Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Dezember 2009
Aktenzeichen: 29 W (pat) 30/09

(BPatG: Beschluss v. 16.12.2009, Az.: 29 W (pat) 30/09)

Tenor

Der Beschluss des Deutschen Patentund Markenamts vom 15. Mai 2009 wird aufgehoben.

Gründe

I.

Die Wortmarke 307 83 818.8 BlisterProist für die Waren und Dienstleistungen Klasse 16: Verpackungsmaterial aus Kunststoff, flexible und feste Kunststofffolien, metallisierte Kunststofffolien, alle Waren soweit in Klasse 16 enthalten;

Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen; industrielle Analyseund Forschungsdienstleistungenam 20. Dezember 2007 angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patentund Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 15. Mai 2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Wortzusammensetzung "BlisterPro" sei ein beschreibender Hinweis dahingehend, dass es sich um Waren und Dienstleistungen handele, die mit professionellem Blister, also durchsichtigen Kunststofffolien zur Verpackung kleinerer Waren, zu tun hätten. Der angemeldete Markenbegriff stamme zwar nicht aus der deutschen Sprache, jedoch sei "Blister" inzwischen nahezu in die deutsche Sprache eingegangen; "Pro" stehe für "Profi, professionell". Der Begriff werde daher im Sinne von "professionell hergestelltem Blister" erfasst. Somit liege ein beschreibender Hinweis auf die Art der Waren und das Thema der Dienstleistungen vor, nämlich dass diese der Herstellung professioneller Blisterfolien dienten. Die hier überwiegend angesprochenen breiten Verkehrskreise aus Industrie, Verpackungstechnologie, Handel usw. verstünden den Begriff ohne weiteres. Es komme dabei nicht darauf an, ob die Wortkombination lexikalisch nachweisbar sei, sondern wie sie ihrem Sinn nach verstanden werde. Alle vorliegend beanspruchten Waren stellten selbst Blisterverpackungen dar oder würden für deren Herstellung benötigt. Die Dienstleistungen seien auf die technische Herstellung und Entwicklung derartiger Kunststoffverpackungen gerichtet. Da Marken stets im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen zu sehen seien, liege kein Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen, sondern auf die Art der beanspruchten Waren bzw. die Thematik der beanspruchten Dienstleistungen vor. Eine Analyse des Begriffes, zu der der Verkehr erfahrungsgemäß nicht neige, sei dazu nicht notwendig. Neben einer fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG stehe einer Eintragung der angemeldeten Marke auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin und Beschwerdeführerin. Sie vertritt die Auffassung, die angemeldete Bezeichnung "BlisterPro" sei unterscheidungskräftig nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Es sei zwar zutreffend, dass "Blister" gelegentlich an Stelle des deutschen Begriffs "Sichtverpackung" verwendet werde. Es treffe jedoch nicht zu, dass "Blister" durchsichtige Kunststofffolien zur Verpackung seien. Allenfalls seien solche Folien Vorprodukte, die zu einer Sichtverpackung mit anderen Materialien weiterverarbeitet würden. Zudem werde "Pro" zwar in der Werbesprache gelegentlich als Akronym für "professionell" verwendet. Für gewerbliche Verbraucher existierten aber keine "do it yourself"-Sichtverpackungen. Diese würden ausschließlich von gewerblichen bzw. industriellen Anbietern zur Verpackung ihrer Waren genutzt, so dass das Element "Pro" insoweit keinen Sinn ergebe. Es sei nicht zu erkennen, in welchem konkret beschreibenden Zusammenhang "BlisterPro" zu den Waren "flexible und feste Kunststofffolien, metallisierte Kunststofffolien" stehe. Insbesondere fehle eine es an einer die Wortbedeutung unmittelbar erschließenden beschreibenden Aussage des Markenwortes bezüglich der beanspruchten Waren. Darüber hinaus sei nicht nachvollziehbar, in welchem konkret beschreibenden Zusammenhang "BlisterPro" zu den Dienstleistungen "Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen; industrielle Analyseund Forschungsdienstleistungen" stehe. Auch diesbezüglich sei keine sich aus der Wortbedeutung unmittelbar erschließende beschreibende Aussage des Markenworts zu erkennen.

In der mündlichen Verhandlung am 16. Dezember 2009 hat die Beschwerdeführerin die teilweise Rücknahme der Anmeldung hinsichtlich der Ware "Verpackungen aus Kunststoff" erklärt und beantragt, den Beschluss des Deutschen Patentund Markenamts vom 15. Mai 2009 aufzuheben und das Amt zu verpflichten, die Eintragung der Marke vorzunehmen.

II.

Die nach § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG zulässige Beschwerde erweist sich als begründet.

1. Die angemeldete Marke weist für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen "flexible und feste Kunststofffolien, metallisierte Kunststofffolien, alle Waren soweit in Klasse 16 enthalten; wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen; industrielle Analyseund Forschungsdienstleistungen" die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf.

1.1. Unterscheidungskraft im Sinne der vorstehend genannten Bestimmung besitzt eine Marke dann, wenn sie geeignet ist, die Waren und/oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen stammend zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2004, 1027, 1029 - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; BHG GRUR 2003, 1050 - Cityservice). Auch dieses Eintragungshindernis ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt, und das darin besteht, den freien Warenund Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2002, 804, 805, 809 - Philips). Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur Raum, wenn diese geeignet sind, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und/oder Dienstleistungen zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen (vgl. EuGH GRUR 2001, 1149 - BRAVO). Kann demnach einer Marke ein für die fraglichen Waren und/oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden oder handelt es sich sonst um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus, ein tatsächlicher Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl. BGH a. a. O. - Cityservice; BGH GRUR 1999, 1089

- YES). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft nach der aktuellen Rechtsprechung des EuGH und des BGH vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt werden und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (vgl. BGH GRUR 2006, 850 - FUSSBALL WM 2006; BPatG MarkenR 2007, 35, 37 - BuchPartner).

