Oberlandesgericht Celle:
Urteil vom 22. Mai 2014
Aktenzeichen: 13 U 145/13 (Kart)

(OLG Celle: Urteil v. 22.05.2014, Az.: 13 U 145/13 (Kart))

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 8. August 2013 verkündete Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieser Urteile vollstreckbaren Beträge abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 100.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über die wettbewerbs- und kartellrechtliche Zulässigkeit des unter der Domain €l.€ durch die Beklagte betriebenen Internet-Auftritts. Der Internet-Auftritt wirbt für die Lotterieangebote der im Deutschen Lotto- und Totoblock organisierten Landeslottogesellschaften im Internet; an dem Spielangebot Interessierte werden nach Eingabe von Tippzahlen und ihrer Postleitzahl auf die Internetseite der jeweils örtlich zuständigen Landeslottogesellschaft weiterleitet, auf der der jeweilige Spieler sodann seinen Tipp verbindlich abgeben kann. Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz und der darin gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die nach § 5 Abs. 3 Satz 2 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011 (GlüStV) erforderliche Erlaubnis habe jedenfalls mit der Rahmenerlaubnis der Bezirksregierung D. vom 13. März 2013, ergänzt durch Bescheid vom 11. April 2013, vorgelegen, so dass die Beklagte mit dem Betrieb der Internet-Seite keine Marktverhaltensregelung verletzt habe. Auch ein Kartellrechtsverstoß liege nicht vor. Die regionale Monopolbildung beruhe auf den vom Landesgesetzgeber gewollten und im Glücksspielrecht geregelten Regionalitätsprinzip. Die Umsetzung dieser Vorgaben durch die einzelnen Länderbehörden sei nicht im Zivilrechtsstreit zu klären. Entsprechendes gelte hinsichtlich einer möglichen Behinderung des Wettbewerbs der Landeslottogesellschaften untereinander auf dem Nachfragemarkt für Lottovermittlung aufgrund der Regionalisierung. Wegen der weiteren Erwägungen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Klageanträge weiter.

Er rügt insbesondere, die von der Bezirksregierung D. erteilten Rahmenerlaubnisse seien nichtig, da das Land N. lediglich für die Erteilung von Werbeerlaubnissen, nicht aber für die Erteilung von Veranstaltungserlaubnissen zuständig sei. Darüber hinaus stütze sich die Erlaubnis auf die Werberichtlinie, die ebenfalls nichtig sei. Weiter hätte die Beklagte nachweisen müssen, das sämtliche Länder auch über eine Veranstaltungserlaubnis verfügten, da sich die von der Bezirksregierung D. erteilte Werbeerlaubnis ansonsten auf ein unerlaubtes Glückspiel bezöge und deshalb auch aus diesem Grund nichtig sei. Schließlich beziehe sich die Erlaubnis nur auf Dachmarkenwerbung, nicht aber auf die gemeinsame Vermarktungsplattform €l.€.

In kartellrechtlicher Hinsicht habe das Landgericht verkannt, dass Gegenstand des Unterlassungsbegehrens ein Eingriff in die Wettbewerbsfreiheit nicht aufgrund des Regionalitätsprinzips als solchem sondern vielmehr aufgrund der gemeinsamen Vermarktungsplattform €l.€ sei, die die wettbewerblichen Spielräume, die der Beklagten und den anderen Landeslottogesellschaften trotz der staatlichen Regulierung verblieben seien, weiter einschränke. Durch diese gemeinsame Vermarktungsplattform würde es den Landeslottogesellschaften zudem ermöglicht, die durch die Regionalisierung auferlegten Beschränkungen zu umgehen, an die sich private Vermittler strikt halten müssten. Diese privaten Vermittler würden u. a. durch diese gemeinsame Vermarktungsplattform weitgehend vom Markt verdrängt. Durch ihr koordiniertes Vorgehen erweiterten die Landeslottogesellschaften u. a. auch ihre Nachfragemacht gegenüber gewerblichen Spielevermittlern, da diese für eine flächendeckende Vermittlungstätigkeit auf Vertragsabschlüsse mit jeder einzelnen Landeslottogesellschaft angewiesen seien.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hannover vom 28. August 2013 - 25 O 5/13 - abzuändern und wie folgt neu zu fassen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, zu unterlassen, die Glücksspielangebote der Mitglieder des Deutschen Lotto- und Totoblocks, namentlich der Staatlichen Toto-Lotto GmbH B. und/oder des Freistaates Ba. und/oder der Deutsche Klassenlotterie Be. (DKLB) AöR und/oder der Land Br. Lotto GmbH und/oder der Bre. Toto und Lotto GmbH und/oder der Lotto H. GmbH und/oder des Landes He. und/oder der Verwaltungsgesellschaft Lotto und Toto in M. mbH und/oder der Toto-Lotto Ni. GmbH und/oder der W. Lotterie GmbH & Co. OHG und/oder der Lotto R. GmbH und/oder der S.-Sporttoto GmbH und/oder des Freistaates Sa. und/ oder der Lotto-Toto GmbH Sa. und/oder der Nordwest Lotto Sc. GmbH & Co. KG und/oder der Lotterie-Treuhandgesellschaft mbH T., unter der Domain lotto.de anzubieten, zu vermitteln oder zu bewerben, wenn dies wie nachstehend wiedergegeben geschieht:

