Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 9. Februar 1998
Aktenzeichen: 26 WF 2/98

(OLG Köln: Beschluss v. 09.02.1998, Az.: 26 WF 2/98)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In dieser Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln geht es um die Frage, ob ein Rechtsanwalt für seine Mitwirkung an einem gerichtlichen Vergleich eine 10/10- oder eine 15/10-Gebühr beanspruchen kann. Das Amtsgericht hat die Erhöhung der Vergleichsgebühr um 5/10 gerechtfertigt und die Beschwerde des Klägers gegen diese Entscheidung zurückgewiesen.

Der Senat teilt die Auffassung des Amtsgerichts in dieser umstrittenen Frage. In dem vorliegenden Fall haben die Parteien in dem Vergleich einen Zeitraum der Vergangenheit mitverglichen, der nicht Gegenstand des Verfahrens war. Daher kommt es auf die Besonderheiten der Beiordnung von Prozessbevollmächtigten in Ehesachen nicht an. Entscheidend ist allein die Auslegung von § 23 Abs. 1 Satz 3 der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO). Danach tritt die Erhöhung auf 15/10 nicht ein, wenn über den Gegenstand des Vergleichs ein Rechtsstreit oder ein Prozesskostenhilfeverfahren anhängig ist. Der Zweck der Gesetzesänderung von 1994 war es, das Bestreben der Anwälte zu fördern, Streitigkeiten ohne Anrufung des Gerichts beizulegen. Es würde diesem Zweck widersprechen, die Vergleichsgebühr hinsichtlich des vergleichsweisen erledigten Anspruchs herabzusetzen, nur weil vorher Prozesskostenhilfe beantragt wurde.

Der Senat schließt sich daher der Einschränkung des § 23 Abs. 1 BRAGO an, dass ein Prozesskostenhilfeverfahren nur zur Anhängigkeit im Sinne dieser Vorschrift führt, wenn der Antrag zur Durchführung eines streitigen Verfahrens gestellt wird. Nur in diesem Fall kann der Rechtsanwalt eine 15/10-Gebühr für seine Mitwirkung an einem gerichtlichen Vergleich beanspruchen.

Es wird erwähnt, dass der 14. Senat des Oberlandesgerichts Köln bisher eine andere Auffassung vertreten hat. Dieser beabsichtigt jedoch, diese Auffassung im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung der Familiensenate beim Oberlandesgericht Köln aufzugeben.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG Köln: Beschluss v. 09.02.1998, Az: 26 WF 2/98


§ 23 Abs. 1 Satz 3 BRAGO ist einschränkend dahin auszulegen, daß ein PKH-Verfahren nur dann zur Anhängigkeit i.S. dieser Vorschrift führt, wenn der PKH-Antrag zur Durchführung eines streitigen Verfahrens gestellt wird.

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

Die gemäß § 128 Abs. 4 BRAGO statthafte und auch im übrigen zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet.

Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen und hiermit in Bezug genommenen Beschluß die Erinnerung des Beschwerdeführers gegen die Festsetzung einer unter Beachtung des § 13 Abs. 3 BRAGO um 5/10 erhöhten Vergleichsgebühr zu Recht und mit fortgeltender Begründung zurückgewiesen, weil die beanstandete Erhöhung hier nach § 23 Abs. 1 Satz 3 BRAGO gerechtfertigt sei, nachdem hinsichtlich des Mehrwertes des Vergleichs weder ein Rechtsstreit noch ein die Sachprüfung eröffnendes Prozeßkostenhilfeverfahren anhängig gewesen sei, das auch nicht allein durch die Erstreckung der bewilligten Prozeßkostenhilfe auf den gesamten Vergleichsgegenstand ausgelöst werde.

Der Senat teilt die Auffassung des Amtsgerichts in dieser in der Rechtsprechung umstrittenen Frage, inwieweit dem Rechtsanwalt für die Mitwirkung an einem gerichtlichen Vergleich eine 10/10- oder eine 15/10-Gebühr zusteht (vgl. die Nachweise bei OLG Celle in Niedersächsischer Rechtspfleger 97, 308).

Im vorliegenden Fall haben die Parteien in dem das Verfahren beendenden Vergleich einen mit der beabsichtigten Abänderungsklage nicht erfaßten Zeitraum der Vergangenheit mitverglichen. Auf die Besonderheiten, die sich aus dem Umfang der Beiordnung von Prozeßbevollmächtigten in Ehesachen aus § 122 Abs. 3 BRAGO ergeben können, kommt es daher im hier gegebenen Fall nicht an, so daß allein ausschlaggebend ist die Auslegung von § 23 Abs. 1 Satz 3 BRAGO. Danach tritt die Erhöhung auf 15/10 nicht ein, soweit über den Gegenstand des Vergleichs ein Rechtsstreit oder wenigstens ein Prozeßkostenhilfeverfahren anhängig ist. Wann ein Prozeßkostenhilfeverfahren anhängig im Sinne dieser Vorschrift ist, kann nur nach Sinn und Zweck der 1994 erfolgten Gesetzesänderung beurteilt werden. Mit ihr sollte das anwaltliche Bestreben gefördert werden, Streitigkeiten möglichst ohne Anrufung des Gerichtes beizulegen. Diesem Gesetzeszweck würde es zuwiderlaufen, die Vergleichsgebühr auch hinsichtlich desjenigen Vergleichsgegenstandes herabzusetzen, mit dessen vergleichsweiser Erledigung das Gericht sachlich nicht befaßt war, nur weil die Partei zuvor für den Abschluß des Vergleichs Prozeßkostenhilfe beantragt hat. Es erscheint dem Senat daher angemessen, mit dem Oberlandesgericht Celle (a.a.O. sowie im gleichen Sinne OLG Düsseldorf, OLGR 97, 321, 323; OLG München MDR 97, 401; OLG Frankfurt NJWE-FER 97, 188; OLG Zweibrücken FamRZ 97, 946 und OLG Köln [4. ZS.- 4 WF 227/97 Beschluß vom 04.11.1997]) die Vorschrift des § 23 Abs. 1 BRAGO einschränkend dahin auszulegen, daß ein PKH-Verfahren nur dann zur Anhängigkeit im Sinne dieser Vorschrift führt, wenn der PKH-Antrag zur Durchführung eines streitigen Verfahrens gestellt wird. Denn nur in diesem Fall erfolgt die für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe regelmäßig erforderliche Prüfung der Erfolgsaussicht, während es hinsichtlich des nur mitverglichenen Anspruchs, der nach Vorstellung der Parteien gerade nicht zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden soll, bereits an der hierfür erforderlichen Sachdarstellung durch die Parteien fehlt. Der beigeordnete Rechtsanwalt kann daher für seine Mitwirkung an einem gerichtlichen Vergleich insoweit eine 15/10-Vergleichsgebühr beanspruchen als hinsichtlich des Vergleichsgegenstandes weder ein gerichtliches Verfahren noch ein die Sachprüfung des Anspruchs eröffnendes Prozeßkostenhilfeverfahren anhängig gemacht worden ist.

Soweit der 14. Senat des Oberlandesgerichts Köln bisher eine andere Auffassung vertreten hat (vgl. Rechtspfleger 97, 187), hat er zu erkennen gegeben, daß er diese im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung der Familiensenate beim Oberlandesgericht Köln aufzugeben beabsichtigt.






OLG Köln:
Beschluss v. 09.02.1998
Az: 26 WF 2/98


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