Kammergericht:
Beschluss vom 11. Mai 2007
Aktenzeichen: 5 U 190/06

(KG: Beschluss v. 11.05.2007, Az.: 5 U 190/06)

Tenor

1. Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 26. September 2006 verkündete Urteil der Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin - 15 O 521/06 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

3. Der Wert des Berufungsverfahrens beträgt 20.000 €.

Gründe

A.

Die Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 ZPO aus den Gründen der Verfügung des Senats vom 20. März 2007, an denen der Senat nach nochmaliger Prüfung festhält, zurückzuweisen.

B.

In der genannten Verfügung hat der Senat ausgeführt:

"I.

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Die angefochtene Entscheidung hält ihren Angriffen stand.

1. Die Antragsgegnerin wendet sich im Ergebnis ohne Erfolg gegen die Annahme des Landgerichts, dass in dem streitgegenständlichen Inserat (Anlage A 3) ein "neuer Personenkraftwagen" beworben wurde und dementsprechend die sich aus §§ 1, 5 Pkw-EnVKV ergebenden Informationspflichten bestanden.

Die insoweit einschlägige Begriffsbestimmung des § 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV definiert "neue Personenkraftwagen" als Kraftfahrzeuge, die noch nicht zu einem anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs oder der Auslieferung verkauft wurden.

a) Die Antragsgegnerin hat das beworbene Fahrzeug zum Zweck des Weiterverkaufs angeschafft. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Einwendungen der Antragsgegnerin, das beworbene Fahrzeug sei zunächst erworben worden, um es als Vorführwagen, Werkstatt-Ersatzwagen und Dienstfahrzeug einzusetzen aus Rechtsgründen überhaupt durchgreifen könnten. Jedenfalls angesichts der vorliegenden besonderen Fallumstände ist von einem Neuwagenverkauf auszugehen:

Das Fahrzeug wurde am 8. Juni 2006 erstmals zugelassen. Am 17. Juni 2006 wies es einen Tachometerstand von 18 km auf und wurde Frau O. bis zum 24. Juni 2006 überlassen (Anlage AG 1 = Bl. 41 d.A.). Am 24. Juni 2006 erschien das streitgegenständliche Zeitungsinserat mit der - unwahren - Angabe "1.500 km" (Anlage A 3). Bis zum 27. Juni 2006 ist das Fahrzeug 240 km gefahren und hätte an diesem Tag vom Testanrufer S. nach Lage der Dinge erworben werden können.

Am 24. Juni 2006 hatte die Antragsgegnerin also - das ist unstreitig - die Absicht, den Wagen zu verkaufen. Wenn nun aber ein Autohändler ein auf ihn zugelassenes Neufahrzeug nur neun Tage nach Zulassung in der Zeitung zum Verkauf anbietet, so ist, sofern er nicht besondere Umstände für einen in dieser Zeitspanne eingetretenen Absichtswandel vorträgt, davon auszugehen, dass er besagte Absicht auch schon im Zeitpunkt der Fahrzeuganschaffung hatte.

b) Die Verschaffung des Fahrzeugs an die Antragsgegnerin (ob dieser das Fahrzeug überhaupt i.S. von § 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV "verkauft" wurde, ist überdies nicht vorgetragen), diente auch keinem (zusätzlichen) "anderen Zweck als dem des Weiterverkaufs". Die Antragsgegnerin hatte im Zeitpunkt der Fahrzeuganschaffung keine (zusätzliche) Absicht (im Sinne eines zielgerichteten Willens) einer anderweitigen Fahrzeugnutzung. Das folgt ebenfalls schon aus der kurzen Zeitspanne zwischen Erstzulassung und Inserat. Die anderweitige Nutzung diente mithin nach Lage der Dinge vielmehr der Überbrückung der - ihrem Umfang nach seinerzeit noch unbekannten - zeitlichen Spanne zwischen Anschaffung des Fahrzeugs und dem im Hinblick auf den bezweckten Verkauf eintretenden Erfolgseintritt.

2. Ohne Erfolg zieht die Antragsgegnerin den Charakter der Pkw-EnVKV als gesetzliche Vorschriften i.S. von § 4 Nr. 11 UWG in Zweifel.