Es folgt der Internet-Auftritt der Beklagten.

pp.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 219,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. November 2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die gegnerische Berufung zurückzuweisen.

Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schrift-sätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die nachgelassenen Schriftsätze der Parteien vom 29. April 2014 geben keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung erneut zu eröffnen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

A.

Die Klagebefugnis des Klägers aus § 33 Abs. 2 GWB und § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist von der Beklagten nicht angegriffen. Bedenken bestehen insoweit nicht.

B.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt nicht aus §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 Abs. 1 UWG i. V. m. § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 3 des Staatsvertrages zum Glückspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011 (GlüStV), der in dem Ersten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glückspielwesen vom 15. Dezember 2011 geregelt ist und in dieser Form von den Bundesländern mit Ausnahme von Sc. ratifiziert wurde. Zutreffend hat das Landgericht erkannt, dass die Beklagte mit dem angegriffenen Betrieb der Domain €l.€ nicht gegen die genannten Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages verstoßen hat.

1. Der Betrieb der Domain €l.€ mit den im Klagantrag näher konkretisierten Inhalten verstößt nicht gegen das in § 5 Abs. 3 GlüStV normierte Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet. Dieses Verbot unterliegt nach § 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV einem Erlaubnisvorbehalt. Diese Erlaubnis wurde der Beklagten mit der Rahmerlaubnis der Bezirksregierung D. vom 13. März 2013 (Bl. 332 d. A.), ergänzt durch Bescheid vom 11. April 2013 (Bl. 361 ff. d. A.) erteilt. Ein möglicher früherer Verstoß des beanstandeten Verhaltens der Beklagten gegen § 5 Abs. 3 GlüStV ist wettbewerbsrechtlich unerheblich (vgl. Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 8 Rn. 1.8a m.w.N.).

a) Diese Erlaubnis ist nicht nach § 44 VwVfG NRW nichtig.

aa) Eine Nichtigkeit folgt zunächst nicht aus § 44 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG NRW, da die Erlaubnis von der nach § 9 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GlüStV i. V. m. § 19 Abs. 4 Ziff. 2 des Gesetzes zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages N. vom 13. November 2013 zuständigen Behörde erteilt wurde. Entgegen der Auffassung der Berufung bezieht sich die Rahmenerlaubnis allein auf die Werbung und nicht auch auf die Veranstaltung von Lotterien, für die eine Zuständigkeit der Bezirksregierung D. nicht gegeben wäre.

bb) Eine Nichtigkeit folgt weiter auch nicht aus § 44 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG NRW. Die Erlaubnis bezieht sich nicht auf Werbung für unerlaubtes Glücksspiel. Den jeweiligen Landeslottogesellschaften ist die Veranstaltung der Lotterien, für die eine Werbung erlaubt wurde, gestattet. Dies liegt auch dem Bescheid der Bezirksregierung D. vom 13. März 2013 (Seiten 1, 5) zugrunde.

