Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Dezember 2000
Aktenzeichen: 15 W (pat) 3/99

(BPatG: Beschluss v. 11.12.2000, Az.: 15 W (pat) 3/99)

Tenor

1) Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

2) Das Patent wird beschränkt aufrechterhalten mit folgenden Unterlagen:

- Patentansprüche 1 bis 7, überreicht in der mündlichen Verhandlung,

- Beschreibung Seiten 2 und 3, überreicht in der münd-- lichen Verhandlung.

Gründe

I Auf die am 30. April 1991 eingereichte Patentanmeldung P 41 14 085.0-43 hat das Deutsche Patentamt ein Patent mit der Bezeichnung

"PVC-freier Fußbodenbelag sowie Verfahren zu dessen Herstellung"

erteilt. Die Patenterteilung wurde am 20. April 1995 veröffentlicht.

Nach Prüfung der erhobenen zwei Einsprüche wurde das Patent mit Beschluß der Patentabteilung 43 vom 28. Oktober 1998 widerrufen Dem Beschluß lagen die erteilten Patentansprüche 1 bis 9 der DE 41 14 085 C2 mit folgendem Wortlaut zugrunde:

"1. Verfahren zur Herstellung von als Fußbodenbelag verwendbaren PVC-freien Kunststoff-Folien durch Aufschmelzen eines Bindemittels, Vermischen mit Füllstoffen, einem Farbgranulat und Auswalzen zu Folien auf einer Kalanderanlage, wobei man als Bindemittel ein Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisat verwendet, dem man zwischen 30 und 70 Gew.-% Füllstoff, bis zu 5 Gew.-% einer oder mehrerer Farbkomponenten sowie bis zu 5 Gew.-% an üblichen Verarbeitungshilfsmitteln zumischt, dadurch gekennzeichnet, daß das Bindemittel mindestens 30 Gew.-% Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisat (EVA) und 3 bis 10 Gew.-% eines Ethylenpolymerisats hoher Dichte (HDPE) und/oder hochmolekularem und/oder ultrahochmolekularem Ethylenpolymerisats hoher Dichte (PE-HMW bzw PE-UHMW), bezogen auf den Gesamtansatz, enthält, wobei der Schmelzindex (MFI) der verwendeten Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisate zwischen 0,3 und 10 g/10 min (190¡C/2,16 nach DIN 53735) und der Schmelzindex (MFI) des verwendeten Ethylenpolymerisats hoher Dichte (HDPE) 190¡/2,16 nach DIN 53735 und/oder hochmolekularem und/oder ultrahochmolekularem Ethylenpolymerisats hoher Dichte (PE-HMW bzw. PE-UHMW) zwischen nicht feststellbar und 10 g/10 min beträgt (190¡C/21,6 nach DIN 53735).

2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß 50 bis 60 Gew.-% Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisat und 5 bis 6 Gew.-% eines Ethylenpolymerisats hoher Dichte (HDPE) enthalten sind, wobei der Schmelzindex des EVA zwischen 2 und 6 g/min (190¡/2,16 nach DIN 53735) beträgt.

3. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Bindemittel aus einem oder mehreren Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisaten zusammengesetzt ist, wobei der Vinylacetat-Gehalt mindestens 18 Gew.-% und maximal 50 Gew.-%, bevorzugt 20 bis 30 Gew.-%, beträgt.

4. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß der Anteil des Füllstoffes am Gesamtansatz 40 bis 50 Gew.-% beträgt.

5. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß als Füllstoff Kreide und/oder Aluminiumhydroxid und/oder Magnesiumhydroxid eingesetzt wird.

