Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. November 2002
Aktenzeichen: 24 W (pat) 39/02

(BPatG: Beschluss v. 26.11.2002, Az.: 24 W (pat) 39/02)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die farbige Wortbildmarkesiehe Abb. 1 am Endeist für die Waren und Dienstleistungen

"Betrieb von Sonnen- und Kosmetikstudios; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Bekleidung, Kopfbedeckungen, Schuhwaren."

in das Register eingetragen worden.

Dagegen hat die Inhaberin der für die Waren und Dienstleistungen:

"Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, insbesondere Sonnen- und Bräunungscremes und -lotions; Bräunungsgeräte, Rundumbräunungsgeräte, auch solche zur Betätigung durch Münzeinwurf, Solarien, Teile vorgenannter Waren, soweit in Klasse 11 enthalten; Marketing, betriebswirtschaftliche Beratung und Vermittlung des technischen Know-Hows für das Einrichten und Betreiben von Sonnenstudios, vorgenannte Dienstleistungen gegen Entgeld für andere; Bau von Sonnenstudios; Einrichtungsplanung von Sonnenstudios gegen Entgeld für andere, Dienstleistungen eines Sonnenstudios"

eingetragenen, zeitrangälteren Wortbildmarke 396 12 034 siehe Abb. 2 am Ende Widerspruch erhoben.

Mit Beschluß vom 9. Januar 2002 hat die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts, besetzt mit einem Beamten des gehobenen Dienstes, den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr gemäß §§ 9 Abs 1 Nr 2, 43 Abs 2 S 2 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, daß trotz der teilweise feststellbaren Identität oder Nähe der beiderseitigen Waren und Dienstleistungen die Marken keine erheblichen Gemeinsamkeiten aufwiesen, die Verwechslungen erwarten ließen. Im maßgeblichen Gesamteindruck höben sich die Marken schon durch die einprägsame verschiedene figürliche Gestaltung der jeweiligen Sonnendarstellungen ausreichend voneinander ab, wobei hinzukomme, daß es sich bei Sonnendarstellungen allgemein um ein kennzeichnungsschwaches Bildmotiv handle. Auch seien Verwechslungen bei der mündlichen Benennung der Marken anhand ihrer Wortbestandteile zu verneinen, da diese sich in den abweichenden Wörtern "Island" und "POINT" hinreichend unterschieden. Nachdem der gemeinsame Wortbestandteil "SUN" (= Sonne) als allgemein beschreibender Hinweis jeder Kennzeichnungskraft entbehre, könne eine Verwechslungsgefahr nur angenommen werden, wenn auch die übrigen Markenteile beachtliche Ähnlichkeiten aufwiesen. Wegen der Kennzeichnungsschwäche des gemeinsamen Bildmotivs einer Sonnendarstellung und des Wortbestandteils "SUN" würden die Marken im Verkehr allein aufgrund dieser Gemeinsamkeiten auch nicht gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie macht im wesentlichen geltend, daß im Rahmen der maßgeblichen Beurteilungsgrundsätze bisher nicht berücksichtigt worden sei, daß sie unter der Widerspruchsmarke Deutschlands größte Sonnenstudiokette führe mit im (Jahr 2001) 520 Studios und einem Jahresumsatz von ... Euro. Durch die Kombination des prägen- den Sonnensymbols zwischen den Wörtern "Sun" und "Island" würden die beteiligten Verkehrskreise an das Sonnenmotiv innerhalb der bekannten Marke "SUN-POINT" der Widersprechenden erinnert. Somit führe die Ähnlichkeit der Sonnenabbildung innerhalb der Mitte der angegriffenen Marke dazu, daß die Marken allein aufgrund dieser Gemeinsamkeit miteinander in Verbindung gebracht und verwechselt würden.

Sie beantragt (sinngemäß), den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat sich zu der Beschwerde nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 165 Abs 4 und 5 Nr 1 MarkenG zulässige Beschwerde ist in der Sache unbegründet. Auch nach Auffassung des Senats besteht zwischen den Marken keine Verwechslungsgefahr gemäß §§ 9 Abs 1 Nr 2; 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Die Markenstelle hat den Widerspruch daher zu Recht zurückgewiesen (§ 43 Abs 2 S 2 MarkenG).

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke. Insoweit kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (st Rspr; vgl ua EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma, GRUR 1998, 922, 923 - CANON, BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND).