Der Kläger hat sich erstinstanzlich nicht darauf gestützt, dass einzelnen Landeslottogesellschaften eine Veranstaltungserlaubnis fehlte. Explizit hat er mit Schriftsatz vom 9. Juni 2013 lediglich in Frage gestellt, dass eine Berechtigung der einzelnen Veranstalter zur Internetwerbung bestehe. Sofern er nunmehr in der Berufungsinstanz bestreitet, dass sämtliche Landeslottogesellschaften über Veranstaltungserlaubnisse nach § 4 GlüStV verfügen, ist dies als neuer Vortrag nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Sofern er - wie mit nachgelassenem Schriftsatz vom 29. April 2014 ausgeführt - in Zweifel zieht, dass sich diese einzelnen Veranstaltungserlaubnisse auf die €V.€ bezögen, ist dies unerheblich, weil die Domain l. nicht von den weiteren Landeslottogesellschaften betrieben wird.

Ob die übrigen Landeslottogesellschaften jeweils über Werbeerlaubnisse verfügen, aufgrund derer sie eigene Werbung betreiben dürfen, ist demgegenüber für die Beurteilung des streitgegenständlichen Auftritts unter der domain l. ebenfalls unerheblich.

cc) Die von der Bezirksregierung D. erteilte Rahmenerlaubnis ist auch nicht deshalb nichtig, weil sie auf der nach § 5 Abs. 4 GlüStV erlassenen Werberichtlinie des Glückspielkollegiums der Länder vom 7. Dezember 2012 (Anlage BB 1) €basiert€, wobei offen bleiben kann, ob diese Werberichtlinie entsprechend der Auffassung des Klägers selbst nichtig ist. Selbst in dem Fall einer solchen Nichtigkeit der Werberichtlinie litte die Rahmenerlaubnis nicht an einem besonders schwerwiegenden Fehler i. S. des § 44 Abs. 1 VwVfG NRW. Hinzu kommt, dass ein solcher Fehler jedenfalls nicht bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig wäre.

Die Rahmenerlaubnis beruht nicht auf der Werberichtlinie, sondern nimmt diese allein in Nr. 1 und 7 der Inhalts- und Nebenbestimmungen in Bezug. Der inhaltliche Gehalt dieser Nebenbestimmungen ließe sich selbst dann hinreichend ermitteln, wenn die Werberichtlinie nichtig wäre. Die Rahmenerlaubnis enthält eine eigenständige Begründung insbesondere der inhaltlichen Bezugnahme in der Inhalts- und Nebenbestimmung Nr. 1 (Seite 6 des Genehmigungsbescheids). Die Inhalts- und Nebenbestimmung Nr. 7 nimmt ohnehin nur auf die Aussage der Richtlinie Bezug, dass wesentliche Änderungen des Werbekonzeptes zur Genehmigung vorzulegen sind. Eine Nichtigkeit der Werberichtlinie erforderte daher allenfalls eine sprachliche Anpassung der Nebenbestimmungen, führte jedoch nicht zur Nichtigkeit des Genehmigungsbescheides.

b) Der Genehmigungsbescheid umfasst inhaltlich auch den beanstandeten Betrieb der Domain €l.€. Er ist insbesondere nicht auf eine hiervon abzugrenzende €Dachmarkenwerbung€ beschränkt. Ohne dass insoweit überhaupt eine eindeutige Differenzierbarkeit ersichtlich ist, wurde der Beklagten mit dem genannten Bescheid die Werbung für die dort bezeichneten Lotterien im Internet insbesondere mit der Dachmarke €Lotto€ erlaubt, ohne insoweit eine Einschränkung zu enthalten.

Dem steht nicht entgegen, dass die Vereinheitlichung des Vertriebs ursprünglich gesetzlich geregelt werden sollte, dieses Vorhaben jedoch nach Kritik der Europäischen Kommission aufgegeben wurde. Die ursprünglich im ersten Entwurf des Glücksspieländerungstaatsvertrages enthaltene Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 2, den Veranstaltern dürfe nur der Eigenvertrieb mittels eines bundesweit einheitlichen Angebotes gestattet werden (zitiert nach Seite 35 f. der Klageschrift), ging über die Möglichkeit hinaus, aufgrund des Erlaubnisvorbehaltes in § 5 Abs. 3 Satz 2 GlüStV die Werbung mittels eines einheitlichen Angebots zu gestatten. Dass von der verpflichtenden Einführung eines einheitlichen Direktmarketingmodells unter unmittelbarer Kontrolle der Bundesländer - so die zitierte Befürchtung der Kommission (vgl. Bl. 371 f.) - abgesehen wurde, rechtfertigt auch unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens nicht die einschränkende Auslegung, dass eine einheitliche Vermarktung durch eine oder mehrere Landeslottogesellschaften selbst nicht genehmigungsfähig sei.