6. Fußbodenbelag, bestehend aus einem gegebenenfalls dublizierten oder triplizierten und gewünschtenfalls mit einem Vlies und/oder einem Gewebeunterteil versehenen, kalandrierten, Füllstoff enthaltenden Bindemittel, wobei das Bindemittel aus einem Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisat besteht, oder dieses enthält, dem zwischen 30 und 70 Gew.-% Füllstoff sowie bis zu 5 Gew.-% einer oder mehrerer Farbkomponenten und bis zu 5 Gew.-% an Verarbeitungshilfsmitteln zugemischt sind, dadurch gekennzeichnet, daß er mindestens 30 Gew.-% Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisat und 3 bis 10 Gew.-% eines Ethylenpolymerisats hoher Dichte (HDPE) und/oder eines hochmolekularen und/oder ultrahochmolekularen Ethylenpolymerisats hoher Dichte (PE-HMW bzw. PE-UHMW), bezogen auf den Gesamtansatz, enthält, wobei der Schmelzindex (MFI) der verwendeten Ethylen- Vinylacetat-Copolymerisate zwischen 0,3 und 10 g/10 min (190¡C/2,16 nach DIN 53735) und der Schmelzindex (MFI) des verwendeten Ethylenpolymerisats hoher Dichte (HDPE) 190¡/2,16 nach DIN 53735 und/oder hochmolekularem und/oder ultrahochmolekularem Ethylenpolymerisats hoher Dichte (PE-HMW bzw. PE-UHMW) zwischen nicht feststellbar und 10 g/10 min beträgt (190¡C/21,6 nach DIN 53735).

7. Fußbodenbelag nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß 50 bis 60 Gew.-% Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisat und 5 bis 6 Gew.-% eines Ethylenpolymerisats hoher Dichte (HDPE) enthalten sind, wobei der Schmelzindex des EVA zwischen 2 und 6 g/10 min (190¡C/2,16 nach DIN 53735) beträgt.

8. Fußbodenbelag nach mindestens einem der Ansprüche 6 bis 7, dadurch gekennzeichnet, daß der Anteil des Füllstoffes 40 bis 50 Gew.-% beträgt.

9. Fußbodenbelag nach mindestens einem der Ansprüche 6 bis 8, dadurch gekennzeichnet, daß er mineralische Füllstoffe, wie Kreide und/oder Aluminiumhydroxid und/oder Magnesiumhydroxid, enthält."

Der Widerruf des Patents wurde damit begründet, daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in Kenntnis des in der EP 0 321 760 A1 (1) beschriebenen Standes der Technik unter Berücksichtigung des aus den Literaturstellen H. Saechtling, "Kunststofftaschenbuch" 24. Ausgabe, 1989, Hanser Verlag München Wien, S 234/235 (2) und "BASF-Kunststoffe", 4. Aufl, 1973, S 16/17, "Lupolen-Sortiment" (3) bekannten Fachwissens hinsichtlich der Schmelzindizes von Polyethylentypen nahegelegen habe und nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen diesen Beschluß. Sie verfolgt das Patentbegehren weiter auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung am 11. Dezember 2000 überreichten Unterlagen mit 7 Patentansprüchen.

Die danach geltenden Patentansprüche 1 bis 7 haben folgenden Wortlaut:

"1. Verfahren zur Herstellung von als Fußbodenbelag verwendbaren PVC-freien Kunststoff-Folien durch Aufschmelzen eines Bindemittels, Vermischen mit Füllstoffen, einem Farbgranulat und Auswalzen zu Folien auf einer Kalanderanlage, wobei man als Bindemittel ein Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisat verwendet, dem man zwischen 30 und weniger als 67 Gew.-% Füllstoff, bis zu 5 Gew.-% einer oder mehrerer Farbkomponenten sowie bis zu 5 Gew.-% an üblichen Verarbeitungshilfsmitteln zumischt, dadurch gekennzeichnet, daß das Bindemittel mindestens 30 Gew.-% Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisat (EVA) und 3 bis 10 Gew.-% eines ultrahochmolekularen Ethylenpolymerisats hoher Dichte (PE-UHMW), bezogen auf den Gesamtansatz, enthält, wobei der Schmelzindex (MFI) der verwendeten Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisate zwischen 0,3 und 10 g/10 min (190¡C/2,16 nach DIN 53735) und der Schmelzindex (MFI) des verwendeten ultrahochmolekularen Ethylenpolymerisats hoher Dichte (PE-UHMW) zwischen nicht feststellbar und 10 g/10 min beträgt (190¡C/21,6 nach DIN 53735).

2. Verfahren nach Anspruch 1 dadurch gekennzeichnet daß das Bindemittel aus einem oder mehreren Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisaten zusammengesetzt ist, wobei der Vinylacetat-Gehalt mindestens 18 Gew.-% und maximal 50 Gew.-%, bevorzugt 20 bis 30 Gew.-%, beträgt.

3. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Anteil des Füllstoffes am Gesamtansatz 40 bis 50 Gew.-% beträgt.

4. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet daß als Füllstoff Kreide und/oder Aluminiumhydroxid und/oder Magnesiumhydroxid eingesetzt wird.

5. Fußbodenbelag, bestehend aus einem gegebenenfalls dublizierten oder triplizierten und gewünschtenfalls mit einem Vlies und/oder einem Gewebeunterteil versehenen, kalandrierten, Füllstoff enthaltenden Bindemittel, wobei das Bindemittel aus einem Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisat und einem Polyethylen besteht, dem zwischen 30 und weniger als 67 Gew.-% Füllstoff sowie bis zu 5 Gew.-% einer oder mehrerer Farbkomponenten und bis zu 5 Gew.-% an Verarbeitungshilfsmitteln zugemischt sind, dadurch gekennzeichnet, daß er mindestens 30 Gew.-% Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisat und 3 bis 10 Gew.-% eines ultrahochmolekularen Ethylenpolymerisats hoher Dichte (PE-UHMW), bezogen auf den Gesamtansatz, enthält, wobei der Schmelzindex (MFI) der verwendeten Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisate zwischen 0,3 und 10 g/10 min (190¡C/2,16 nach DIN 53735) und der Schmelzindex (MFI) des verwendeten ultrahochmolekularen Ethylenpolymerisats hoher Dichte (PE-UHMW) zwischen nicht feststellbar und 10 g/10 min beträgt (190¡C/21,6 nach DIN 53735).

6. Fußbodenbelag nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß der Anteil des Füllstoffes 40 bis 50 Gew.-% beträgt.

7. Fußbodenbelag nach einem der Ansprüche 5 oder 6, dadurch gekennzeichnet, daß er als Füllstoffe Kreide und/oder Aluminiumhydroxid und/oder Magnesiumhydroxid enthält."

Zur Begründung ihrer Beschwerde hat die Patentinhaberin im wesentlichen vorgetragen, das Auffinden eines Ersatzes für das als Bindemittel in Fußbodenbelägen gebräuchliche, aber wegen seiner giftigen Abgase bei einem Brand in Verruf geratene Polyvinylchlorid, der hinsichtlich seiner Eigenschaften und einfachen Verarbeitbarkeit dem PVC entspreche, habe sich wegen der Vielzahl an bekannten Kunststoffen als schwierig erwiesen. In der EP 0 321 760 A1 (1) würden hierfür ein mögliches Bindemittel aus einem Ethylen-Vinylacetat-Copolymeren (EVA) und Polyethylen (PE) oder Polypropylen (PP) und zu dessen Abmischung mit Füllstoffen und anderen in Kunststoffbahnen üblichen Zusätzen verschiedene Verfahren angegeben. Das Vermischen im Kalander werde dort zwar erwähnt, nach den Beispielen erfolge das Mischen jedoch mit einer Form- oder Bandpresse und nicht im Kalander. Während die Vermischung und Verbindung von Bindemittel mit den Zusatzstoffen bei solchen Pressen bei relativ niedrigen Temperaturen und hohen Drucken erfolge, seien hierfür beim Kalandern höhere Temperaturen erforderlich, um während der hier kurzen Verweilzeit ein Aufschmelzen des Bindemittels und eine gute Vermischung mit den Zusatzstoffen zu bewirken; das bringe die Gefahr des Anklebens an den Walzen und unerwünschter Risse in der damit hergestellten Kunststoffbahn mit sich. Die mit Schriftsatz vom 15. April 1992 eingereichten Vergleichsversuche zeigten, daß die in (1) beschriebenen Bindemittelgemische aus EVA und dem Polyethylen Lupolen 1800 S, einem Polyethylen niedriger Dichte (LDPE), mit den Füllstoffzusätzen auf Kalandern nicht verarbeitbar seien und Gemische aus EVA und Polypropylen mit Füllstoffen zwar verarbeitet werden könnten, aber Folien mit schlechten Abtriebwerten ergäben. In Kenntnis dieser Lehre habe der Fachmann vielleicht daran denken können, andere LDPE-Typen einzusetzen, oder andere Polyolefine, oder allenfalls solche Polyethylene mit hoher Dichte (HDPE), die einen ähnlich niedrigen Schmelzpunkt aufwiesen wie die LDPE-Typen. Auch derartige Bindemittelgemische aus EVA und solchen PE- oder anderen Polyolefintypen seien jedoch alle beim Vermischen mit Füllstoffen auf dem Kalander nicht verarbeitbar bzw ergäben nur Folien mit unbefriedigenden Eigenschaften. Wegen der hohen Kosten von EVA und dessen Klebrigkeit auf Kalanderwalzen sei der Fachmann zudem eher angehalten gewesen, als Ersatz für das PVC-Bindemittel in Folien für Fußbodenbeläge andere Kunststoffe in Betracht zu ziehen. Mit dem Versuchsbericht vom 15. April 1992 und dem Beispiel des Streitpatents sei dargelegt worden, daß Bindemittelgemische aus EVA und einem ultrahochmolekularem Ethylenpolymerisat hoher Dichte (PE-UHMW) mit einem Schmelzindex 190¡C/21,6 nach DIN 53 735 zwischen nicht feststellbar und 10g/10 min mit Füllstoffen in Kalandern ohne Probleme zu Folien mit guten Eigenschaften verarbeitet werden können. Dies sei für den Fachmann nicht zu erwarten gewesen. Das weiterverfolgte Patentbegehren sei daher im Hinblick auf den Stand der Technik neu und beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die Patentinhaberin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 7 und Beschreibung Seiten 2 und 3, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung.

