Landgericht Bonn:
Urteil vom 29. Oktober 2012
Aktenzeichen: 1 O 89/12

(LG Bonn: Urteil v. 29.10.2012, Az.: 1 O 89/12)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist ein in T wohnender Rechtsanwalt. Er betreibt im nahe gelegenen B eine Rechtsanwaltskanzlei. Dort beschäftigt er zwei weitere Rechtsanwälte als freie Mitarbeiter. Die Kanzleiräume in B verfügen über einen Festnetzanschluss, der von der Beklagten bereitgestellt wird.

Am Wohnort des Klägers in T verfügte der Kläger im Jahr 2008 ebenfalls über einen Festnetzanschluss, der von der Beklagten bereitgestellt wurde. Seine anwaltliche Tätigkeit übte der Kläger in seiner Kanzlei in B aus. In den einschlägigen Telefonbüchern "Das Örtliche" sowie in den "Gelben Seiten" zu T wurde jedoch auch die Festnetznummer des Klägers an seiner Privatanschrift in T mit Zusatz "Rechtsanwalt". Anrufe auf diese Nummer wurden auf die Mobilfunktelefonnummer des Klägers umgeleitet, wenn sich der Kläger nicht in T aufhielt.

Im Jahr 2008 kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen den Parteien über die angebliche Bestellung des Produkts der Beklagten "U". Der Kläger war der Auffassung dieses Produkt nicht bestellt zu haben. Die Beklagte war der Auffassung, dass ein entsprechender Vertrag zustande gekommen war. Die Auseinandersetzung nahm der Kläger zum Anlass den Vertrag über den Festnetzanschluss an seiner T Wohnanschrift zu kündigen. Er beabsichtigte den Wechsel zu dem Anbieter J AG. Hierzu erklärte er unter dem 13.11.2008 die Kündigung seines Telefonanschlusses bei der Beklagten über die J AG. Als Terminwunsch wählte der Kläger die vorgegebene Option "Frühstmöglich". Die Vertragskündigung ging bei der Beklagten am 14. November 2008 ein. Sie bestätigte die Kündigung mit Schreiben vom 21. November 2008 zum Ablauf der Mindestvertragslaufzeit am 14. April 2010. Mit Schreiben vom 01.12.2008 erklärte die Beklagte dann, dass der Termin für die Kündigung auf den 03. Dezember 2008 vorgezogen werde.

Der Kläger wandte sich daraufhin an die auf dem Schreiben angegebene Servicenummer und führte ein Gespräch mit einem Mitarbeiter der Beklagten. Der Kläger erklärte in dem Gespräch, dass er eine einstweilige Verfügung beantragen wolle, sofern die Beklagte tatsächlich den Telefonanschluss zum 03.12. sperre. Der Mitarbeiter der Beklagten erklärte, dass er sofort abklären werde und dafür Sorge tragen werde, dass es zu keiner Telefonsperre komme.

Tatsächlich stellte der Kläger am Abend des 03.12.2008 gegen 19.00 Uhr fest, dass ein Telefonieren unter dem Festnetzanschluss in T nicht mehr möglich war. Durch eine Nachfrage bei einer Verwandten konnte er feststellen, dass auch eine Verbindung von außen zu dem Festnetzanschluss nicht mehr möglich war.

Der Kläger beantragte daraufhin am 04.12.2008 beim Amtsgericht C den Erlass einer einstweiligen Verfügung, durch die die Beklagte verpflichtet werden sollte, die Rufnummer in T wieder einzurichten und freizuschalten. Eine entsprechende einstweilige Verfügung erließ das Amtsgericht C am 10.12.2008, Aktenzeichen # C ...#/... Die einstweilige Verfügung wurde auf den Widerspruch der Beklagten hin durch Urteil des Amtsgerichts C vom 16.01.2009 bestätigt. Zugleich erließ das Amtsgericht C auf Antrag des Klägers Zwangsmittelbeschluss gegen die Beklagte. Das Urteil des Amtsgerichts C vom 16.01.2009 wurde auf die Berufung der Beklagten hin durch Beschluss des Landgerichts C vom 14.04.2009 bestätigt.

