Landgericht Hamburg:
Urteil vom 21. Februar 2008
Aktenzeichen: 327 O 30/08

(LG Hamburg: Urteil v. 21.02.2008, Az.: 327 O 30/08)

Tenor

1) Die einstweilige Verfügung vom 22.1.2008 wird bestätigt.

2) Die Antragsgegnerin hat auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

Die Parteien streiten € soweit für vorliegendes Verfahren relevant € um zwei konkrete Produktverpackungen, mittels derer die Antragsgegnerin einen Parallelimport des Arzneimittels €A.€ durchzuführen beabsichtigt.

Dieses Präparat wird von einer Konzerngesellschaft der Antragstellerin in der aus der Anlage AS 7 ersichtlichen Produktverpackung in Portugal in der Wirkstärke 250 µg/2 ml und in Spanien in der Wirkstärke 500 µg/2 ml in Packungen mit 20 Eindosisbehältern, bestehend aus zwei Blistern mit je 10 Eindosisbehältern in den Verkehr gebracht. In Deutschland sind Packungen mit 50 Eindosisbehältern verschreibungsüblich.

Die Antragsgegnerin vertreibt im Wege des Parallelimports bezogenes €A.€ (in beiden Wirkstärken) bisher durch Bündelung von zwei 20iger-Origalpackungen mit einer auf 10 Eindosisbehältern abgestockten Originalpackung. Mit Vertriebsanzeigen vom Oktober bzw. November 2007 (vgl. Anlage AS 5 und Anlage AS 9) teilte sie der Antragstellerin mit, dass sie die Restblister, die bei Herstellung der 50iger-Bündelpackung anfallen, in eigenen Faltschachteln à 5 Blistern mit 10 Eindosisbehältern wie aus den Anlagen I und II bzw. aus der Anlage EVB 1 ersichtlich, zu vertreiben beabsichtigt.

Hierin sah die Antragstellerin eine Verletzung ihrer Markenrechte. Sie ist € soweit für den vorliegenden Fall von Bedeutung € der Auffassung, die Produktverpackungen der Antragsgegnerin verletzten ihre Ausstattungsmarke (vgl. Anlage AS 3). Packe der Parallelimporteur in neue eigene Faltschachteln um, so sei er grundsätzlich berechtigt, die Ausstattung und Gestaltung der Originalverpackung zu übernehmen. Mache er von dieser Möglichkeit Gebrauch, so sei er jedoch zu einer identischen Übernahme der Ausstattung und Gestaltung verpflichtet. Diesem Erfordernis würden die angegriffenen Verpackungen der Antragsgegnerin nicht gerecht.

Weiterhin beanstandet die Antragstellerin, dass die Antragsgegnerin den Markeninhaber und Hersteller des parallelimportierten €A.€ auf ihren Faltschachteln nicht hinreichend deutlich mache.

Nach erfolglosen Abmahnungen (vgl. Anlage AS 6 und Anlage AS 10) erwirkte die Antragstellerin die einstweilige Verfügung der Kammer vom 22.1.2008 mit welcher der Antragsgegnerin auf den Hilfsantrag unter Zurückweisung des Hauptantrages der Vertrieb von €A.€ € in beiden Wirkstärken € in den konkreten, dem Beschluss als Anlagen beigefügten Produktverpackungen untersagt wurde. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf den Beschluss nebst Anlagen verwiesen.

Mit ihrem hiergegen gerichteten Widerspruch stellt die Antragsgegnerin zunächst eine Verletzung der Ausstattungsmarke der Antragsgegnerin in Abrede. Da sie wesentliche Elemente der Marke der Antragstellerin gerade nicht übernommen habe, fehle es im Ergebnis an einem etwaigen Eingriff in das Markenrecht der Antragstellerin.

Weiterhin ist sie der Auffassung, die Antragstellerin habe weder in ihren Abmahnschreiben noch im Rahmen ihres Verfügungsantrages das Fehlen der jeweiligen Herstellerangaben beanstandet. Entsprechende Angaben befänden sich im Übrigen auf den jeweiligen Verpackungen (vgl. Anlage EVB 1). Die Antragstellerin ist in diesem Zusammenhang der Auffassung, die auf den entsprechenden Packungsunterseiten befindlichen Hinweise auf den jeweiligen Hersteller von €A.€ seien hinreichend.

