Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. November 2005
Aktenzeichen: 10 W (pat) 13/04

(BPatG: Beschluss v. 24.11.2005, Az.: 10 W (pat) 13/04)

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragstellerinnen wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerinnen.

Gründe

I.

Auf Grund eines Teillöschungsantrags, dem die Antragsgegnerin nicht widersprochen hatte, wurde deren Gebrauchsmuster im beantragten Umfang gelöscht. Durch Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) vom 16. April 2003 wurden der Antragsgegnerin die Kosten des Löschungsverfahrens dem Grunde nach auferlegt.

Im Kostenfestsetzungsverfahren haben die Antragstellerinnen ua Kosten für ihren im Löschungsverfahren mitwirkenden Rechtsanwalt in Höhe von 2.060,50 € geltend gemacht. Im Kostenfestsetzungsbeschluss der Gebrauchsmusterabteilung I des DPMA vom 19. Januar 2004 sind diese Rechtsanwaltskosten jedoch nicht berücksichtigt worden. Zur Begründung verweist der Beschluss auf die Eingabe der Antragsgegnerin vom 12. November 2003. Dort ist ausgeführt, dass Doppelvertretungskosten nur in besonderen Ausnahmefällen erstattungsfähig seien. Ein solcher Fall liege hier nicht vor, weil keine erheblichen rechtlichen Schwierigkeiten zu bewältigen gewesen seien, zumal ein Widerspruch nicht erhoben worden sei.

Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerinnen. Sie beantragen,

- den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die zu erstattenden Kosten des ersten Rechtszugs um die genannten Rechtsanwaltsgebühren zu erhöhen und - der Antragsgegnerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Nach Meinung der Antragstellerinnen war die Zuziehung eines Rechtsanwalts neben einem Patentanwalt notwendig, weil es spezifisch rechtliche Fragen zu klären gegeben habe. Bereits in der Löschungsantragsschrift sei ein rechtliches Problem aufgegriffen worden, nämlich die Frage der Anwendung von § 93 ZPO. Tatsächlich habe die Antragsgegnerin im weiteren Verfahren eine Kostenauferlegung nach dieser Vorschrift beantragt. Der mitwirkende Rechtsanwalt habe sich daher mit dem besonderen rechtlichen Problem eines von der Antragsgegnerin behaupteten rechtsmissbräuchlichen Löschungsverfahrens und der damit verbundenen Kostenfolge auseinandersetzen müssen.

Die Antragsgegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Die Gebrauchsmusterabteilung hat zutreffend angenommen, dass die Antragstellerinnen keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten des mitwirkenden Rechtsanwalts haben.

1. Zu den erstattungsfähigen Kosten, deren Ersatz die Antragstellerinnen von der Antragsgegnerin auf Grund des Beschlusses vom 16. April 2003 verlangen können, gehören gemäß § 17 Abs 4 GebrMG iVm § 62 Abs 2 Satz 1 PatG die ihnen erwachsenen Kosten, soweit sie zur zweckentsprechenden Wahrung ihrer Ansprüche und Rechte notwendig waren. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl etwa den Senatsbeschluss vom 29. April 2002, BPatGE 45, 129 mwN) ist im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren - im Unterschied zum Patentnichtigkeitsverfahren - eine Doppelvertretung durch Patentanwälte und Rechtsanwälte sowohl vor dem DPMA als auch vor dem Bundespatentgericht regelmäßig nicht als notwendig anzusehen. Nur ausnahmsweise, wenn in dem Löschungsverfahren rechtliche Fragen eine besondere Rolle gespielt haben, sind die Kosten eines zusätzlich mit der Vertretung beauftragten Rechtsanwalts erstattungsfähig (vgl die Beschlüsse des 5. Senats vom 7. November 1997 - 5 W (pat) 30/96 - und vom 30. Juli 1998 - 5 W (pat) 401/91). Entsprechendes gilt, wenn der Rechtsanwalt zwar neben dem Patentanwalt nicht zusätzlich mit der Prozessvertretung beauftragt, jedoch - wie hier - zu dem Verfahren hinzugezogen worden ist (vgl Bühring, GebrMG, 6. Aufl, § 17 Rn 125).

