Formen angenommen hatte. Daraus folgt weiter, daß in diesem Zusammenhang nur nach außen erkennbare Vorbereitungshandlungen Berücksichtigung finden können. Dies verlangt bereits das Gebot der Rechtssicherheit. Angesichts der Schließung des Berufs des Rechtsbeistandes kommt der Anwendung alten oder neuen Rechts größte Bedeutung zu. Sie muß daher hinreichend sicher entschieden werden können. Die Entscheidung kann indessen nicht von inneren Einstellungen des Bewerbers oder von Tätigkeiten abhängen, die für Dritte nicht nachprüfbar sind. Das gilt insbesondere für ein behauptetes Selbststudium eines Erlaubnisbewerbers (so auch Bayer. VGH, Urteil vom 6. Juli 1982 - Nr. 20 B 82 A, 973). In der Sache selbst müssen die "erheblichen Vorbereitungen" auf Erlangung einer Erlaubnis im Sinne von Art. 1 § 1 Abs. 2 des Rechtsberatungsgesetzes vom 13. Dezember 1935 (RGBl. I 1478; BGBl. III 303-12) in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 24, Juli 1975 (BGBl. I 1509) - RBerG a.F. - gerichtet gewesen sein, also insbesondere auf die dort geforderte "persönliche Eignung sowie genügende Sachkunde".

Ob der Kläger solche zielgerichteten, nach außen erkennbaren und "erheblichen" Vorbereitungen für die Erlangung einer Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 RBerG a.F. vor dem 27. August 1980 getroffen hat, erscheint zweifelhaft. Was den Besuch der Vorlesung im "Zivil- und Prozeßrecht" an der Fachhochschule Rheinland-Pfalz angeht, galt diese Kenntnisverschaffung der Vorbereitung auf die Erlangung einer Qualifikation als "Diplom-Betriebswirt (FH)" und nicht erkennbar der Vorbereitung auf eine selbständige Tätigkeit als Rechtsbeistand. Ähnliches gilt für die behauptete Vertiefung der Rechtskenntnisse während der Tätigkeit des Klägers in dem Büro des Steuerberaters E. und bei der D. I. T. mbH bzw. später als selbständiger Steuerbevollmächtigter. Unstreitig ist ferner, daß der Kläger einen erheblichen Teil der von ihm angeschafften Bücher bereits für sein Studium des Finanzprüfungs- und Steuerwesens gekauft und benutzt hat. Welche von den in der Liste aufgeführten Büchern er gezielt und zu welchem Zeitpunkt zur Vorbereitung auf die von ihm angeblich schon früher erstrebte Zulassung als Rechtsbeistand erworben hat, hat der Kläger bis zum heutigen Zeitpunkt nicht detailliert und substantiiert dargetan, so daß die Frage der Bücheranschaffung schon deswegen bei der Prüfung der nach außen hin erkennbar zutage getretenen Vorbereitungshandlungen für die Erlangung der Erlaubnis zur Ausübung der Tätigkeit als Rechtsbeistand außer Betracht zu bleiben hat. Es kommt insoweit hinzu, daß sich die in der Liste aufgeführten Bücher nur zum Teil überhaupt für ein Selbststudium bzw. für Ausbildungszwecke eignen. Kommentare und ähnliche Nachschlagewerke eignen sich dafür in aller Regel nicht, sondern sind vornehmlich zur gezielten Klärung bestimmter rechtlicher Einzelfragen gedacht und geeignet. Hinsichtlich des vom Kläger behaupteten Selbststudiums fehlt es ebenfalls an einem hinreichend substantiierten und anhand objektiver Kriterien nachprüfbaren Sachvortrag (vgl. auch Bayer. VGH, Urteil vom 6. Juli 1982 - Nr. 20 B 82 A.973 - S. 5). Einen deutlichen sachlichen Anknüpfungspunkt für den Entschluß, die Zulassung als Rechtsbeistand zu erlangen, bietet allerdings die Anfang 1980 - also etwa acht Monate vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes - erfolgte Erkundigung des Klägers nach den Möglichkeiten der Teilnahme an einem Rechtsbeistandslehrgang der Rackow-Schule. Mit der bloßen Erkundigung nach einer solchen Möglichkeit, die wegen des schon laufenden Lehrgangs zunächst nicht zu einer Realisierung der von dem Kläger beabsichtigten Lehrgangsteilnahme geführt hat, kann jedoch der Nachweis "erheblicher Vorbereitungen" nicht erbracht werden. Die im Sommer 1980 erfolgte verbindliche Anmeldung des Klägers zur Teilnahme an dem vom 3. November 1980 bis zum 30. April 1981 stattfindenden Lehrgang der Rackow-Schule läßt dann allerdings einen deutlichen sachlichen Bezug zur eigenständigen Rechtsberatung und zur Erlangung einer entsprechenden Erlaubnis erkennen.

