Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 15. September 2008
Aktenzeichen: AnwZ (B) 46/07

(BGH: Beschluss v. 15.09.2008, Az.: AnwZ (B) 46/07)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die Bundesgerichtshof Entscheidung vom 15. September 2008 mit dem Aktenzeichen AnwZ (B) 46/07 bestätigt den Beschluss des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 15. Dezember 2006. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers wurde zurückgewiesen. Der Antragsteller muss die Kosten des Rechtsmittels tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen erstatten. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Der Antragsteller war seit 1995 als Rechtsanwalt zugelassen, wurde aber im Jahr 2000 erneut zugelassen. Die Antragsgegnerin widerrief jedoch seine Zulassung aufgrund eines Vermögensverfalls gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO). Der Anwaltsgerichtshof wies den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Widerruf ab. Dagegen legte der Antragsteller sofortige Beschwerde ein.

Das Rechtsmittel ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft wurde zu Recht widerrufen. Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO muss die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft widerrufen werden, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall gerät und dadurch die Interessen der Rechtsuchenden gefährdet sind. Diese Voraussetzungen waren bei Erlass der Widerrufsverfügung erfüllt.

Der Antragsteller war in ungeordnete finanzielle Verhältnisse geraten und konnte seinen Verpflichtungen nicht nachkommen. Es wurden Schuldtitel erwirkt und erfolglose Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen ihn durchgeführt. Zum Zeitpunkt des Widerrufs wurden Zwangsvollstreckungen von elf Gläubigern gegen den Antragsteller wegen Forderungen in Höhe von über 10.000 € betrieben. Darüber hinaus bestand konkrete Gefährdung von Mandantengeldern durch Pfändungsbeschlüsse gegen das Geschäftskonto des Antragstellers.

Es wurde kein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes festgestellt. Der Antragsteller konnte keine Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse nachweisen. Er beglich einige Forderungen, jedoch nicht die noch offenen Beträge. Es wurden auch nach Erlass des Widerrufsbescheids weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen ihn eingeleitet. Die Interessen der Rechtsuchenden waren durch den Vermögensverfall weiterhin gefährdet. Es ergingen Strafbefehle wegen Untreue an Mandantengeldern gegen den Antragsteller.

Die Vorinstanz ist das Anwaltsgericht Hamm mit der Entscheidung vom 15. Dezember 2006, Aktenzeichen 1 ZU 92/06.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs bestätigt also den Widerruf der Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft aufgrund seines Vermögensverfalls, da die Interessen der Rechtsuchenden gefährdet waren.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BGH: Beschluss v. 15.09.2008, Az: AnwZ (B) 46/07


Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 15. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist erstmals 1995 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen worden. Nach zwischenzeitlichem Verzicht wurde er im Jahr 2000 erneut zugelassen. Die Antragsgegnerin widerrief mit Bescheid vom 13. Juli 2006 die Zulassung des Antragstellers gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls.

Der Anwaltsgerichtshof hat den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung des Antrags wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft ist zu Recht widerrufen worden.

1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlass der angegriffenen Verfügung erfüllt.

a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall sind die Erwirkung von Schuldtiteln und fruchtlose Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. vom 25. März 1991 - AnwZ (B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102; Beschl. vom 21. November 1994 - AnwZ (B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126; Beschl. v. 26. November 2002 - AnwZ (B) 18/01, NJW 2003, 577). Zum Zeitpunkt des Erlasses der Widerrufsverfügung betrieben elf Gläubiger (Nrn. 3, 5 bis 12, 14 und 15 der Prozessheftübersicht der Antragsgegnerin) Zwangsvollstreckungen gegen den Antragsteller wegen Forderungen in einer Gesamthöhe von über 10.000 €.

b) Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass der Widerrufsverfügung nicht vor. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern. Die S. KG (Nr. 10 der Prozessheftübersicht der Antragsgegnerin) hatte am 12. Juni 2006 und der Gläubiger St. K. (Nr. 15 der Prozessheftübersicht der Antragsgegnerin) hatte am 12. Juli 2006 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss für das Geschäftskonto des Antragstellers erwirkt, so dass konkret eine Gefährdung von auf diesem Konto eingehenden Fremdgeldern bestand.

2. Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356; 84, 149), liegt nicht vor.

a) Eine Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse hat der Antragsteller nicht dargetan. Zwar hat er einzelne Forderungen ganz oder teilweise erfüllt. Die zum Zeitpunkt des Widerrufs noch offenen Beträge hat er jedoch auch später nicht beglichen. Außerdem sind nach Erlass des Widerrufsbescheides weitere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, auch von vorher nicht bekannten Gläubigern, gegen ihn eingeleitet worden. Am 18. September 2006 hat er die eidesstattliche Versicherung abgegeben, so dass zwischenzeitlich auch der Vermutungstatbestand des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO gegeben ist. Zwar hat der Antragsteller nunmehr sein Hausgrundstück in H. , B. weg 2, verkauft; aus dem Kaufpreis sind die Forderungen der dinglich gesicherten Gläubiger beglichen worden. Der restliche Kaufpreis steht laut notariellem Kaufvertrag seiner Mutter zu; diese hat ihm zwecks Tilgung seiner Schulden ausweislich des vom Antragsteller vorgelegten Darlehensvertrages ein Darlehen in Höhe von 35.000 € gewährt. Dennoch hat der Antragsteller hinsichtlich der sonstigen offenen Forderungen, die sich auf über 40.000 €, zum Teil zuzüglich Zinsen und Kosten summieren, innerhalb der ihm im Senatstermin vom 21. April 2008 gesetzten Frist keinerlei Zahlung nachgewiesen.

b) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall nicht (mehr) gefährdet sind. Wie der Bestimmung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO zu entnehmen ist, geht der Gesetzgeber grundsätzlich von einer Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden aus, wenn sich der Rechtsanwalt in Vermögensverfall befindet; dies ist auch in aller Regel der Fall, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff von Gläubigern. Diese Gefahr hat sich auch bereits verwirklicht, wie die beiden gegen den Antragsteller ergangenen Strafbefehle vom 4. Januar 2007 und vom 3. Juli 2007 wegen Untreue an Mandantengeldern (siehe Nrn. 14 und 22 der Prozessheftübersicht der Antragsgegnerin) belegen. Dem Strafbefehl vom 3. Juli 2007 liegen Untreuehandlungen gegenüber zwei Mandanten mit Schadensbeträgen von jeweils über 10.000 € zugrunde.

Ganter Ernemann Frellesen Roggenbuck Hauger Wosgien Martini Vorinstanz:

AGH Hamm, Entscheidung vom 15.12.2006 - 1 ZU 92/06 -






BGH:
Beschluss v. 15.09.2008
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