2. Im vorliegenden Fall war die Mitwirkung eines Rechtsanwalts in dem genannten Sinn nicht notwendig.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Notwendigkeit hier schon deshalb verneint werden muss, weil die (angeblichen) rechtlichen Schwierigkeiten, derentwegen der Rechtsanwalt hinzugezogen worden ist, nicht den eigentlichen Verfahrensgegenstand, sondern lediglich den Kostenpunkt betroffen haben.

Die Hinzuziehung des Rechtsanwalts war jedenfalls schon deshalb nicht notwendig, weil die Begründung des Kostenantrags für die Antragstellerinnen nicht mit besonderen, von einem Patentanwalt ohne Hilfe eines Rechtsanwalts nicht zu bewältigenden Schwierigkeiten verbunden war. Auch von einem Patentanwalt kann erwartet werden, dass er die Grundlagen des Kostenrechts kennt bzw mit Hilfe der einschlägigen Literatur ermittelt. Dies gilt auch im Hinblick auf die Anwendung des § 93 ZPO im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren. Hierzu finden sich zB in dem bereits zitierten Standardkommentar zum Gebrauchsmustergesetz leicht zu recherchierende Hinweise auf die gängige Rechtspraxis. Dort wird ausgeführt, dass sich der Gebrauchsmusterinhaber, wenn er dem Löschungsantrag nicht widerspricht, in die Rolle des Unterlegenen begibt und deshalb die Kosten zu tragen hat (Bühring, aaO, § 17 Rn 48); ferner, dass dies gemäß § 93 ZPO nicht gilt, wenn der Gebrauchsmusterinhaber den Löschungsanspruch sofort anerkannt und zur Erhebung des Löschungsantrags keine Veranlassung gegeben hat, was jedoch der Fall ist, wenn er einer Aufforderung zur freiwilligen Aufgabe des Gebrauchsmusters nicht entsprochen hat (Bühring, aaO, § 17 Rn 58, 65). Ferner wird in dem Kommentar dargelegt, dass der Löschungsantragsteller ohne Kostenrisiko von einer vorherigen Aufforderung absehen kann, wenn gegen ihn - wie im vorliegenden Fall - wegen Verletzung des Gebrauchsmusters Klage erhoben worden ist (Bühring, aaO Rn 76; ebenso Loth, GebrMG, § 17 Rn 61). Gerade auf den letztgenannten Gesichtspunkt kam es im vorliegenden Fall an. Weil die Antragsgegnerin gegen die Antragstellerinnen eine Verletzungsklage erhoben hatte, durften diese - ohne Kostenrisiko - gegen das Gebrauchsmuster mit einem Löschungsantrag vorgehen, unabhängig davon, ob die vorherige Aufforderung wirksam war oder nicht.

Zur Gewinnung der Erkenntnisse, die zur Begründung des Kostenantrags der Antragstellerinnen erforderlich waren, bedurfte es daher keiner vertieften juristischen Kenntnisse oder Fähigkeiten, über die nur ein Rechtsanwalt, nicht aber ein Patentanwalt verfügt. Aus diesem Grund verbleibt es hier bei dem Grundsatz, wonach die Kosten einer Doppelvertretung im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren nicht erstattungsfähig sind.

3. Da die Antragstellerinnen mit ihrer Beschwerde keinen Erfolg haben, sind sie zur Tragung der Kosten des vorliegenden Kostenfestsetzungs-Beschwerdeverfahrens verpflichtet. Dies ergibt sich aus § 17 Abs 4 Satz 2 GebrMG iVm § 62 Abs 2 Satz 3 PatG, wonach auf die Kostenfestsetzung im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren die für die zivilprozessuale Kostenfestsetzung geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung finden. Maßstab für die Kostentragung ist somit § 97 Abs 1 ZPO. Danach fallen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels der rechtsmittelführenden Partei zur Last (Senatsbeschluss vom 4. November 2004 im Verfahren 10 W (pat) 40/02).

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Beschluss v. 24.11.2005
Az: 10 W (pat) 13/04


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