Auch wenn zu diesem Zeitpunkt nach den Angaben des Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch nicht feststand, ob sich für den Lehrgang genügend Teilnehmer finden würden, so war für den Kläger doch diese Anmeldung rechtlich verbindlich und - im Falle der Durchführung des Lehrgangs - für ihn mit erheblichen Kosten verbunden, so daß in dieser vor Inkrafttreten der Rechtsänderung erfolgten verbindlichen Anmeldung zu dem berufsspezifischen Lehrgang möglicherweise durchaus "erhebliche Vorbereitungen" zur Erlangung einer Rechtsberatungserlaubnis gesehen werden könnten. Einer abschließenden Beantwortung bedarf diese Frage indessen ebensowenig wie die Frage der Verfassungsmäßigkeit von Art. 2 Abs. 6 und Art. 3 des Gesetzes vom 18. August 1980.

Das Verwaltungsgericht ist in dem angefochtenen Urteil stillschweigend von der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelungen ausgegangen. In Rechtsprechung und Schrifttum sind jedoch teilweise Bedenken gegen deren Verfassungsmäßigkeit im Hinblick auf Art. 12 GG geltend gemacht worden (vgl. insbesondere Obermager, DÖV 1981, 621 ff sowie den Vorlagebeschluß des VG Freiburg vom 10. März 1982 - 1 K 277/81 - nach Art. 100 GG). Bei dem Bundesverfassungsgericht sind wegen der Problematik mehrere Verfahren anhängig (1 BvL 16.82 - betreffend den Vorlagebeschluß des VG Freiburg - sowie 1 BvL 5.84). Die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes ins Feld geführten Argumente sind zwar nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Der Senat neigt allerdings in Übereinstimmung mit dem Bayer. VGH (vgl. Urteil vom 6, Juli 1982 - Nr. 20 B 82 A. 973 - S. 6 des Abdrucks) und unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in ähnlich gelagerten Fällen, die die erstmalige Fixierung von Berufsbildern, deren Zusammenfassung sowie deren Neuordnung zum Gegenstand hatten (vgl. etwa BVerfGE 21, 180; E 25, 236 ff, E 54, 330 ff), dazu, in der Neuregelung und der damit verbundenen Schließung des Berufes des Rechtsbeistandes herkömmlicher Art eine verfassungsrechtlich zulässige subjektive Berufszugangsregelung zu sehen.

Die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung kann hier jedoch letztlich ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob der Kläger "erhebliche Vorbereitungen" für die Erlangung der Erlaubnis getroffen hatte; denn auf diese Fragen käme es für die zu treffende Entscheidung nur dann maßgeblich an, wenn der Kläger die sonstigen Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Erlaubnis erfüllen würde. Dies ist indessen nicht der Fall.

