Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Juli 2004
Aktenzeichen: 32 W (pat) 235/02

(BPatG: Beschluss v. 21.07.2004, Az.: 32 W (pat) 235/02)

Tenor

Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 30 vom 9. März 2000 und vom 10. April 2002 insoweit aufgehoben, als der Widerspruch aus der Marke 396 09 802 hinsichtlich der Wareneaux minerales et gazeuseszurückgewiesen wurde. Insoweit wird der IR-Marke 675 010 wegen des Widerspruchs aus der Marke 396 09 802 der Schutz für die Bundesrepublik Deutschland verweigert.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Um Schutz für die Bundesrepublik Deutschland ersucht die IR-Marke 675 010, siehe Abb. 1 am Endeua für die Waren 32 Bières; eaux minerales et gazeuses et autres boissons non alcooliques; boissons de fruits et jus de fruits; sirops et autres preparations pour faire des boissons, orgeat.

33 Boissons alcooliques (à l'exception des bières).

Im Umfang der vorgenannten Waren der Klassen 32 und 33 richtet sich der Widerspruch aus der ua für die Waren Mineralwassereingetragenen Marke 425 089 Abb. 2 am Endeund der für die Waren Mineralwässer (in roter Farbe) eingetragenen Marke 396 09 802 Abb. 3 am Ende Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Widersprüche in zwei Beschlüssen, wovon einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie legt Unterlagen für die - bestrittene - Benutzung der Widerspruchsmarke 396 09 802 für die Jahre 1998 bis 2003 vor und weist darauf hin, daß allein im Jahr 2000 ... Füllungen Mineralwasser und im Jahr 2002 ... Füllungen Mineralwasser mit der Kennzeichnung der Marke 396 09 802 vertrieben wurden. Zur Verwechslungsgefahr trägt sie vor, dass das Dreieck in der angegriffenen Marke zu dem rot eingefärbt sein könnte, wie es für die Widerspruchsmarke geschützt ist.

Da aufgrund der intensiven Benutzung dem Verkehr bekannt sei, dass dies - wenn auch in umgedrehter Form - eine Marke der Widersprechenden sei, könne es zu Fehlzurechnungen kommen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschlüsse vom 9. März 2000 und vom 10. April 2002 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke zu verfügen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie macht geltend, dass sich die gegenüberstehenden Marken nur hinsichtlich des jeweils verwendeten Dreiecks überschneiden. Dieses sei gering kennzeichnend. Der Schwerpunkt der Marke bestehe vielmehr aus dem Schriftzug "Choleck", der die angegriffene Marke allein präge. Verwechslungen seien deshalb nicht zu befürchten.

II.

Die zulässige Beschwerde hat zum Teil Erfolg. Der angegriffenen Marke ist wegen des Widerspruchs aus der Marke 396 09 802 der Schutz für die Bundesrepublik Deutschland für die Wareneaux minerales et gazeuseszu verweigern.

1. Nach § 114 Abs. 3, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist einer internationalen Marke der Schutz für die Bundesrepublik Deutschland zu verweigern, wenn und soweit wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist dabei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Es besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke (st. Rspr. vgl BGH GRUR 2002, 626, 627 - IMS).

a) Warenidentität/Ähnlichkeit Ist die Benutzung einer Widerspruchsmarke bestritten, so werden bei der Entscheidung nur die Waren berücksichtigt, für die die Benutzung glaubhaft gemacht worden ist.

(1) Widerspruch aus der Marke 425 089.

Die angegriffene Marke wurde am 14. August 1997 veröffentlicht. Die Widerspruchsmarke 425 089 wurde am 28. Oktober 1930 eingetragen. Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG ergibt sich deshalb ein Benutzungszeitraum vom 14. August 1992 bis 14. August 1997. Gleichzeitig endet ein Benutzungszeitraum von fünf Jahren am Tag der mündlichen Verhandlung im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, so dass sich ein zweiter Benutzungszeitraum vom 21. Juli 1999 bis zum 21. Juli 2004 ergibt.

Für keinen dieser Zeiträume hat die Widersprechende die Benutzung dieser Marke glaubhaft gemacht. Keines der eingereichten Benutzungsbeispiele zeigten das durch diese Widerspruchsmarke geschützte, auf der Spitze stehende Dreieck. Soweit Verschlüsse und Kronkorken als Benutzungsbeispiele eingereicht sind, ist aus der Schriftanordnung ersichtlich, dass es sich auch hier um ein auf einer Dreiecksseite stehendes Dreieck handelt. Somit können aus diesem Widerspruch keine Rechte hergeleitet werden.

