Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 31. Oktober 2012
Aktenzeichen: 13 U 166/11

(OLG Köln: Urteil v. 31.10.2012, Az.: 13 U 166/11)

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 29. Juli 2011 - 82 O 28/11 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin, die Aktionärin der Q AG (im Folgenden: Q) war, nimmt die Beklagte nach Annahme eines freiwilligen Übernahmeangebots der Beklagten vom 7. Oktober 2010 zum Preis von 25,00 € je Qaktie auf Differenzzahlung gemäß § 31 WpÜG bzw. auf Schadensersatz wegen eines unterlassenen Pflichtangebots gemäß § 35 WpÜG in Anspruch. Sie ist der Ansicht, der nach § 31 WpÜG i.V.m. §§ 4 f. WpÜG-AngebotsVO als angemessen anzusehende Preis sei entsprechend Erwerbspreisen zu bemessen, die die Beklagte vor dem freiwilligen Übernahmeangebot in verschiedenen Verträgen mit der Q2 AG (im Folgenden: Q2) vereinbart hatte.

Mit der Klage hat die Klägerin geltend gemacht, der als angemessen anzusehende Preis sei gemäß einer „Nachtragsvereinbarung“ der Beklagten mit der Q2 vom 14. Januar 2009 zu bestimmen. Mit dieser „Nachtragsvereinbarung hatten die Beklagte und die Q2 ihren „Ursprungsvertrag“ vom 12. September 2008 über den Erwerb der Q2-Beteiligungen an der Q durch die Beklagte restrukturiert. In Anknüpfung daran hat die Klägerin erstinstanzlich in der Hauptsache die Differenz gegenüber dem in der „Nachtragsvereinbarung“ für eine Put-Option vereinbarten Preis von 49,42 € je Aktie (3.663.000,00 €), hilfsweise die Differenz gegenüber dem dort vereinbarten Preis einer Call-Option von 48,85 € je Aktie (3.557.500,00 €) und weiter hilfsweise gegenüber dem Preis für eine vereinbarte Pflichtumtauschanleihe von 45,45 € (3.076.500,00 €) gefordert.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 29. Juli 2011 (GA 209 ff.), auf das wegen der Einzelheiten des zugrunde liegenden Sachverhalts, der erstinstanzlichen Klageanträge und der Einzelheiten der rechtlichen und tatsächliche Würdigung Bezug genommen wird (§ 540 Abs.1 ZPO), abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, § 35 WpÜG komme als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht, weil diese Norm weder unmittelbar noch mittelbar i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB ein Recht der Aktionäre gegen den Bieter auf Zahlung einer angemessenen Gegenleistung begründe. Zwar könne die Verpflichtung zur Abgabe eines Angebots gemäß § 35 WpÜG Auswirkungen auf die hier zu prüfende angemessene Gegenleistung des freiwilligen Übernahmeangebots haben und auch die Frage einer Umgehung der §§ 31, 35 WpÜG tangiert sein. Entgegen der Ansicht der Klägerin habe die Beklagte den Aktionären aber im Februar 2009 mangels Kontrollerlangung gemäß § 29 Abs. 2 WpÜG kein Pflichtangebot unterbreiten müssen; die Kontrolle über die Q habe sie erst im Rahmen des freiwilligen Übernahmeangebots ab Oktober 2010 erlangt. Die Vereinbarung der Pflichtumtauschanleihe und der Put- bzw. Call-Optionen im Frühjahr 2009 erfüllten weder die Voraussetzung einer Stimmrechtszurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 3 oder 5 WpÜG, noch seien hinreichende Anhaltspunkte für eine Zurechnung nach § 30 Abs. 2 WpÜG (abgestimmtes Verhalten) gegeben. Eine Erweiterung des Vorerwerbszeitraums wegen eines unterlassenen Pflichtangebots gemäß § 35 Abs. 2 WpÜG komme somit nicht in Betracht. Entgegen der Ansicht der Klägerin könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die „Nachtragsvereinbarung“ der Beklagten mit der Q2 bis zur Beendigung des Vollzugs der Pflichtumtauschanleihe und der Optionen im Februar 2012 preisbestimmend im Sinne von § 4 WpÜG-AngebotsVO sei. Auf Grundlage der demnach maßgeblichen Zeiträume sei der Angebotspreis von 25,00 € je Aktie gemäß § 5 WpÜG-AngebotsVO korrekt ermittelt; gegenleistungserhöhende Vor-, Parallel- oder Nacherwerbe für den maßgeblichen Referenzzeitraum seien nicht dargelegt. Schließlich könne auch von einer Umgehung der §§ 30, 31, 35 WpÜG nicht ausgegangen werden, weil die Beklagte sich durch die schuldrechtlichen Vereinbarungen in 2009 nur den Kontrollerwerb im Jahre 2012 zu vertraglich festgelegten Preisen abgesichert, nicht aber bereits 2009 die Kontrolle über die Q erworben habe. Damit habe sie nur von den ihr gesetzlich eingeräumten Möglichkeiten Gebrauch gemacht.

Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung begehrt die Klägerin in der Hauptsache nunmehr einen Betrag von 4.837.500,00 € und verfolgt im Übrigen ihre erstinstanzlichen Anträge hilfsweise weiter. Sie macht geltend, bereits mit der „Ursprungsvereinbarung“ zwischen der Beklagten und der Q2 vom 12. September 2008 sei ein Kontrollerwerb im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG eingetreten, weil die Beklagte nach dieser Vereinbarung bereits dinglich verpflichtet gewesen sei, nicht nur den ursprünglich vereinbarten Anteil von 29,75% sondern auch sämtliche von der Q2 im Rahmen der Kapitalerhöhung der Q im November 2008 gezeichneten weiteren Q-Aktien zum Selbstkostenpreis zu übernehmen, weswegen ihr diese Anteile gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpÜG zuzurechnen seien und sie - nach der Freigabe der Ursprungsvereinbarung durch die Kartell- und Aufsichtsbehörden am 14. November 2008 und Abschluss der Kapitalerhöhung bei der Q am 24. November 2008 - mit mehr als 30% an der Q beteiligt gewesen sei. Dies ergebe sich aus Äußerungen der Beklagten im Rahmen von diversen rechtlichen Auseinandersetzungen mit ihrem - der Klägerin - zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten in seiner Eigenschaft als Aktionär der Beklagten, namentlich ihrem Vortrag in dem Verfahren 3-0 5 O 263/09 LG Frankfurt/Main. Daher sei die Beklagte bereits zu diesem Zeitpunkt zur Unterbreitung eines Pflichtangebots zum Angebotspreis von 57,25 € je Aktie verpflichtet gewesen und der demnach zu zahlende Differenzbetrag - wie nunmehr hauptsächlich geltend gemacht - in Anknüpfung daran zu berechnen. Im Übrigen rügt die Klägerin, das Landgericht habe auch hinsichtlich der „Nachtragsvereinbarung“ vom 14. Januar 2009 eine Zurechnung der Stimmrechtsanteile nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 5 sowie nach § 30 Abs. 2 WpÜG fehlerhaft verneint, ebenso wie eine Erweiterung des Vorerwerbszeitraums auf den Zeitpunkt der schuldrechtlichen Vereinbarung und eine rechtswidrige Umgehung der §§ 30, 31, 35 WpÜG. Schließlich könnten nach Inkrafttreten der Übernahmerichtlinie und des entsprechenden Umsetzungsgesetzes auch Ansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 35 WpÜG nicht mehr verneint werden. In tatsächlicher Hinsicht stützt sich die Klägerin - zusätzlich zu ihrem bisherigen Vorbringen - auf verschiedene behauptete Äußerungen des Vorstandsvorsitzenden der Q2 und der Q bzw. des Vorstands der Beklagten in Hauptversammlungen der Q2, der Q und der Beklagten, die - nach ihren Angaben - sämtlich auf Kenntnissen ihres erst Anfang August 2011 von ihr mandatierten zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten beruhen und ihr vor der mündlichen Verhandlung in erster Instanz nicht bekannt gewesen seien.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Köln vom 29. Juli 2011 - 82 O 28/11 -

