Hessisches Landesarbeitsgericht:
Beschluss vom 14. Dezember 2005
Aktenzeichen: 13 Ta 481/05

(Hessisches LAG: Beschluss v. 14.12.2005, Az.: 13 Ta 481/05)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Hessische Landesarbeitsgericht hat in einem Beschluss vom 14. Dezember 2005 (Aktenzeichen 13 Ta 481/05) eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Wiesbaden abgeändert. Es wurde festgesetzt, dass dem Klägervertreter eine Vergütung in Höhe von 725 € aus der Staatskasse zu zahlen ist.

In dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht erschienen die Klägerin und ihr Prozessbevollmächtigter zu einem Gütetermin. Der Klägervertreter hat seinen Antrag im Vergleich zur Klageschrift präzisiert und es wurde auch die in der Klageschrift gerügte Vollmacht besprochen. Im Termin wurde der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt und ein Versäumnisurteil zu ihren Gunsten verkündet.

Der Klägervertreter beantragte daraufhin die Kostenfestsetzung gegenüber der Staatskasse in Höhe von 1.235 €. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle bewilligte jedoch nur 528,50 €. Gegen diese Entscheidung legte der Klägervertreter eine Erinnerung ein, da er die beantragte 1,2-fache Terminsgebühr erhalten wollte.

Das Arbeitsgericht hat der Erinnerung des Klägervertreters jedoch nicht stattgegeben und die Beschwerde zugelassen. Das Landesarbeitsgericht hat nun entschieden, dass der Klägervertreter die Erstattung von 725 € aus der Staatskasse verlangen kann und dass der Betrag von 528,50 € zu Unrecht reduziert wurde.

Laut Gerichtsurteil gilt die reduzierte Gebühr nur dann, wenn der Anwalt lediglich einen Antrag auf Versäumnisurteil oder zur Prozess- oder Sachleitung stellt und keine weiteren Tätigkeiten im Termin ausübt. Im vorliegenden Fall hat der Klägervertreter jedoch nicht nur einen Antrag auf Versäumnisurteil gestellt, sondern es fand auch eine Erörterung mit dem Gericht statt. Daher hat er die volle Terminsgebühr verdient.

Die Kostenentscheidung folgt den gesetzlichen Bestimmungen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

Hessisches LAG: Beschluss v. 14.12.2005, Az: 13 Ta 481/05


Tenor

Auf die Beschwerde des Klägervertreters wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 08. September 2005 - 3 Ca 64/05 - abgeändert:

Die dem Klägervertreter aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung wird auf 725 € festgesetzt.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Zum Gütetermin am 21. März 2005 erschienen vor dem Arbeitsgericht die Klägerin und ihr Prozessbevollmächtigter. Ausweislich des Protokolls präzisierte der Klägervertreter seinen Antrag im Vergleich zu dem in der Klageschrift angekündigten Antrag. Außerdem wurde nach einer dienstlichen Äußerung der Vorsitzenden vom 2. August 2005 auch die mit der Klageschrift gerügte Vollmacht der Unterzeichnerin der streitbefangenen Kündigung erörtert. Danach wurde der Klägerin im Termin antragsgemäß Prozesskostenhilfe bewilligt, ihr Prozessbevollmächtigter beigeordnet und sodann ein Versäumnisurteil zu ihren Gunsten verkündet (Bl. 25 d. A.). Das Versäumnisurteil blieb unangegriffen.

Am 23. März 2005 beantragte der Klägervertreter Kostenfestsetzung gegenüber der Staatskasse wie folgt:

§§ 13 RVG §§ 49,13 I RVG 1,3 Verfahrensgebühr §§ 2, 49 RVG €04, Nr. 3100 VV (Wert: 9.453,00 €) 631,80 € 314,60 € 1,2 Terminsgebühr §§ 2, 49 RVG €04, Nr. 3104 VV (Wert: 9,453,00 €) 583,20 € 290,40 € Post- und Telekommunikationspauschale, Nr. 7002 VV-RVG €04 20,00 €20,00 €Summe netto1.235,00 € 625,00 €Umsatzsteuer (Mwst), Nr. 7006 VV-RVG €04 (16,00 %)197,60 €100,00 € 1.432,60 €725,00 €Durch Beschluss vom 31. März 2005 bewilligte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle dem Klägervertreter nur 528,50 €. Dieser Betrag ergibt sich, wenn statt der begehrten 1,2- fachen Terminsgebühr nur 0,5 Terminsgebühr (123,00 €) in die Berechnung des Klägervertreters eingesetzt wird. Die Absetzung wurde begründet unter Verweis auf Nr. 3105 VV RVG. Am 11. April 2005 legte der Klägervertreter hiergegen €befristete Erinnerung€ ein mit dem Begehren, statt der bewilligten 0,5 Terminsgebühr die beantragte 1,2-fache Terminsgebühr zu erhalten. Er wies dabei darauf hin, dass im Termin vom 21. März 2005 nicht €lediglich€ ein Versäumnisurteil beantragt worden sei.

