Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. April 2005
Aktenzeichen: 5 W (pat) 444/03

(BPatG: Beschluss v. 14.04.2005, Az.: 5 W (pat) 444/03)

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I Die Beschwerdeführerin und Antragsgegnerin ist Inhaberin des am 25. November 1998 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldeten und am 25. Februar 1999 mit der Bezeichnung Schalldämpferaufhängungund zwei Schutzansprüchen in die Rolle eingetragenen Gebrauchsmusters 298 21 049.

Die mit der Anmeldung des Gebrauchsmusters eingereichten und der Eintragung zugrundeliegenden Schutzansprüche 1 und 2 lauten:

1. Schalldämpferaufhängung, bestehend aus einem mehrfach abgekröpften bzw. abgebogenen Rohrprofilelement, an dessen einem Ende ein durchmessergrößerer Kopfabschnitt angestaucht ist, dadurch gekennzeichnet, dassder Kopfabschnitt als etwa pilzförmiges geschlossenes Kopfende (13) ausgebildet und das andere Ende (14, 141) durch Flachpressung verschlossen ist.

2. Schalldämpferaufhängung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dassdas abgeflachte Rohrprofilende (14) an seinem äußeren Ende (141) bereichsweise abdichtend zusammengepresst ist.

Die Antragstellerin hat am 25. Februar 2000 beim Deutschen Patent- und Markenamt Antrag auf Löschung des Gebrauchsmusters in vollem Umfang gestellt, da der Gegenstand der Schutzansprüche im Hinblick auf eine offenkundige Vorbenutzung in der Automobilbranche seit 1992 allgemein bekannt gewesen sei. Im Rahmen des Vortrags dazu wird u.a. auf das Fachbuch J. Flimm, Spanlose Formgebung, C. Hanser Verlag München, 6. Auflage 1990, S 202, 203 verwiesen.

Die Antragsgegnerin hat dem Löschungsantrag widersprochen.

Die Gebrauchsmusterabteilung I hat noch die JP 08-282 306 A ermittelt und in das Verfahren eingeführt. Am 2. Dezember 2002 hat sie das Gebrauchsmuster im Umfang des eingetragenen Schutzanspruchs 1 teilgelöscht. Die Gebrauchsmusterabteilung ist der Meinung, dass der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 durch den Gegenstand nach der JP 08-282 306 A und dem Fachwissen des Fachmanns aus dem zitierten Fachbuch nahegelegt sei.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde. Sie verteidigt das Gebrauchsmuster im Umfang der eingetragenen Ansprüche. Zur Begründung führt sie aus, dass der eingetragene Schutzanspruch 1 auf einem erfinderischen Schritt beruhe, da er durch den genannten Stand der Technik und die angebliche offenkundige Vorbenutzung nicht nahegelegt sei.

Die Beschwerdeführerin beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Gebrauchsmusterabteilung I - vom 2. Dezember 2002 in Ziffer 1 und 3 aufzuheben, soweit die Teillöschung des Gebrauchsmusters ausgesprochen wurde und den Löschungsantrag insoweit zurückzuweisen.

Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie tritt dem Vorbringen der Beschwerdeführerin entgegen und hält den Schutzanspruch 1 für nicht bestandsfähig.

Der Senat hat noch die FR 2 751 697 ermittelt und in das Verfahren eingeführt.

II Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Löschungsantrag ist begründet, denn der geltend gemachte Löschungsanspruch aus § 15 Abs 1 Nr 1 GebrMG ist gegeben. Das Gebrauchsmuster ist im Umfang des Schutzanspruchs 1 nicht schutzfähig.

1. Das Gebrauchsmuster betrifft eine Schalldämpferaufhängung. In der Beschreibungseinleitung ist ausgeführt, dass solche Schalldämpferaufhängungen einerseits am Fahrzeug und andererseits an der Schalldämpferanlage befestigt würden. Aus Gewichtsgründen fänden für derartige Aufhängungen Rohrprofilelemente Verwendung. Da diese aus Kostengründen aus herkömmlichem Stahl hergestellt würden, müssten sie zum Korrosionsschutz beschichtet werden. Die Beschichtung laufe jedoch in das Profilelement hinein, woraus ein erhöhter Beschichtungsaufwand und eine lange Aushärtezeit folge. Außerdem habe es sich herausgestellt, dass die Schalldämpferaufhängungen bei hohen Fahrzeuggeschwindigkeiten Geräusche erzeugen würden, die störend seien.

Das dem Gebrauchsmuster zugrundeliegende technische Problem besteht daher darin, eine Schalldämpferaufhängung vorzuschlagen, deren Ende(n) in fertigungstechnisch einfacher Weise verschlossen ist (sind).

Dieses Problem soll durch die unter Schutz gestellte Lehre gelöst werden.

2. Der Gegenstand des eingetragenen Schutzanspruchs 1 ist zwar unstreitig neu, er beruht jedoch nicht auf einem erfinderischen Schritt. Diese Lösung zu finden übersteigt nicht die Routine des Fachmanns.