Nach § 1 Abs. 2 RBerG a.F. darf die Erlaubnis nur erteilt werden, wenn der Antragsteller neben der für den Beruf erforderlichen Zuverlässigkeit und persönlichen Eignung genügende Sachkunde besitzt, die sich sowohl auf eine theoretische Ausbildung wie auch auf praktische Erfahrungen aufgrund einschlägiger beruflicher Betätigung stützen muß. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu unter Berücksichtigung von § 8 der Verordnung zur Ausführung des Rechtsberatungsgesetzes - VO - vom 13. Dezember 1935 (BGBl, III 303 - 12 - 1) in seiner Entscheidung vom 15. November 1979 - 5 C 4.79 - (DVBl. 1980, 640) u.a. ausgeführt, es genüge, was die Sachkunde und Eignung des Bewerbers anbelange, nicht bloßes theoretisches Wissen auf den in Frage kommenden Rechtsgebieten, sondern verlangt werden müsse eine durch entsprechende Ausbildung und berufliche Tätigkeit erworbene Sachkunde. Dies komme dadurch zum Ausdruck, daß von dem Nachsuchenden die Darlegung seiner Sachkunde und Eignung durch Angaben über seinen Ausbildungsgang und seine bisherige Tätigkeit gefordert wird. Damit knüpfe § 8 VO an Zulassungsvoraussetzungen an, wie sie allgemein für rechtberatende Berufe gelten würden. Für sie sei kennzeichnend, daß sie neben einer der Vermittlung theoretischen Wissens dienenden Ausbildung, wie etwa einem Studium, eine der praktischen Anwendung dieser Kenntnisse gewidmete Tätigkeit verlangten (vgl. z.B. § 4 BRAO; § 36 Steuerberatungsgesetz). Von einem Erlaubnisbewerber nach Art. 1 § 1 RBerG müsse deshalb gefordert werden, daß er bereits auf eine Tätigkeit als Sachbearbeiter oder dergleichen auf dem Gebiet, für das er die Rechtsberatungserlaubnis begehre, verweisen könne. Diese auf die Praxis der Berufsausübung bezogene Voraussetzung könne nicht durch den Nachweis einer auf das Abfragen theoretischer Kenntnisse beschränkten Prüfung ersetzt werden. Diese - auch von dem erkennenden Senat geteilte - Auffassung hat in der Rechtsprechung und in der einschlägigen Literatur weitgehend Zustimmung gefunden (vgl. etwa Bayer. VGH, Urteil vom 6. Juli 1982 - Nr. 20 B 82 A. 973 -; Bayer. VGH, Urteil vom 9. November 1982 - Nr. 20 B 82 A. 1401, BayVBl. 1983, 181; OVG Münster. Urteil vom 16.5.1977, OVGE Bd. 32, 283 ff; sowie Altenhoff/Busch/Kampmann, Rechtsberatungsgesetz, 6. Auflage, 1981, S. 240 Rdnr. 746; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11. Oktober 1984, VBlBW 1985, 390 ff). Zu fordern ist in diesem Zusammenhang insbesondere, daß die praktischen Erfahrungen gerade auf den Gebieten bestehen müssen, für die die Erlaubnis beantragt wird, da sonst das gesetzgeberische Ziel, die rechtssuchende Bevölkerung vor unqualifizierter Rechtsberatung zu schützen, nicht erreicht werden kann. Der Bayer. VGH (Urteil vom 6. Juli 1982 - Nr. 20 B 82 A, 973 -, S. 7 ff) hat hierzu mit Recht ausgeführt, daß mit der Forderung nach hinreichender Praxis des angehenden Rechtsbeistandes nicht lediglich sichergestellt werden solle, daß dieser sich gewissermaßen ein allgemeines "Gespür" für die Ausübung seines Berufs erworben habe. Vielmehr hatten praktische Erfahrungen darüber hinaus die notwendige Funktion, die praktische Umsetzung und damit die Vertiefung theoretischer Kenntnisse zu lernen und einzuüben. Demzufolge müßten die praktischen Erfahrungen auf dem Gebiet eben dieser Kenntnisse und nicht auf irgendwelchen Gebieten bestehen.

