Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. September 2003
Aktenzeichen: 17 W (pat) 2/02

(BPatG: Beschluss v. 30.09.2003, Az.: 17 W (pat) 2/02)

Tenor

Die Beschwerde des Patentinhabers wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Auf die Anmeldung wurde die Erteilung des Patents (nachfolgend Streitpatent genannt) mit der Bezeichnung

"Vorrichtung zum Lesen von Chipkarten"

am 25. Juli 1996 veröffentlicht.

Gegen das Streitpatent wurde Einspruch eingelegt.

Im Einspruchsverfahren hat der Patentinhaber durch die am 29. April 1997 eingegangene Erklärung das Streitpatent geteilt. Die hierbei entstandene Teilungsanmeldung P 43 45 430.5 wurde mit Schriftsatz vom 20. August 1997 fallengelassen und gleichzeitig das Streitpatent erneut geteilt (P 43 45 451.8). Auf die zuletzt genannte Teilungsanmeldung wurde die Patenterteilung am 13. Juni 2002 veröffentlicht.

Das Streitpatent wurde durch Beschluß der Patentabteilung 53 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. September 2001 widerrufen. In der Beschlußbegründung ist ausgeführt, daß der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgehe, in der sie ursprünglich eingereicht worden sei.

Gegen den Widerrufsbeschluß wendet sich der Patentinhaber mit seiner Beschwerde vom 30. Oktober 2001. Er verteidigt das Streitpatent mit drei Anspruchsfassungen.

Der geltende Anspruch 1 nach Hauptantrag lautet:

"Vorrichtung (3) zum Lesen von Chipkarten, insbesondere Kreditkartenmit einem die Chipkarte aufnehmenden Kanal (4), der einen Lesekopf (5) aufweist, wobei die Vorrichtung in einen Schlitz (Aufnahmekanal) (2) eines Computers (1) lösbar einschiebbar ist und der Schlitz des Computers zur Aufnahme von Modulen innen Kontakte aufweist, die mit Kontakten der Vorrichtung kontaktieren, dadurch gekennzeichnet, dass der Kanal (4) von einer Grundplatte (3a) und einem Plattenteil (3c)

sowie einem Endteil (3b) begrenzt ist, wobei die Längsseiten des Kanals (4) offenoder durch dünne Bänder oder Bleche verschlossen sind, wobei die Vorrichtung einen im Betrieb eingesteckten Bereich (6) umfasst, der in der Einsteckrichtung die überwiegende Länge der Längsrichtung der Vorrichtung ausmacht, und wobei sich an den eingesteckten Bereich (6) auf der den Kontakten der Vorrichtung gegenüberliegenden Seite ein kurzer Bereich (7) anschließt, der in der Höhe (H) und in der Breite (B) oder nur in der Breite (B) größer ist als die Höhe (HS) bzw. die Breite (BS) des Schlitzes (2). "

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 lautet:

"Vorrichtung (3) zum Lesen von Chipkarten, insbesondere Kreditkartenmit einem die Chipkarte aufnehmenden Kanal (4), der einen Lesekopf (5) aufweist, wobei die Vorrichtung in einen Schlitz (Aufnahmekanal) (2) eines Computers (1) lösbar einschiebbar ist und der Schlitz des Computers zur Aufnahme von Modulen innen Kontakte aufweist, die mit Kontakten der Vorrichtung kontaktieren, dadurch gekennzeichnet, dass der Kanal (4) von einer Grundplatte (3a) und einem Plattenteil (3c)

sowie einem Endteil (3b) begrenzt ist, wobei die Längsseiten des Kanals (4) offenoder durch dünne Bänder oder Bleche verschlossen sind, wobei die Vorrichtung einen im Betrieb eingesteckten langen Bereich (6) umfasst, an den sich auf der den Kontakten der Vorrichtung gegenüberliegenden Seite ein kurzer Bereich (7) anschließt, der in der Höhe (H) und in der Breite (B) oder nur in der Breite (B) größer ist als die Höhe (HS) bzw. die Breite (BS) des Schlitzes (2), und der eine Führung für die Chipkarte bildet."

