Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Juni 2002
Aktenzeichen: 30 W (pat) 77/01

(BPatG: Beschluss v. 17.06.2002, Az.: 30 W (pat) 77/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister ist angemeldet Der Leiststern in der Gastroenterologiefür

"Arzneimittel;

Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbindeartikel; Photographien; Schreibwaren; Büroartikel (ausgenommen Möbel); Spielkarten;

Werbung;

Veröffentlichung und Herausgabe von Informationsmaterial im Bereich des Gesundheitswesens sowie Durchführung von Schulungen und Seminaren im Bereich des Gesundheitswesens;

Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Planung und Durchführung von Projekten auf dem Gebiet der Arzneimittelsversorgung; Beratung im Bereich des Gesundheitswesens".

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen, davon einer im Erinnerungsverfahren ergangen, zunächst vollständig, sodann teilweise mit Ausnahme der Waren "Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Buchbindeartikel; Schreibwaren; Büroartikel (ausgenommen Möbel); Spielkarten;

Werbung" zurückgewiesen. Begründet wurde die Zurückweisung damit, der angemeldeten Wortfolge fehle die Unterscheidungskraft, da sie sich in einem beschreibenden Hinweis erschöpfe. Gastroenterologie sei ein Spezialgebiet der inneren Medizin; als Leitstern bezeichne man im übertragenen Sinn auf dem jeweiligen Gebiet richtungweisende Dinge, wobei dieser Begriff auch in der Werbung nicht unüblich sei. Die angemeldete Bezeichnung weise daher lediglich werbeüblich und beschreibend auf die Produkte der Anmelderin hin.

Die Anmelderin hat Beschwerde erhoben und diese damit begründet, die Wortfolge bringe zum Ausdruck, dass es sich um herausgehobene Produkte handle, die im Vergleich zu Produkten anderer Unternehmen etwas besonderes darstellen, wobei das Wort "Leitstern" die Erzeugnisse der Anmelderin als ungewöhnlich und mit Spitzenqualität versehen ausweise. Bei der Formulierung "Leitstern" handle es sich um eine selten gebrauchte Bezeichnung, die - entsprechend dem jeweiligen Bedeutungszusammenhang - einen unterschiedlichen Bedeutungsgehalt habe, etwa als Vision oder aber als Beschreibung. Im Zusammenhang mit der vollständigen angemeldeten Wortfolge resultiere daraus kein rein beschreibender Inhalt. Damit komme ihr in gewissem Umfang produktidentifizierende Wirkung zu.

Die Anmelderin beantragt (sinngemäß), die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 8. September 2000 und vom 19. Januar 2001 aufzuheben, soweit darin die Anmeldung zurückgewiesen ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere die angegriffenen Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes, Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung des angemeldeten Zeichens steht ein Freihaltebedürfnis im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen, zudem fehlt ihr die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG.

Gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dieses Eintragungshindernis bezieht sich allerdings nicht nur auf die in der genannten Bestimmung ausdrücklich aufgeführten Angaben, sondern auch auf solche, die andere, für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die beanspruchte Ware oder Dienstleistung selbst beschreiben vgl BGH GRUR 1999, 1093 - FOR YOU).

Die angemeldete Bezeichnung "Der Leitstern in der Gastroenterologie" ist in ihrer Gesamtheit im Zusammenhang mit den noch betroffenen Waren und Dienstleistungen eine solche, unmittelbar beschreibende Angabe und muss daher den Mitbewerbern der Anmelderin zum freien Gebrauch erhalten bleiben. Die sprachüblich gebildete Wortfolge verweist, soweit Arzneimittel betroffen sind, auf die besondere Qualität der so gekennzeichneten Produkte, soweit die Dienstleistungen betroffen sind, verweist sie auf solche, die auf das Gebiet der Gastroenterologie bezogen sein können und hier wiederum auf die herausragende Stellung von Leistungen der Anmelderin in diesem Segment. Bei den in Klasse 16 noch streitbefangenen Waren "Druckereierzeugnisse; Photographien" können auf Gastroenterologie in Wort und/oder Bild bezogene Darstellungen durch die angemeldete Wortfolge angepriesen werden.