Diese Anforderungen an die praktische Erfahrung des Erlaubnisbewerbers dürfen allerdings nicht überspitzt werden. Es ginge zu weit, für jedes einzelne Teilgebiet etwa des Bürgerlichen Rechts oder des Verwaltungsrechts Nachweise für praktische Betätigungen zu verlangen, denn dies würde den Realitäten der Praxis nicht gerecht und auch den Berufszugang für angehende Rechtsbeistände übermäßig erschweren.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen hat der Kläger nach Auffassung des erkennenden Senats nicht hinreichend dargetan, geschweige denn nachgewiesen, daß er über - durch eine entsprechende berufliche Tätigkeit erworbene - praktische Erfahrung auf den Rechtsgebieten in ausreichendem Maße verfügt, für die er die Zulassung als Rechtsbeistand anstrebt. Der Kläger hat hier lediglich dargelegt, daß er im Rahmen seiner Tätigkeit als Steuersachbearbeiter bzw. später als Steuerbevollmächtigter Berührung auch mit Fragen aus dem Bürgerlichen Recht, dem Handelsrecht und dem Gesellschaftsrecht gehabt hat und noch hat. Er hat jedoch nicht dargetan, daß er darüber hinausgehende eigenständige berufliche Erfahrungen auf diesen Gebieten aufgrund seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit hat sammeln können. Seine beruflichen Erfahrungen hat sich der Kläger vielmehr lediglich auf dem Gebiet des Steuerrechts aneignen können, wie sein Bevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat selbst eingeräumt hat. Praktische Erfahrungen auf dem Gebiet des Steuerrechts können, jedoch nicht zugleich auch als solche auf dem Gebiet des Bürgerlichen Rechts gelten, da zwischen beiden Gebieten tiefgreifende Unterschiede sowohl hinsichtlich des materiellen Rechts als auch hinsichtlich des Verfahrensrechts bestehen. Wenn auch das Bürgerliche Recht, das Handelsrecht und das Gesellschaftsrecht immer wieder in steuerrechtliche Tatbestände hineinwirken und der Kläger insoweit mit ihnen in Berührung gekommen ist, so ist doch andererseits zu berücksichtigen, daß bei einer Prüfung bürgerlich-rechtlicher, handelsrechtlicher oder gesellschaftsrechtlicher Fragen aus Anlaß steuerrechtlicher Vorgänge der Problemkreis von vornherein eingeschränkt ist, da die bürgerlich-rechtlichen, gesellschaftsrechtlichen bzw. handelsrechtlichen Probleme in diesem Zusammenhang nicht um ihrer selbst willen, sondern eben nur im Hinblick auf diese steuerrechtlichen Auswirkungen untersucht werden. Das gilt auch, soweit die steuerberatende Tätigkeit sich auf die vertragliche Gestaltung von Rechtsbeziehungen z.B. durch Änderung von Verträgen, Umwandlung einer Gesellschaft und dergleichen bezieht. Diese Fälle sogenannter "Steuergestaltung" umfassen jedoch nur einen Teilbereich rechtsberatender Tätigkeit. Selbst wenn der Kläger also in der Lage sein sollte, seine Mandanten im Interesse einer günstigen Besteuerung auch bei der Gestaltung ihrer zivilrechtlichen Voraussetzungen zuverlässig und richtig zu beraten, so folgt daraus noch nicht notwendig, daß er auch über diejenigen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die erforderlich sind, um die bei der privatrechtlichen Abwicklung rechtsgeschäftlicher oder gesetzlicher Rechtsbeziehungen anfallenden Geschäfte, die ein Rechtsbeistand auch sachgerecht bewältigen können muß, zu besorgen. Zu denken ist hier etwa an Streitigkeiten über die Gültigkeit von Verträgen, wegen Erfüllung gesetzlicher oder vertraglicher Ansprüche, Leistungsstörungen bei der Erfüllung von Verträgen, Prüfung und Durchsetzung von Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung oder unerlaubter Handlung, die einen wesentlichen Teil der rechtsberatenden Tätigkeit ausmachen. Für den Erwerb praktischer Erfahrungen auf den Gebieten des Bürgerlichen Rechts, des Handels- und Gesellschaftsrechts kommen deshalb etwa Tätigkeiten als Mitarbeiter in der Rechtsabteilung eines Unternehmens oder Verbandes, bei einem Rechtsanwalt oder Rechtsbeistand, als Rechtsreferendar oder Rechtspfleger oder als Sachbearbeiter in einem Versicherungsunternehmen in Betracht. Die Tätigkeit als Steuerbevollmächtigter oder als Steuerberater genügt dagegen für sich allein den insoweit zu stellenden Anforderungen nicht (so auch Bayer. VGH, BayVBl. 1983, 181 f; OVG Münster, OVGE Bd. 32, 283 ff).

Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen und der konkreten Umstände des vorliegenden Falles hat der Kläger mithin nicht zur Überzeugung des erkennenden Senats dartun bzw. nachweisen können, daß er über eine aufgrund beruflicher Betätigung gewonnene ausreichende praktische Erfahrung auf den Rechtsgebieten verfügt, für die er die Erlaubnis zur Rechtsberatung anstrebt. Auch seine Tätigkeit bei dem Volljuristen E. vermag insoweit eine dem Kläger günstigere Beurteilung nicht zu rechtfertigen; denn ausweislich des ihm erteilten Zeugnisses hat der Kläger auch dort nur Gelegenheit gehabt, sein rechtliches Wissen im Rahmen seiner Tätigkeit, also unselbständig innerhalb der Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung, anzuwenden. Der Kläger erfüllt mithin nicht die Voraussetzungen für die Erlangung der von ihm begehrten Erlaubnis. Sie war ihm vielmehr - ungeachtet der oben angesprochenen rechtlichen Problematik im Zusammenhang mit der Übergangsregelung des Art. 3 Satz 2 des Fünften Gesetzes zur Änderung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vom 18. August 1980 - bereits nach dem alten Rechtszustand zu versagen, so daß die auf die Erlangung der Rechtsberatungserlaubnis gerichtete Verpflichtungsklage zu Recht abgewiesen worden ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 151 Abs. 2 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).






Hessischer VGH:
Urteil v. 24.02.1986
Az: 11 UE 2/85


Link zum Urteil:
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