Ferner wirft sie der Antragstellerin widersprüchliches Verhalten vor. In der Vergangenheit habe diese nämlich bei einem Umpacken von Arzneimittel in neue Faltschachteln stets eine nicht identische Packungsgestaltung verlangt (vgl. Anlage EVB 2). Dass sie nun von ihr Gegenteiliges verlange, sei treuwidrig. Die von der Antragstellerin nunmehr geltend gemachten Unterlassungsansprüche seien mithin verwirkt.

Die Antragstellerin beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 22.1.2008 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die einstweilige Verfügung zu bestätigen,

deren Bestand sie verteidigt.

Sie nimmt Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen und führt ergänzend aus, die auf den Verpackungen angebrachten Herstellerangaben seien nicht deutlich genug. Die entsprechenden Angaben befänden sich lediglich auf den jeweiligen Unterseiten der Verpackungen. Ein dort befindlicher Hinweis erfülle aber nicht das Erfordernis einer €hinreichenden Deutlichkeit€ der Herstellerangabe.

In Bezug auf das ihr vorgeworfene widersprüchliche Verhalten trägt sie vor, sie habe in der Vergangenheit tatsächlich eine anderweitige Rechtsauffassung vertreten. Diese sei jedoch vom Hanseatischen Oberlandesgericht sowie vom Bundesgerichtshof nicht geteilt worden. Hierauf basierend richte sie ihr Verhalten nunmehr rechtsprechungskonform aus.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird ergänzend auf den Akteninhalt verwiesen.

Gründe

Die einstweilige Verfügung der Kammer ist zu bestätigen. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Parteien im Widerspruchsverfahrens ist davon auszugehen, dass die Produktversprechungen, die die Antragsgegnerin zu verwenden beabsichtigten, nicht hinreichend deutlich auf die Hersteller der jeweiligen Produkte hinweisen. Da eine Erschöpfung bezogen auf die angegriffenen Produktverpackungen damit nicht eingetreten ist, kann sich die Antragstellerin dem beabsichtigten Vertrieb aus berechtigten Gründen i.S.v. § 24 Abs. 2 MarkenG widersetzen.

Vorab ist lediglich zum Zwecke der Klarstellung darauf hinzuweisen, dass sich die Antragstellerin € entgegen des anders lautenden Vorbringens der Antragsgegnerin € schon in der Antragsschrift das Fehlen der erforderlichen Herstellerangabe gerügt hat (vgl. S. 12 der Antragsschrift). Die Ordnungsgemäßheit der Herstellerangabe ist damit Streitgegenstand.

Im Streitfall ist das Umverpacken der Arzneimittel €A.€ (250 µg und 500 µg) grundsätzlich erforderlich (vgl. den Hauptantrag). Dies hat auch das Hanseatische Oberlandesgericht mit Beschluss vom 19.6.2008 (Az 3 W 32/08) in vorliegendem Verfügungsverfahren zwischenzeitlich rechtskräftig festgestellt.

Die Frage, ob die Antragsgegnerin die neuen Umverpackungen mit dem von der Antragstellerin beanstandeten Design versehen darf beschränkt sich daher darauf, ob durch die Art und Weise des Umpackens ihre berechtigten Interessen als Markeninhaberin beeinträchtigt werden, insbesondere ob der Ruf ihrer Marke geschädigt wird (vgl. BGH GRUR 2007, S. 1075 € STILNOX). Die Frage, ob ein solcher Umstand und damit ein berechtigter Grund i.S.v. § 24 Abs. 2 MarkenG vorliegt, hat das nationale Gericht nach dem jeweiligen Sachverhalt zu entscheiden (vgl. EuGH GRUR 2007, S. 586 € Boehringer Ingelheim/Swingward II).

