Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Juni 2005
Aktenzeichen: 8 W (pat) 332/02

(BPatG: Beschluss v. 21.06.2005, Az.: 8 W (pat) 332/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat einen Antrag des Einsprechenden 1 auf Änderung bzw. Ergänzung des Protokolls der mündlichen Verhandlung sowie eine Rüge auf Abhilfe wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs zurückgewiesen. Der Hilfsantrag des Einsprechenden 1 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde ebenfalls zurückgewiesen.

Der Einsprechende 1 hatte beantragt, das Protokoll zu berichtigen, da er der Meinung war, dass ihm nicht ausreichend rechtliches Gehör gewährt wurde. Er führte an, dass er als Erfinder und Einsprechender 1 nur teilweise und unzureichend gehört wurde und wichtige Punkte des Einspruchsverfahrens nicht besprochen wurden. Außerdem wurden seine Ausführungen zur widerrechtlichen Entnahme nicht zugelassen und protokolliert. Der Einsprechende 1 beantragte daher, sein Verbietungsrecht festzustellen oder das Verfahren im Wege der Wiedereinsetzung fortzuführen.

Das Gericht entschied jedoch, dass das Protokoll keine Unrichtigkeiten enthält und den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Der Einsprechende 1 hat in der mündlichen Verhandlung keine speziellen Protokollierungsanträge gestellt. Selbst wenn er den Änderungs- oder Ergänzungsantrag gestellt hätte, hätte das Gericht darauf verzichten können, da das begehrte weltweite Verbietungsrecht nicht Gegenstand des Verfahrens ist.

Auch der Anspruch des Einsprechenden 1 auf Fortführung des Verfahrens wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs wurde vom Gericht abgelehnt. Der Vorsitzende hat seinen gesetzlichen Auftrag erfüllt und das Vorbringen des Einsprechenden 1 zusammengefasst. Zudem wurde den Beteiligten von vornherein mitgeteilt, dass zunächst über die Widerrufsgründe verhandelt werde und die Frage der widerrechtlichen Entnahme erst später geprüft werde. Da das Patent letztendlich wegen anderer Widerrufsgründe widerrufen wurde, war die Prüfung der widerrechtlichen Entnahme nicht mehr relevant.

Der Einsprechende 1 hatte zudem die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes geltend gemacht, da ihm unterschiedliche Begründungsfristen gewährt wurden. Das Gericht entschied jedoch, dass die gemäß Patentgesetz festgelegten Fristen grundsätzlich für alle Beteiligten gelten und keine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vorliegt.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde abgelehnt, da keine Frist versäumt wurde, die einen Rechtsnachteil zur Folge hätte.

Falls der Einsprechende 1 weiterhin der Meinung ist, sein rechtliches Gehör sei verletzt worden, kann er eine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen, für die Anwaltszwang besteht.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 21.06.2005, Az: 8 W (pat) 332/02


Tenor

1. Der Antrag des Einsprechenden 1 auf Änderung bzw. Ergänzung des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2005 und die darin enthaltene Rüge auf Abhilfe wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs werden zurückgewiesen.

2. Der Hilfsantrag des Einsprechenden 1 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Mit Schreiben vom 3. Juni 2005, das am 7. Juni 2005 beim Bundespatentgericht eingegangen ist, hat der Einsprechende 1 Antrag auf Protokollberichtigung nach §§ 95, 96 PatG bzw. bei Nichtberücksichtigung auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.

Er trägt hierzu im wesentlichen vor, dass das Protokoll von Amts wegen zu berichtigen sei. An der mündlichen Verhandlung hätten sich nur die Bevollmächtigten der Patentinhaber und der Einsprechenden 2 umfassend äußern dürfen. Ihm sei als Erfinder und Einsprechendem 1 rechtliches Gehör nur teilweise und unzureichend gewährt worden, insbesondere auch deshalb, weil der für ihn wesentliche Einspruchsgrund der widerrechtlichen Entnahme überhaupt nicht besprochen worden sei. Er bitte um Berichtigung, da seiner Ansicht nach einige Angaben unzutreffend oder unvollständig wiedergegeben worden seien. Es sei ihm das Wort entzogen worden, so dass Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht hätten geltend gemacht werden können, wie z.B. Angaben zum Stand der Technik, zum Wissen eines Durchschnittsfachmannes oder zur Darlegung von Tatsachen, die für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit von Bedeutung sein könnten. Auch seien seine Ausführungen zum Unterschied der Fertigung der Einsätze aus dem Vollen gegenüber den aus Halbschalen bestehenden Einsätzen älteren Datums nicht protokolliert.