Die Auffassung des Klägers, eine gemeinsame Vermarktungsplattform könne nicht Gegenstand des Genehmigungsbescheides sein, wenn diese nicht explizit Gegenstand des Glücksspielstaatsvertrages sei, ist unzutreffend.

Darüber hinaus ist ohnehin schon fraglich, ob das mit der Domain €lotto.de€ zur Verfügung gestellte Angebot ein €einheitliches Angebot€ i. S. der ursprünglich beabsichtigten Regelung darstellt, da es zwar einerseits eine einheitliche Service-Leistung - insbesondere Informationen - enthält, zum anderen aber die eigentliche Veranstaltung der Lotterien nicht auf dieser Einstiegsseite sondern auf den jeweiligen Seiten der entsprechenden Landeslottogesellschaften erfolgt.

2. Das Unterlassungsbegehren ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Veranstaltung der Lotterien unzulässig wäre. Auf der Domain €l.€ erfolgte selbst keine Veranstaltung einer Internetlotterie. Insoweit wird vielmehr auf die jeweiligen Domains der entsprechenden Landeslottogesellschaften weiter verwiesen.

Der streitgegenständliche Unterlassungsantrag richtet sich nicht gegen die Veranstaltung einer Internetlotterie auf der der Domain €l.€ nachgeschalteten Domain der Beklagten, auf der die Teilnahme an diesem Glücksspiel möglich ist. Es ist mithin unerheblich, inwieweit der Beklagten die eigene Veranstaltung einer Internetlotterie nach § 4 Abs. 5 GlüStV genehmigt wurde. Bedenken dagegen, dass die Veranstaltungen durch den Bescheid des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr vom 20. Dezember 2012 (Anlage B 7) gedeckt wäre, bestehen allerdings auch nicht.

3. Der Betrieb der Domain €l.€ stellt schließlich auch keine nach § 4 Abs. 4 GlüStV unzulässige Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet dar.

Dabei kann offen bleiben, ob eine Vermittlung durch eine Landeslottogesellschaft auch für die übrigen Landeslottogesellschaften überhaupt eine Vermittlung i.S.d. § 4 Abs. 4, 5 GlüStV und nicht einen Eigenvertrieb darstellte. Jedenfalls wäre eine solche in dem Betrieb der Domain €l.€ liegende Vermittlung durch Bescheid des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr vom 20. Dezember 2012 (Anlage B 7) gestattet wurde. Dem Wortlaut insbesondere des Tenors des Bescheides nach bezieht sich diese Erlaubnis zwar nur auf eine Veranstaltung. Insbesondere aus Nr. 2 der gemeinsamen Bestimmungen (S. 11 des Bescheides) ist jedoch zu schließen sein, dass die gestattete €notwendige Kommunikation€ auch die Weiterleitung von Interessenten auf die jeweiligen Domains der anderen Landeslottogesellschaften beinhaltet, zumal sich die Durchführung der Lotterien ausweislich des zweiten Teils der Erlaubnis (S. 7 des Bescheides) unter anderem nach dem Schreiben der Beklagten vom 17. April 2012 richten sollte, und die Erlaubnis nach der Begründung Nr. 10 (S. 16 des Bescheides) auf der Grundlage der Angaben erteilt wurde, die insbesondere in dem dortigen Schreiben enthalten sind, mit dem in Ergänzung zu dem vorangegangenen Antrag mitgeteilt wurde, dass die Beklagte auf dieser Domain eine Service-Plattform für die einzelnen Landeslottogesellschaften betreiben will und diese auch als €Einsprungseite€ für die jeweiligen Domains dieser Gesellschaften fungiert.

Entgegen der Auffassung des Klägers war das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr nach § 19 Abs. 2 GlüStV auch zuständig für die Erteilung einer solchen Erlaubnis für die gewerbliche Spielevermittlung, bei der der Vermittler in mehreren Bundesländern tätig wird.