die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.837.500,00 € nebst 5% Zinsen hieraus seit dem 15. November 2010 zu zahlen (Anknüpfungspunkt Ursprungsvereinbarung),

vorsorglich,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.663.000,00 € nebst 5% Zinsen hieraus seit dem 15. November 2010 zu zahlen (Anknüpfungspunkt Put-Option),

höchstvorsorglich,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.557.500,00 € nebst 5% Zinsen hieraus seit dem 15. November 2010 zu zahlen (Anknüpfungspunkt Call-Option),

höchsthöchstvorsorglich,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.067.500,00 € nebst 5% Zinsen hieraus seit dem 15. November 2010 zu zahlen (Anknüpfungspunkt Zwangsumtauschanleihe).

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte widerspricht der Änderung des Hauptantrags als - ihrer Ansicht nach - unzulässige, weil auf neuen Tatsachenstoff gestützte, Klageänderung. In der Sache behauptet sie, durch die „Ursprungsvereinbarung“ auch für den Fall der Kapitalerhöhung nur zur anteiligen Übernahme neuer Q-Aktien bis zu 29,75% verpflichtet gewesen zu sein; im Übrigen seien in dieser Vereinbarung hinsichtlich solcher Q-Aktien, die über die Beteiligung von 29,75% hinausgingen, lediglich schuldrechtliche Vereinbarungen getroffen worden. Im Weiteren verteidigt sie das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.

Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die Berufung ist insgesamt zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Das Landgericht hat einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Differenzzahlung gemäß § 31 WpÜG oder auf Schadensersatz wegen Unterlassung eines Pflichtangebots im Zusammenhang mit der Übernahme der Q-Aktien in Bezug auf die „Nachtragsvereinbarung“ vom 14. Januar 2009 nach dem zugrunde zu legenden Sachverhalt zu Recht verneint. Das gilt auch für die - zweitinstanzlich von der Klägerin zusätzlich geltend gemachte - „Ursprungsvereinbarung“ vom 12. September 2008.

A. Die Berufung ist insgesamt zulässig.

Zwar handelt es sich bei der Änderung der Klageanträge im Berufungsverfahren nicht nur um eine Antragserweiterung gemäß § 264 Nr. 2 ZPO, sondern um eine Klageänderung gemäß §§ 533, 263 ZPO. Der neue Hauptantrag hat einen anderen Streitgegenstand als die bisherigen erstinstanzlichen Anträge, weil er auf eine behauptete Kontrollübernahme der Beklagten bereits durch die „Ursprungsvereinbarung“ gestützt ist, während die erstinstanzlichen Anträge mit einem behaupteten Kontrollerwerb durch die spätere „Nachtragsvereinbarung“ bzw. ein „acting in concert“ aufgrund dieser Vereinbarung begründet wurden. Damit liegt nicht nur eine Änderung der Klageantrags, sondern auch des Klagegrunds und somit ein anderer Streitgegenstand vor (vgl. Zöller/Greger, ZPO 28. Aufl. § 263 Rdn. 7 m.w.Nachw.).

Diese Klageänderung ist aber zulässig gemäß § 533 ZPO. Sie ist sachdienlich, weil durch ihre Zulassung der gesamte Streitstoff der Übernahme der Qaktien der Q2 durch die Beklagte im Verhältnis der Parteien geklärt werden kann. Sie kann auch auf eine nach § 529 ZPO zulässige Tatsachengrundlage gestützt werden, weil die Klägerin den Abschluss der „Ursprungsvereinbarung“ und deren Inhalt gemäß den tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts bereits in erster Instanz vorgetragen hat, so dass die Voraussetzungen des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO insoweit erfüllt sind. Ob auch die hierzu mit der Berufung vorgetragenen ergänzenden Tatsachen, insbesondere Äußerungen von Vorständen auf verschiedenen Hauptversammlungen, noch gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 ZPO berücksichtigungsfähig sind, bedarf hier keiner Entscheidung, sondern ist im Rahmen der einzelnen Anspruchsprüfung zu beurteilen.

B. Die Berufung hat jedoch in der Sache - sowohl mit dem Haupt- als auch mit sämtlichen Hilfsanträgen - keinen Erfolg.

I. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Differenzzahlung aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Übernahmevertrag i.V.m. § 31 WpÜG zu. Die von der Beklagten angebotene Gegenleistung von 25,00 € je Aktie war angemessen gemäß § 31 WpÜG i.V.m. §§ 4, 5 WpÜG-AngebotsVO.

Dass die Gegenleistung von 25,00 € angemessen war, wenn man für die Bestimmung der Referenzzeiträume gemäß §§ 31 WpÜG i.V.m. §§ 4, 5 WpÜG-AngebotsVO auf das freiwilligen Übernahmeangebot der Beklagten im September/Oktober 2010 abstellt, hat das Landgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt und wird von der Berufung auch nicht in Abrede gestellt. Die Klägerin macht vielmehr geltend, dass nicht dieses freiwillige Übernahmeangebot, sondern die früheren Vereinbarungen der Beklagten mit der Q2 für die Bestimmung der Referenzzeiträume der § 31 WpÜG, §§ 4, 5 WpÜG-AngebotsVO maßgeblich seien. Das trifft aber auch nach Auffassung des Senats nicht zu. Bezüglich der „Nachtragsvereinbarung“ hat bereits das Landgericht eine Vorverlegung der maßgeblichen Zeiträume wegen rechtswidriger Unterlassung einer gebotenen Veröffentlichung einer früheren Kontrollerlangung gemäß § 35 Abs. 1 WpÜG oder der Unterlassung eines Pflichtangebots gemäß § 35 Abs. 2 Satz 2 WpÜG zu Recht und mit zutreffender Begründung abgelehnt. Auch in Bezug auf die „Ursprungsvereinbarung“ kommt eine solche Vorverlegung nicht in Betracht.

Allerdings ist nach der Literatur für die Bestimmung der Referenzzeiträume auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem bei pflichtgemäßem Verhalten eine Veröffentlichung der Kontrollerlangung oder des Pflichtangebots spätestens hätte erfolgen müssen (vgl. Noack, in: Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechtskommentar 4. Aufl. § 31 Rdn. 13, 25; Wackerbarth/MünchKommAktG, 3. Aufl. § 31 Rdn. 31). Ob dem zu folgen wäre, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn nach dem zugrunde zu legenden Sachverhalt kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte schon vor ihrem freiwilligen Übernahmeangebot im Herbst 2010 die Kontrolle gemäß § 29 Abs. 2, § 30 WpÜG über die Q erworben hat und deswegen zur Veröffentlichung einer Kontrollerlangung oder Vorlage eines Pflichtangebots gemäß § 35 WpÜG verpflichtet gewesen wäre. Die Voraussetzungen für die Annahme eines solchen Kontrollerwerbs hat die Klägerin nicht hinreichend substantiiert dargetan:

1. Die Klägerin macht ohne Erfolg geltend, bereits die „Ursprungsvereinbarung“ vom 12. September 2008 habe eine dingliche Erwerbsverpflichtung der Beklagten über eine Beteiligung von 29,75% hinaus enthalten und damit zu einer Kontrollerlangung der Beklagten gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 5 WpÜG geführt.