Vor allem seien seine Ausführungen zur widerrechtlichen Entnahme nicht zugelassen und protokolliert worden. Er sei von dem Vorsitzenden Richter mit den Worten unterbrochen worden, darauf käme man gleich zu sprechen. Dazu sei es aber nicht mehr gekommen, weil er gleich danach gefragt worden sei, welche Anträge er stellen wolle. Da er hierzu nicht mehr in der Lage gewesen sei, habe er dem vom Vorsitzenden Richter formulierten Antrag zugestimmt, das Patent auf Grund widerrechtlicher Entnahme auf sich zu übertragen.

Nach dem Widerruf des Patents sei er im Ergebnis schlechter gestellt, weil es ihm auch darum ginge, ein Verbietungsrecht zu erreichen. Darauf, dass er ein Vorbenutzungsrecht aus seinem Gebrauchsmuster zu beanspruchen gehabt hätte, sei nicht eingegangen worden. Außerdem macht er wegen unterschiedlich gewährter Begründungsfristen die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes geltend.

Der Einsprechende 1 beantragt, den in der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2005 gestellten Antrag dahingehend zu ändern bzw. zu ergänzen, dass ihm ein Verbietungsrecht zuteil werde, um den Anmeldern die Fertigung weltweit zu verbieten, hilfsweise, das Einspruchsverfahren im Wege der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zuzulassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

1. Der Antrag auf Protokollberichtigung ist zwar nicht nach den §§ 95, 96 PatG, sondern nach § 92 Abs. 2 PatG iVm §§ 160 bis 165 der Zivilprozessordnung zulässig. Er ist jedoch nicht begründet.

Nach § 164 Abs. 1 ZPO können Unrichtigkeiten des Protokolls jederzeit - auf Antrag oder von Amts wegen - berichtigt werden. Für eine Berichtigung sind die Voraussetzungen hier aber nicht gegeben, weil das Protokoll vom 12. Mai 2005 keine Unrichtigkeit enthält. Der Inhalt des Protokolls entspricht den gesetzlichen Anforderungen des § 160 ZPO. Insbesondere enthält es die Feststellung des Antrags des Einsprechenden 1, der diesem vorgelesen und genehmigt worden ist, sowie die gestellten und genehmigten Anträge der übrigen Verfahrensbeteiligten.

Die wesentlichen Vorgänge der Verhandlung sind aufgenommen worden, wobei mit "wesentlichen Vorgängen" der Hergang der Verhandlung, nicht ihr Inhalt gemeint ist. Kein wesentlicher Vorgang im Sinne dieser Vorschrift sind z.B. Unterbrechungen, Zwischenberatungen und Wiedereröffnungen, die nicht vermerkt werden müssen (vgl. Thomas/Putzo ZPO, 24. Aufl. 2002, § 160, Rn. 2; Busse/Schuster/Keukenschrijver Patentgesetz § 92 Rn 7).

Der Einsprechende 1 hat in der mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2005 ebenso wenig wie die übrigen Beteiligten beantragt, dass bestimmte Vorgänge oder Äußerungen in das Protokoll aufgenommen werden. Ein derartiger Protokollierungsantrag hätte nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden können.

Selbst wenn der vorliegende Änderungs- oder Ergänzungsantrag vom Einsprechenden 1 in der mündlichen Verhandlung gestellt worden wäre, hätte das Gericht gemäß § 160 Abs. 4 Satz 2 ZPO von der Aufnahme absehen können, wenn es auf die Feststellung des Vorgangs oder der Äußerung nicht ankommt. So ist es hier. Denn bei dem begehrten Änderungs- oder Ergänzungsantrag handelt es sich nicht um einen sachdienlichen Antrag im Einspruchsverfahren, weil die Feststellung eines weltweiten Verbietungsrechts nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sein kann.

Gegen die Zurückweisung des begehrten Antrags auf Protokollberichtigung ist kein Rechtsmittel gegeben.

2. Es besteht aber auch kein Anspruch des Einsprechenden 1, das Einspruchsverfahren auf die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs hin im Wege der Abhilfe nach § 321a ZPO in der Fassung des Artikels 1 Nr. 1 des Anhörungsrügengesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl Teil I, Seite 3220) fortzuführen.