4. Die Rüge der Berufung, bei dem Urteil handele es sich um eine Überraschungsentscheidung, da ein Hinweis auf die Erforderlichkeit einer Erledigungserklärung unterblieben sei, führt nicht zur Begründetheit der Berufung. Selbst wenn das Landgericht insoweit Hinweispflichten verletzt hätte - was nicht hinreichend dargetan ist - beruhte die Entscheidung hierauf nicht. Auch nachdem der Kläger durch das angefochtene Urteil auf den Gesichtspunkt einer möglichen Erledigung hingewiesen wurde, hat er den Rechtsstreit nicht in der Hauptsache für erledigt erklärt.

C.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt auch nicht aus § 33 Abs. 1 GWB. Die Vereinbarung zwischen den Landeslottogesellschaften, die dem Betrieb der Domain €l.€ zugrunde liegt, bezweckt oder bewirkt keine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs und verstößt daher nicht gegen § 1 GWB oder - soweit überhaupt anwendbar - Art. 101 AEUV.

1. Der Kläger macht zunächst geltend, die gemeinsame Plattform €l.€ mache einen Restwettbewerb der Landeslottogesellschaften untereinander zunichte. Ein Kartellrechtsverstoß liegt unter diesem Gesichtspunkt jedoch nicht vor. Insoweit besteht schon kein beschränkbarer Wettbewerb zwischen den Landeslottogesellschaften. Aufgrund des auf dem Regionalitätsprinzips beruhenden Gebietsmonopols der jeweiligen Landeslottogesellschaften besteht zwischen ihnen kein aktueller Wettbewerb. Entgegen der Auffassung des Privatsachverständigen Prof. Dr. F. (Rechtsgutachten vom 10. Juni 2013, Rdnr. 116 ff.) besteht aber auch kein potentielles Wettbewerbsverhältnis.

a) Erforderlich für die Annahme potentiellen Wettbewerbs ist, dass ein Eindringen in das Tätigkeitsgebiet eines anderen Unternehmens objektiv möglich und kaufmännisch sinnvoll erscheint. Es muss insoweit eine realistische, naheliegende Chance für einen Markteintritt Dritter bestehen, wobei gleichermaßen die objektiven Marktverhältnisse einschließlich insbesondere etwaiger Zutrittsschranken zu berücksichtigen sind (Emmerich in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Art. 101 Abs. 1 AEUV Rdnr. 122; Bechtold, GWB, 6. Aufl., § 1 Rdnr. 43; enger: Bunte in: Langen/Bunte, Kommentar zum Deutschen und Europäischen Kartellrecht, 11. Aufl., Band 1, Einführung zum GWB, Rdnr. 96; ebenda, Band 2, Art. 81 Rn. 73; jeweils m. w. N.).

b) Vorliegend wäre eine Tätigkeit der einzelnen Landeslottogesellschaften auf dem Gebiet anderer Landeslottogesellschaften aufgrund der regionalen Beschränkungen der Veranstaltungserlaubnisse unzulässig. Zwar sind die jeweiligen Veranstaltungserlaubnisse im vorliegenden Verfahren nicht dargelegt. Es ist zwischen den Parteien jedoch unstreitig, dass ein Wettbewerb untereinander hiernach ausgeschlossen ist.

c) Diese Beschränkungen der Veranstaltungserlaubnisse sind nicht unbeachtlich. Es ist insbesondere nicht dargelegt, dass sie rechtswidrig und daher bei einer Anfechtung durch die jeweilige Landeslottogesellschaft aufzuheben wären.

Das in § 4 Abs. 4, 5 GlüStV geregelte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt verstößt nicht offenkundig gegen höherrangiges Recht. Umstände, die die Annahme eines solchen Verstoßes rechtfertigten, sind auch nicht dargelegt. Schließlich ist nicht offensichtlich oder dargelegt, dass die Beschränkung der Erlaubnis auf das jeweilige Landesgebiet durch den gesetzlichen Zweck nicht mehr gedeckt und daher rechtswidrig wäre.

Aufgrund der ordnungsrechtlichen Lotteriehoheit der Länder sind entsprechende Beschränkungen, die allerdings nicht allein auf fiskalischen Erwägungen beruhen dürfen, grundsätzlich zulässig (BGH, Beschluss vom 14. August 2008 - KVR 54/07, juris Tz. 103, 135 ff.; in der Sache ebenso: EuGH, Urteil vom 8. September 2010 - C-316/07, juris Tz. 75 ff., 96 f., 101 f., 107). Auch die Monopolkommission geht in ihrem 19. Hauptgutachten (Anlage K 29) nicht von einer offensichtlichen Unzulässigkeit des Erlaubnisvorbehaltes aus (Tz. 7, 52).