Dass die „Ursprungsvereinbarung“ auch bezüglich der über die Beteiligung von 29,75% hinausgehenden Aktien eine dingliche und nicht nur eine schuldrechtliche Erwerbsverpflichtung enthielt - welche als solche für eine Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Nr. 5 WpÜG nicht ausreichen würde (vgl. Begr. RegE BT-Drs. 14/7034 S. 54; Noack, a.a.O. § 30 Rdn. 14; Süßmann, in: Geibel/Süßmann, WpÜG 2. Aufl. 2008 § 30 Rdn. 22, 24; Wackerbarth, a.a.O. § 30 Rdn. 25; KöKo-WpÜG/von Bülow, 2003 § 30 Rdn. 83 ff.; FrankfurterKommentar/Walz (Riehmer), WpÜG 2. Aufl. § 30 Rdn. 47 ff.), hat die Klägerin nicht hinreichend substantiiert dargetan.

Schriftliche Unterlagen, auf die die Klägerin ihre Behauptung stützen könnte, liegen nicht vor. Dem von der Beklagten veröffentlichten und im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils wiedergegebenen Inhalt der Ursprungsvereinbarung ist eine dingliche Verpflichtung bzw. die Einräumung einer dinglichen Erwerbsposition nicht zu entnehmen.

Auch die von der Klägerin angeführten mündlichen Äußerungen enthalten keinen hinreichenden Anhaltspunkt für ihre Behauptung: Aus den von ihr zitierten Äußerungen der Beklagten im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung vor dem Landgericht Frankfurt/Main (3-0 5 O 263/09) - wegen deren Wortlaut auf Seite 17 der Berufungsbegründung (GA 340) verwiesen wird - ergibt sich nicht, dass mit der dort genannten Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme weiterer Aktien eine dingliche Verpflichtung gemeint war bzw. sein muss. Anderes ergibt sich auch nicht aus der Behauptung der Klägerin, bei entsprechenden Verträgen sei die Vereinbarung einer dinglichen Verpflichtung bzw. eines automatischen Übergangs der Aktien üblich. Das Bestehen einer solchen „typischen“ Vertragsgestaltung hat die Klägerin - trotz des substantiierten Bestreitens der Beklagten - nicht näher dargelegt oder gar belegt. Auch anderweitig ist dem Senat keine solche „typische“ Handhabung bei Verträgen über Beteiligungsübernahmen bekannt, so dass diese bloße Behauptung allein nicht ausreicht, um einen Rückschluss auf die Vertragsgestaltung im konkreten Fall zu begründen. Ob die - von der Klägerin erstmals im Berufungsverfahren geltend gemachten - Äußerungen der Beklagten überhaupt noch gemäß § 531 Abs. 2 ZPO berücksichtigungsfähig wären, bedarf daher keiner Entscheidung.

Entsprechendes gilt für die von der Klägerin erstmals im Berufungsverfahren angeführten Äußerungen des Vorstandsvorsitzenden der Q2 in der Hauptversammlung der Q2 am 28. April 2010 zum Abschluss des Q2ponement- und Clarification Agreements vom 22. Dezember 2008 (wegen des Wortlauts der Äußerungen wird auf GA 343 ff. verwiesen). Auch hier bedarf es keiner Entscheidung, ob dieser Vortrag - wie die Beklagte meint - gemäß § 531 Abs. 2 ZPO von vorneherein unbeachtlich ist, weil es der Klägerin möglich gewesen wäre, sich über den Verlauf der öffentlichen Hauptversammlung der Q2 und die dortigen Äußerungen der Organmitglieder noch vor der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung in diesem Verfahren zu informieren. Denn den genannten Äußerungen lässt ebenfalls nicht entnehmen, dass - wie von der Klägerin behauptet - der wahre Grund dieses Agreements darin lag, ein Pflichtangebot zu umgehen, das wegen der Kapitalerhöhung der Q und einer bereits in der Ursprungsvereinbarung vereinbarten dinglichen Übernahmeverpflichtung der Beklagten bezüglich sämtlicher von der Q2 gezeichneter neuer Qaktien erforderlich geworden wäre. Allein die Aussage, dass die Beeinflussung des Werts der Qaktie durch die Lehman Brothers-Insolvenz keinen Einfluss auf die „Nachtragsvereinbarung“ gehabt habe und keine negativen Konsequenzen aus der veränderten Bewertung entstanden seien, lässt keinen Schluss darauf zu. Auch der Erklärung, dass in der ursprünglichen Transaktion keine Restrukturierung vorgesehen sei, jedoch kurz nach der Unterzeichnung die Kapitalerhöhung der Q erfolgt und es zu einer Wiederaufnahme der Gespräche gekommen sei, kann allenfalls entnommen werden, dass die Wiederaufnahme der Gespräche auch in einem Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung stand. Worin dieser Zusammenhang bestand, ergibt sich daraus aber nicht, insbesondere nicht, dass dieser Zusammenhang in den von der Klägerin behaupteten Umständen, d.h. in der Vereinbarung einer umfassenden dinglichen Erwerbspflicht der Beklagten in der „Ursprungsvereinbarung“ lag. Das gilt auch für die weitere Äußerung, die Zahlung der Beklagten im Januar 2009 stehe im Zusammenhang mit der neuen Transaktionsstruktur und habe der Q2 nur Vorteile, insbesondere einen höheren Verkaufserlös, gebracht. Auch dem ist nicht zu entnehmen, dass die Änderung der Transaktionsstruktur zur Vermeidung eines andernfalls eintretenden Kontrollerwerbs der Beklagten vereinbart wurde und nicht - wie der Beklagtenvertreter in der Berufungsverhandlung seinerseits plausibel erläutert hat - wegen des erforderlichen regulatorischen Eigenkapitals im Zusammenhang mit der Krise im 4. Quartal 2008.

Auf eine sekundäre Darlegungslast der Beklagten kann die Klägerin sich in diesem Zusammenhang nicht berufen. Voraussetzung dafür wäre, dass die Klägerin ihrerseits zunächst substantiiert hinreichende Anhaltspunkte für die von ihr behauptete Vereinbarung einer umfassenden dinglichen Erwerbspflicht in der „Ursprungsvereinbarung“ vorgetragen hätte. Das aber ist - wie ausgeführt - nicht der Fall.

Auch die von der Klägerin angeregte Anordnung der Vorlage der „Ursprungsvereinbarung“ durch die Beklagte gemäß § 142 ZPO kommt danach nicht in Betracht. Eine solche Anordnung ist nur bei Vorliegen eines schlüssigen, auf konkreten Tatsachen bezogenen Vortrags der Partei vorzunehmen, darf mithin nicht lediglich der Informationsgewinnung dienen und hat neben dem möglichen Erkenntniswert auch Belange des Geheimnis- oder Persönlichkeitsschutzes zu berücksichtigen (BGH WM 2007, 1651, juris Tz. 20). Konkrete Tatsachen, die für eine dingliche Ausgestaltung der Übernahmeverpflichtung sprechen könnten, werden aber von der Klägerin nicht dargetan; vielmehr beruht ihre Behauptung letztlich auf ihrer Interpretation verschiedener Umstände und Äußerungen, für die indes keine hinreichenden Anhaltspunkte und Indizien vorliegen.

