Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Februar 2011
Aktenzeichen: 30 W (pat) 99/10

Tenor

1.

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patentund Markenamts vom 15. Oktober 2010 aufgehoben.

2.

Der Anmelderin wird Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Erinnerungsgebühr gewährt.

Gründe

I.

Die Anmelderin begehrt die Eintragung der Bezeichnung FleetPlan als Wortmarke für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 35, 39 und 42. Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent-Markenamts hat durch Beschluss vom 14. April 2010 die Anmeldung zurückgewiesen. Dieser Beschluss ist an die seinerzeit nicht vertretene Anmelderin ausweislich der Bestätigung der Postabsendestelle des Patentamts am 30. April 2010 an die Anmelderin abgesandt worden. Die durch ihre Vertreter eingelegte Erinnerung ging per Telefax am 3. Juni 2010 beim Patentamt ein, die Erinnerungsgebühr jedoch erst am 10. Juni 2010.

Nach Hinweis des Patentamts auf den verspäteten Zahlungseingang mit Schreiben vom 28. Juni 2010 hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 12. Juli 2010 die Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Erinnerungsgebühr beantragt und die zwischenzeitlich erstattete Erinnerungsgebühr erneut entrichtet. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Zahlungsanweisung für die Überweisung bereits am 31. Mai 2010 erteilt worden sei. Überweisungen würden nach Unterzeichnung aus der Unterschriftenmappe ins Bankfach verfügt und täglich direkt zur Bank gebracht; der Verlust könne nur dort eingetreten sein.

Die Markenstelle für Klasse 9 hat durch Beschluss vom 15. Oktober 2010 den Antrag auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen. Dem Vorbringen sei nicht zu entnehmen, dass die Zahlungsfrist ohne Verschulden versäumt worden sei; es fehle an einer geschlossenen Schilderung der tatsächlichen Abläufe in der Büroorganisation.

Gegen diesen am 22. Oktober 2010 zugestellten Beschluss hat die Anmelderin am 22. November 2010 Beschwerde eingelegt und zur Büroorganisation vorgetragen. Vorliegend sei die Überweisung am 28. Mai 2010 (Freitag) von der Rechtsanwaltsfachangestellten Frau P... geschrieben und ins Bankausgangsfach gelegt worden, damit die Überweisung am Montag, den 31. Mai 2010 morgens zur Bank gebracht werde. Rechtsanwalt H... habe am 31. Mai 2010 morgens das Vorhandensein der Überweisung im Bankausgangsfach kontrolliert und sich bei der zuständigen Mitarbeiterin Frau S... versichert, dass die Überweisungen zur Bank gebracht werden; Frau S... habe diese in den bei der Sparkasse aufgestellten Briefkasten auch eingeworfen. Frau S... sei seit 20 Jahren in der Kanzlei tätig und führe die gesamte Buchhaltung und den Zahlungsverkehr. Mittags habe Frau S... auf Rückfrage von Rechtsanwalt H... bestätigt, dass die Überweisungen zur Bank gebracht worden seien.

Zur Glaubhaftmachung hat die Anmelderin zwei eidesstattliche Versicherungen ihres Vertreters Rechtsanwalt H... vom 12. Juni 2010 und vom 22. November 2010 vorgelegt.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den Beschluss vom 15. Oktober 2010 aufzuheben und dem Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Erinnerungsgebühr stattzugeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache begründet. Der zulässig gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Erinnerungsgebühr ist mit den im Beschwerdeverfahren ergänzend vorgetragenen Tatsachen begründet.

Die Anmelderin hat die wegen des vorangegangenen Feiertags am 4. Juni 2010 abgelaufene Frist zur Zahlung der Erinnerungsgebühr versäumt. Die durch Banküberweisung entrichtete Erinnerungsgebühr ist erst am 10. Juni 2010 und somit verspätet eingegangen.

Wiedereinsetzung in eine versäumte Frist erhält gemäß § 91 Abs 1 Satz 1 MarkenG auf Antrag, wer ohne Verschulden verhindert war, dem Patentamt (oder dem Patentgericht) gegenüber eine Frist einzuhalten, deren Versäumung nach gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat.

Zwar hat das Deutsche Patentund Markenamt auf der Grundlage des zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegenden Sachvortrags die beantragte Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Erinnerungsgebühr zu Recht nicht gewährt, weil es an einer geschlossenen Darstellung aller Umstände fehlte, die den Schluss auf fehlendes Verschulden erlaubt hätten. Den maßgeblichen Sachverhalt hat die Anmelderin indessen im Beschwerdeverfahren in zulässiger Weise konkretisiert und vervollständigt (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 91 Rdn. 25). Damit hat die Anmelderin nunmehr hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht, dass sie ohne ein ihr zurechenbares Verschulden ihrer Vertreter verhindert war, die Frist zur Zahlung der Erinnerungsgebühr einzuhalten (vgl. § 91 Abs. 1 und 3 MarkenG).

Ohne Verschulden ist eine Fristversäumung erfolgt, wenn die übliche Sorgfalt aufgewendet worden ist, deren Beachtung im Einzelfall zumutbar war (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 91 Rdn. 11, 13, 15 m. w. N.).

Die Anmelderin hat vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass durch die Büroorganisation sichergestellt war, dass Zahlungen durch Überweisung fristgerecht erfolgen und im vorliegenden Fall die Überweisung für die Entrichtung der Erinnerungsgebühr am 31. Mai 2010 bei der Bank eingeliefert worden ist. Um davon ausgehen zu können, dass der Überweisende seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen ist, kommt es weiter darauf an, auf welche Laufzeit er zur Ausführung der Überweisung vertrauen durfte. Unter Heranziehung von § 675s Abs. 1 BGB kann heute bei inländischen Zahlungsaufträgen auf Eingang der Zahlung am Tag nach Zugang vertraut werden (vgl. BPatG 10 W (pat) 715/02 zu § 676a Abs. 2 Nr. 2 BGB a. F., veröffentlicht auf der Homepage des Gerichts). Somit durften die Vertreter der Anmelderin darauf vertrauen, dass bei der am 31. Mai 2010, einem Montag, bei der Bank abgegebenen Überweisung Gutschrift bis zum Fristablauf am 4. Juni 2010 erfolgen werde.

Nach dem von der Antragstellerin glaubhaft gemachten Geschehensablauf liegt eine nicht aufklärbare Verzögerung im Zahlungsverkehr der Bank vor, was unverschuldet ist.

Die Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr hat der Senat geprüft. Besonders Umstände, die den Einbehalt als unbillig erscheinen lassen, etwa Verfahrensfehler des Patentsamts, liegen nicht vor. Erst im Beschwerdeverfahren sind die den Wiedereinsetzungsantrag begründenden Tatsachen ergänzend vorgetragen worden.

Prof. Dr. Hacker Winter Hartlieb Cl






BPatG:
Beschluss v. 17.02.2011
Az: 30 W (pat) 99/10


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