Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. April 2008
Aktenzeichen: 24 W (pat) 47/07

(BPatG: Beschluss v. 15.04.2008, Az.: 24 W (pat) 47/07)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. März 2006 und 17. April 2007 aufgehoben.

Gründe

I.

Die (ursprünglich) für das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis

"Klasse 11, insbesondere sanitäre Apparate und Anlagen; Trinkwasserfilter; Wasseraufbereitungsanlagen; Wasserenthärtungsapparate und -anlagen; Wasserfiltergeräte; Wasserführende Armaturen; Wasserleitungsanlagen; Wasserreinigungsanlagen; Wasserreinigungsgeräte und -maschinen; Wasserversorgungsanlagen; Wasserverteilungsanlagen; Wasserzapfgeräte Klasse 32, insbesondere alkoholfreie Getränke; Sodawasser; Tafelwässer; Wässer (Getränke)

Klasse 40 Wasserbehandlung"

angemeldete Wortmarke KÜCHENBRUNNEN ist von der Markenstelle für Klasse 11 des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen des Schutzhindernisses fehlender Unterscheidungskraft gemäß §§ 8 Abs. 2 Nr. 1, 37 Abs. 1 MarkenG von der Eintragung in das Register zurückgewiesen worden. Die aus allgemein verständlichen Wörtern der deutschen Sprache sprachüblich (wie z. B. Küchenmöbel) zusammengesetzte Wortbildung "KÜCHENBRUNNEN" werde von den angesprochenen Verkehrskreisen im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht als betrieblicher Herkunftshinweis, sondern ohne weiteres als beschreibende Sachangabe dahin aufgefasst werden, dass die betreffenden Waren einen in der Küche befindlichen Brunnen bildeten bzw. für einen solchen bestimmt seien oder die Dienstleistungen mit Hilfe eines solchen Brunnens erbracht würden. Das Waren-/Dienstleistungsverzeichnis umfasse auf dem Markt befindliche Geräte, mit denen Leitungswasser entkalkt und eigenes Mineralwasser aus Leitungswasser hergestellt werden könne, sowie die Produkte solcher Geräte und die Dienstleistung Wasserbehandlung. Im Zusammenhang damit stelle man sich bei dem Begriff "KÜCHENBRUNNEN" unwillkürlich eine Wasserquelle in der Küche oder ein in der Küche bereitetes Trinkwasser wie aus einem Brunnen vor.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Nach ihrer Auffassung besitzt die angemeldete Marke unter Zugrundelegung des insoweit anzuwendenden großzügigen Maßstabs die erforderliche Unterscheidungskraft. Es handle sich um ein sogenanntes sprechendes Zeichen, wobei "Küche" als ein Ort zum Kochen und auch Essen verstanden werde, während "Brunnen" für einen Ort stehe, bei dem Grundwasser durch eine Grabung in einem Schacht auftrete. Der altertümliche Begriff wecke beim Verkehr Assoziationen an die "guten alten Zeiten", da heute kein Brunnen mehr für die individuelle Wasserversorgung vorhanden sei, sondern das Wasser sauber aus der Wasserleitung komme. So ordne der Verkehr z. B. die Filteranlagen, die erfolgreich unter dem Zeichen vertrieben würden, dieser Marke zu. Es sei nicht ersichtlich, dass der Begriff "KÜCHENBRUNNEN", der in Duden, Deutsches Universalwörterbuch, nicht zu finden sei, für die in Betracht zu ziehenden Waren Filter- und Wasseraufbereitungsgeräte als Gattungsbegriff angesehen werde. Die Marke unterscheide daher die Waren und Dienstleistungen der Anmeldung in fantasievoller Weise nach ihrer betrieblichen Herkunft von anderen Produkten und Dienstleistungen.

Auf einen Hinweis des Senats, dass das beanspruchte Waren-/Dienstleistungsverzeichnis hinsichtlich der Klassen 11 und 32 nicht der erforderlichen Bestimmtheit entspreche und keine abschießende Beurteilung der Schutzfähigkeit erlaube, hat die Anmelderin das Verzeichnis der Waren auf zuletzt folgende Fassung beschränkt:

"Klasse 11:

Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken- und Lüftungsgeräte;

Wasserleitungsgeräte, nämlich Wasserhähne für Badewannen und Duschen;

sanitäre Anlagen, nämlich Badewannen, Duschen, Duschköpfe, Bidets und Toiletten;

Klasse 32:

Biere; Mineralwässer; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken."

Die Anmelderin beantragt (sinngemäß), die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats stehen der Eintragung der angemeldeten Marke für die nach der im Beschwerdeverfahren vorgenommenen Beschränkung im beanspruchten Waren-/Dienstleistungsverzeichnis verbleibenden Waren keine absoluten Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2002, 804, 806 (Nr. 35) "Philips"; GRUR 2003, 514, 517 (Nr. 40) "Linde, Winward u. Rado"; GRUR 2004, 428, 431 (Nr. 48) "Henkel"; BGH GRUR 2006, 850, 854 (Nr. 18) "FUSSBALL WM 2006"). Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. u. a. EuGH a. a. O. (Nr. 41) "Linde, Winward u. Rado"; a. a. O. (Nr. 50) "Henkel"; GRUR 2004, 943, 944 (Nr. 24) "SAT.2"; BGH a. a. O. (Nr. 18) "FUSSBALL WM 2006"). Zu berücksichtigen ist außerdem, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen i. d. R. so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH a. a. O. (Nr. 53) "Henkel"; BGH MarkenR 2000, 420, 421 "RATIONAL SOFTWARE CORPORATION"; GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken nach der Rechtsprechung dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 86) "Postkantoor"; BGH a. a. O. "marktfrisch"; GRUR 2001, 1153 "antiKALK"; GRUR 2005, 417, 418 "BerlinCard") oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien, stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten"; BGH GRUR 2003, 1050, 1051 "Cityservice"; a. a. O. (Nr. 19) "FUSSBALL WM 2006"). Nach derzeitigem Verfahrensstand liegen die danach erforderlichen Voraussetzungen für die Annahme fehlender Unterscheidungskraft bei der Anmeldemarke nach Auffassung des Senats nicht vor.