Demnach ist dem Beweisangebot der Klägerin durch Zeugenvernehmung des Vorstandsvorsitzenden der Q2 zu seinen Äußerungen und deren Hintergrund (insbesondere zu der in sein Zeugnis gestellten Behauptung, die Verhinderung eines öffentlichen Pflichtangebots sei das erklärte Ziel der zwischen der Beklagten und der Q2 abgestimmten Vorgehensweise gewesen) nicht nachzugehen.

2. Auch die „Nachtragsvereinbarung“ der Beklagten mit der Q2 am 14. Januar 2009 führt zu keiner Zurechnung von Stimmrechten gemäß § 30 Abs. 1 WpÜG.

a. Von den Voraussetzungen für eine Zurechnung gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG kann - wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat - nicht ausgegangen werden.

aa. Dabei hat das Landgericht entgegen der Ansicht der Klägerin die rechtlichen Voraussetzungen für eine solche Zurechnung nicht verkannt. Es ist mitnichten davon ausgegangen, dass hierfür der Übergang sämtlicher Risiken und Chancen aus den von der Pflichtumtauschanleihe und den Optionen erfassten Aktien erforderlich wäre, sondern hat - wie sich aus den Ausführungen unter 1.1.2. Absatz 2 und 1.1.2.1. Absatz 2 eindeutig ergibt - darauf abgestellt, ob ein Übergang in einem „relevanten Maß“ gegeben ist. Darüber hinaus hat es auch nicht für erforderlich gehalten, dass es tatsächlich zu einer Einflussnahme auf die Stimmrechtsausübung gekommen ist, sondern hat (lediglich) darauf abgestellt, ob die Beklagte - rechtlich oder tatsächlich - auf die Stimmrechtsabgabe der Q2 bezüglich der Qaktien „Einfluss nehmen konnte“ (unter 1.1.2.2. Abs. 1). Die von der Klägerin konkret beanstandete landgerichtliche Formulierung („Stimmrechtseinfluss ist gegeben, wenn der Dritte nach den Weisungen des Bieters abstimmt bzw. eine Stimmrechtsabgabe im Sinne des Bieters tatsächlich als gesichert erscheint.“) findet sich im Übrigen wortgleich in der Literatur (Wackerbarth, a.a.O. § 30 Rdn. 21 unter Verweis auf die Entscheidung des VG Frankfurt/Main BKR 2007, 40, 43).

bb. Ausgehend davon hat das Landgericht die tatsächlichen Voraussetzungen hier zu Recht nicht bejaht.

(1) Die Vereinbarung der Pflichtumtauschanleihe und der Put-/Call-Optionen hat noch nicht zu einem Übergang der Risiken und Chancen in einem solchen Umfang geführt, dass die davon betroffenen Aktien bei wirtschaftlicher Betrachtung bereits der Beklagten zuzurechnen wären.

(aa) Dabei mag dahingestellt bleiben, ob die Annahme des Landgerichts, das Kurs- und Insolvenzrisiko der Aktien sei noch nicht auf die Beklagte übergegangen, weil insoweit zwischen den Risiken der Anleihe und der Optionen einerseits und den Risiken der (noch nicht übertragenen) Aktien andererseits zu differenzieren sei, angesichts der in § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise zutrifft. Denn unabhängig davon hat das Landgericht im Weiteren zutreffend darauf abgestellt, dass die Chancen aus den Aktien insoweit noch bei der Q2 verblieben waren, als ihr das Dividendenrecht aus den Aktien noch bis 2012 zustand. Das diesbezügliche Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen hat das Landgericht mit zutreffender Begründung als unerheblich angesehen; dieses Bestreiten hat die Klägerin zweitinstanzlich auch nicht mehr substantiiert aufrechterhalten (siehe Berufungsbegründung Seite 45 = GA 368). Außerdem ist nach dem - unbestrittenen - Berufungsvorbringen der Beklagten auch davon auszugehen, dass auch Bezugsrechte sowie etwaige Ansprüche auf Ausgleichs- und Abfindungszahlungen aus den Aktien noch vollständig bei der Q2 verblieben waren (Berufungserwiderung Seite 13 = GA 424).

(bb) Der Auffassung der Klägerin, bei der Abwägung der „wesentlichen“ Chancen und Risiken im Sinne des § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG sei allein, jedenfalls aber primär auf die Übernahme von Risiken abzustellen, während die Beteiligung an wirtschaftlichen Vorteilen - wie etwa dem Gewinnbezugsrecht - nicht von entscheidender Bedeutung sei, folgt der Senat nicht. Voraussetzung für eine Zurechnung nach dieser Vorschrift ist eine wirtschaftliche Zuordnung der Aktien zum Bieter, aufgrund derer er tatsächlich als (wirtschaftlicher) Inhaber anzusehen ist. Zu einer solchen wirtschaftlichen Zuordnung gehören aber auch die Chancen bzw. Vorteile, die aus einer Aktie resultieren (vgl. zB Auflistung bei Geibel/Süßmann, a.a.O.§ 30 Rdn. 6), zumal auch bei einer Beteiligung (nur) an den Vorteilen und Chancen der Aktien unzweifelhaft ein wirtschaftliches Interesse an der Beeinflussung der Unternehmenspolitik besteht. Dem steht nicht entgegen, dass das Bundeskartellamt in der von der Klägerin zitierten Entscheidung zum Fusionskontrollrecht aus dem Jahr 1983 (AG 1983, 314) darauf abgestellt hat, dass der Normadressat im Wesentlichen die wirtschaftlichen Risiken der Beteiligung trägt. Fusionskontrolle und Wertpapierübernahmerecht verfolgen unterschiedliche Zielsetzungen, weswegen auch die Frage der wirtschaftlichen Zuordnung eigenständig zu beurteilen ist. Auch die bilanzielle Abbildung der Pflichtumtauschanleihe und Optionen durch die Q2 und die Beklagte ist - wie das Landgericht bereits ausgeführt hat - für die Prüfung der wirtschaftlichen Zuordnung von Chancen und Risiken nicht erheblich.

(cc) Auch der weitere Einwand der Klägerin, das Dividendenrecht sei lediglich formal bei der Q2 verblieben und bei wirtschaftlicher Betrachtung wertlos gewesen, weil die Q nach einer gemeinsamen Entscheidung von Vorstand und Aufsichtsrat mit Zustimmung der Mehrheitsaktionäre bis 2012 keine Dividenden ausschütten wollte und werde, rechtfertigt keine andere Entscheidung. Die von ihr in diesem Zusammenhang angeführten Äußerungen des Vorstandsvorsitzenden in der Hauptversammlung der Q vom 29. April 2010 über die „derzeitige Planung“ des Vorstands dazu, dass die Gewinne der kommenden zwei Geschäftsjahre voll zur Stärkung des Eigenkapitals genutzt werden, begründeten ersichtlich rechtlich keine Bindung für die Q; vielmehr musste deren Hauptversammlung jährlich neu über die Ausschüttung von Dividenden und deren Höhe entscheiden. Zudem handelte es sich bei dieser Entscheidung um eine eigene wirtschaftliche Entscheidung der Q, die - wie in der zitierten Äußerung des Vorstandsvorsitzenden - „mit Blick auf die aktuellen Diskussionen der neuen regulatorischen Rahmenbedingungen im Bankensektor“ auch im eigenen Interesse der Q plausibel war. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Verzicht auf Ausschüttungen bis 2012 bereits bei Abschluss der „Nachtragsvereinbarung“ zwischen der Beklagten und der Q2 vereinbart bzw. „gemeinsames Verständnis“ war (so die Berufungsbegründung Seite 28 f. = GA 351 f.), sind nicht ersichtlich oder dargetan. Sie ergeben sich insbesondere auch nicht aus der von der Klägerin angeführten Äußerung des Vorstandsvorsitzenden der Q2 anlässlich der Hauptversammlung der Q2 am 25. Mai 2011, die Q2 halte die von ihr mitgetragene Entscheidung zur Thesaurierung der Gewinne der Q für vernünftig und angemessen.