Zwar erfassen die für die Widerspruchsmarke geschützten "Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, insbesondere Sonnen- und Bräunungscremes und -lotions" sowie die "Dienstleistungen eines Sonnenstudios" die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 3 und 42 überwiegend identisch, im übrigen im engeren Ähnlichkeitsbereich, was insoweit zu strengen Anforderungen an den von den Marken einzuhaltenden Abstand führt. Zu den Waren der Klasse 25 der angegriffenen Marke weisen die Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke hingegen keine Ähnlichkeit auf (vgl Richter/Stoppel, Die Ähnlickeit von Waren und Dienstleistungen, 12. Aufl, S 75, rSp), so daß diesbezüglich eine Verwechslungsgefahr schon an der fehlenden Warenähnlichkeit scheitert.

Was die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke anbelangt, ist diese von Haus aus eher als etwas unter dem Durchschnitt liegend zu beurteilen. In der Marke ist das für Sonnenstudios und einschlägige Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, insbesondere Sonnen- und Bräunungscremes sowie -lotions, glatt beschreibende, dem inländischen Publikum in der Bedeutung "Sonne" ohne weiteres verständliche und damit nicht unterscheidungskräftige englische Wort "SUN" mit dem wenig originellen, auch im inländischen Geschäftsverkehr zum Hinweis auf einen Ort, an dem Waren verkauft oder Dienstleistungen angeboten werden, gebräuchlichen Wort "POINT" verbunden (vgl zB die geläufigen Begriffe "Info-Point" oder "Point of Sale", zu letztem s Duden, Das Fremdwörterbuch, 6. Aufl, Bd 5, S 637), so daß auch die Gesamtaussage der Wortzusammenstellung "SUN-POINT" in eine beschreibende Richtung deutet. Weiterhin erschöpft sich die graphische Gestaltung des Markenworts in der Platzierung einer Sonnendarstellung anstelle des Buchstabens "O", einem für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen ebenfalls beschreibenden kennzeichnungsschwachen Bildmotiv. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke beruht daher im wesentlichen auf der individuellen Ausgestaltung des Sonnenmotivs als lachendem Gesicht mit Sonnenbrille sowie dem sich aus der Kombination der beschreibenden oder kennzeichnungsschwachen Einzelbestandteile ergebenden Gesamteindruck.

Eine durch starke Benutzung erworbene erhöhte Bekanntheit der Widerspruchsmarke, wie von der Widersprechenden behauptet, kann demgegenüber nicht berücksichtigt werden. Auch wenn der Inhaber der angegriffenen Marke dem diesbezüglichen Vorbringen der Widersprechenden nicht widersprochen hat, reichen die bisher vorgetragenen Tatsachen, die sich im wesentlichen auf die Behauptung einer führenden Marktposition auf dem Sonnenstudiosektor und einer pauschalen Jahresumsatzzahl beschränken, nicht aus, um hierauf die rechtliche Wertung einer erhöhten Kennzeichnungskraft stützen zu können. Eine solche Beurteilung erfordert vielmehr die Heranziehung aller relevanten Umstände, so insbesondere den von der Marke gehaltenen Markanteil, die Intensität, geographische Verbreitung und Dauer der Benutzung der Marke, den Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke, den Teil der beteiligten Verkehrskreise, der die Waren oder Dienstleistungen aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennt sowie Erklärungen von Industrie- und Handelskammern oder von Berufsverbänden (vgl EuGH GRUR Int 1999, 734, 736 "Llyod"; BGH BLPMZ 2002, 421, 422 "DKV/OKV").

Doch selbst wenn man der Widerspruchsmarke zugunsten der Widersprechenden eine im Gesamteindruck normal durchschnittliche Kennzeichnungskraft unterstellt und bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr insgesamt strenge Maßstäbe anlegt, reicht die Ähnlichkeit der Marken in keiner Hinsicht aus, um eine relevante Verwechslungsgefahr begründen zu können.

Allein auf die Übereinstimmung in dem Wortbestandteil "SUN/Sun" und die Verwendung des gemeinsamen Bildmotivs einer Sonne läßt sich schon aus Rechtsgründen eine Verwechslungsgefahr nicht stützen, weil weder das Wort als eine in der Bedeutung "Sonne" für die fraglichen Dienstleistungen von Sonnenstudios sowie für einschlägige kosmetische Produkte ohne weiteres erkennbare rein beschreibende nicht unterscheidungskräftige und freihaltebedürftige Angabe, noch das für die Waren und Dienstleistungen ebenfalls beschreibende, als solches nicht unterscheidungskräftige Sonnenmotiv isoliert dem registerrechtlichen Markenschutz zugänglich wären (vgl BGH GRUR 1990, 453, 454 f "L-Thyroxin"; GRUR 1992, 48, 51 "frei öl"; MarkenR 2002, 253, 255 "Festspielhaus").