Durch die im Beschwerdeverfahren von der Anmelderin vorgenommene Konkretisierung des Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses hat sich die Entscheidungsgrundlage gegenüber dem Verfahren vor der Markenstelle bereits insoweit maßgeblich verändert, als erst jetzt mit Bestimmtheit zu ersehen ist, für welche konkreten Waren die Anmeldung in den Klassen 11 und 32 Registerschutz begehrt. In der ursprünglichen Fassung des Verzeichnisses, wie es der Markenstelle vorlag, waren mit der bloßen Angabe der Klassen 11 und 32 letztlich alle in diese beiden Klassen fallenden Waren Gegenstand der Anmeldung. Daran konnte auch die Anführung konkreter Waren mit dem Zusatz "insbesondere" nichts ändern, da es sich hierbei lediglich um eine beispielhafte Aufzählung ohne schutzbegrenzende Bedeutung handelt (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 32 Rdn. 85 m. N. w.). Ob die Markenstelle ein derartiges Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen, welches den an die Bestimmtheit zu stellenden Anforderungen (§ 32 Abs. 3 MarkenG) ersichtlich nicht gerecht wird (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 32 Rdn. 38), zur Durchführung einer sinnvollen und sachgerechten Prüfung der Schutzfähigkeit der Marke nicht vorab hätte klären müssen und ob nicht ggf. bereits ein verfahrensfehlerhaftes Unterlassen der Klärung zur Aufhebung der Beschlüsse der Markenstelle und zur Zurückverweisung (§ 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG) führen würde (vgl. hierzu BPatG GRUR 2006, 1039, 1040 f. "Rätsel total"; BPatG BlPMZ 2007, 164, 165 "Apotheke am Rathaus"), braucht hier nicht entschieden zu werden, nachdem die erforderliche Konkretisierung des Warenverzeichnisses im Beschwerdeverfahren erfolgt ist.

Für die mit der Anmeldung jetzt nur mehr begehrten Waren der Klassen 11 und 32 kann der Wortmarke "KÜCHENBRUNNEN" keine im Vordergrund stehende beschreibende Sachaussage zugeordnet werden. Zwar bezeichnet der aus geläufigen deutschen Wörtern zusammengesetzte Begriff auch ohne ausdrückliche lexikalische Erwähnung für die maßgeblichen inländischen Verkehrskreise ohne weiteres verständlich nächstliegend einen Brunnen in der Küche oder für die Küche. Dabei kann es sich um echte Brunnen mit Grundwasseranschluss handeln, welche es beispielsweise in Häusern im ländlichen Außenbereich auch heute durchaus noch geben kann, oder um künstliche Zimmerbrunnen für die Küche, u. U. auch um Geräte, die quasi Brunnenfunktion besitzen und - in der Küche - Wasser wie aus einem Brunnen aufbereiten. Die in Rede stehenden Waren der Klasse 11 aber stellen erkennbar keine Küchenbrunnen, welcher Art auch immer, dar und stehen auch sonst nicht, etwa als Teile oder Zubehör, in einem engen sachlichen Zusammenhang zu derartigen Brunnen. Entsprechendes gilt für die in der Klasse 32 beanspruchten verschiedenen Getränke, die ihrer Art nach nicht aus einem Brunnen, jedenfalls nicht aus einem Küchenbrunnen entnommen werden können. Bei Mineralwässern, die nach der Mineral- und Tafelwasserverordnung nur mit staatlicher Anerkennung gewerbsmäßig in den Verkehr gebracht werden dürfen, muss es sich um Quellwasser aus unterirdischen, vor Verunreinigungen geschützte Wasservorkommen handeln. Wässer aus einem wie auch immer gearteten Küchenbrunnen zählen hierzu ersichtlich nicht.

Nachdem die Wortzusammensetzung "KÜCHENBRUNNEN" ferner weder eine gebräuchliche Wendung ist, noch ihr Einsatz in der Werbung feststellbar ist, gibt es keinen Anhalt dafür, dass die angemeldete Marke für die beschwerdegegenständlichen Waren im Verkehr aus sonstigen Gründen nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden könnte.

Aus den dargelegten Gründen scheidet weiterhin das Schutzhindernis des § Abs. 2 Nr. 2 MarkenG aus. Hierfür fehlt es an einem Merkmale der konkret noch beanspruchten Waren unmittelbar beschreibenden Bedeutungsgehalt der angemeldeten Wortkombination.

Dr. Ströbele Eisenrauch Kirschneck Bb






BPatG:
Beschluss v. 15.04.2008
Az: 24 W (pat) 47/07


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