(dd) Mangels hinreichender Anhaltspunkte für die Behauptung der Klägerin, die Thesaurierung der Dividenden sei gemeinsames Verständnis der Beklagten und der Q2 bei ihrer „Nachtragsvereinbarung“ gewesen, weswegen etwaige Dividendenansprüche bei ihren Verhandlungen nicht einmal eine Rolle gespielt hätten, ist auch ihrem diesbezüglichen Beweisantritt durch Vernehmung des Vorstandsvorsitzenden der Q2 nicht nachzugehen. Ebenso wenig bedarf es einer Entscheidung, ob der Vortrag der - in einer öffentlichen Hauptversammlung getätigten - Äußerungen des Vorstandsvorsitzenden der Q im Jahr 2010 nicht ohnehin gemäß § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen wäre.

(2) Außerdem hat das Landgericht ebenfalls zutreffend darauf abgestellt, dass nicht von einer Möglichkeit der Beklagten zur Stimmrechtsbeeinflussung der Q2 bezüglich der Qaktien ausgegangen werden kann.

(aa) Der Auffassung der Klägerin, eine solche Einflussmöglichkeit folge bereits ohne Weiteres aus der Zuordnung der wirtschaftlichen Chancen und Risiken bzw. aus der Beteiligung an den wirtschaftlichen Risiken sei auf Einflussmöglichkeiten zu schließen, die die Zurechnung der Stimmrechte rechtfertigen (so wohl auch Geibel/Süßmann, a.a.O. § 30 Rdn. 7), vermag der Senat weder in dieser Allgemeinheit, noch im konkreten Fall zu folgen. Ziel des § 30 WpÜG ist es, von dem einzelnen Aktionär nicht gebilligte Kontrollübernahmen und Einflussnahmemöglichkeiten zu verhindern. Nicht jeder Übergang von Chancen und Risiken - selbst wenn er einen wesentlichen Umfang erfolgen sollte - begründet aber auch zwangsläufig eine solche Einflussnahmemöglichkeit, weswegen es auch in einem solchen Fall stets noch der Feststellung bedarf, dass eine solche Möglichkeit besteht. Dies ist nach dem Verständnis des Senats - insoweit anders als die Klägerin - auch die überwiegende Auffassung in der (im angefochtenen Urteil zitierten) Literatur.

Hier kommt hinzu, dass - wie ausgeführt - auch in tatsächlicher Hinsicht noch nicht von einem Übergang der „wesentlichen“ Chancen und Risiken ausgegangen werden kann, weil jedenfalls die Chancen in Form der Dividenden (und sei es auch „nur“ zur Konsolidierung der Gesellschaft durch Thesaurierung) und der weiteren Bezugsrechte bei der Q2 verblieben sind.

(bb) Für die Behauptung der Klägerin, die Q2 habe durch den Abschluss der „Nachtragsvereinbarung“ kein eigenes wirtschaftliches Interesse mehr an der Stimmrechtsausübung bzw. etwaigen Dividenden gehabt und sich deswegen willentlich auf Basis der mit der Beklagten getroffenen Vereinbarungen bei der Stimmrechtsausübung in den Hauptversammlungen den Zielen der Beklagten untergeordnet, sind dem Vortrag der Klägerin keine hinreichenden Anhaltspunkte zu entnehmen.

Dass die Q2 die Anteile der Q nicht auf Vorstandsebene, sondern im Beteiligungsmanagement verwaltet haben mag, stellt eine interne Organisationsentscheidung der Q2 dar und besagt nichts über ihre Entscheidungsfindung bezüglich der Stimmrechtsausübung, geschweige denn, dass die Beklagte deswegen auf diese Entscheidung Einfluss nehmen konnte. Für die von der Beklagten dezidiert bestrittene Behauptung der Klägerin, die Stimmrechtsausübung der Q2 sei durch eine Interessenschutzklausel in der Vereinbarung der Beklagten mit der Q2 „abgesichert“, liegt kein greifbarer Anhaltspunkt vor; da diese Behauptung von der Klägerin ersichtlich ins Blaue hinein aufgestellt worden ist, kommt hier auch keine Obliegenheit der Beklagten zur Vorlage der „Nachtragsvereinbarung“ im Rahmen einer sekundären Darlegungslast oder deren Anordnung gemäß § 142 ZPO in Betracht. Eine Vernehmung des als Zeugen für die willentliche Entscheidungsunterordnung und Vereinbarung einer Interessenschutzklausel benannten Vorstandsvorsitzenden der Q2 ist daher nicht geboten.

(cc) Schließlich ist auch der Ansicht der Klägerin nicht zu folgen, die Nebenpflichten der Q2 gegenüber der Beklagten aus der „Nachtragsvereinbarung“ gemäß §§ 242, 162, 241 Abs. 2 BGB (insbesondere Interessenwahrungs-, Schutz- und Loyalitätspflichten) sprächen für eine zu erwartende Stimmrechtsausübung der Q2 im Interesse der Beklagten. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, reichen allgemeine vertragliche Nebenpflichten aus schuldrechtlichen Verträgen für eine solche Schlussfolgerung nicht aus (vgl. KöKo-WpÜG/von Bülow § 30 Rdn. 131 f. zu § 30 Abs. 2 WpÜG).

b. Dass das Landgericht - zu Recht - die Voraussetzungen einer Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 WpÜG verneint hat, wird von der Klägerin mit der Berufung nicht angegriffen.

c. Ebenfalls ohne Erfolg wendet die Klägerin sich wiederum dagegen, dass das Landgericht keine Zurechnung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WpÜG vorgenommen hat.

aa. Das Landgericht ist im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass diese Vorschrift nur Sachverhalte erfasst, aufgrund derer zum dinglichen Eigentumserwerb an den Aktien durch den Bieter nur noch seine Willenserklärung erforderlich ist, womit Fallgestaltungen, in denen es zum dinglichen Erwerb noch der Mitwirkung eines Dritten bedarf, ausscheiden. Dies ist zwar - wie die Klägerin zutreffend angeführt hat - höchstrichterlich noch nicht entschieden, in der Gesetzesbegründung aber ausdrücklich klargestellt worden (vgl. BT-Drs. 14/7034 Seite 54) und entspricht seitdem der herrschenden Meinung (vgl. Wackerbarth, a.a.O. § 30 WpÜG Rdn. 25 m.w.Nachw.; KöKo-WpÜG/von Bülow, a.a.O. § 30 Rdn. 83; Süßmann, in: Geibel/Süßmann, a.a.O. § 30 Rdn. 22). Schuldrechtliche Vereinbarungen, die einen Lieferanspruch beinhalten oder - zB im Fall des Erwerbs von Optionen - die erst das Recht zum Abschluss eines Kaufvertrags einräumen, lösen daher keine Zurechnung nach Nr. 5 aus, weil in diesem Fall die Ausübung der Stimmrechte nicht unabhängig von Unwägbarkeiten ist, die der Bieter nicht beeinflussen kann. Erforderlich ist vielmehr, dass der Bieter die Möglichkeit hat, den dinglichen Erwerb einseitig jederzeit nach freiem Belieben, d.h. auch jederzeit unbedingt zu vollziehen (vgl. Noack/Zetsche, in: Schwark § 30 Rdn. 14; KöKo-WpÜG/von Bülow § 30 Rdn. 86).

bb. Davon kann im vorliegenden Fall tatsächlich nicht ausgegangen werden. Insoweit hat das Landgericht die Behauptung der Klägerin, die Vereinbarung der Pflichtumtauschanleihe und der Put-/Call-Option habe bereits ein dingliches Übereignungsangebot der Q2 an die Beklagte enthalten, zu Recht mangels greifbarer tatsächlicher Anhaltspunkte als Vortrag ins Blaue hinein und damit als unbeachtlich gewertet.