Zu einer Wiedereinrichtung des Festnetzanschlusses des Klägers in T kam es sodann erst mit Ablauf des 22.04.2009. Insgesamt konnte der Kläger somit in einem Zeitraum von 140 Tagen zwischen dem 03.12.2008 und dem 22.04.2009 seinen Festnetzanschluss in T nicht nutzen. Der Kläger behauptet, ihm sei durch die Nichterreichbarkeit an seiner Wohnanschrift für den Zeitraum vom 03.12.2008 bis zum 31.12.2011 ein Gewinn in Höhe von 9.399,51 € entgangen. In dem Zeitraum der Sperre seien ihm mindestens 20 Neumandate entgangen, die er sonst über die Ter Telefonnummer generiert hätte. Ihm sei allein dadurch in dem genannten Zeitraum ein täglicher Gewinn von 52,27 € entgangen. Darüber hinaus wirke die Nichterreichbarkeit in der Zeit vom 03.12.2008 bis zum 22.04.2009 auch zukünftig fort. Ihm entgehe weiterer Gewinn für den Zeitraum bis zu seinem geplanten Ruhestand ab dem 28.02.2035.

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte sei beweisbelastet dafür, dass ihm ein geringerer Schaden als von ihm behauptet entstanden sei und zukünftig entstehe, da sie pflichtwidrig Beweisvereitelung betrieben habe, indem sie nicht festgehalten habe, wer im fraglichen Zeitraum versucht habe, die Ter Telefonnummer zu erreichen.

Der Kläger beantragt,

1. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Schadensersatz in Form von entgangenem Gewinn vor Steuern im Zeitraum 03.12.2008 bis 31.12.2011 in Höhe von 9.399,51 € (i.W.: Euro Neuntausenddreihundertneunundneunzig 51/110) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vom 07.05.2009 bis zur Rechtshängigkeit aus 8.000,00 € und seit Rechtshängigkeit aus 9.399,51 € zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen weiteren Schadensersatzanspruch in Form des Gewinns vor Steuern aufgrund der rechtswidrigen und vertragswidrigen Komplettsperrung des Festnetzanschlusses des Klägers unter der Rufnummer ...#/... vom 03.12.2008 bis zum 22.04.2009 für den Zeitraum 01.01.2012 bis 28.02.2035 zu bezahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger die außergerichtlichen - nicht festsetzbaren Kosten der Rechtsverfolgung - in Höhe von 1.820,00 € ohne gesetzliche Mehrwertsteuer (i.W.: Euro eintausendachthundertzwanzig 00/100 ohne gesetzliche Mehrwertsteuer) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz sei Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, sie habe keine Sperrung des Festnetzanschlusses des Klägers in T vorgenommen. Die Festnetzrufnummer sei vielmehr auf das Telekommunikationsunternehmen B2 dessen sich die J AG bedient, übertragen worden. Sie ist der Ansicht zur Übertragung vor dem 14.04.2010 sei sie auch aufgrund des Terminwunsches des Klägers "frühstmöglich" berechtigt gewesen. In der Folge habe sich die Rückportierung der Rufnummer des Klägers aufgrund der einstweiligen Verfügung als schwierig und langwierig erwiesen, da die Klägerin hierzu auf die Mitwirkung des von B2 und der J AG angewiesen gewesen sei. Die Beklagte bestreitet ferner, dass dem Kläger durch die vorübergehende Nichterreichbarkeit an seiner Ter Telefonnummer ein Gewinn entgangen sei.

Der Kläger hat zunächst Klage erhoben zur Handelskammer des Landgerichts C. Durch Beschluss der 1. Kammer für Handelssachen vom 24.02.2012 ist der Rechtsstreit an die allgemeine Zivilkammer des Landgerichts C verwiesen worden, Aktenzeichen ... O .../...

Gründe

Die Klage ist zulässig aber unbegründet.

I.

Der Zulässigkeit der Klage steht insbesondere nicht § 256 ZPO entgegen. Der Kläger behauptet ein konkretes Rechtsverhältnis zwischen den Parteien aus dem sich zukünftige Schadensersatzansprüche des Klägers ergeben sollen. Dies genügt grundsätzlich im Rahmen des § 256 ZPO. Ob dieses behauptete Rechtsverhältnis tatsächlich besteht ist eine Frage der Begründetheit. Der Kläger hat auch ein schutzwürdiges Interesse an der alsbaldigen Feststellung dieses von ihm behaupteten Rechtsverhältnisses. Dieses ergibt sich schon aus dem Gesichtspunkt der drohenden Verjährung.

II.

Die Klage ist unbegründet.

1.

Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch steht dem Kläger unter keinem ersichtlich rechtlichen Gesichtspunkt zu. Ein solcher Schadensersatzanspruch folgt insbesondere nicht aus §§ 280 Abs. 3, 281 BGB wegen einer Verletzung des zwischen den Parteien ursprünglich bestehenden Telekommunikationsvertrages.

Hierbei kann offen bleiben, ob die Nichterreichbarkeit des Festnetzanschlusses des Klägers in der Zeit vom 03.12.2008 bis zum 22.04.2009 auf einer Pflichtverletzung der Beklagten beruhte oder ob dieser aufgrund des Terminwunsches des Klägers die Festnetznummer berechtigterweise zu diesem Zeitpunkt portiert hat. Es fehlt jedenfalls an einem Schaden des Klägers.

Gemäß § 252 BGB ist entgangener Gewinn nur soweit zu ersetzen wie er nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte. Dass dem Kläger ein derartiger Gewinn entgangen ist hat dieser nicht schlüssig dargelegt.

Entgegen seiner im Verfahren vertretenen Auffassung ist der Kläger für die Anknüpfungstatsachen, die zur Schätzung des entgangenen Gewinns im Rahmen von § 252 BGB notwendig sind, voll darlegungs- und beweisbelastet. Eine Beweislastumkehr findet nicht statt. Eine Beweislastumkehr aufgrund von Beweisvereitelung setzt voraus, dass ein missbilligendes Verhalten des Beweisgegners festzustellen ist vor oder während des Prozesses durch welchen die Beweisführung unmöglich gemacht oder erschwert wird. Ein solches missbilligendes Verhalten liegt insbesondere dann nicht vor, wenn für das Verhalten der Partei verständliche Gründe angeführt werden können (BGH NJW-RR 96, 1534).

Gemessen hieran ist in der Nichtspeicherung von Anrufversuchen auf die Festnetznummer des Klägers in T durch die Beklagte keine Beweisvereitelungshandlung zu sehen. Gem. § 97 Abs. 2 TKG ist die Beklagte verpflichtet, für die Abrechnung nicht erforderliche Verkehrsdaten unverzüglich zu löschen. Daraus folgt die Verpflichtung der Beklagten die von dem Kläger begehrten Informationen gar nicht erst zu speichern, da es für die Abrechnung von Telefonanrufen nicht erforderlich ist, gescheiterte Anrufversuche auf einer nicht erreichbaren Telefonnummer zu protokollieren. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang auch von Bedeutung, dass die Beklagte nach ihrem Vortrag gar nicht mehr im Besitz der entsprechenden Rufnummer war, da sie diese an die B2 portiert habe. Trifft dies zu, hätte sie schon aus tatsächlichen Gründen die vom Kläger begehrte Protokollierung nicht leisten könne.

Für die Voraussetzungen einer Beweislastumkehr wegen Beweisvereitelung ist jedoch der Kläger darlegungs- und beweisbelastet. D.h. er müsste insoweit nachweisen, dass die von der Beklagtenseite behauptete Portierung nicht stattgefunden hat. Hierzu fehlt es an entsprechenden Beweisantritten. Insoweit ist somit für die Frage der Beweislastumkehr wegen Beweisvereitelung vom Beklagtenvortrag auszugehen. War jedoch die Nummer portiert, konnte die Beklagte schon allein aus technischen Gründen nicht protokollieren, wer versucht diese Nummer zu erreichen.

Den dem Kläger obliegenden Beweis eines entgangenen Gewinnes im Sinne von § 252 BGB hat der Kläger nicht erbracht. Er trägt einen solchen entgangenen Gewinn nicht schlüssig vor.

Der Kläger trägt insbesondere nicht vor, welche konkreten Mandate ihm in der Zeit der Nichterreichbarkeit entgangen sein sollen.

Aus der als Anlage K 35 vorgelegten Übersicht von Neumandatierungen pro Monat ergibt sich ferner kein Rückgang der Neumandatierungen im fraglichen Zeitraum Dezember 2008 bis April 2009. Aus der Liste ergibt sich eine Gesamtzahl von neuen Mandaten von Anfang Dezember 2008 bis Ende April 2009 von insgesamt 226. Dies entspricht dem Umfang von Neumandatierungen in den Vergleichszeiträumen. So weist die Übersicht für den Zeitraum Dezember 2007 bis April 2008 lediglich 215 Neumandate auf. Für den Zeitraum Dezember 2009 bis April 2010 weist die Übersicht 230 Neumandate auf. Der dazwischenliegende streitgegenständliche Zeitraum von Dezember 2008 bis April 2009 liegt somit mit 226 Mandaten im Rahmen des zu Erwartenden. Insbesondere ist nicht ersichtlich, warum in diesem Zeitraum statt der tatsächlich erzielten 226 Neumandatierungen 246 Neumandatierungen erreicht worden wären ohne die zeitweise Nichterreichbarkeit des Klägers, wie vom Kläger behauptet.