Auch wenn es sich bei dem Substantiv "Leitstern" um kein alltägliches Wort handeln mag, ist es dennoch, wie die der Anmelderin sowohl bereits durch die Markenstelle als auch durch das Gericht mit der Terminsladung übermittelten Fundstellen belegen, ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache mit der Bedeutung eines herausragenden Orientierungspunktes. Unerheblich ist dabei, dass "Leitstern" sowohl in der Bedeutung einer Vision als auch bei der Beschreibung eines hervorragenden Erzeugnisses Verwendung findet, da diese Mehrdeutigkeit bei Berücksichtigung des gesamten Anmeldezeichens und der beanspruchten Waren beziehungsweise Dienstleistungen entfällt und deshalb das Freihaltebedürfnis bei solchen Ausdrücken nicht deshalb in Frage zu stellen ist, weil ihr konkreter Sinn sich erst aus dem Kontext oder anderen Umständen vom Verkehr erschließen lässt (vgl BGH BlPMZ 1997, 360 - à la Carte; GRUR 1995, 269 - U-KEY). Wörter des allgemeinen Sprachgebrauches, die von Haus aus verschiedene Bedeutungen haben, können nicht zugunsten eines Einzelnen monopolisiert werden, weil das noch stärkere Auswirkung hätte als bei einem Wort mit nur einer Bedeutung, das demgemäss nur in engerem Umfang beschreibend verwendet werden kann.

Nachdem "Gastroenterologie" als Bezeichnung eines Spezialgebiets der Innneren Medizin (vgl Pschyrembel, 258. Aufl 1998, S 550) einen glatt beschreibenden Charakter aufweist, folgt aus dem Gesamtzusammenhang des sprachüblich gebildeten angemeldeten Zeichens in seiner Gesamtheit, dass damit eine besondere Qualität der Produkte der Anmelderin im Zusammenhang mit diesem Teilgebiet der Medizin herausgestellt werden soll.

Steht wie im vorliegenden Fall der Sinngehalt einer angemeldeten Bezeichnung fest, bedarf es zur Begründung des Eintragungsverbotes gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG keiner Feststellung ob und in welchem Umfang diese Bezeichnung bereits im Verkehr Verwendung findet (vgl BGH GRUR 1996, 997 - MEGA; Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdnr 74), zumal bei Mehrwortzeichen eine lexikalische Aufnahme derselben - ausgenommen in besonders gelagerten Fällen - nicht zu erwarten ist.

Im übrigen kommt es hinsichtlich des Freihaltebedürfnisses vor allem auf die Belange der Mitbewerber der Anmelderin an. Es wäre dabei verfehlt, ein Freihaltebedürfnis schon durch § 23 MarkenG oder durch die Vorschriften des Wettbewerbsrechts hinreichend abgesichert zu sehen. Bereits im Eintragungsverfahren erkennbar werdenden Belangen der Mitbewerber ist auch in diesem Stadium Rechnung zu tragen. Nachdem die angemeldete Bezeichnung ohne weiteres verständlich ist und ihr Sinn allein in der Anpreisung der Waren beziehungsweise Dienstleistungen der Anmelderin zu sehen ist, ist sie vom Eintragungshindernis nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG erfasst.

Darüber hinaus fehlt der Bezeichnung die Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Der Ausdruck besteht aus einer Wortfolge, die zwar keinen grammatikalisch vollständigen Satz darstellt, jedoch als Spruch feststellenden Inhalts aus sich heraus verständlich ist. Derartige - unvollständige - Satzgebilde werden in der Werbung vielfach verwendet und sind daher grundsätzlich kaum geeignet, als Marke im Sinn einer betrieblichen Herkunftskennzeichnung zu fungieren. Der Verkehr ist aufgrund der allgemeinen Kennzeichnungspraxis an kurze und prägnante Herkunftsbezeichnungen gewöhnt. Sprüche, Sätze und längere Wortfolgen werden daher als Werbemittel, nicht aber als Marken aufgefasst (vgl BGH GRUR 1988, 211 - Wie hammas denn; BPatGE 38, 189 - Nicht immer, aber immer öfter). Insbesondere fehlt Slogans dann die Unterscheidungskraft, wenn sie eine beschreibende Sachaussage darstellen (vgl BGH BlPMZ 2001, 322 - REICH UND SCHOEN; BlPMZ 2001, 317 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER). Denn auch wenn sich Unterscheidungskraft und Identifizierungsfunktion nicht gegenseitig ausschließen, entfällt die Unterscheidungseignung idR bei einer längeren Wortfolge und lediglich beschreibenden Angaben, Anpreisungen und Werbeaussagen (vgl BGH WRP 2000, 739 - Unter Uns), wie sie im hier vorliegenden Fall gegeben sind.

Dr. Buchetmann Winter Voit Hu






BPatG:
Beschluss v. 17.06.2002
Az: 30 W (pat) 77/01


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