Fachmann ist hier ein Ingenieur des Maschinenbaus, Vertiefungsrichtung Kraftfahrzeugtechnik, mit beruflicher Erfahrung auf dem Gebiet der Schalldämpfer und deren Aufhängungen.

Die Beschwerdeführerin und die Beschwerdegegnerin sind sich einig, dass es zum Zeitpunkt der Gebrauchsmustereintragung als Stand der Technik Schalldämpferaufhängungen gegeben hat, die aus einem mehrfach abgekröpften bzw abgebogenen Rohrprofilelement bestanden, an dessen einem Ende ein durchmessergrößerer Kopfabschnitt angestaucht war (Oberbegriff des Schutzanspruchs 1), wobei der Kopfabschnitt als etwa pilzförmiges Ende ausgebildet war. Dieser Stand der Technik ist zwar druckschriftlich nicht nachgewiesen, wird aber von den Parteien unstreitig als Ausgangspunkt für den Schutzanspruch 1 angesehen.

Wenn der Fachmann feststellt, dass eine solche aus herkömmlichem Stahl hergestellte Schalldämpferaufhängung einen erhöhten Beschichtungsaufwand beim Korrosionsschutz erfordert und dass die beidseitig offene Schalldämpferaufhängung bei hohen Fahrzeuggeschwindigkeiten störende Geräusche erzeugt, so gelangt er ohne weiteres zu der dem Gebrauchsmuster zugrundeliegenden Aufgabe, eine Schalldämpferaufhängung vorzuschlagen, deren beide Enden in fertigungstechnisch einfacher Weise verschlossen sind.

Zur Lösung dieser Aufgabe muss er also sowohl den angestauchten Kopfabschnitt der als bekannt vorausgesetzten Schalldämpferaufhängung, der zur Befestigung der Aufhängung an einem Schwingungsdämpfungselement dient, als auch das andere Ende des Rohrprofilelements verschließen. Die fertigungstechnisch einfachste Verschlussmöglichkeit für das andere Ende des Rohrprofilelements ist das Flachpressen des Endes. Ein derartiger Rohrverschluss ist dem Fachwissen des Fachmanns zuzurechnen. Da die pilzförmige Form des Kopfabschnitts fertigungstechnisch bereits durch Anstauchen, also spanlose Formgebung erzielt wird, sieht sich der Fachmann für den Verschluss des Kopfabschnitts auf dem allgemeinen Gebiet der spanlosen Umformung um und stößt dort auf das Fachbuch von J. Flimm, "Spanlose Formgebung". Diesem Fachbuch ist neben dem verwendeten Verfahren zur Herstellung des gattungsgemäßen pilzförmigen Kopfabschnitts (vgl S 202, Verfahrensbezeichnung c) Stauchen Flanschpressen) auch auf Seite 203 unter "Verfahrensbezeichnung h) Zudrücken im Gesenk" zu entnehmen, dass ein Rohrprofilelement an seiner offenen Seite vollständig geschlossen werden kann. Der Fachmann greift diese Anregung auf und ermittelt erforderlichenfalls durch einfache Versuche geeignete Formen für Stempel und Pressbuchse, um das pilzförmige Kopfteil der Schalldämpferaufhängung dicht zu verschließen.

Selbst wenn der Fachmann zur Verhinderung der Korrosion der Schalldämpferaufhängung zunächst den Weg gewählt hätte, die vorbekannte Aufhängung aus einem nicht rostenden Stahl herzustellen, so würde er erkennen, dass das Problem der Geräuschbildung weiterhin bestünde. Er würde zur Lösung dieses verbleibenden Problems zu der naheliegenden Erkenntnis gelangen, die Enden der Schalldämpferaufhängung zu verschließen. Mit dieser Erkenntnis gelänge er aber auch wieder, wie zuvor ausgeführt, zu der beanspruchten Lösung nach Schutzanspruch 1. Da im Schutzanspruch 1 für das Rohrprofilelement kein bestimmter Werkstoff beansprucht wird, kann der Fachmann die Lösung auf eine Schalldämpferaufhängung aus nicht rostendem Stahl übertragen, oder aber wieder zu der Lösung aus herkömmlichem Stahl zurückkehren. Dann muss er die Schalldämpferaufhängung wieder gegen Korrosion schützen. Bei diesem Korrosionsschutz ist dann der Fertigungsaufwand klein, da nunmehr kein Beschichtungsmaterial in das geschlossene Rohrprofilelement läuft.

Der Schutzanspruch 1 hat keinen Bestand. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs 3 Satz 2 GebrMG iVm § 84 Abs 2 PatG und § 97 Abs 1 ZPO. Die Billigkeit erfordert keine andere Entscheidung.

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BPatG:
Beschluss v. 14.04.2005
Az: 5 W (pat) 444/03


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