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass nach der Kläger in den Zeiträumen Dezember 2010 bis April 2011 252 Neumandatierungen und im Zeitraum Dezember 2006 bis April 2007 243 Neumandate erreicht haben will. Zwischen diesen weiteren Zeiträumen und dem streitgegenständlichem Zeitraum liegen jeweils zwei Jahre. Aus den in diesen Zeiträumen genierten Mehrmandaten lassen sich somit keine belastbaren Schlüsse ziehen, da die zeitnäheren Vergleichszeiträume Dezember 2007 bis April 2008 und Dezember 2009 bis April 2010 zeigen, dass auch ohne Sperrung des Ters Festnetzanschlusses erheblich geringere Neumandatierungszahlen auftreten können.

Ebenso ergibt sich aus den vom Kläger vorgetragenen Umsatzzahlen keine belastbaren Anhaltspunkte für einen tatsächlich entgangen Gewinn. Selbst wenn der Kläger - wie er behauptet - stets Vorschuss verlangt, so dass die Neumandatierungen unmittelbar umsatzwirksam werden würden, ergäben sich aus den vorgetragenen Umsatzzahlen keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass ohne die zeitweise Nichterreichbarkeit auf seinem Privatanschluss nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge höhere Umsätze zu erwarten gewesen wären.

Aus den als Anlage K 35 vorgelegten betriebswirtschaftlichen Auswertungen ergeben sich folgende Umsätze aus Mandatsgebühren:

2006/2007

2007/2008

2008/2009

2009/2010

2010/2011

Dezember

18.020,94 €

15.981,33 €

16.335,63 €

29.087,56 €

24.286,49 €

Januar

21.057,16 €

20.924,15 €

23.891,00 €

18.996,21 €

21.252,53 €

Februar

19.230,69 €

19.966,63 €

18.644,13 €

19.027,25 €

27.642,96 €

März

16.761,60 €

18.217,53 €

21.693,72 €

30.331,06 €

25.208,12 €

April

17.556,12 €

27.863,29 €

18.372,83 €

16.937,57 €

21.769,79 €

Summe

92.626,51 €

102.952,93 €

98.937,31 €

114.379,65 €

120.159,89 €

In den Auswertungen darüber hinaus aufgeführte Erlöse aus sonstiger betrieblicher Tätigkeit und ebenso dort aufgeführte sonstige Erlöse hat die Kammer hierbei unberücksichtigt gelassen, da weder schlüssig vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass solche Erlöse etwas mit Neumandatierungen zu tun hätten.

Aus den Zahlen ergibt sich, dass es dem Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum Dezember 2008 bis April 2009 in drei von fünf Monaten gelungen ist, den Umsatz aus Gebühren gegenüber dem Vergleichszeitraum des jeweiligen Vorjahres zu steigern, dies z.T. deutlich.

Soweit sich für den Zeitraum Dezember 2008 bis April 2009 ein geringerer Gesamtumsatz aus Mandatsgebühren als für den Vergleichszeitraum 2007/2008 ergibt, liegt dies allein an dem außergewöhnlich umsatzstarken April 2008. Die in diesem Monat erlösten 27.863,29 € konnte der Kläger in keinem anderen April der vorgetragenen fünf Geschäftsjahre auch nur annähernd erreichen.

Auch der Vergleich mit dem Zeitraum Dezember 2009 bis April 2010 ergibt, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum in immerhin 2 von 5 Vergleichsmonaten höhere Umsätze aus Gebühren als 2009/2010 erzielen konnte.