(1) Dabei hat das Landgericht - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht verkannt, dass hier kein schuldrechtlich oder dinglich ausgestaltetes Optionsgeschäft in Rede steht, sondern eine Pflichtumtauschanleihe. Wie sich aus Ziffer 1.1.4. vorletzter Absatz des angefochtenen Urteils ergibt, hat es den diesbezüglichen Vortrag der Klägerin berücksichtigt - hierzu allerdings zutreffend festgestellt, dass sich allein daraus, dass die Q2 die Aktien liefern und die Beklagte diese abnehmen müsse, noch nicht ergebe, dass es sich hierbei nicht um rein schuldrechtliche Verpflichtungen handele, die noch dinglich umgesetzt werden mussten und insoweit noch der Willensfreiheit beider Parteien unterlagen. Soweit die Klägerin dagegen anführt, dass in der Vereinbarung keine Rücktritts- oder Kündigungsregelungen enthalten seien und der Zahlungsfluss hinsichtlich der Pflichtumtauschanleihe bereits erfolgt ist, ändert das zum Einen nichts an evtl. anderweitigen Einwendungen der Q2 und den verbleibenden gesetzlichen Auflösungsmöglichkeiten. Zum Anderen folgt aus dem Fehlen vertraglicher Rücktritts-/Kündigungsregelungen nicht zwingend, dass die Vereinbarung ein dingliches Übereignungsangebot der Q2 zum Gegenstand hatte.

Das gilt ebenso für die vereinbarte Put-/Call-Option. Auch hierzu hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass allein die Wahrscheinlichkeit, dass eine der beiden Vertragsparteien die Option im Februar 2012 ausüben würde, noch nicht zu einer dinglichen Rechtsposition der Beklagten führt(e). Anderes ergibt sich auch nicht aus der Behauptung der Klägerin, dass der Kaufpreis für die Option von der Beklagten bereits als „Vorauszahlung“ bezahlt worden sei.

(2) Das ergänzende Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren führt zu keiner anderen Bewertung. Dabei bedarf es wiederum keiner Entscheidung, ob die von ihr angeführten Äußerungen des Vorstandsvorsitzenden der Q2 im Rahmen der ordentlichen Hauptversammlung der Q2 am 28. April 2010 überhaupt noch gemäß § 531 Abs. 2 ZPO berücksichtigungsfähig sind. Denn diesen Äußerungen ist ebenfalls nur das Bestehen einer Abnahmeverpflichtung der Beklagten aufgrund der Pflichtumtauschanleihe zu entnehmen - nicht aber, ob dieser Verpflichtung bereits ein dingliches Übertragungsangebot der Q2 gegenüberstand oder nur eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Angebotsabgabe. Soweit die Klägerin außerdem erneut auf die Bilanzierung der Pflichtumtauschanleihe und der Optionen durch die Q2 verweist und hierzu vorträgt, danach müsse die Übereignung und deren Durchführung in den Verträgen bereits verbindlich enthalten sein, hat bereits das Landgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass das Bilanzierungs- und das Übernahmerecht unterschiedliche Ziele verfolgen. Zudem hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass die bilanzrechtliche Betrachtung nach der Equity-Methode auch künftige Entwicklungen des Anteilseigentums einzubeziehen habe - was auch bei einer nur schuldrechtlich vereinbarten und abgesicherten Übertragung der Fall sein kann.

Anlass, der Beklagten aufgrund einer sekundären Darlegungslast oder nach § 142 ZPO die Vorlage der „Nachtragsvereinbarung“ oder des Zeichnungsvertrags und der Bedingungen der Pflichtumtauschanleihe aufzugeben, besteht daher aus den oben genannten Gründen auch hier nicht. Gleiches gilt für die von der Klägerin beantragte Zeugenvernehmung des Vorstandsvorsitzenden der Q2.

d. Zutreffend hat das Landgericht auch die Voraussetzungen für eine Zurechnung von Stimmrechten gemäß § 30 Abs. 2 WpÜG wegen eines abgestimmten Verhaltens der Beklagten mit der Q2 (acting in concert) nicht bejaht.

Ein abgestimmtes Verhalten im Sinne des § 30 Abs. 2 WpÜG wegen - wie die Klägerin geltend macht - einer Abstimmung der Beklagten und der Q2 („im Hinblick auf die Verhinderung der Veröffentlichung eines Pflichtangebots sowie auf die Ermöglichung des streitgegenständlichen freiwilligen Übernahmeangebots bereits in der Vereinbarung vom 14. Januar 2009“) kann nicht angenommen werden.

aa. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob der Begriff des „sich abstimmenden Dritten“ gemäß § 30 Abs. 2 WpÜG insbesondere im Hinblick auf die Verweisung in den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 147043 S. 54) und die gebotene richtlinienkonforme Auslegung (im Hinblick auf die Übernahmerichtlinie vom 21. April 2004 - 2004/25/EG, insb. Artikel 5 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1) mit demjenigen der „gemeinsam handelnden Person“ im Sinne des § 2 Abs. 5 WpÜG identisch ist und sich deswegen - - wie die Beklagte meint - nicht nur auf eine Abstimmung im Hinblick auf die Ausübung von Stimmrechten sondern auch auf die Verhinderung eines Pflichtangebots beziehen kann. Dem Senat erscheint es allerdings zweifelhaft, ob § 30 Abs. 2 WpÜG und § 2 Abs. 5 WpÜG angesichts der unterschiedlichen Rechtsfolgen und Anwendungsbereiche als deckungsgleich angesehen werden können, zumal auch bei unterschiedlicher Auslegung der beiden Voraussetzungen die von der Übernahmerichtlinie geforderten Maßnahmen jeweils entsprechend ihrer Zielsetzung und ihrem Anwendungsbereich erfüllt werden können.

bb. Dies kann hier aber dahingestellt bleiben, weil die Klägerin die behauptete - von der Beklagten bestrittene - Verständigung über die Verhinderung eines Pflichtangebots bei der Vereinbarung am 14. Januar 2009 nicht substantiiert dargetan hat.

Dass die Beklagte und die Q2 damals vereinbart haben, dass die Q2 für die der Vereinbarung zugrunde liegenden Q-Aktien kein freiwilliges Übernahmeangebot der Beklagten für diese Aktien annehmen durfte, reicht als Vereinbarung der „Nichtandienung“ nicht nur für § 30 Abs. 2 WpÜG (vgl. KöKo-WpÜG/von Bülow, a.a.O. § 30 Rdn. 124; Noack/Zetsche, in: Schwark § 30 Rdn. 22) sondern auch für § 2 Abs. 5 WpÜG nicht aus (vgl. Angerer, in: Geibel/Süßmann § 2 Rdn. 32; Noack/Holzborn, in: Schwark § 2 Rdn. 39).

Anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerin angeführten Äußerungen des Vorstands der Beklagten in der Hauptversammlung am 26. Mai 2011. Dass danach die in der Vereinbarung vom 14. Januar 2009 enthaltene schrittweise Übernahme der Beteiligung durch die Beklagte auch dann Bestand haben sollte, wenn die Beklagte in der Zwischenzeit ein Übernahmeangebot machen sollte, stellte eine auch für die Q2 im eigenen Interesse sinnvolle Regelung zur Absicherung der wechselseitigen Verpflichtungen dar. Dass dem zugleich der Hintergedanke oder das Ziel zugrunde lag (liegen musste), damit ein Pflichtangebot zu verhindern bzw. ein freiwilliges Übernahmeangebot der Beklagten zu geringere n Preisen zu ermöglichen, ist lediglich eine Vermutung der Klägerin, folgt daraus aber nicht zwingend und ergibt sich insbesondere nicht bereits aus der bloßen Tatsache, dass die Vertragsparteien die Möglichkeit eines freiwilligen Übernahmeangebots in ihre Überlegungen einbezogen haben. Gleiches gilt für die Erklärung des Beklagtenvorstands, dass die Q2 durch das freiwillige Übernahmeangebot von ihrer Verpflichtung aus der Vereinbarung vom 14. Januar 2009 zur überproportionalen Zeichnung neuer Aktien der Q befreit wurde. Hierbei handelte es sich lediglich um eine Folge des freiwilligen Übernahmeangebots - dass deswegen bereits bei der Vereinbarung vom 14. Januar 2009 die Verhinderung der Veröffentlichung eines Pflichtangebots beabsichtigt gewesen sein sollte, ergibt sich daraus nicht. Schließlich vermag auch die Verpflichtung der Q2, im Falle einer Kapitalerhöhung der Q neue Aktien zu zeichnen, um die Beteiligungsquote der Beklagten unter 30% zu halten, kein von § 30 Abs. 2 WpÜG erfasstes „acting in concert“ zu begründen. Da mit dieser Vereinbarung von vorneherein der Eintritt eines von § 30 WpÜG erfassten „Kontrollzustands“ vermieden werden sollte, liegt ersichtlich auch kein Eingriff in eine von § 30 WpÜG geschützte Rechtsposition vor.

Eine Vernehmung des als Zeugen für die behauptete Verständigung benannten Vorstandsvorsitzenden der Q2 ist daher nicht geboten.

Auch die übrigen von der Klägerin angeführten Umstände rechtfertigen nicht die Annahme einer konkludenten Verhaltensabstimmung zwischen der Beklagten und der Q2. Insoweit verweist der Senat zunächst - zur Vermeidung von Wiederholungen - auf die ausführlichen Ausführungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil unter Ziffer 1.2.1. bis 1.2.4., denen er sich vollumfänglich anschließt, sowie auf die obigen Ausführungen (unter I.2.a.bb.(2)(cc)). Aus den dort genannten Gründen rechtfertigen weder vertragliche und/oder gesetzliche Rücksichtnahmepflichten der Q2 gegenüber der Beklagten, noch der Erwerb von zwei Aufsichtsratssitzen durch die Beklagte, die Abberufung des bisherigen Vorstands oder die Kooperation der Beklagten mit der Q zur Erzielung von Synergieeffekten den Rückschluss auf ein abgestimmtes Verhalten.

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang im Berufungsverfahren erstmals behauptet, die Beklagte habe - für ein Geschäft „unter Dritten“ völlig unüblich - mit eigenen Mitarbeitern vor Ort den für die Integration der Q erforderlichen Personalabbau vorbereitet, ist dieses Vorbringen nicht nur von der Beklagten bestritten und damit unbeachtlich gemäß § 531 Abs. 2 ZPO, sondern zudem unsubstantiiert, so dass auch bei Berücksichtigung dem Beweisantritt durch Sachverständigengutachten nicht nachzugehen wäre. Letzteres gilt entsprechend für die Behauptung der Klägerin, die Kooperation der Beklagten mit der Q habe einen sonst unter Konkurrenten völlig unüblichen Umfang gehabt, sofern der Beweisantritt durch Sachverständigengutachten sich auch darauf beziehen sollte. Hinsichtlich der weiteren Behauptung der Klägerin, der Vorstand der Q2 habe die Unterordnung gegenüber dem Willen der Beklagten in der Hauptversammlung zugestanden und dies zeige sich daran, dass die Qaktien dem Beteiligungsmanagement der Q2 zugeordnet sowie keine Vorstandsentscheidungen zum Verhalten des Vertreters der Q2 im Aufsichtsrat der Q bzw. das Stimmverhalten in der Hauptversammlung getroffen würden, wird auf die obigen Ausführungen (unter I.2.a.bb.(2)(bb)) verwiesen.

3. Der weiteren Auffassung der Klägerin, gestützt auf ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. X (AH Seite 54 ff.), die „Nachtragsvereinbarung“ vom 14. Januar 2009 sei bis zur Beendigung des Vollzugs der Pflichtumtauschanleihe und der Optionen im Februar 2012 als preisbestimmend im Sinne von § 31 Abs. 6 WpÜG, § 4 Satz 2 WpÜG-AngebotsVO anzusehen, vermag der Senat ebenfalls nicht zu folgen.

Wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, ist unter dem Begriff der „Vereinbarung“ im Sinne von § 4 Satz 2 WpÜG-AngebotsVO nur der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zu verstehen, nicht aber - wie die Klägerin vertritt - der sich anschließende Zeitraum des Bestehens dieser schuldrechtlichen Verpflichtung bis zu ihrem Vollzug durch Erfüllung oder anderweitige Beendigung.

Bereits der Begriff der „Vereinbarung“ für sich genommen ist im Sinne eines - punktuellen - Abschlusses zu verstehen und nicht eines bestehenden Verpflichtungszustands. Hierfür spricht zudem die Gleichstellung der „Vereinbarung“ nach § 4 Satz 2 WpÜG-AngebotsVO und § 31 Abs. 6 WpÜG mit einem „Erwerb“ gemäß § 4 Satz 1 WpÜG-AngebotsVO, weil ein „Erwerb“ grundsätzlich in dem - punktuellen - Abschluss der dinglichen Übereignung zu sehen ist. Soweit die Beklagte dagegen einwendet, dass sich selbst ein „Erwerb“ nach § 4 Satz 1 WpÜG-AngebotsVO über einen längeren Zeitraum erstrecken könne, etwa wenn die Übergabe der Aktien der dinglichen Einigung zeitlich nachfolge, endet auch in diesem Fall der erfasste Zeitraum mit der Beendigung des Übertragungstatbestands. Dem entspräche bei der schuldrechtlichen „Vereinbarung“ (nur) der Zeitraum bis zur Beendigung ihres Abschlusses (etwa bei Streckung der Zeit zwischen Angebot und Annahme), nicht aber der gesamte sich anschließende Zeitraum bis zu ihrem dinglichen Vollzug.

Auch die Gesetzesbegründung zu § 31 Abs. 6 WpÜG (BT-Drs. 14/7034 S. 57) stellt auf den „Abschluss“ der Vereinbarung und nicht auf die Dauer ihres Bestehens ab. Soweit in dem von der Klägerin vorgelegten Rechtsgutachten dazu ausgeführt wird, die Gesetzesbegründung sei in diesem Punkt lediglich als rein illustrative Beschreibung eines einzelnen Anwendungsfalls zu verstehen, mag dies vielleicht für Satz 1 der Begründung zu § 31 Abs. 6 WpÜG zutreffen, nicht aber für Satz 2, in dem ausdrücklich erklärt wird, dass auch der „Abschluss“ entsprechender Verträge zum Erwerb von Aktien die genannten Rechtsfolgen auslöst.