Die Pkw-EnVKV dient im Bereich des Pkw-Kraftverkehrs der Umsetzung der Richtlinie 1999/94/EG, indem sie Regeln zur Einsparung von Energie, zur Senkung von CO2-Emissionen und damit letztlich auch zu Klimaschutzzwecken aufstellt. Sie weist darüber hinaus aber auch einen (wettbewerbsrelevanten) Marktbezug auf. Denn sie schafft Regeln über das Verhalten von Herstellern und Händlern bei Absatz und Werbung für Neufahrzeuge und damit das Verhalten von Warenanbietern bei der Marktteilnahme. Dieses Marktverhalten wird auch im Interesse der übrigen Marktteilnehmer geregelt. So soll insbesondere der Verbraucher als Marktteilnehmer i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG bei der Kaufentscheidung auf maßgebliche, umweltbezogene Eigenschaften des Fahrzeuges hingewiesen werden, um seine Kaufentscheidung zugunsten umweltfreundlicher Pkw zu beeinflussen. Die Verbraucher sollen über die entsprechenden Eigenschaften des Fahrzeuges informiert werden, damit sie ihre Kaufentscheidung in voller Sachkenntnis von den umweltrelevanten Eigenschaften eines Kraftfahrzeuges treffen können. Die Nichtbeachtung der Pkw-EnVKV ist daher zugleich ein Gesetzesverstoß i.S. des § 4 Nr. 11 UWG (OLG Oldenburg WRP 2007, 96, 99; Goldmann, WRP 2007, 38, 41).

3. Vergeblich macht die Antragsgegnerin geltend, der Unterlassungsantrag bzw. die Untersagungsformel seien wegen des dort verwendeten Begriffs "neue Personenkraftwagen" nicht hinreichend bestimmt i.S. von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Begriff ist für den hier allein in Rede stehenden Anwendungsbereich der Pkw-EnVKV in deren § 2 Nr. 1 hinreichend deutlich definiert. Die Maßgeblichkeit dieser Definition und damit die rechtliche Reichweite des Begriffs stehen zwischen den Parteien auch nicht (ernsthaft) in Streit. Die Parteien streiten vielmehr allein um die - tatsächliche - Frage, ob die Definitionsparameter des § 2 Nr. 1 Pkw-EnVKV im vorliegenden Fall erfüllt waren, zu welchem Zweck also die Antragsgegnerin das Fahrzeug angeschafft hat. Dieser Streit wird - wie unter I 1 ausgeführt - zugunsten des Antragstellers zu entscheiden sein. Daher steht die Verwendung besagten Begriffs einer hinreichenden Bestimmtheit des Unterlassungsantrags bzw. der Untersagungsformel von vornherein nicht entgegen. Abgesehen davon hat das Landgericht durch die Inbezugnahme der konkreten Verletzungsform die hinreichende Bestimmtheit sichergestellt.

II.

Es fehlt auch an einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sowie an dem Erfordernis der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO."

C.

An vorstehenden Ausführungen hält der Senat auch in Ansehung der Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 18. April 2007 fest.

Nr. 1 der Stellungnahme

Der Senat verbleibt bei seiner Auffassung zu oben B I 3, dass Unterlassungsantrag und Untersagungsformel hinreichend bestimmt sind. Gestritten wurde und wird um die Werbung für ein Fahrzeug, das mit einer Laufleistung von 1500 km beworben wurde, tatsächlich aber lediglich 240 km gefahren wurde (unstreitiger Tatbestand des angefochtenen Urteils auf Seite 2, Mitte). Soweit die angefochtene Entscheidung auf Seite 5 ausführt, auch eine (nur beworbene, tatsächlich aber nicht vorhandene) Laufleistung von 1.500 km spreche nicht gegen den Erwerb zum vorrangigen Zweck des Weiterverkaufs, steht das entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin der Annahme einer hinreichenden Bestimmtheit nicht entgegen.

Nr. 2 der Stellungnahme

Die Behauptung der Antragsgegnerin, das Fahrzeug sei 2005 als "Ausstellungsfahrzeug" erworben worden, ist neu, steht den eigenen bisherigen Behauptungen und Glaubhaftmachungen zum Erwerb "als Vorführwagen, Werkstatt-Ersatzwagen und Dienstwagen für Betriebsangehörige, die Fahrten im Stadtgebiet zu erledigen hatten" (Schriftsatz v. 22.08.2006, Seite 4 = Bl. 37, Schriftsatz v. 15.12.2006, Seite 2 = Bl. 92a, Eidesstattliche Versicherungen W. und S. v. 10. August 2006, Anlagen AG 2, 3 = Bl. 44, 45) diametral entgegen und ist deswegen gemäß § 138 Abs. 1 a.E., § 520 Abs. 3 Nr. 4, § 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO unbeachtlich.

D.

Die Nebenentscheidungen zu den Kosten und zur Wertfestsetzung ergehen gemäß § 97 Abs. 1, § 3 ZPO.






KG:
Beschluss v. 11.05.2007
Az: 5 U 190/06


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