Dieser so verstandenen Erinnerung halfen weder der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle noch das Arbeitsgericht ab, letzteres durch Beschluss vom 08. September 2005 mit der Begründung, dass sich die Erörterungen im Termin allein auf den Erlass eines Versäumnisurteils beschränkt hätten und deshalb nur eine 0,5 Terminsgebühr angefallen sei. Mit dem Beschluss vom 08. September 2005 ließ das Arbeitsgericht auch die Beschwerde zu. Nach Zustellung des Beschlusses am 16. September 2005 legte der Klägervertreter hiergegen am 29. September 2005 Beschwerde ein unter Vertiefung seines Rechtsstandpunktes. Dieser Beschwerde hat das Arbeitsgericht am 31. Oktober 2005 nicht abgeholfen und die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Akteninhalt im Übrigen verwiesen.

II.

Die Beschwerde des Klägervertreter ist gemäß den §§ 56, 33 Abs. 3 bis 8 statthaft und nach form- und fristgerechter Einlegung auch zulässig, nachdem das Arbeitsgericht die Beschwerde ausdrücklich gemäß § 33 Abs. 3 Satz 2 RVG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (§ 33 Abs. 4 RVG).

Die Beschwerde ist begründet.

Der Klägervertreter kann die Erstattung von insgesamt 725 € aus der Staatskasse verlangen. Zu Unrecht hat das Arbeitsgericht der Erinnerung des Klägervertreters nicht abgeholfen. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle durfte die Erstattungsforderung des Klägervertreters nicht auf 528,50 € reduzieren.

Es ist zwar zutreffend, dass sich die Terminsgebühr aus Nr. 3104 VV RVG von dem 1,2-fachen Gebührensatz gemäß Nr. 3105 VV RVG auf 0,5 reduziert, wenn der Anwalt einen Termin wahrnimmt, in dem €nur€ ein Versäumnisurteil erlassen wird. Dies gilt nach dem Wortlaut von Nr. 3105 VV RVG jedoch nur, wenn €lediglich€ ein Antrag auf Versäumnisurteil oder zur Prozess- oder Sachleitung gestellt wird. Mit dieser Gebührenreduzierung soll nach den Gesetzesmotiven (zitiert nach Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 16. Auflage 2004, Nr. 3105 VV Randziffer 2) dem verminderten Aufwand des Rechtsanwalts in dieser Fallkonstellation Rechnung getragen werden ähnlich wie dies früher § 33 Abs. 2 BRAGO vorsah.

Die verminderte Terminsgebühr in Höhe von 0,5 setzt damit voraus, dass der Anwalt nur einen Termin wahrnimmt, in dem eine Partei nicht erschienen oder nicht ordnungsgemäß vertreten ist und von ihm lediglich einen Antrag auf Versäumnisurteil oder zur Prozess- oder Sachleitung gestellt wird. Die Reduzierung der Terminsgebühr auf 0,5 soll nur dann erfolgen, wenn der Rechtsanwalt im Termin tatsächlich keine weiteren Tätigkeiten als das Stellen eines Antrags auf Erlass eines Versäumnisurteils ausübt oder Anträge zur Prozess- oder Sachleitung stellt (BT-Drucks 15/1971 Seite 265). Liegt Säumnis der gegnerischen Partei vor oder ist diese nicht ordnungsgemäß vertreten, findet aber vor Erlass eines Versäumnisurteils eine einseitige Erörterung des erschienenen Anwalts mit dem Gericht statt, so fällt die volle Terminsgebühr mit einem Satz von 1,2 an (vgl. Gerold/.../, a. a. O. Randziffer 16; Mayer/Kroiß, RVG, 2004, Nr. 3105 VV Randziffer 5 ; Hartung/Römermann, RVG, 2004, VV Teil 3 Randziffer 70).

Dies ist im vorliegenden Fall geschehen. Aus dem Protokoll des Gütetermins vom 21. März 2005 ergibt sich, dass der Klägervertreter auf Anregung des Gerichts sein Klagebegehren präziser gefasst hat. Die dienstliche Erklärung der Vorsitzenden vom 2. August 2005 bestätigt, dass über die Frage der Antragstellung hinaus auch die Frage der Vollmachtsrüge bezüglich der Unterzeichnerin der streitbefangenen Kündigung diskutiert wurde. Damit hat der Klägervertreter eben nicht €lediglich€ einen Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt und damit die volle Terminsgebühr gemäß Nr. 3104 VV RVG verdient.

Die Höhe der Gebühr hat der Klägervertreter in dem oben zitierten Erstattungsantrag zutreffend ermittelt.

Mit dem höheren Gebührenanspruch und dem sich entsprechend erhöhenden Mehrwertsteuerbetrag ergibt sich insgesamt eine erstattungsfähige Forderung von 725,00 €.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG.

gez. Henkel






Hessisches LAG:
Beschluss v. 14.12.2005
Az: 13 Ta 481/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/5d4551b6091b/Hessisches-LAG_Beschluss_vom_14-Dezember-2005_Az_13-Ta-481-05




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