Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. März 2006
Aktenzeichen: 30 W (pat) 25/04

(BPatG: Beschluss v. 13.03.2006, Az.: 30 W (pat) 25/04)

Tenor

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Oktober 2003 und vom 2. April 2002 aufgehoben, soweit die teilweise Löschung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der IR-Marke 517 064 angeordnet worden ist.

Der Widerspruch aus der IR-Marke 517 064 wird auch insoweit zurückgewiesen.

Gründe

I.

Eingetragen am 6. November 1998 , veröffentlicht am 10. Dezember 1998, unter 398 47 826 - nach Teillöschung - für folgende Waren:

Wasch- und Bleichmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Reinigungsmittel; pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; chemische Erzeugnisse für die Gesundheitspflege; Medizinprodukte soweit in Klasse 05 enthalten; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke auch für Kinder und Kranke; diätetische Erzeugnisse für nichtmedizinische Zwecke, nämlich Vitamin- und/oder Mineralstoffpräparate und/oder Pflanzenextrakte; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Vitaminen, Mineralstoffen, Ballaststoffen; Pflaster, Verbandmaterial; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Desinfektionsmittel; orthopädische Artikel, insbesondere Fixierbandagen, ausgenommen orthopädische Strumpfwaren und orthopädische Miederwaren, Medizinprodukte soweit in Klasse 10 enthalten; Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportgeräte, auch Gymnastikgeräte und Muskelaufbaugeräte, Medizinprodukte soweit in Klasse 28 enthalten; diätetische Erzeugnisse für nichtmedizinische Zwecke, nämlich Vitamin- und/oder Mineralstoffpräparate und/oder Pflanzenextrakte; Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Proteinen;

ist die Marke Balinea.

Widerspruch wurde erhoben am 9. März 1999 aus der IR Marke 517 064 Ballerinaeingetragen seit dem 7. August 1987 für die Waren Preparations pour blanchir, preparations pour lessiver; preparations pour laver la vaisselle, preparations pour nettoyer, polir, degraisser et abraser; savons, serviettes impregnees de savon de toilette, serviettes abrasives.

Peignes, eponges; brosserie, instruments et materiel de nettoyage; serviettes impregnees de preparations pour blanchir, lessiver, laver la vaisselle, nettoyer, polir et degraisser.

Deren Benutzung ist bereits im Verfahren vor dem Patentamt bestritten worden. Die Widersprechende hat in den Schriftsätzen vom 29. März 2001 und 20. Dezember 2002 Ausführungen zur Benutzung der Widerspruchsmarke für Haushaltstücher gemacht und Unterlagen insbesondere eidesstattliche Versicherungen über hierzu erzielte Umsätze für die Zeiträume 1994 bis 1998 sowie 2000 dazu vorgelegt.

Die Markenstelle für Klasse 5 hat die angegriffene Marke in zwei Beschlüssen - einen davon im Erinnerungsverfahren ergangen - teilweise gelöscht für die Waren

"Wasch- und Bleichmittel; Seifen; Reinigungsmittel"

und im Übrigen den Widerspruch zurückgewiesen. Die Benutzung der Widerspruchsmarke sei nachgewiesen, Jahresumsätze in Höhe von 331.000 DM im Jahr 1998 könnten bei einem Produkt aus dem Niedrigpreisbereich nicht als geringfügig angesehen werden. Auch ein Rückgang der Umsatzzahlen im Jahr 2000 beim Lizenznehmer spreche noch nicht gegen eine wirtschaftlich sinnvolle Benutzung. Die strengen Anforderungen an den Markenabstand halte die angegriffene Marke in klanglicher Hinsicht nicht ein.

Die Inhaberin der jüngeren Marke hat Beschwerde eingelegt, eine Begründung ist nicht zu den Akten gelangt.

In der mündlichen Verhandlung hat sie unter anderem erklärt, dass sie die Einrede der Nichtbenutzung aufrechterhalte.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Eine Äußerung der Widersprechenden zur Sache ist im Beschwerdeverfahren nicht zur Akte gelangt. In der mündlichen Verhandlung erklärt sie unter anderem, sie sei davon ausgegangen, dass die Einrede der Nichtbenutzung nicht aufrechterhalten werde, da im Beschwerdeverfahren bis zur mündlichen Verhandlung keine Äußerung der Inhaberin der angegriffenen Marke erfolgt sei. Sie rügt das Wiederaufgreifen der Einrede der Nichtbenutzung als verspätet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die angefochtenen Beschlüsse sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache schon deshalb Erfolg, weil die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht gem. § 43 Abs. 1 i. V. m. § 26 MarkenG glaubhaft gemacht hat, obwohl die Inhaberin der angegriffenen Marke die nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG kumulativ mögliche Einrede mangelnder Benutzung der Widerspruchsmarke bereits im Verfahren vor dem Patentamt zulässig erhoben hat (vgl. hierzu BGH GRUR 1998, 938, 939 - DRAGON; Ströbele/Hacker MarkenG 7. Aufl. § 43 Rdn. 6, 32).

Eine einmal in der Vorinstanz zulässigerweise erhobene Einrede der mangelnden Benutzung ist insoweit auch für alle weiteren Instanzen rechtswirksam, da die Einrede damit in das Verfahren eingeführt ist. Die Widersprechenden hat diese zu beachten und im anschließenden Rechtsmittelverfahren von sich aus die Benutzung der Widerspruchsmarke für den jeweils maßgeblichen Zeitraum glaubhaft zu machen (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 43 Rdn. 77).

