Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. September 2003
Aktenzeichen: 29 W (pat) 168/03

(BPatG: Beschluss v. 17.09.2003, Az.: 29 W (pat) 168/03)

Tenor

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Mai 2003 wird aufgehoben.

Gründe

I Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Wortmarkeconcerto massimofür Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 38, 41 und 42.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat das Zeichen mit Beschluss einer Beamtin des höheren Dienstes vom 6. Mai 2003 teilweise wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen und zwar für die Waren und Dienstleistungen

"bespielte mechanische, magnetische, magnetooptische, optische und elektronische Träger für Ton und/oder Bild und/oder Daten; codierte Ausweise; Spielprogramme für Computer; Datenbankprogramme; Computer-Software; netzwerkunterstützende Computer-Software (Netware); Firmware; Druckereierzeugnisse, nämlich Zeitungen, Zeitschriften, Magazine, Broschüren, Faltblätter, Prospekte, Programmhefte, Pressemappen, Fotomappen, Bücher, Kalender, Plakate (Poster), auch in Buchform, Transparente, Eintrittskarten, Teilnahmekarten, Einladungskarten, Postkarten, auch in Form von Adhäsionspostkarten, nicht codierte Ausweise;

Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate) in Form von Druckereierzeugnissen;

Verbreitung, Verteilung und Weiterleitung von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze, auch im Online- und Offline-Betrieb in Form von interaktiven elektronischen Mediendiensten sowie mittels Computer und weitere Übertragungsmedien; Sammeln und Liefern von Nachrichten; Datendienste eines Online-Anbieters, nämlich Sammeln, Bereitstellen und Übermitteln von Informationen, Texten, Zeichnungen und Bildern;

Unterhaltung durch Hörfunk- und Fernsehsendungen/-programme; Film-, Ton-, Video- und Fernsehproduktion; Musikdarbietungen; Veröffentlichung und Herausgabe von elektronisch wiedergebbaren Text-, Grafik-, Bild- und Toninformationen, die über Datennetze abrufbar sind; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen; Durchführung von Konzert-, Theater- und Unterhaltungsveranstaltungen, von Konferenzen, Tagungen, Seminaren, Lehrgängen, Symposien, kulturelle Ausstellung und Vorträgen;

Entwickeln und Gestalten von digitalen Ton- und Bildträgern; Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten auf Datenbanken; Erstellen von Computerprogrammen und Grafiken".

Zur Begründung wird ausgeführt, das angemeldete Zeichen sei eine sprachüblich gebildete Wortkombination aus Wörtern des italienischen Grundwortschatzes, die von den maßgeblichen Verkehrskreisen ohne weiteres im Sinne von "größtes Konzert" verstanden werde. Die italienische Sprache sei dem inländischen Publikum im Bereich kultureller Veranstaltungen und insbesondere im Zusammenhang mit Musik geläufig. Außerdem sei der italienische Begriff "concerto" dem deutschen Wort "Konzert" äußerst ähnlich. Das angemeldete Zeichen erschöpfe sich daher in einer sachlichen Angabe zum Inhalt und Verwendungszwecks der von der Zurückweisung erfassten Waren und Dienstleistungen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie trägt vor, dem Zeichen fehle in seiner Gesamtheit schon deshalb nicht die Unterscheidungskraft, weil die italienische Sprache dem überwiegenden Teil der inländischen Verkehrskreise nicht geläufig sei. Auch sei das Zeichen insofern mehrdeutig, als das Wort "massimo" nicht nur als Adjektiv "größte", sondern als Substantiv auch "Maximum, Höchstmaß" bedeute könne. Zudem sei "Massimo" im Italienischen ein männlicher Vorname. In der von der Markenstelle angenommenen Bedeutung bleibe völlig unklar, welche Eigenschaft eines Konzerts konkret beschrieben werden solle. Es könne damit sowohl die Größe des Orchesters als auch die Menge der Zuschauer oder die Länge des Konzertes gemeint sein. Dabei stehe keine Interpretationsmöglichkeit in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eindeutig im Vordergrund. Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

II Die Beschwerde ist zulässig und in der Sache auch begründet. Das Zeichen weist für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft auf.

Unterscheidungskraft iSv § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (vgl BGH GRUR 2001, 1150 - LOOK; GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Wortmarken nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihnen entweder ein im Hinblick auf die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zukommt oder es sich um ein gängiges Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als individuelles Kennzeichnungsmittel verstanden wird (stRspr vgl BGH WRP 2001, 1082, 1083 - marktfrisch; GRUR 2001, 1043 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; GRUR 2001, 1042 - REICH UND SCHÖN; GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE; GRUR 2002, 1070 - Bar jeder Vernunft). Abzustellen ist hierbei ausschließlich auf das Verständnis des inländischen Publikums, so dass, wovon die Markenstelle zutreffend ausgeht, auch fremdsprachigen Wortbildungen die Unterscheidungskraft fehlen kann, die zwar im Heimatland fantasievoll sein mögen, vom deutschen Verkehr aber als beschreibende Angabe aufgefaßt werden (vgl Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 8 Rdn 116). Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Die beanspruchten Waren und Dienstleistungen richten sich an die Allgemeinheit der Verbraucher. Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist daher auf die Verkehrsauffassung des Durchschnittsverbrauchers abzustellen, der als durchschnittlich informiert, aufmerksam und verständig anzusehen ist (BGH GRUR 2002, 812 - FRÜHSTÜCKS-DRINK II mwN).

Das italienische Wort "concerto" ist auf Grund der weitgehenden Übereinstimmung mit dem entsprechenden deutschen Begriff "Konzert" für die angesprochenen Verkehrskreise ohne weiteres verständlich. Bei dem weiteren Markenbestandteil "massimo" kann jedoch nicht angenommen werden, dass er im Sinne von "größte, maximal, Höchst-" (vgl Langenscheidts Handwörterbuch Italienisch, 1997) verstanden wird, weil nur ein geringer Teil des maßgeblichen inländischen Verkehrs über italienische Sprachkenntnisse verfügt. Selbst wenn man davon ausgeht, dass das angesprochene Publikum die angemeldete Marke im Sinne von "größtes Konzert, Maximalkonzert" erfasst, so bleibt der Bedeutungsgehalt unklar. Denn eine solche Bezeichnung lässt sich für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen weder im italienischen noch im deutschen Sprachgebrauch als üblich belegen. Auch den Verkehrskreisen, die das Italienische im Musikbereich in seinen üblichen und gängigen Fachbegriffen erkennen, muß die Wortfolge unbekannt sein. In der musikalischen Fachsprache gibt es 24 lexikalisch belegte Gesamtbegriffe mit dem Wort "concerto" wie z.B. "concerto da camera", "concerto ecclesiastico", "concerto grosso", "concerto popolare", "concerto pubblico", "concerto sinfonico", "concerto solistico", "concerto spirituale", "concerto overture", "concerto vocale" ect. (vgl Schaal, Fremdwörterlexikon Musik, 2000). Es findet sich jedoch keine Eintragung zu "concerto massimo". Insofern handelt es sich daher bei "concerto massimo" um eine ungewöhnliche und fachsprachlich nicht bekannte Wortzusammensetzung, der sich für die Waren und Dienstleistungen der Anmeldung kein unmittelbar beschreibender Sinngehalt zuordnen lässt.

Grabrucker Schramm Fink Cl






BPatG:
Beschluss v. 17.09.2003
Az: 29 W (pat) 168/03


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