Die Rüge ist an sich zwar statthaft, da ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Zurückweisung des Antrags auf Protokollberichtigung nicht gegeben ist und dieser Beschluss nach der Endentscheidung im Einspruchsverfahren vom 12. Mai 2005 ergangen ist. (§ 321a Abs. 1 ZPO nF). Sie ist auch in der gesetzlichen Form und Frist erhoben (§ 321a Abs.2 und 4 ZPO nF). Die Rüge ist aber unbegründet, da der Senat den Anspruch des Einsprechenden 1 auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

Der Vorsitzende hat seinem gesetzlichen Auftrag entsprechend, darauf hinzuwirken, dass die Beteiligten sachdienliche Anträge stellen. Nachdem der Einsprechende 1 hierzu nicht in der Lage war, hat der Vorsitzende das bereits umfassend schriftlich ausgeführte Vorbringen des Einsprechenden 1 zusammengefasst und den genannten Antrag formuliert, der dem Einsprechenden vorgelesen und von ihm genehmigt worden ist. Er hat dabei dem Begehren des Einsprechenden 1 im Rahmen der Möglichkeiten des Einspruchsverfahrens Rechnung getragen, dem es in erster Linie um die Feststellung der widerrechtlichen Entnahme zur Übertragung des Patents bzw. zur prioritätswahrenden Nachanmeldung ging.

Zugleich hat der Vorsitzende den Einsprechenden 1, den Vertreter des Einsprechenden 2 und den Vertreter der Patentinhaber darauf hingewiesen, dass zunächst über die Widerrufsgründe des Einspruchsverfahrens verhandelt werde, die gegen die Patentfähigkeit erhoben worden sind, und in die Prüfung des Widerrufsgrundes der widerrechtlichen Entnahme erst eingetreten werde, wenn das Patent in vollem Umfang oder teilweise aufrechterhalten wird. Diese Verfahrensführung entspricht dem Grundsatz der Verfahrensökonomie, den der Senat stets zu beachten hat. Er ist auch der Grund für den Hinweis des Vorsitzenden Richters an den Einsprechenden 1, sich bei seinen Ausführungen in diesem Verhandlungsstadium auf die Frage der Patentfähigkeit zu beschränken.

Da nach Unterbrechung und Beratung das Patent weder nach Haupt- noch Hilfsantrag Bestand hatte und bereits wegen der geltend gemachten Einspruchsgründe des § 21 Abs. 1 Nr. 1 und 4 PatG zu widerrufen war, kam es für die Entscheidung im Einspruchsverfahren nicht mehr auf die Prüfung der widerrechtlichen Entnahme an. Denn diese setzt begrifflich die Patentfähigkeit der Erfindung, die Inhalt des Patents ist, und damit ein bestandsfähiges Patent voraus.

Ebenso wenig sind das prioritätsjüngere Gebrauchsmuster des Einsprechenden und eventuell damit verbundene Rechte Gegenstand des Einspruchsverfahrens.

Der Grundsatz der Gleichbehandlung ist ebenfalls nicht verletzt. Dass der Einspruch innerhalb von drei Monaten zu erheben, schriftlich zu erklären und zu begründen ist, beruht auf der gesetzlichen Vorschrift des § 59 Abs. 1 PatG. Die Möglichkeit, sich zum Einspruch zu äußern, das Vorbringen zu ergänzen oder Anträge zu stellen besteht für den Einsprechenden 1 wie für die übrigen Beteiligten grundsätzlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung.

Da die Rüge unbegründet ist, war sie durch unanfechtbaren Beschluss des Gerichts zurückzuweisen (§ 321a Abs. 4 Sätze 3 und 4 ZPO nF).

3. Die hilfsweise beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheidet aus, weil sie nach § 123 Abs.1 PatG nur für die Fälle vorgesehen ist, bei denen jemand ohne Verschulden verhindert war, dem Patentamt oder dem Patentgericht gegenüber eine Frist einzuhalten, deren Versäumung nach gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat. Der Einsprechende 1 hat eine derartige Frist nicht versäumt. Die Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung durch den Beschwerdesenat des Patentgerichts ist gemäß § 99 Abs. 2 PatG unanfechtbar.

4. Soweit der Einsprechende 1 weiterhin der Auffassung sein sollte, dass ihm das rechtliche Gehör versagt worden sei, wird er auf die Möglichkeit der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde nach § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG gegen den Beschluss des Senats in der Einspruchssache vom 12. Mai 2005 hingewiesen, die beim Bundesgerichtshof einzulegen wäre und für die nach § 102 Abs.5 PatG Anwaltszwang zur Vertretung durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt besteht.

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BPatG:
Beschluss v. 21.06.2005
Az: 8 W (pat) 332/02


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