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 lautet:

"Vorrichtung (3) zum Lesen von Chipkarten, insbesondere Kreditkartenmit einem die Chipkarte aufnehmenden Kanal (4), der einen Lesekopf (5) aufweist, wobei die Vorrichtung in einen Schlitz (Aufnahmekanal) (2) eines Computers (1) lösbar einschiebbar ist und der Schlitz des Computers zur Aufnahme von Modulen innen Kontakte aufweist, die mit Kontakten der Vorrichtung kontaktieren, dadurch gekennzeichnet, dass der Kanal (4) von einer Grundplatte (3a) und einem Plattenteil (3c)

sowie einem Endteil (3b) begrenzt ist, wobei die Längsseiten des Kanals (4) offenoder durch dünne Bänder oder Bleche verschlossen sind, wobei die Vorrichtung einen im Betrieb eingesteckten langen Bereich (6) umfasst, an den sich auf der den Kontakten der Vorrichtung gegenüberliegenden Seite ein kurzer Bereich (7) anschließt, der in der Höhe (H) und in der Breite (B) oder nur in der Breite (B) größer ist als die Höhe (HS) bzw. die Breite (BS) des Schlitzes (2), und der eine Führung für die Chipkarte bildet, wobei die Führung (8) zwei nach innen abgewinkelte Arme (12, 13) aufweist."

Zur Begründung seiner Beschwerde trägt der Patentinhaber vor, daß bei den Gegenständen der Ansprüche 1 nach Hauptantrag, Hilfsantrag 1 und Hilfsantrag 2 der jeweilige "kurze Bereich" Führungsfunktion für die einzuschiebende Chipkarte habe und sich diesbezüglich in erfinderischer Weise vom nächstkommenden Stand der Technik gemäß "CardWave", Okt. 1992, S.46-48 abhebe. Beim Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag vergrößere sich der erfinderische Abstand zum genannten Stand der Technik durch die im letzten Merkmal angegebenen Führungselemente in Gestalt der "abgewinkelten Arme".

Der Patentinhaber stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das angegriffene Patent mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten:

mit "Hauptantrag" bezeichneter Patentanspruch 1, eingegangen am 25.2.2003, Patentansprüche 2 bis 8, Beschreibung und 1 Bl. Zeichnungen mit Figuren 1 und 2 gemäß Patentschrift DE 43 10 517 C2, hilfsweise mit "Hilfsantrag 1" bezeichnete Patentansprüche 1 bis 7, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 30. September 2003, sowie die Beschreibung und Zeichnungen, wie vorgenannt, weiter hilfsweise mit "Hilfsantrag 2" bezeichnete Patentansprüche 1 bis 6, ebenfalls überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 30. September 2003, sowie die Beschreibung und Zeichnungen, wie vorgenannt.

Der Einsprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält die beanspruchten Gegenstände nicht für patentfähig, da sie im Hinblick auf den im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhten.

II.

Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist auch sonst zulässig. Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg, da keine patentfähige Erfindung vorliegt, §§ 1, 4, 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG.

Das Patent bezieht sich auf eine Vorrichtung zum Lesen von Chipkarten, insbesondere Kreditkarten.

Die diesbezügliche patentgemäße Aufgabe wird darin gesehen, eine derartige Vorrichtung zu schaffen, die auf einfache Weise sicher an einen Computer anschließbar ist, ohne zusätzliche Vorkehrungen zu erfordern.

Der die Lösung dieser Aufgabe vermittelnde Anspruch 1 nach Hauptantrag lässt sich wie folgt in Merkmale gliedern:

1) Vorrichtung (3) zum Lesen von Chipkarten, insbesondere Kreditkarten 2) mit einem die Chipkarte aufnehmenden Kanal (4), 2.1) der einen Lesekopf (5) aufweist, 3) wobei die Vorrichtung in einen Schlitz (Aufnahmekanal) (2) eines Computers (1) lösbar einschiebbar ist und 3.1) der Schlitz des Computers zur Aufnahme von Modulen innen Kontakte aufweist, die mit Kontakten der Vorrichtung kontaktieren, dadurch gekennzeichnet, 4) dass der Kanal (4) von einer Grundplatte (3a) und 4.1) einem Plattenteil (3c)

4.2) sowie einem Endteil (3b) begrenzt ist, 5) wobei die Längsseiten des Kanals (4)

5.1) offen 5.2) oder durch dünne Bänder 5.3) oder Bleche verschlossen sind, 6) wobei die Vorrichtung einen im Betrieb eingesteckten Bereich (6) umfasst, 6.1) der in der Einsteckrichtung die überwiegende Länge der Vorrichtung ausmacht, 7) und wobei sich an den eingesteckten Bereich (6) auf der den Kontakten der Vorrichtung gegenüberliegenden Seite ein kurzer Bereich (7) anschließt, 7.1) der in der Höhe (H) und in der Breite (B)

7.2) oder nur in der Breite (B)

7.3) größer ist als die Höhe (HS) bzw. die Breite (BS) des Schlitzes (2).

Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist (bei Wegfall des Merkmals 6.1) im Merkmal 6 geändert und weist zusätzlich Merkmal 7.4 auf:

1) Vorrichtung (3) zum Lesen von Chipkarten, insbesondere Kreditkarten 2) mit einem die Chipkarte aufnehmenden Kanal (4), 2.1) der einen Lesekopf (5) aufweist, 3) wobei die Vorrichtung in einen Schlitz (Aufnahmekanal) (2) eines Computers (1) lösbar einschiebbar ist und 3.1) der Schlitz des Computers zur Aufnahme von Modulen innen Kontakte aufweist, die mit Kontakten der Vorrichtung kontaktieren, dadurch gekennzeichnet, 4) dass der Kanal (4) von einer Grundplatte (3a) und 4.1) einem Plattenteil (3c)

4.2) sowie einem Endteil (3b) begrenzt ist, 5) wobei die Längsseiten des Kanals (4)

5.1) offen 5.2) oder durch dünne Bänder 5.3) oder Bleche verschlossen sind, 6) wobei die Vorrichtung einen im Betrieb eingesteckten langen Bereich (6) umfasst, 7) an den sich auf der den Kontakten der Vorrichtung gegenüberliegenden Seite ein kurzer Bereich (7) anschließt, 7.1) der in der Höhe (H) und in der Breite (B)

7.2) oder nur in der Breite (B)

7.3) größer ist als die Höhe (HS) bzw. die Breite (BS) des Schlitzes (2).

7.4) und der eine Führung für die Chipkarte bildet."

Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist gegenüber der Fassung nach Hilfsantrag 1 um folgendes zusätzliches Merkmal ergänzt:

7.4.1) ",wobei die Führung (8) zwei nach innen abgewinkelte Arme (12, 13) aufweist."

Bezüglich der jeweiligen Unteransprüche wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Im Einspruchsverfahren sind folgende Druckschriften herangezogen worden:

1) DE 40 36 790 A1 2) US 5 184 282 3) EP 0 531 671 A2 4) CardWave, Okt. 1992, S. 46-48 5) PCMCIA RECOMMENDED EXTENSIONS Release 1.00, Nov. 1992, S.1.1, 1.3 - 1.8 6) Prospekt "GEMPLIUS Pocket Reader".

Der dem beanspruchten Gegenstand am nächsten kommende Stand der Technik geht aus D4 hervor. Auf Seite 47 dieser Druckschrift sind in den Figuren 3 und 4 Vorrichtung zum Lesen von Chipkarten dargestellt, wobei die Vorrichtungen jeweils in einen Schlitz (Aufnahmekanal) eines Computers einschiebbar sind (Merkmale 1, 3). Die Vorrichtung nach Figur 3 umfasst einen im Betrieb eingesteckten Bereich, der in der Einsteckrichtung die überwiegende Länge der Längsrichtung der Vorrichtung ausmacht (Merkmale 6, 6.1). Anschließend an den eingesteckten Bereich gehört zur Vorrichtung nach Figur 3 ein kurzer Bereich, der in der Höhe und in der Breite größer ist als die Höhe bzw. Breite des Schlitzes (Aufnahmekanal) des Computers (Merkmale 7, 7.1, 7.3). Aus Figur 3 geht außerdem hervor, daß der im Betrieb eingesteckte Teil der Vorrichtung bündig am besagten Schlitz anliegt. Hieraus folgt, daß die zu lesende Chipkarte in das Innere dieses Teils aufgenommen wird, dieses Teil somit als Kanal für die Chipkarte dient (Merkmal 2).

