Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 18. Dezember 2007
Aktenzeichen: I-20 U 125/07

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 18.12.2007, Az.: I-20 U 125/07)

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 20. Juni 2007 verkündete Ur-teil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstre-ckenden Betrages leistet.

Gründe

A.

Der Parteien stehen im Wettbewerb beim Angebot von Telefondienstleistungen. Die Klägerin begehrt von der Beklagten in erster Linie die Unterlassung einer Telefonwerbung gegenüber Gewerbetreibenden, ohne dass der Angerufene zuvor das Einverständnis hiermit erklärt hat und ohne dass eine mutmaßliche Einwilligung anzunehmen ist. Darüber hinaus macht die Klägerin einen Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten geltend. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (Bl. 159 ff. GA) Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, im der Klage zugrunde liegenden Fall des Taxiunternehmens M. sei wegen der im Zeitpunkt des Anrufs bereits bestehenden Vertragsbeziehung von der mutmaßlichen Einwilligung des Unternehmers im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 UWG auszugehen. Gegen die Abweisung der Klage wendet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die Klageanträge weiter verfolgt. Sie vertritt weiter die Ansicht, der Anruf der Beklagten bei dem Taxiunternehmen M. verstoße gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG, weil der Angerufene - wie zwischen den Parteien nicht streitig ist - eine Einwilligung ausdrücklich nicht erklärt habe und auch keine mutmaßliche Einwilligung des Unternehmers als sonstigem Marktteilnehmer anzunehmen sei. Letzteres folge insbesondere nicht aus der bereits bestehenden Vertragsbeziehung, weil die Werbung sich nicht in diesem Rahmen halte und lediglich einen weiteren Leistungsbestandteil im Rahmen der bestehenden Pre-Selection-Vereinbarung betreffe, sondern auf eine Erweiterung des Vertrages abziele. Außerdem sei das neue Angebot für das umworbene Unternehmen nicht lediglich vorteilhaft gewesen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Rahmen der Akquise von Anschlussverträgen Gewerbetreibende anzurufen und/oder anrufen zu lassen, wenn der Gewerbetreibende zuvor nicht sein Einverständnis erklärt hat, zu Werbezwecken angerufen werden zu wollen, und dieses Einverständnis, insbesondere aufgrund einer bereits bestehenden Geschäftsbeziehung zu dem betroffenen Gewerbetreibenden, auch nicht zu vermuten ist, weil eine Preselection durch einen Vollanschluss ersetzt werden soll,

2. an sie 699,90 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.12.2006 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

Sie wiederholt und vertieft ebenfalls ihren erstinstanzlichen Vortrag und vertritt die Auffassung, es sei von einer mutmaßlichen Einwilligung des angerufenen Unternehmers auszugehen.

B.

Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat ihre Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 mit §§ 3, 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG nicht zu. Zwar hatte der angerufene Gewerbetreibende M. seine Einwilligung zu dem Werbeanruf der Beklagten nicht ausdrücklich erteilt, § 7 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 UWG. Es ist aber nach den vor dem Anruf vorliegenden Umständen von einer mutmaßlichen Einwilligung des Angerufenen als sonstigem Marktteilnehmer im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 UWG auszugehen.

Im Zeitpunkt des Anrufs bestand nämlich bereits eine Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten und dem umworbenen Unternehmen. Dass eine derartige, bereits bestehende Geschäftsbeziehung einen konkreten Grund dafür darstellen kann, die Telefonwerbung zu rechtfertigen, ist seit längerem anerkannt (vgl. nur Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl. 2007, § 7 UWG Rn. 63 m. Nachw., insbesondere BGH GRUR 1991, 764 - Telefonwerbung IV: "Gründe, die Anrufe werbender Art im geschäftlichen Bereich danach zu rechtfertigen vermögen, werden bei Bestehen einer Geschäftsverbindung häufig gegeben sein ..."). Die Klägerin versucht ohne Erfolg, den Zusammenhang zwischen dem bestehenden Vertragsverhältnis und dessen mit dem Anruf bezweckten Erweiterung in Frage zu stellen. Er liegt im Gegenteil auf der Hand.

Es ging nämlich darum, dass das Taxi-Unternehmen M. nicht nur - wie bisher - die jeweiligen Verbindungen über eine Preselection-Vereinbarung, sondern auch den Telefonanschluss selbst von der Beklagten betreiben lässt und damit die gesamten bei ihr anfallenden Telefondienstleistungen an nur ein Unternehmen vergibt. Das stellt sicher eine Erweiterung des bestehende Vertragsverhältnisses dar, das auch mit einer Änderung des Vertragspartners hinsichtlich des Telefonanschlusses verbunden ist. Gerade bei einem Taxiunternehmen, dessen Geschäftsbetrieb in besonderem Maße unter Einsatz des Telefons abgewickelt wird, ist eine Einwilligung mit einem Angebot für eine derartige Erweiterung bestehender Vertragsbeziehungen zu vermuten. Dabei kommt es nicht auf die objektiv ohnehin nur schwer zu beurteilende Frage an, ob das neue Angebot in besonderer Weise vorteilhaft für den angerufenen Unternehmer ist. Er ist jedenfalls mutmaßlich damit einverstanden, von seinem hinsichtlich der Preselection-Vereinbarung bereits existierenden Vertragspartner auch ein Angebot für einen Vollanschluss zu erhalten, dessen Vor- und Nachteile für ihn er dann selbst abwägen kann.

Auf die weiteren, von den Parteien umfänglich erörterten Fragen, ob sich die mutmaßliche Einwilligung des Unternehmers M. selbständig auch noch aus anderen Umständen wie der besonderen Vorteilhaftigkeit des Angebots herleiten lässt, kommt es nicht weiter an. Nach der Erörterung im Senatstermin und nach der Fassung des Antrags streiten die Parteien allein über die Frage, ob eine mutmaßliche Einwilligung aufgrund der bestehenden Geschäftsbeziehung angenommen werden kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 50.000,-- € nach der Wertfestsetzung des Landgerichts hinsichtlich des Unterlassungsantrags. Der Zahlungsantrag über 699,90 € nebst Zinsen erhöht den Streitwert nicht, weil er Abmahnkosten betrifft, die als Nebenforderung geltend gemacht werden, § 43 Abs. 1 GKG.






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 18.12.2007
Az: I-20 U 125/07


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