Die Einsprechende I beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hat sich im Beschwerdeverfahren zur Sache auch schriftsätzlich nicht geäußert. Nach Ladung zur mündlichen Verhandlung hat sie mit dem am Verhandlungstag eingegangenen Telefax mitgeteilt, daß sie aufgrund unglücklicher Umstände in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten sein werde, aber ihren Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde aufrechterhalte.

Die Einsprechende II hat keine Anträge gestellt und sich im Beschwerdeverfahren zur Sache auch schriftlich nicht geäußert. Nach Ladung zur mündlichen Verhandlung hat sie mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2000 mitgeteilt, daß aufgrund einer Übernahme-Situation zwischen der Patentinhaberin und S... S.A. eine streiti- ge Auseinandersetzung nicht mehr gewünscht werde. Sie werde daher an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II Die Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig (PatG § 73). Sie ist unter Berücksichtigung des nunmehr geltenden Patentbegehrens in der Sache auch begründet.

Bezüglich ausreichender Offenbarung der Gegenstände der geltenden Patentansprüche 1 bis 7 bestehen keine Bedenken, da deren Merkmale sowohl aus den ursprünglich eingereichten Unterlagen (vgl zu Anspruch 1 die Ansprüche 1, 5, 6 und 7, zu Anspruch 2 den Anspruch 4, zu den Ansprüchen 3 und 4 die Ansprüche 8 und 9, zu Anspruch 5 die Ansprüche 10, 13, 14 und 15 und zu den Ansprüchen 6 und 7 die Ansprüche 16 und 17) als auch aus der deutschen Patentschrift DE 4 114 085 C2 (vgl zu den Ansprüchen 1 bis 4 die Ansprüche 1 und 3 bis 5 und zu den Ansprüchen 5 bis 7 die Ansprüche 6, 8 und 9) zu entnehmen bzw daraus herleitbar sind. Die in den Ansprüchen 1 und 5 enthaltene Einschränkung der Füllstoffmenge von "zwischen 30 und 70 Gew.-%" auf "zwischen 30 und weniger als 67 Gew.-% ist zulässig (vgl BGH BlPMZ 90, 366 "Cracktalysator").

Die Neuheit des Verfahrens zur Herstellung von als Fußbodenbelag verwendbaren PVC-freien Kunststoff-Folien des Anspruchs 1 ist anzuerkennen.