Gemäß den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes (vgl. EUGH WRP 1996, S. 880 € Bristol-Myers Squibb u.a. /Paranova) kann sich der Inhaber einer Marke dem Vertrieb von parallel importierten Arzneimitteln u.a. dann widersetzen, wenn auf der Verpackung nicht klar angegeben ist, wer dessen Hersteller ist.

Die Angabe des Herstellers ist nicht durch das Arzneimittelrecht vorgegeben, sie ist deshalb im Zusammenhang mit dem Umpacken nach den Grundsätzen des freien Warenverkehrs autonom auszulegen (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2.Aufl., § 24 MarkenG, Rdnr. 72). Die Herstellerangabe muss dabei nicht genauer sein, als sie vom Markeninhaber auf der Originalverpackung selbst vorgenommen worden ist (vgl. HansOLG GRUR 2001, S. 427 € PULMICORT I).

Im Streitfall kann letztendlich dahingestellt bleiben, welche konkrete Gestaltung eine Herstellerangabe regelmäßig aufweisen muss, um eine klare Angabe i.S.d. angeführten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes darzustellen. Die entsprechenden Hinweise auf den Faltschachten der Antragsgegnerin gem. Anlage EVB 1 werden den Anforderungen an die erforderliche Klarheit jedenfalls nicht gerecht.

Aus der Anlage ist ersichtlich, dass die dortigen Herstellerangaben zunächst drucktechnisch äußerst klein gehalten sind. Diesbezüglich stellt sich bereits die Frage einer hinreichenden Lesbarkeit der Angaben. Selbst wenn man jedoch davon ausgehen wollte, dass die gewählte Schriftgröße noch geeignet wäre, einen klaren Hinweis im vorstehenden Sinne zu begründen, so führt dies vorliegend zu keinem anderen Ergebnis. Aus der Anlage ist nämlich ersichtlich, dass sich die in Rede stehenden Angaben ausschließlich auf den jeweiligen Unterseiten der Verpackungen befinden, auf diesen die Verpackung jedoch regelmäßig steht. Dass sich dies bei den hier streitgegenständlichen Verpackungen möglicherweise anders verhält, hat die Antragsgegnerin nicht vorgetragen. Dies erscheint € allein schon auf Grund der konkreten Gestaltung der Verpackungen als solche € auch fern liegend. Hierauf beruhend ist der Herstellerhinweis, wenn auch nicht gänzlich €unsichtbar€, so doch nicht hinreichend deutlich, um den tatsächlichen Hersteller der jeweiligen Produkte erkennbar zu machen.

Anhaltspunkte für eine vermeintliche Verwirkung vermag die Kammer nicht zu erkennen. Die vorprozessuale Korrespondenz der Parteien (vgl. Anlage EVB 2) bezog sich ausschließlich auf die Frage der Übernahme der konkreten Produktverpackung € nicht hingegen auf die Herstellerangabe als solche bzw. deren hinreichende Deutlichkeit. Im Übrigen hat die Antragstellerin € bezogen auf erstgenannten Aspekt € ihre geänderte Auffassung für die Kammer auch nachvollziehbar mit einer Anpassung an die Rechtsauffassung des Hanseatischen Oberlandesgerichts bzw. die des Bundesgerichtshofes begründet.

Auf Grund des Umstandes, dass sich das Unterlassungsbegehren bereits schon auf Grund der nicht hinreichend deutlichen Herstellerangabe als begründet erweist (s.o.), kann die Frage, ob in der Verwendung der Produktverpackungen gem. den Anlagen I und II darüber hinaus auch eine Verletzung der Ausstattungsmarke der Antragstellerin (vgl. Anlage AS 3) gesehen werden kann, letztendlich dahingestellt bleiben. Ausweislich der Antragsbegründung sowie des ergänzenden Vorbringens der Antragstellerin im Widerspruchsverfahren hat sie ihr begehrtes Verbot nicht kumulativ auf sämtliche der diesbezüglich erhobenen Rügen gestützt, so dass es für die Bestätigung des Verbots erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die Antragstellerin auch mit nur einem ihrer Angriffe durchdringt.

Die Kostenentscheidung basiert auf § 91 Abs. 1 ZPO.






LG Hamburg:
Urteil v. 21.02.2008
Az: 327 O 30/08


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