Dass den Beschränkungen unzulässiger Weise rein fiskalische Erwägungen zugrunde lägen oder der Erlaubnisvorbehalt und die auf ihm beruhende regionale Beschränkung der Veranstaltungserlaubnisse keinem anerkennungswerten Gemeinwohlinteresse zu dienen geeignet wären, ist im vorliegenden Verfahren nicht dargelegt und auch nicht sonst ersichtlich.

d) Zwar schließen die Lotteriehoheit der Länder und insbesondere das zum Tätigwerden von Lotteriegesellschaften bestehende Genehmigungserfordernis weder rechtlich noch logisch einen Wettbewerb unter den Landeslottogesellschaften aus. Auch erscheint die Erteilung einer Genehmigung insbesondere einer Landeslottogesellschaft für die Tätigkeit in einem anderen Bundesland nicht schlechthin ausgeschlossen (vgl. dazu auch BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 - KVR 31/06, juris Tz. 27).

Zum einen ist aber auch für den Fall, dass einzelne Landeslottogesellschaften eine solche Erweiterung anstrebten, eine solche Änderung der Genehmigungspraxis jedoch schon nicht aufgrund konkreter Anhaltspunkte mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten (vgl. zum Maßstab BGH, Beschluss vom 19. Juni 2012 - KVR 15/11, juris Tz. 32). Im Gegenteil dürfte ein ausreichendes Glücksspielangebot i.S.d. § 10 GlüStV bereits durch die Veranstaltungen der Landeslottogesellschaft des jeweiligen Bundeslandes sichergestellt sein. Dass die konkurrierende Tätigkeit einer weiteren Landeslottogesellschaft zur besseren Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV erforderlich ist, so dass nach § 4 Abs. 5 S. 2 GlüStV eine weitere Erlaubnis erteilt werden könnte, ist nicht zu sehen, zumal auch § 1 Nr. 2 GlüStV von einem begrenzten Glückspielangebot ausgeht.

Zum anderen bestehen insbesondere unter Berücksichtigung jedenfalls der Staatsnähe der Landeslottogesellschaften und ihrer bisherigen Tätigkeit auch keine solchen konkreten Anhaltspunkte dafür, dass eine dieser Gesellschaften den Entschluss fassen könnte, ihre Veranstaltungstätigkeit auf die Gebiete eines anderen Bundeslandes auszudehnen.

2. Der Kläger macht weiter geltend, die Landeslottogesellschaften erweiterten durch ihr koordiniertes Vorgehen ihre Nachfragemacht zum Nachteil gewerblicher Spielevermittler. Aufgrund des gemeinsamen Portals bestehe kein Anreiz mehr, Vermittlungsleistungen auf dem Markt nachzufragen. Zudem bestehe für gewerbliche Spielevermittlung der Nachteil, dass diese für flächendeckende Vermittlungstätigkeiten auf den Vertragsschluss mit jeder einzelnen Landeslottogesellschaft angewiesen seien.

Auch unter diesem Gesichtspunkt verstößt die Vereinbarung der Landeslottogesellschaften nicht gegen Kartellrecht. Eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung findet nicht statt.

Da unter Geltung des Glücksspielstaatsvertrages aufgrund der Genehmigungspraxis der einzelnen Bundesländer eine grenzüberschreitende Vermittlung von Spielkunden aus einem Bundesland an die Landeslottogesellschaft eines anderen Bundeslandes ausscheidet, besteht ohnehin kein Nachfragewettbewerb zwischen den einzelnen Landelottogesellschaften nach gewerblichen Spielevermittlern (anders zur früheren Rechtslage: BGH, Beschluss vom 14. August 2008 - KVR 54/07 - juris Tz. 30, 33). Vielmehr bestehen 16 einzelne landesweite Nachfragemärkte mit jeweils nur einem Nachfrager.