Diesen Kanal mit Grundplatte und weiteren Teilen zur Kanalbegrenzung auszustatten (Merkmale 4, 4.1, 4.2) und die Längsseiten des Kanals mit Blechen zu verschließen (Merkmal 5.3), verlangt vom Fachmann, einem FH-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik mit mehrjähriger einschlägiger Berufserfahrung, in Kenntnis der betrachteten Vorrichtung nach D 4, S. 47, Figur 3, kein erfinderisches Handeln. Die Verwendung eines Lesekopfes gemäß Merkmal 2.1 und die Ausstattung des Computerschlitzes mit Kontakten gemäß Merkmal 3.1 ergibt sich zwangsläufig aus der Notwendigkeit, die auf der Chipkarte gespeicherten Daten für den vom Computer durchzuführenden "Lesevorgang" zur Verfügung zu stellen.

Aus den aufgezeigten Gründen beruht somit die beanspruchte Vorrichtungsvariante nach Hauptantrag mit Kanal-Längsseiten, die durch Bleche verschlossen sind (Merkmale 5, 5.2) und mit einer Gestaltung des "kurzen Bereiches" derart, daß dessen Höhe und Breite größer sind als die korrespondierenden Abmessungen des Schlitzes, nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Diese Anspruchsvariante hat somit keine patentfähige Vorrichtung zum Gegenstand und ist demzufolge nicht rechtsbeständig.

Da über einen Antrag nur einheitlich entschieden werden kann, sind die nebengeordneten Anspruchsvarianten (Merkmale 5 und 5.1 oder 5.2 kombiniert mit den entsprechenden Merkmalen 7 bis 7.2) ebenfalls nicht rechtsbeständig, (BGH in GRUR 1997, 120 "Elektrisches Speicherheizgerät"). Im übrigen wären auch diese nebengeordneten Varianten für sich gesehen nicht rechtsbeständig, da sie im Hinblick auf die in D4, S.47, Fig.4 dargestellte Vorrichtung zum Lesen von Chipkarten mit offenen Kanal-Längsseiten nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 schreibt mit dem dort zusätzlich aufgenommenen Merkmal 7.4 dem "kurzen Bereich " (Merkmal 7) eine Führungsfunktion für die Chipkarte zu. Diese Funktion erfüllt der aus D 4, S. 47, Fig. 3 ersichtliche kurze Bereich ebenfalls, denn auch bei dieser bekannten Vorrichtung muss eine zuzuführende Chipkarte den "kurzen Bereich" passieren, der folglich eine Führung für eben diese Chipkarte bildet. Der eingesteckte "lange" Bereich (Merkmal 6) stellt in seiner technischen Aussage keine Änderung gegenüber den Merkmalen 6, 6.1 des Anspruchs 1 nach Hauptantrag dar und ist folglich auch durch die Vorrichtung nach D 4, S. 47, Fig. 3 vorweggenommen.

Demzufolge beruht auch der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag wegen des eben zum Merkmal 7.4 aufgezeigten und des vorstehend zum Anspruch 1 nach Hauptantrag (Merkmale 1 bis 7.3) dargelegten Sachverhaltes nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Dieses gilt gleichfalls für den Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2. Die dortige Ergänzung gemäß Merkmal 7.4.1 läßt die beanspruchte Vorrichtung nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen, da die nach diesem Merkmal vorgesehene Ausstattung der Führung mit zwei nach innen gewinkelten Armen vom Fachmann kein überdurchschnittliches Handeln abverlangt. Wie von der Einsprechenden zutreffend ausgeführt, ist dem mit der Realisierung der in Rede stehenden Vorrichtungen betrauten Fachmann aus D 4, S. 47, Fig. 3 eine umlaufende Führung bekannt. Es ist für den Fachmann ohne weiteres ersichtlich, daß auch ein nicht vollständig umlaufender "kurzer Bereich" als Führung einsetzbar ist. Demzufolge hat auch Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 keine patentfähige Lehre zum Inhalt.

Aus den aufgezeigten Gründen ist somit keine der Vorrichtungen gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag bzw. Hilfsantrag 1 bzw. Hilfsantrag 2 patentfähig. Diese Ansprüche sind demzufolge nicht gewährbar. Da über einen Antrag, wie bereits erwähnt, nur einheitlich entschieden werden kann, sind auch die jeweiligen Unteransprüche nicht gewährbar.

Grimm Dr. Schmitt Bertl Schuster Bb






BPatG:
Beschluss v. 30.09.2003
Az: 17 W (pat) 2/02


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