Anhaltspunkte dafür, dass die Inhaberin der angegriffenen Marke auf die Einrede der Nichtbenutzung verzichtet hätte, um diese dann in der mündlichen Verhandlung wiederaufzugreifen, sind nicht ersichtlich.

Dabei kann die Einrede der Nichtbenutzung grundsätzlich ohne Rechtsverlust einstweilen fallengelassen werden, weil ein Wiederaufgreifen jederzeit möglich ist. Dies ist nur nach Erklärungen nicht mehr möglich, die eindeutig als Anerkennung der Benutzung im Sinne eines Verzichts auf die Nichtbenutzungseinrede zu bewerten sind, wobei an die Voraussetzungen eines solchen Verzichts bzw. der Anerkennung der Benutzung strenge Anforderungen zu stellen sind. So reicht das bloße Nichtweiterverfolgen der Einrede oder das Schweigen des Einredenden auf die ihm zugestellten Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung insoweit nicht aus, nicht einmal die Erklärung, die Einrede werde "nicht weiter aufrechterhalten", ist als ein das Wiederaufgreifen ausschließender Verzicht gewertet worden (vgl. BGH GRUR 2000, 886, 887 Bayer/BeiChem; Ströbele/Hacker a. a. O. § 43 Rdn. 49).

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat - auch nicht stillschweigend - die Einrede der mangelnden Benutzung fallengelassen. Dies kann auch nicht aus dem Umstand gefolgert werden, dass sie im Beschwerdeverfahren bis zur mündlichen Verhandlung keine Beschwerdebegründung abgegeben hat und sich auch sonst nicht zur Sache geäußert hat. Da eine Beschwerdeerklärung ausreichend ist, die erkennen lässt, welche Entscheidung in welchem Umfang angefochten wird, sind Anträge und Begründungen nicht erforderlich (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 66 Rdn. 66, 67). Da die Markenstelle ihre Entscheidungen auf die nachgewiesene Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke für beide maßgeblichen Zeiträume nach § 43 Abs. 1 gestützt hat und diese Entscheidungen durch die Beschwerde in vollem Umfang angegriffen sind, war für die Widersprechende damit erkennbar, dass die mangelnde Benutzung weiter im Streit steht.

Mit der zulässigen Erhebung der Nichtbenutzungseinrede und deren Aufrechterhaltung entstand für die Widersprechenden damit die Obliegenheit, die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für eingetragene Waren für den Zeitraum von Dezember 1993 bis Dezember 1998 und für den Zeitraum der letzten fünf Jahre vor Zugang dieser Entscheidung bei den Verfahrensbeteiligten, also von 2001 bis 2006 glaubhaft zu machen. Glaubhaft zu machen ist dabei die Verwendung der Marke für die maßgeblichen Waren nach Art, Zeit, Ort und Umfang. Aus den vorgelegten Unterlagen muss sich eindeutig ergeben, in welcher Form, in welchem Zeitraum, in welchem Gebiet und in welchem Umfang die Benutzung erfolgt ist. Diese Erfordernisse müssen insgesamt erfüllt sein. Fehlen z. B. Angaben über Zeit bzw. einen Zeitraum oder Umfang der Benutzung, liegt keine ausreichende Glaubhaftmachung vor (Ströbele/Hacker a. a. O. § 43 Rdn. 32 m. w. N.; § 26 Rdn. 74; 195).

Ob die Widersprechende mit den im patentamtlichen Verfahren eingereichten Schriftsätzen vom 29. März 2001 und vom 20. Dezember 2002 nebst Anlagen eine Benutzung für den Zeitraum Dezember 1993 bis Juli 1998 hinreichend glaubhaft gemacht hat, braucht an dieser Stelle nicht entschieden zu werden. Denn die Widersprechende hat auf die auch nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG zulässig erhobene Nichtbenutzungseinrede nichts unternommen, um eine Benutzung für den weiteren Zeitraum von 2001 bis 2006 darzutun und glaubhaft zu machen; die ursprünglich im Verfahren vor dem Patentamt bereits eingereichten Unterlagen enthalten hierzu keinerlei tatsächliche Angaben und ermöglichen damit auch nicht die Feststellung der Benutzung gemäß §§ 43 Abs. 1 Satz 2, 26 MarkenG für diesen Zeitraum. Umsätze sind nur für den Zeitraum von 1994 bis 1998 und für 2000 angegeben, die zudem in den letzten Jahren stark rückläufig waren. Mangels berücksichtigungsfähiger Waren (vgl. §§ 43 Abs. 1 Satz 3, 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG) ist der Widerspruch zurückzuweisen.

Der im Rahmen des Benutzungszwangs herrschende Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatz gibt keine Veranlassung zu gerichtlichen Aufklärungshinweisen (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 43 Rdn. 71 m. w. N.; BPatG GRUR 2000, 900, 902 - Neuro-Vibolex).

Angesichts der besonderen Sachlage im vorliegenden Fall liegen (noch) keine Billigkeitsgründe vor, der Widersprechenden gem. § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Ein entsprechender Kostenantrag war nicht gestellt. Die Widersprechende, die im patentamtlichen Verfahren Unterlagen zur Glaubhaftmachung vorgelegt hat, hat im Beschwerdeverfahren nicht eine ausdrücklich erhobene Nichtbenutzungseinrede bewusst ignoriert, sondern es vielmehr übersehen, neue Unterlagen zur Glaubhaftmachung vorzulegen, zumal im Beschwerdeverfahren bis zur mündlichen Verhandlung keine Äußerungen in der Sache mehr gemacht wurden.






BPatG:
Beschluss v. 13.03.2006
Az: 30 W (pat) 25/04


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