Ferner weisen die jeweiligen Wortbestandteile "SUNPOINT" und "Sun Island", ihre prägende Bedeutung im Gesamteindruck der beiden Marken unterstellt, aufgrund der abweichenden Wortbestandteile "POINT" und "Island", welchen der Verkehr im Hinblick auf das gemeinsame nicht unterscheidungskräftige Anfangswort "SUN/Sun" verstärkt seine Aufmerksamkeit zuwenden wird, im Klang, Schriftbild und Begriff so deutliche, weder zu überhörende, noch zu übersehende Abweichungen auf, daß auch bei einem isolierten Vergleich der Markenworte beachtliche Verwechslungen nicht zu befürchten wären. Entsprechendes gilt für die beiden Sonnendarstellungen, deren besondere Bildwirkung, auf welche sich der Schutz angesichts des von Haus aus beschreibenden nicht kennzeichnenden Sonnenmotivs beschränkt (vgl BGH GRUR 1989, 425, 427 "Herzsymbol") durch die jeweilig unterschiedlichen individuellen Gestaltungselemente (zum einen als Gesicht ausgestaltete ovale Sonnenscheibe mit großen erstaunten Augen und dreiecksförmigen, seitlich langgezogenen Strahlen, zum anderen als lachendes Gesicht ausgestaltete kreisrunde Sonnenscheibe mit über die Scheibe hinausragender dunkler Sonnenbrille und gleichmäßig kurzen dünnen Strahlenstrichen) derart auffällig voneinander abweicht, daß selbst bei einer Gegenüberstellung nur der Bildelemente keine beachtliche Verwechslungsgefahr bestünde.

Aber auch nach ihrem - optischen - Gesamteindruck, aus dem die Widersprechende eine Verwechslungsgefahr herleitet, kommen sich die beiden Marken nicht verwechselbar nahe. Das Markenwort "SUNPOINT" der Widerspruchsmarke ist in großen fetten, leicht schrägen Drucklettern als zusammengeschriebenes Wort wiedergegeben, während in der angegriffenen Marke die Worte "Sun Island" getrennt in Kleinschreibung mit jeweils großen Anfangsbuchstaben und in handschriftlichen bzw gemalten, zudem verschiedenfarbigen Lettern wiedergegeben sind. Abgesehen von den Abweichungen in der Länge der Markenworte und in der Figuration ihrer Buchstaben, weist damit auch die sonstige Gestaltung der Schriftzüge keine signifikante Ähnlichkeit auf. Entgegen der Auffassung der Widersprechenden findet weiterhin die Platzierung des Sonnenmotivs in den Marken keine Entsprechung. In der Widerspruchsmarke ist die Sonnendarstellung anstelle des Buchstabens "O" in dem hinteren Wortteil "POINT" im Schriftzug integriert. Demgegenüber ist die Sonne in der angegriffenen Marke oberhalb der Buchstaben "un" des Eingangswortes "Sun" angeordnet. Außerdem hebt sich die angegriffene Marke durch ein weiteres graphisches Element, den als Palme ausgestalteten Großbuchstaben "I" in dem Wort "Island", optisch von der Widerspruchsmarke ab. Bei der solchermaßen verschiedenen Gesamtgestaltung der Marken ist eine unmittelbare Verwechslungsgefahr nach dem Gesamteindruck klar auszuschließen.

Im Hinblick auf die dargelegten Unterschiede der Marken in ihren Wort- und Bildelementen sowie in ihrer graphischen Gesamtkonzeption, die keine besonderen typischen Gemeinsamkeiten im Gesamteindruck und -aufbau erkennen läßt, ist schließlich auch die Gefahr zu verneinen, daß die Marken insoweit - mittelbar - gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Dabei ist zu berücksichtigen, daß auch diese Art der Verwechslungsgefahr nicht allein aus der Übereinstimmung in dem beschreibenden Wort "SUN/Sun" und dem ebenfalls beschreibenden Sonnenmotiv hergeleitet werden kann.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist daher zurückzuweisen.

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlaß, gemäß § 71 Abs 1 MarkenG einer der Beteiligten aus Gründen der Billigkeit die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Dr. Ströbele Guth Kirschneck Bb Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/D95644.3.gif Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/D95645.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 26.11.2002
Az: 24 W (pat) 39/02


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