(2) Widerspruch aus der Marke 396 09 802.

Die angegriffene Marke wurde - wie oben erwähnt - am 14. August 1997 veröffentlicht. Die Widerspruchsmarke 396 09 802 wurde am 16. August 1996 eingetragen, so dass sich kein Benutzungszeitraum des § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG ergibt. Der Benutzungszeitraum des § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG reicht vom Ablauf der fünfjährigen Benutzungsschonfrist am 27. März 2001 bis zum Tag der mündlichen Verhandlung, dem 21. Juli 2004. Diesen Zeitraum betreffend, hat die Widersprechende eine eidesstattliche Versicherung des "managing directors" vorgelegt, aus der sich die Benutzung der Marke für Mineralwasser zweifelsfrei ergibt.

Damit stehen sich auf seiten der angegriffenen Marke die Waren der Klasse 32 und 33 und auf seiten der Widerspruchsmarke Mineralwasser gegenüber. Folglich besteht Warenidentität zwischen den durch die IR-Marke geschützten "eaux minerales" und den durch die Widerspruchsmarke 396 09 802 geschützten Mineralwässern. Soweit sich Mineralwasser und "eaux gazenses" gegenüberstehen, besteht hochgradigste Warenähnlichkeit, da weite Teile der angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise zwischen beiden Getränken nicht unterscheiden. Zwischen den übrigen Waren der Klasse 32 und Mineralwässern besteht zum Teil überdurchschnittliche Ähnlichkeit. Die Ähnlichkeit mit den Waren der Klasse 33 ist allenfalls gering. Der genaue Ähnlichkeitsgrad kann für diese Entscheidung jedoch dahinstehen.

b) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist überdurchschnittlich. Zwar handelt es sich bei dem durch die Widerspruchsmarke geschützten Dreieck nur um eine einfache graphische Form. Diese ist jedoch in einer auffälligen Signalfarbe gehalten. Mit Rücksicht auf eine ca 100jährige Benutzung und Verwendung des Zeichens für hunderte von Millionen Abfüllungen jährlich kommt der Marke eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zu.

c) Die Marken sind gering ähnlich. Beim Vergleich der Ähnlichkeit der Marken ist zunächst auf deren Gesamteindruck abzustellen. In bildlicher Hinsicht besteht die angegriffene Marke aus einem großen, auf der Spitze stehenden Dreieck, das in dessen Mitte vom Schriftzug "Choleck" gekreuzt wird. Mangels jeglicher Beschränkungen muss bei der Prüfung der Markenähnlichkeit auch in Betracht gezogen werden, dass dieses Dreieck im selben Rot eingefärbt werden kann, wie die Widerspruchsmarke. Diese besteht aus einem auf einer Seite liegenden gleichschenkligen Dreieck, das signalrot eingefärbt ist. Eine unmittelbare Ähnlichkeit dieser Marken, mit der Folge, dass eine Marke für die andere gehalten werden könnte, besteht nicht, da der Schriftzug deutlich hervortritt und nicht zu übersehen ist. Es besteht jedoch die Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Bei dieser Ähnlichkeitsbetrachtung reicht es nicht aus, dass zwei Marken einen identischen Bestandteil aufweisen. Vielmehr kommt es darauf an, dass der übereinstimmende Teil Hinweischarakter auf die Widersprechende hat. Dies ist für diejenigen Fälle anerkannt, in denen der übereinstimmende Markenteil erhöht kennzeichnungskräftig ist. Dieser erhöht kennzeichnungskräftige Teil, ein rotes Dreieck, wurde - wenn auch in umgekehrter Form - in die angegriffene Marke übernommen. Dies führt zu einer gewissen Ähnlichkeit der Marken, die jedoch nur gering ist, weil dieser übereinstimmende Markenteil in umgedrehter Form verwendet ist.

Bei identischen und hochgradigst ähnlichen Waren und überdurchschnittlicher Kennzeichnungskraft besteht auch bei gering ähnlichen Marken die Gefahr von Verwechslungen und führt zur Schutzverweigerung für die Waren "eaux minerales et gazeuses". Im Übrigen kann die Gefahr von Verwechslungen ausgeschlossen werden.

2. Für die Auferlegung von Kosten (§ 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.

Winkler Sekretaruk Kruppa Hu Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3






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Az: 32 W (pat) 235/02


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