Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. April 2001
Aktenzeichen: 26 W (pat) 121/00

(BPatG: Beschluss v. 04.04.2001, Az.: 26 W (pat) 121/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die für die Dienstleistungen "Bauwesen; Reparaturwesen, Versicherungswesen; Transportwesen" eingetragenem Wortmarke 397 20 868.5 EUROSAN ist aus der prioritätsälteren Wortmarke 2 901 594 eurodan Widerspruch erhoben worden, die für die Dienstleistung "Bauwesen" geschützt ist.

Die Markenstelle für Klasse 37 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die angegriffene Marke teilweise für die Dienstleistung "Bauwesen" gelöscht; in diesem Umfang bestehe zwischen den beiden Kennzeichnungen eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG. Die Dienstleistung "Bauwesen" der angegriffenen Marke und die gleiche Dienstleistung der Widerspruchsmarke seien markenrechtlich identisch. Die weiteren Dienstleistungen "Reparaturwesen, Versicherungswesen, Transportwesen" der jüngeren Marke und "Bauwesen" der Widerspruchsmarke seien nicht ähnlich, da hiermit andere Verkehrskreise angesprochen würden. Zwar könne nicht ausgeschlossen werden, daß im Bereich des Bauwesens auch Reparaturen an Gebäuden vorgenommen sowie Transportleistungen erbracht würden, dennoch würden mit den Dienstleistungen in der Regel andere Verkehrskreise angesprochen. Die aus dem Wort "eurodan" bestehende Widerspruchsmarke sei kennzeichnungsstark. Die Marke werde mithin als Wortmarke gesehen und mit der angegriffenen Marke "EUROSAN" verwechselt. Die unterschiedliche Schreibweise "-dan" gegenüber "-san" werde, sofern überhaupt von den Verbrauchern bemerkt, nur als unbedeutende abgewandelte Schreibweise oder als Schreibfehler angesehen. Aufgrund der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der Identität der Dienstleistungen seien an den Abstand der Marken höhere Anforderungen zu stellen, wofür die Abweichung in nur einem Buchstaben der dritten Silbe der Vergleichszeichen nicht ausreiche, so daß die jüngere Marke teilweise für die Dienstleistung "Bauwesen" zu löschen sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hält die Dienstleistungen "Reparaturwesen und Transportwesen" einerseits und die Dienstleistungen "Bauwesen" für ähnlich, denn mit "Bauwesen" würden all die Leistungen bezeichnet, die mit dem Errichten von Gebäuden zusammen hingen. So würden zum Beispiel bei der Herstellung eines Fertighauses die Bauteile transportiert und mit den an den Bauten und Gebäuden vorgenommenen Reparaturen jeweils die gleichen Verkehrskreise angesprochen. Es sei gängig und üblich, daß auf dem Bausektor tätige Bauunternehmen sämtliche bei der Errichtung von Bauten anfallenden Dienstleistungen erbrächten, so daß mit diesen Dienstleistungen die gleichen Bauherren bzw. Auftraggeber angesprochen würden. Da die zu vergleichenden Dienstleistung nach ihrer Art, ihrem Verwendungszweck, ihrer Inanspruchnahme und ihrer wirtschaftlichen Bedeutung Berührungspunkte aufwiesen, sei für die angesprochenen Verkehrskreise der Schluß naheliegend, die mit identischen oder vermeintlich identischen Marken gekennzeichneten Dienstleistungen entstammten demselben Geschäftsbetrieb. Die sich gegenüberstehenden Kennzeichnungen seien auch klanglich und schriftlich miteinander verwechselbar, den sie unterschieden sich lediglich dadurch, daß der Buchstabe "d" gegen den Buchstaben "s" ausgetauscht worden sei, so daß die sich hieraus ergebenden klanglichen Abweichungen von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht wahrgenommen würden, zumal die beiderseitigen Endungen übereinstimmten. Es komme hinzu, daß es sich nicht um Kurzwörter handle, bei denen auch noch geringere klangliche Unterschiede wahrgenommen würden. Da die gegenüberstehenden Kennzeichnungen dieselben Ober- und Unterlängen sowie Wortlängen aufwiesen, sei auch eine schriftliche Verwechslungsgefahr gegeben.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die zeichenrechtliche Verwechslungsgefahr auch für die Dienstleistungen "Reparaturwesen und Transportwesen" festzustellen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke stellt den Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluß. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden bestehe keine Ähnlichkeit der Dienstleistung "Bauwesen" mit den Dienstleistungen "Reparaturwesen und Transportwesen". Letztere würden im Rahmen des Bauwesens lediglich als Hilfsdienstleistungen erbracht. Die Tatsache, daß Reparaturleistungen an Bauwerken vorgenommen würden, reiche für die Annahme einer Ähnlichkeit mit der Dienstleistung "Bauwesen" nicht aus. Während das Bauwesen regelmäßig die Neuherstellung eines Werkes betreffe, würden Reparaturen an bereits bestehenden Bauten vorgenommen. Bei jeder Neuherstellung eines Bauwerkes müßten Bauteile transportiert werden. Selbst wenn es sich hierbei um ganze Fertighäuser handeln sollte, stelle dieser Transport lediglich eine Nebenleistung dar. Davon abgesehen seien die beiderseitigen Kennzeichnungen aufgrund ihrer unterschiedlichen Wortbestandteile "-SAN" und "-dan" nicht verwechselbar.

