Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. März 2005
Aktenzeichen: 28 W (pat) 387/03

(BPatG: Beschluss v. 16.03.2005, Az.: 28 W (pat) 387/03)

Tenor

Die Beschwerde des Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die für Waren und Dienstleistungen der Klassen 7, 9 und 42, darunter "Umformmaschinen ... für die Herstellung ... von dreidimensional im Raum verlaufenden Rohren, Drähten, Schläuchen und Profilen aller Art ...." am 21. August 2000 eingetragene Marke "Tubexpert" ist aus der prioritätsälteren Marke 398 23 895 "TubeXpert" Widerspruch erhoben worden, die seit dem 6. November 2001 ua. für "Software zur Erstellung ... von Rohr-, Draht- oder Schlauchkonstruktionen, ... zum Erzeugen von Biegedaten und zur Kommunikation mit Messmaschinen und Biegemaschinen ..." eingetragen (allerdings falsch bekannt gemacht worden!) ist.

Die Markenstelle hat dem Widerspruch teilweise stattgegeben und die Löschung der angegriffenen Marke hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 42 gelöscht. Der weitergehende, gegen die Waren der Klasse 7 gerichtete Widerspruch ist mangels Warenähnlichkeit zurückgewiesen worden. Dieser Beschluß ist allein von der Widersprechenden mit der Beschwerde angegriffen worden. Anträge sind nicht gestellt, eine Beschwerdebegründung ist nicht eingereicht worden. Die Markeninhaberin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet. Es besteht auch nach Auffassung des Senats im Umfang der Zurückweisung des Widerspruchs durch die Markenstelle keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Absatz 1 Nr 2 Markengesetz, da es hinsichtlich der im Streit verbliebenen Waren bereits an der für eine Verwechslungsgefahr erforderlichen Ähnlichkeit fehlt.

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Waren, bei denen es sich um spezielle Maschinen und für solche Maschinen bestimmte spezielle Hard- und Software handelt, sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihre Beschaffenheit, ihre regelmäßige betriebliche Herkunft, ihre regelmäßige Vertriebs- oder Erbringungsart sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte. Entscheidend ist somit, ob in Berücksichtigung aller dieser Faktoren die beiderseitigen Waren so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet sind. Entscheidend ist dabei, ob der Verkehr erwarten kann, dass die beiderseitigen Waren unter der Kontrolle desselben Unternehmens hergestellt oder vertrieben bzw erbracht werden, welches für ihre Qualität verantwortlich ist.

Bei Sachgesamtheiten wie sie die von der angegriffenen Marke beanspruchten Maschinen darstellen, kann nach der Rechtsprechung nur dann Warenähnlichkeit mit den in sie eingebauten Teilen angenommen werden, wenn diese nach der Verkehrsauffassung bestimmend für das Wesen der Sachgesamtheit sind und deshalb vom Verkehr als selbständige Waren des Herstellers der Sachgesamtheit gewertet werden. Diese Annahme liegt dabei allenfalls bei solchen Bestandteilen nahe, die den Kern der Sachgesamtheit bilden und für ihre Funktion wesensbestimmend sind. Das ist allgemein im Verhältnis von Maschinen zu EDV-Hard- und Software regelmäßig nicht der Fall, und zwar selbst dann, wenn die EDV-Komponenten speziell für den Einsatz in solchen Maschinen konzipiert sind, da der Verkehr gerade wegen des Einsatzes von Mitteln der elektronischen Datenverarbeitung in nahezu jedem Lebens- und Arbeitsbereich regelmäßig zwischen den jeweiligen Komplexen unterscheidet und - wenn es sich wie vorliegend um ausschließlich beteiligten Fachverkehr handelt - weiß, dass bei Maschinen die Grundfunktionsfähigkeit und damit die wesentlichen Arbeitsprozesse vorrangig durch den Einsatz der mechanischen Maschinenelemente und weniger durch die in Steuerungselementen enthaltenen Datenprogramme bestimmt werden.

Eine andere markenrechtliche Beurteilung der Warenähnlichkeit käme allenfalls in Betracht, wenn dies auf dem vorliegenden Warengebiet durch besondere Umstände geboten wäre. So wäre denkbar, dass der Einsatz der von der angegriffenen Marke beanspruchten Maschinen eine genaue und stufenweise Abstimmung der aufeinanderfolgenden Arbeitsprozesse erfordert und das optimale Zusammenspiel aller Parameter im Fertigungsprozess nur durch eine umfangreiche Steuerung erreicht werden kann. Falls der Widersprechende sich auf solche Umstände berufen wollte, wäre es seine Aufgabe gewesen, entsprechende Tatsachen vorzutragen und darzulegen, weshalb der angegriffene Beschluß in diesem Punkt zu einem aus seiner Sicht unzutreffenden Ergebnis gekommen ist. Demgegenüber hat der Widersprechende noch nicht einmal behauptet, daß die Hardwarekomponenten für die Maschinen der Markeninhaberin und die auf diese Maschinen ausgerichteten Steuerungsprogramme etwa aus einer Hand angeboten werden oder dass dem Fachverkehr in dieser Branche eine Verbindung von Maschinen und individuellen Steuerungsprogrammen als Angebot auf dem Herstellermarkt bekannt ist. Unklar ist auch, ob die Steuerungsprogramme des Widersprechenden nach den jeweiligen Kundenwünschen individuell ausgestaltet werden und ob hierdurch ggfls. die Qualitätsvorstellung des Verkehrs über die Sachgesamtheit mitbestimmt wird, so dass mangels gegenteiliger Erkenntnisse und Vortrag davon auszugehen ist, dass der Verkehr die Steuerungsprogramme lediglich als Ausstattungs- bzw. Zubehörangebot im Zusammenhang mit dem Verkauf der Maschinen verstehen wird und nicht als gesondert und unabhängig vom Kauf einer Textilmaschine beim Maschinenhersteller zu beziehende Einzelware.

Mangels Vorliegen einer markenregisterrechtlich relevanten Warenähnlichkeit sind mithin Verwechslungen im rechtserheblichen Ausmaß nicht zu befürchten, so dass der Widerspruch insoweit zurecht zurückgewiesen worden ist und die insoweit erhobene Beschwerde keinen Erfolg haben konnte.

Zu einer Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen besteht keine Veranlassung (§ 71 Abs 1 Satz 1 MarkenG).

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BPatG:
Beschluss v. 16.03.2005
Az: 28 W (pat) 387/03


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