Aus der EP 0 321 760 A1 (1) sind als Fußbodenbelag verwendbare PVC-freie Kunststoffbahnen aus einem Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisat (EVA) als Bindemittel und Füllstoffen sowie gegebenenfalls Hilfsmitteln bekannt. Diese Kunststoffbahnen enthalten im Gesamtansatz solche Mengen an EVA, die einem Vinylacetatanteil von 3 bis 14 Gew.-% entsprechen und einen Anteil an Füllstoffen einschließlich der Hilfsstoffe von 35 bis 80 Gew.-%. Als Hilfsstoffe können diese Bahnen bis zu 5 Gew.-% einer Farbkomponente sowie gegebenenfalls übliche Verarbeitungshilfsmittel in üblichen Mengenanteilen von unter 5 Gew.-% enthalten (vgl Anspruch 1 iVm S 2, Z 9/10, S 3, Z 14 bis 28, S 4, Z 20 bis 24 und die Beispiele). Das EVA-Bindemittel ist in diesen Bahnen bevorzugt in Mengen von 20 bis 65 Gew.-% enthalten (vgl S 3, Z 50 bis 53). Nach Beispiel 2 wird dabei dasselbe EVA-Handelsprodukt eingesetzt wie im Beispiel des Streitpatents und damit ein Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisat mit einem Schmelzindex zwischen 0,3 und 10 g/10 min (190¡C/2,16 nach DIN 53 735). Außerdem können diese Bahnen als weiteres Bindemittel zusätzlich zu dem Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisat noch ein Olefinpolymerisat enthalten, wobei Polypropylen und/oder Polyethylen als bevorzugt angegeben werden. Diese sind im Gesamtansatz bevorzugt in einem Mengenanteil von 3 bis 10 Gew.-% enthalten (vgl Anspruch 2 iVm S 4, Z 25 bis 29). Die Druckschrift beschreibt somit bereits als Fußbodenbelag verwendbare PVC-freie Kunststoff-Folien, welche ein Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisat und ein Polyethylen Bindemittel sowie Füllstoffe, eine oder mehrere Farbkomponenten und übliche Verarbeitungshilfsmittel in denselben Mengenanteilen enthalten, wie die nach Anspruch 1 des weiterverfolgten Patentbegehrens hergestellten Kunststoff-Folien, und bei denen der Schmelzindex des EVA-Bindemittels wie beim vorliegend beanspruchten Gegenstand zwischen 0,3 und 10 g/10 min (190¡C/2,16 DIN 53735) beträgt. Zur Herstellung der Folien werden in dieser Entgegenhaltung verschiedene Verfahren beschrieben, wie das nach den Beispielen als bevorzugt herausgestellte Vermischen und Formen mit Etagen- oder Bandpressen, aber auch eine Herstellung der Kunststoff-Folie in einer Kalanderanlage (vgl insbes S 5, Z 5 bis 7, Z 35 bis 38, Z 53 bis 54). Als zur Herstellung dieser bekannten Folien verwendbares Polyethylen wird in diesem Stand der Technik in Beispiel 23 lediglich Lupolen 1800 S der Firma BASF eingesetzt, bei dem es sich, wie aus der Literaturstelle "BASF-Kunststoffe", 4. Aufl, 1973, S 16/17, "Lupolen-Sortiment" (3) zu entnehmen ist, um ein Polyethylen niedriger Dichte und damit um ein LDPE mit einem Schmelzindex von 17 bis 22 g/10 min 190 C/2,16 handelt. Von dem aus (1) bekannten Stand der Technik unterscheidet sich das vorliegend beanspruchte Verfahren und die damit hergestellte, als Fußbodenbelag verwendbare PVC-freie Kunststoff-Folie durch den Einsatz eines anderen Polyethylens, nämlich eines ultrahochmolekularen Ethylenpolymerisats hoher Dichte (PE-UHMW) mit einem Schmelzindex zwischen nicht feststellbar und 10 g/10 min (190¡C/21,6) nach DIN 53735).

Die Druckschrift (3) beschreibt lediglich die Eigenschaften, wie ua die Dichte und die Schmelzindizes von Polyethylentypen niedriger Dichte (LDPE) und hoher Dichte (HDPE) aus dem Lupolen-Sortiment der BASF AG und auch die Literaturstelle H.Saechtling, "Kunststofftaschenbuch" 24. Ausgabe, 1989, Hanser Verlag München Wien, S 234/235(2) enthält nur Angaben über die Eigenschaft von Polyethylen und Polypropylenen. Diese Druckschriften liegen somit ferner und sind ebenfalls nicht neuheitsschädlich.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist von der Aufgabe auszugehen, ein Verfahren zur Herstellung von als Fußbodenbelag verwendbaren PVC-freien Kunststoff-Folien zu schaffen, das ohne Schwierigkeiten wie Ankleben und Reißen mit dem einfachen Kalanderverfahren Folien mit hoher Abriebfestigkeit ergibt.