Soweit der Gesamtumsatz aus Gebühren für Dezember 2009 bis April 2010 den Gesamtumsatz aus dem streitgegenständlichen Zeitraum übersteigt, liegt dies an den Monaten Dezember 2009 und März 2010, die einen atypischen Umsatz aufweisen, der alle vorgetragene Monaten deutlich übersteigt. Augenfällig ist insbesondere, dass die angrenzenden Monate eklatant geringer Umsätze aufweisen. Die Annahme liegt daher nahe, dass in diesen Monat besondere, ergebniswirksame Ereignisse vorlagen, so dass aus diesen Monaten nicht auf den Gewinn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge im Sinne von § 252 Satz 2 BGB geschlossen werden kann.

Auffällig ist ferner, dass der Kläger im streitgegenständlichen Januar 2009, deutlich höhere Erlöse erzielt hat, als in jedem anderen vorgetragenen Januar.

Dem Kläger ist im Übrigen auch kein Mindestschaden zuzusprechen, da ein solcher nicht feststellbar ist. Dass dem Kläger im fraglichen Zeitraum durch seine teilweise Nichterreichbarkeit unter der Ter Nummer auch nur ein Mandat, das er zusätzlich mit Gewinn hätte bearbeiten können oder durch seine Mitarbeiter hätten bearbeiten lassen können, entgangen ist, ist aufgrund der von Klägerseite vorgetragenen Zahlen nicht ersichtlich.

Derartiges folgt auch nicht aus der allgemeinen Lebenserfahrung. Wie zwischen den Parteien unstreitig ist, war der Kläger während der ganzen fraglichen Zeit unter seiner Ber Kanzleinummer erreichbar. Darüber hinaus war er auch über seine Mobilfunknummer erreichbar. Seine Mobilfunknummer war auch im "Örtlichen" für T neben seiner zeitweise nicht erreichbaren Festnetznummer verzeichnet. In den Gelben Seiten für T fanden sich sogar neben seiner zeitweise nicht erreichbaren Festnetznummer in T die Festnetznummer der Ber Kanzlei und seine Mobilfunknummer.

Es ist daher nachvollziehbar und wahrscheinlich, dass potentielle Mandanten, die versucht haben ihn auf seiner Festnetznummer zu erreichen, es sodann auf seiner Mobilfunknummer oder auf seiner Ber Kanzleinummer versucht haben, so dass es letztendlich zu einer Mandatierung gekommen ist. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass Störungen des Telefonnetzes und die Nichterreichbarkeit eines Teilnehmers in Zeiten des Mobilfunkes nicht ungewöhnlich sind. Die wenigsten Telefonnutzer dürften sich darüber Gedanken machen, dass die alltägliche Erfahrung der Nichterreichbarkeit eines Telefonanschlusses bei einer Festnetznummer deutlich ungewöhnlicher ist als bei einer Mobilfunknummer. Sie werden vielmehr wie allgemein üblich bei Nichterreichbarkeit unter einem bestimmten Kommunikationsweg schlicht einen anderen Kommunikationsweg versuchen.

2.

Ein Schadensersatzanspruch des Klägers besteht auch nicht für den Zeitraum vom 01.01.2012 bis zum 28.02.2035. Auch diesbezüglich ist ein entgangener Gewinn nicht schlüssig vorgetragen, so dass auch der Feststellungsantrag des Klägers abzuweisen war.

Es ergibt sich schon aus der Lebenserfahrung, dass die vom 03. Dezember 2008 bis 22.04.2009 bestehende Nichterreichbarkeit nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge im Jahr 2012 und danach, erst Recht bis zum Jahr 2035, keine finanziellen Auswirkungen mehr haben kann. Soweit sich ein potentieller Mandant überhaupt daran erinnern sollte, dass der Kläger vor Jahren nicht auf seiner privaten Festnetznummer in T erreichbar gewesen war, dürfte ihn das nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge kaum von einer Mandatierung abhalten.

Soweit der Kläger geltend macht, dass ihm in dem fraglichen Zeitraum ein außergewöhnliches, dauerhaft ergebniswirksames Mandat entgangen sein könnte, führt auch dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Gem. § 252 S. 2 BGB ist nur derjenige entgangene Gewinn als Schaden zu ersetzen der nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Die bloße abstrakte Möglichkeit eines solchen neuen, dauerhaft ergebniswirksamen Mandatsverhältnisses genügt somit zur Schadensdarlegung nicht.

3.

Da der Hauptanspruch nicht gegeben ist, besteht auch kein Anspruch auf Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Gleiches gilt für die geltend gemachten Zinsansprüche.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 BGB; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.






LG Bonn:
Urteil v. 29.10.2012
Az: 1 O 89/12


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