Schließlich gebieten auch Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung keine Auslegung im Sinne der Klägerin. Zutreffend ist, dass § 31 Abs. 6 WpÜG und § 4 Satz 2 WpÜG-AngebotsVO Umgehungsfälle mit hinausgeschobenem Erfüllungsdatum verhindern sollen, und der Bieter, der sich einem anderen gegenüber auf eine bestimmte Bewertung der fraglichen Aktie festgelegt hat, daran auch gegenüber anderen Angebotsadressaten gebunden sein soll (vgl. etwa Krause, in: Assmann/Pötzsch/Schneider, WpÜG 2005 § 31 Rdn. 153). Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich aber auch, dass diese Bindung zeitlich beschränkt sein soll. So hat der Gesetzgeber bei Umsetzung der Übernahmerichtlinie ausdrücklich erklärt, eine - nach der Richtlinie mögliche - Ausdehnung des relevanten Vorerwerbszeitraums auf bis zu zwölf Monate sei nicht sinnvoll, weil ein länger als sechs Monate zurückliegender Erwerb keinen hinreichenden Bezug zur gegenwärtigen Bewertung am schnelllebigen Kapitalmarkt aufweise (BT-Drs. 16/1003 S. 14 Ziff. 2 = BR-Drs. 154/06 S. 24). Damit widerspräche es dem Willen des Gesetzgebers, die - grundsätzlich eingreifende - Bindung eines Bieters an seine Festlegung auf einen bestimmten Wert gegenüber einem Dritten über einen Zeitraum von sechs Monaten hinaus auszudehnen.

Diese Auslegung verstößt nicht - wie im vorgelegten Rechtsgutachten unter f) vertreten - gegen europäisches Recht, namentlich Art. 5 Abs. 4 Unterabs. 1 Satz 1 der Übertragungsrichtlinie (2004/25/EG). Die dortige Regelung stellt nicht auf den Erwerb der Aktien, sondern auf die „Bezahlung“ eines Preises während des Referenzzeitraums ab - und würde damit im vorliegenden Fall ebenfalls nicht eingreifen. Dass Art. 17 der Richtlinie den Mitgliedstaaten gebietet, wirksame Sanktionen gegen Umgehungskonstellationen vorzusehen, ändert daran nichts. Schließlich reicht auch die Tatsache, dass die Möglichkeit der Streckung einer Übertragung durch Auseinanderziehen von schuldrechtlichem Vertragsschluss und dinglichem Vollzug (nur) durch das allein in Deutschland geltende Abstraktionsprinzip ermöglicht wird, auch vor dem Hintergrund der beabsichtigten Harmonisierung des Übernahmerechts nicht aus, um die von der Klägerin gewünschte weite Auslegung des § 4 Satz 2 WpÜG-AngebotsVO zu begründen. Dem steht die deutliche Entscheidung des Gesetzgebers entgegen, der sich - im Bewusstsein des (nur) in Deutschland geltenden Abstraktionsprinzips - für die o.g. zeitliche Begrenzung der Bindung des Bieters entschieden hat.

Da die „Nachtragsvereinbarung“ vom 14. Januar 2009 somit nicht mehr als preisbestimmend für das freiwillige Übernahmeangebot im Oktober 2010 anzusehen ist, kommt es auf die zwischen den Parteien streitige Frage, welche subjektive Bewertung der Qaktien die Beklagte bei dieser Vereinbarung zugrunde gelegt hat, nicht an.

4. Zu Recht hat das Landgericht schließlich auch einen Anspruch der Klägerin wegen Umgehung der §§ 30, 31, 35 WpÜG durch die Beklagte verneint.

In diesem Punkt beruht die landgerichtliche Begründung - entgegen der Klägerin - nicht auf einem Zirkelschluss. Vielmehr hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass eine Umgehung (nur) dann anzunehmen wäre, wenn die Beklagte (gemeinsam mit der Q2) bewusst eine Situation geschaffen hätte, die zwar formal nicht die Voraussetzungen der Zurechnungstatbestände der §§ 30, 31 WpÜG erfüllt, ihr dennoch aber tatsächlich eine Kontrollmöglichkeit eingeräumt hat, die mit diesen Vorschriften gerade vermieden werden soll.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit den Zurechnungsvorschriften der §§ 30, 31 WpÜG zugleich auch Grenzen für eine Zurechnung gesetzt hat, so dass die Gleichsetzung eines formal nicht mehr erfassten Tatbestands eine deutliche Vergleichbarkeit der Konstellationen voraussetzt, zumal insbesondere mit der weit gefassten Zurechnungsvorschrift des § 30 Abs. 2 WpÜG eine weitreichende Erfassung „informeller“ Kontrollerlangungen möglich ist. Dementsprechend hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass allein mit dem Argument eines umfassenden Schutzes der Minderheitsaktionäre bei Übernahmen ein umfassender lückenfüllender Umgehungsschutz nicht konzipiert werden kann.

Wie das Landgericht ist auch der Senat der Auffassung, dass der vorliegende Fall den Konstellationen der §§ 30, 31 WpÜG in tatsächlicher Hinsicht noch nicht gleichzusetzen ist. Zwar hat die Beklagte die Übernahme der Beteiligungen an der Q schuldrechtlich bereits weitegehend vorbereitet. Das reicht aber - wie oben ausgeführt - noch nicht aus, um deswegen faktisch von einem Kontrollerwerb entsprechend den in § 30 WpÜG geregelten Konstellationen auszugehen. Eine solche entsprechende Anwendung der Zurechnungsvorschriften würde nach Auffassung des Senats die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung überschreiten. Das gilt auch im Hinblick darauf, dass es für das von der Klägerin behauptete subjektiv zielgerichtete (Umgehungs-)Handeln der Beklagten in einvernehmlicher Zusammenarbeit mit der Q2 (Streckung des Zeitraums zwischen Erwerbsverpflichtung und deren Erfüllung, um sich zu Lasten des Streubesitzes und zur Begünstigung des Paketbesitzes ein niedriges Kursniveau zu Nutze zu machen) nach den obigen Ausführungen an hinreichend substantiiertem Vortrag fehlt, zumal das Landgericht in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen hat, dass es in der Natur der Sache liegt, dass die Geschäftsführung der Beklagten mit dem freiwilligen Übernahmeangebot eine zwischenzeitlich für sie günstige Marktentwicklung wahrnimmt.

II. Nach den obigen Ausführungen steht der Klägerin auch kein Schadensersatzanspruch wegen Unterlassung eines Pflichtangebots gemäß § 35 WpÜG zu, weil die Beklagte zur Abgabe eines solchen Angebots vor ihrem freiwilligen Übernahmeangebot im September/Oktober 2010 nicht verpflichtet war.

Ob § 35 WpÜG überhaupt - mittelbar oder unmittelbar über § 823 Abs. 2 BGB - einen zivilrechtlichen Anspruch der Aktionäre gegen den Bieter auf Zahlung einer angemessenen Gegenleistung begründen kann, bedarf daher keiner Entscheidung.

III. Die Voraussetzungen einer Haftung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB sind weder in objektiver noch subjektiver Hinsicht erfüllt. Weder ist das Verhalten der Beklagten als objektiv sittenwidrig und besonders verwerflich anzusehen, noch liegen ausreichende Anhaltspunkte für eine vorsätzliches oder zumindest grob leichtfertiges, gewissenloses Handeln ihrerseits vor.

IV. Der Schriftsatz der Klägerin vom 16.10.2012 gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision wird im Hinblick auf die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Auslegung der Zurechnungstatbestände des § 30 WpÜG zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 4.837.500,00 €






OLG Köln:
Urteil v. 31.10.2012
Az: 13 U 166/11


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/5f652f7340f5/OLG-Koeln_Urteil_vom_31-Oktober-2012_Az_13-U-166-11




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