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als unbegründet, denn auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen der Widerspruchsmarke "eurodan" und der jüngeren Marke "EUROSAN" bezüglich der Dienstleistungen "Reparaturwesen und Transportwesen" keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die Gefahr markenrechtlich erheblicher Verwechslungen ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, die zueinander in einer Wechselbeziehung stehen, umfassend zu beurteilen. Zu den maßgeblichen Umständen gehören insbesondere die Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (vgl EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma "BGH GRUR 1995, 216, 219 - Oxygenol II). Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der noch in Rede stehenden Dienstleistungen - "Reparatur- und Transportwesen" einerseits sowie "Bauwesen" andererseits - ist davon auszugehen, daß die Verfahrensbeteiligten Dienstleistungen erbringen, die eine mittlere Ähnlichkeit aufweisen.

Maßgeblich für die Annahme einer Dienstleistungsähnlichkeit ist angesichts der fehlenden Körperlichkeit von Dienstleistungen in erster Linie Art und Zweck der Dienstleistung, d.h. der Nutzen für den Empfänger der Dienstleistung und allenfalls noch die Vorstellung des Verkehrs, daß die Dienstleistungen unter der gleichen Verantwortung erbracht werden (vgl BGH GRUR 2001, 164, - Wintergarten; GRUR 1999, 731 - Canon II; Fezer, MarkenR, 2. Aufl, § 14 Rdnr 393; Althammer/ Ströbele Markengesetz 6. Aufl, § 9 Rdnr 66). Gemessen an diesen Kriterien ist davon auszugehen, daß die beteiligten breiten Verkehrskreise aufgrund der übereinstimmenden Art und des einheitlichen Zwecks annehmen, daß die beiderseitigen, hier noch in Rede stehenden Dienstleistungen üblicherweise von denselben Unternehmen erbracht werden, denn Bauunternehmen errichten und reparieren zum einen Gebäude oder Gebäudeteile, zum andern erbringen sie im Rahmen ihrer Bautätigkeit selbst Transportleistungen oder lassen sie von anderen Transportunternehmen durchführen. Mithin besteht insoweit zwischen Bau- und Transportunternehmen eine branchenmäßige Nähe.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, die sich nach ihrem Gesamteindruck bemißt, ist noch als durchschnittlich zu bewerten. Zwar enthält die Widerspruchsmarke mit dem Anfangsbestandteil "euro-" einen häufig verwendeten und allgemein verständlichen Hinweis auf "europäisch", "Europa" und in dem weiteren Markenteil "-dan" klingt die Herkunftsangabe oder Kurzform für "Danmark", "dansk" für "Dänemark, dänisch" an. Sofern sich die hier angesprochenen breiten Abnehmerkreise überhaupt Gedanken über die inhaltliche Aussage der Widerspruchsmarke "eurodan" machen, werden sie in der Widerspruchsmarke aber allenfalls einen vagen Hinweis auf ein dänisches Unternehmen mit europäischen Bezug erkennen können, ohne sich eindeutige Vorstellungen über die unter dieser Bezeichnung angebotenen Dienstleistungen zu machen.

Trotz der breiten Abnehmerkreise, der mittleren Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der durchschnittlichen Ähnlichkeit der beiderseitigen Dienstleistungen hält die jüngere Marke im maßgeblichen Gesamteindruck der Marken noch den erforderlichen klanglichen und schriftbildlichen Abstand ein.

Zwar stimmen die beiden dreisilbigen Kennzeichnungen "EUROSAN" und "eurodan" in der Vokalfolge, der Silbenzahl, der Art der Zeichenbildung und in der allgemeinen stärker beachteten Anfangssilbe "EURO" überein. Angesichts des Umstands, daß diese Anfangssilbe durch häufige Verwendung weitgehend verbraucht ist und die beiderseitigen Kennzeichnungen ohnehin nur aus drei Silben bestehen, hat der angesprochene Verkehr aber Anlaß, verstärkt auf die Unterschiede der Markenendungen "-SAN" und "-dan" zu achten. Da die Endsilbe "-SAN" den Sinngehalt "Sanierung" deutlich anklingen läßt und auch die Endsilbe "-dan" als Hinweis auf einen dänischen Ursprung der betreffenden Dienstleistungen verstanden werden kann, reichen die klanglichen und schriftbildlichen Unterschiede des markannten Buchstabens "S" gegenüber dem wesentlich unauffälligeren Konsonanten "d" aus, insbesondere ein Verhören aus der Erinnerung heraus hinreichend auszuschließen. Hierbei war auch zu berücksichtigen, daß der durchschnittlich informierte und aufmerksame Durchschnittsverbraucher (vgl BGH GRUR 2000, 506 - ATTACHÉ/TISSERAND), der die hier in Rede stehenden nicht selten kostspieligen Bau- und Transportleistungen in Anspruch nimmt, den Kennzeichnungen keine geringe Aufmerksamkeit entgegen bringt.

Eine Gefahr aus assoziativer Verwechslungen der Marken besteht ebenfalls nicht. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß dem übereinstimmenden Bestandteil "EURO" eine Hinweisfunktion auf die Inhaberin der älteren Marke zukommt. Der oben bereits angesprochene beschreibende Inhalt dieses Begriffs spricht vielmehr eindeutig gegen eine derartige Annahme.

Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs 1 MarkenG) bestand kein Anlaß.

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Beschluss v. 04.04.2001
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