Gelöst wird diese Aufgabe durch das im Patentanspruch 1 beschriebene Verfahren mit einem EVA und ein spezielles Polyethylen enthaltenden Bindemittel.

Eine derartige Lösung wird durch den entgegengehaltenen Stand der Technik nicht nahegelegt.

Aus Entgegenhaltung (1) ist, wie zur Neuheit ausgeführt wurde, bereits ein Verfahren zur Herstellung von als Fußbodenbelag verwendbaren Kunststoff-Folien bekannt, das sich vom vorliegend beanspruchten Verfahren dadurch unterscheidet, daß das Bindemittel zusätzlich zum Ethylen-Vinylacetat-Copolymerisat ein Polyethylen niedriger Dichte oder ein Polypropylen enthält und kein ultrahochmolekulares Polyethylen hoher Dichte. Die Patentinhaberin hat mit Schriftsatz vom 15. April 1992 einen Versuchsbericht mit Vergleichsversuchen vorgelegt, aus denen zu entnehmen ist, daß mit einem Bindemittel aus EVA und dem LDPE Lupolen 1800 S eine Verarbeitung auf Kalandern wegen zu hoher Klebrigkeit der Ausgangsmischung auf dem Walzwerk garnicht möglich ist und mit einem Bindemittel aus EVA und Polypropylen die Verarbeitung auf Kalandern zwar läuft, aber nur Folien mit unbefriedigenden Abriebeigenschaften ergibt, wohingegen Mischungen mit EVA und einem PE-UHMW hoher Dichte gemäß dem vorliegend beanspruchten Patentbegehren auf Kalandern ohne Probleme zu Folien mit weit besseren Abriebfestigkeiten verarbeitet werden können. Eine derartige, durch den Zusatz eines ultrahochmolekularen Polyethylens hoher Dichte anstelle des nach (1) eingesetzten Polyethylens niedriger Dichte bzw des nach (1) eingesetzten Polypropylens erzielte Verbesserung der Verarbeitbarkeit in Kalandern und der Abriebfestigkeit der hergestellten Folie war in Kenntnis des aus (1) bekannten Standes der Technik auch unter Berücksichtigung des aus (2) und (3) bekannten Fachwissens bezüglich der Eigenschaften verschiedener Polyethylentypen und von Polypropylenen nicht vorhersehbar und ist somit überraschend.

Die im Prüfungsverfahren weiter erwähnten Druckschriften gehen nicht über die vorstehend genannten Entgegenhaltungen hinaus bzw liegen dem Patentbegehren ferner und führen weder einzeln noch in Kombination mit dem erörterten Stand der Technik zu einer anderen Beurteilung der Sachlage.

Nach alledem ist das Verfahren des Patentanspruchs 1 neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, so daß dieser Anspruch gewährbar ist.

Das gleiche gilt für die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 4, die bevorzugte Ausführungsformen des Verfahrens nach Anspruch 1 betreffen.

Der nebengeordnete Sachanspruch 5 betrifft einen Fußbodenbelag, der aus einer gegebenenfalls dublizierten oder triplizierten Kunststoff-Folie besteht, die durch Kalandrieren derselben Zusammensetzung, wie in Anspruch 1 beschrieben, und damit nach den in diesem Anspruch beschriebenen Verfahren erhalten worden ist. Dieser Fußbodenbelag kann gewünschtenfalls noch mit einem Vlies und/oder einem Gewebeunterteil versehen sein. Für diesen Gegenstand gelten bezüglich Neuheit der erfinderischer Tätigkeit dieselben sachlichen Gesichtspunkte, wie sie zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 dargelegt worden sind. Der Patentanspruch 5 ist daher ebenfalls gewährbar.

Dies gilt auch für die auf den Patentanspruch 5 rückbezogenen Ansprüche 6 und 7, die bevorzugte Ausführungsformen des Gegenstandes nach Anspruch 5 betreffen.

Kahr Deiß

Jordan Schroeter Ja/Ko






BPatG:
Beschluss v. 11.12.2000
Az: 15 W (pat) 3/99


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