Durch den Betrieb der Domain €l.€ dürfte zwar der Anreiz für die jeweilige Landeslottogesellschaft, mit gewerblichen Spielevermittlern zusammenzuarbeiten, gesunken sein. Dies stellt jedoch keine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung dar.

a) Bereits grundsätzlich ist eine Gemeinschaftswerbung ohne vertragliche Beschränkung der eigenen Werbung zulässig (Bechtold § 1 GWB Rdnr. 92). Gleiches gilt für einen koordinierten Vertrieb (Bunte in: Langen/Bunte, Kartellrecht, Bd. 1, § 1 Rn. 168 ff.). Dass die Landeslottogesellschaften durch dieses koordinierte Vorgehen insoweit in Wettbewerb mit sonstigen gewerblichen Lotterievermittlern treten, führt nicht zu einer kartellrechtlichen Unzulässigkeit. Die einzelnen Landeslottogesellschaften haben nicht auf ihre Freiheit verzichtet, zusätzlich gewerbliche Spielevermittler einzuschalten, was auch tatsächlich weiterhin geschieht.

Die von dem Kläger insoweit in Bezug genommene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19. Juni 2012 (KVR 15/11) bezieht sich demgegenüber auf einen Unternehmenszusammenschluss und ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.

Die nicht näher begründete Auffassung der Berufung, die Beklagte und die anderen Landeslottogesellschaften wollten Nachteile, die die Regionalisierung für sie mit sich bringe, durch diese Unternehmenskooperation ausgleichen, während private Vermittler gleichzeitig in eine strikte Regionalisierung gezwungen werden, ist unzutreffend. Vielmehr ist es gewerblichen Vermittlern nicht grundsätzlich untersagt, bundesweit für ihre Tätigkeit zu werben. Dass eine solch Werbung erfolgt, zeigt auch beispielhaft die von der Beklagten als Anlage B11 vorgelegte Werbung der Lotto24 AG. Vielmehr wird durch das koordinierte Auftreten der sonst bestehende Nachteil regional beschränkter Vertriebsangebote überwunden und hierdurch Wettbewerbsnachteile gegenüber bundesweit tätigen gewerblichen Vermittlern beseitigt.

Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 19. Juni 2012 - KVR 15/11, juris Tz. 17 m.w.N.) bei Märkten mit einem hohen Konzentrationsgrad schon eine geringfügige Wettbewerbsbeeinträchtigung kartellrechtlich erheblich, wenn die Gefahr entsteht oder erhöht wird, dass potentielle Wettbewerber entmutigt und so von nachstoßendem Wettbewerb abgehalten werden, wobei dieser Entmutigungseffekt wahrscheinlich sein müsse. Auch diese Rechtsprechung bezieht sich jedoch auf Unternehmenszusammenschlüsse und kann auf den hier vorliegenden Fall einer gemeinschaftlichen Werbung nicht übertragen werden. Eine wahrscheinliche Entmutigung aufgrund einer Bündelung der Werbung auf der Plattform l. ist aber angesichts der nach wie vor ausgeübten Tätigkeit der gewerblichen Spielevermittler auch nicht anzunehmen.

Schließlich bestehen auch unter Berücksichtigung der Möglichkeiten, die die gemeinsame Plattform €l.€ bietet, nach wie vor Anreize, die Leistungen gewerblicher Spielevermittler nachzufragen, um gerade durch einen Wettbewerb in der Vermarktungsstrategie ein größtmögliches Publikum anzusprechen.

b) Der Umstand, dass gewerbliche Spielevermittler darauf angewiesen sind, für eine flächendeckende Vermittlungstätigkeit im gesamten Bundesgebiet mit jeder einzelnen Lottogesellschaft Vertragsabschlüsse herbeizuführen (vgl. dazu das Gutachten Prof. Dr. F. vom 10. Juni 2013, Rn. 147), ist eine Folge der Beschränkung durch das Regionalitätsprinzip und aufgrund der dieses - jedenfalls auf der Grundlage des hier zu berücksichtigenden Vortrags - legitimierenden Gemeinwohlinteressen hinzunehmen. Auch die möglichen Nachteile aufgrund eines zeit- und ressourcenintensiven Genehmigungsverfahrens für die Online-Vermittlung nach § 4 Abs. 5 GlüStV (dazu Fuchs, Rn. 143) sind aus diesen Gründen hinzunehmen.

D.

Ein Kostenerstattungsanspruch besteht aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht. Dies greift die Berufung als solches auch nicht an.

E.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 Satz 2, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht.






OLG Celle:
Urteil v. 22.05.2014
Az: 13 U 145/13 (Kart)


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