1.2. Die angemeldete Marke weist in ihrer Gesamtheit keinen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt auf; auch handelt es sich nicht um eine Angabe, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen hergestellt werden kann oder um ein gebräuchliches Wort, das nicht als Unterscheidungsmittel aufgefasst wird.

1.2.1. Die angemeldete Marke setzt sich aus den Elementen "Blister" und "Pro" zusammen. Das Wort "Blister" entstammt der englischen Sprache und wird -wie auch die Beschwerdeführerin einräumt -in Deutschland allgemein im Zusammenhang mit Sichtverpackungen für kleinere Waren wie beispielsweise Medikamente bzw. Tabletten verwendet. Es ist davon auszugehen, dass das Wort "Blister" insbesondere in Verbindung mit Verpackungen, bekannt ist. Die Vorsilbe "Pro" entstammt ursprünglich dem Lateinischen (vgl. Duden, Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl., 2007) und ist in mehreren europäischen Sprachen präsent, darunter in der deutschen, der englischen und der französischen Sprache. Im Deutschen wie im Englischen bedeutet das Wort "für", "per" aber auch "zugunsten von", "wohlgesinnt" bzw. "unterstützend". "dafür" und findet zudem als Abkürzung für "Professional", "Profi" (vgl. Duden-Oxford -Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl., Mannheim 2005 [CD-ROM]), insbesondere im Golfsport Verwendung (vgl. www.wikipedia/org/wiki/PRO). In den aufgezeigten beschreibenden Aussagegehalten, wird "Pro" vom inländischen Publikum auch verstanden.

1.2.2. Das Vorliegen eines Schutzhindernisses hängt jedoch nicht allein davon ab, ob etwaige Wortbestandteile für sich betrachtet unterscheidungskräftig sind; entscheidend ist vielmehr, ob dem durch die Verbindung der Bestandteile entstandenen Gesamtzeichen eine betriebliche Herkunftskennzeichnung zukommt (vgl. EuGH GRUR 2004, 146 - DOUBLEMINT; GRUR 2004, 674, 678 - Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 - BIO-MILD). Insbesondere kann ein beschreibender Sinngehalt eines Markenwortes im Einzelfall durch eine hinreichend fantasievolle Wortbildung so weit überlagert sein, dass der Marke in ihrer Gesamtheit die erforderliche Unterscheidungskraft nicht mehr abzusprechen ist (vgl. GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH). Dies ist vorliegend zu bejahen.

Durch die ungewöhnliche Verbindung des modernen englischen Wortes "Blister" mit der ursprünglich dem Lateinischen entstammenden Präposition "Pro" entsteht eine neuartige Wortkombination, die aus sich heraus noch hinreichend originell und insoweit individualisierend wirkt, da ihr im Hinblick auf die Waren und Dienstleistungen "flexible und feste Kunststofffolien, metallisierte Kunststofffolien, alle Waren soweit in Klasse 16 enthalten; wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen; industrielle Analyseund Forschungsdienstleistungen" kein konkreter beschreibender Aussagegehalt zugeordnet werden kann. Dies ist zum einen dadurch bedingt, dass "Pro" als ursprüngliche Vorsilbe dem Substantiv hier nachgestellt wird, woraus auch eine gewisse sprachliche Ergänzungsbedürftigkeit resultiert ("Blister für ..."). Zum anderen ist die Abkürzung "Pro" in Alleinstellung für "Profi" bzw. "Professional" im deutschen Sprachgebrauch nicht hinreichend belegbar; sie taucht vielmehr nach den Senatsrecherchen primär in Verbindung mit den ganzen Begriffen auf (vgl. z. B. unter www.boergermotorgeräte.eu/...: "Husqvarna Rasenmäher Mulchmäher M 48 Pro (Profi)"; www.erlebnisladen.de/...: "FIX-IT Pro -Profi-Lackreparaturset; www.golfladen.de/...: "Bay Boy NXO Pro Professional Cart Bag Trolleybag; http://shopping.com/xPO-Sennheiser: "Sennheiser HD 212 Pro Professioneller Kopfhörer).

Zwar ist nicht auszuschließen, dass jedenfalls in fachkundigen Kreisen, die insoweit bei der vorliegenden Prüfung mit einzubeziehen sind, der beschreibende Anklang des Begriffs "BlisterPro" im möglichen Sinne eines Profis für die Herstellung von Blisterverpackungen verstanden wird. Dennoch ist davon auszugehen, dass der ungewöhnliche sprachliche Gesamteindruck der angemeldeten Marke noch hinreichende Unterscheidungskraft im Sinne eines sprechenden Zeichens verleiht (vgl. ebenso BPatG 29 W (pat) 4/08 - DERMAKOMPAKT; 24 W (pat) 124/06

- derma fit; 24 W (pat) 95/07 -"HELIOCARE").

2. Ungeachtet etwaiger beschreibender Anklänge unterliegt die angemeldete Marke aufgrund der sich von der bloßen Aneinanderreihung beschreibender Begriffe abhebenden Wortbildung auch keinem Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Grabrucker Kopacek Richter Dr. Kortbein ist an der Unterzeichnung wegen Urlaubs verhindert.

Grabrucker Hu






BPatG:
Beschluss v. 16.12.2009
Az: 29 W (pat) 30/09


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/5f8ba9dda7a7/BPatG_Beschluss_vom_16-Dezember-2009_Az_29-W-pat-30-09




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share