Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Oktober 2001
Aktenzeichen: 30 W (pat) 227/00

(BPatG: Beschluss v. 22.10.2001, Az.: 30 W (pat) 227/00)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

In das Markenregister eingetragen ist unter der Rollennummer 397 27 027 die Marke VIRU DERMO-STAR als Kennzeichnung für die Warenpharmazeutische Erzeugnisse.

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der rangälteren Marke 922 787 Virudermindie ua ebenfalls für pharmazeutische Erzeugnisse eingetragen ist.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluß eine Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die Marken würden sich durch den Bestandteil STAR deutlich unterscheiden. Weil dieses Wort nicht unmittelbar beschreibender Natur sei, werde es vom Verkehr auch nicht vernachlässigt werden. Zudem sei STAR durch einen Bindestrich an DERMO gekoppelt, was ebenfalls gegen eine Vernachlässigung dieses Markenbestandteils spreche. In der Gesamtheit aber seien die Marken auch bei identischen Waren hinreichend sicher auseinander zu halten.

Die Widersprechende hat Beschwerde erhoben, denn nach ihrer Ansicht handelt es sich bei STAR lediglich um eine allgemeine Qualitätsberühmung, so daß dieses Wort nur eine geringe Wirkung auf den Gesamteindruck der Marke haben könne. Zudem werde damit beschreibend auf die bekannte Augenkrankheit des Star hingewiesen. Der Verkehr werde dieses Markenelement deshalb außer Acht lassen. Bei Gegenüberstellung von VIRU DERMO und Virudermin seien angesichts der identischen Waren Verwechslungen zu befürchten.

Die Widersprechende beantragt, den Beschluß der Markenstelle aufzuheben und (sinngemäß) die Löschung der jüngeren Marke anzuordnen.

Die Inhaberin der jüngeren Marke hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen des übrigen Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§ 66 Abs 1 und 2 MarkenG), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Auch bei identischen Waren besteht nach Ansicht des Senats keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne dieser Vorschrift erfolgt durch Gewichtung insbesondere der Faktoren Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und Ähnlichkeit der Marken (ständige Rechtsprechung zB EuGH Markenrecht 1999, 20 - Canon; BGH Markenrecht 2001, 204 - EVIAN/REVIAN). Können die Marken identische Produkte kennzeichnen, so kann der Inhaber des älteren Markenrechts grundsätzlich einen besonders deutlichen Abstand der jüngeren Marke verlangen. Dieser Anspruch findet seine Grenze dort, wo sich die Übereinstimmung der Zeichen im wesentlichen auf beschreibende Bestandteile beschränkt. Diese nämlich können aus Rechtsgründen eine Verwechslungsgefahr nicht begründen. Derartiges liegt hier vor.

Die Widerspruchsmarke Virudermin besitzt zwar in ihrer Gesamtheit eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft, sie ist jedoch erkennbar aus den beiden Begriffen Virus und Dermatikum zusammengesetzt. Der Fachverkehr - bei pharmazeutischen Erzeugnissen ist er ebenso wie das Laienpublikum ein maßgeblicher Teil der Verkehrskreise - wird aus der Widerspruchsmarke ohne weiteres den Hinweis entnehmen, daß es sich bei dem damit gekennzeichneten pharmazeutischen Produkt um ein Mittel zur Behandlung der durch Virusinfektion erkrankten Haut handelt. Derartige Erkrankungen haben stark zugenommen (zB Herpes), so daß auch beachtliche Teile der medizinischen Laien in der Marke einen Indikationshinweis sehen werden. Bei den Hautmitteln gibt es bereits mehrere Kennzeichnungen, die mit dem Bestandteil Viru beginnen. So sind in der Roten Liste bei den Dermatika, Abteilung Virustatika (vgl Rote Liste 2001 Hauptgruppe 32, Untergruppe 3.2) die Präparate Virunguent (Nr 32 080) Viru-Merz-Creme (Nr 32 079) Viru-Salvysat (Nr 32 081) verzeichnet. Weit häufiger findet sich der Markenteil derm in Kennzeichnungen von Dermatika, so zB Aknederm, (Nr 32 003), Hydrodermed (Nr 32 014), Inderm (Nr 32 044), Leioderm (Nr 32 054) Amciderm (Nr 32 086), Decoderm (Nr 32 102, jeweils Rote Liste aaO) uvam. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Drittzeichen schon ausreichen, um von einer Schwächung der Widerspruchsmarke zu sprechen (vgl hierzu BGH, MarkenR 2001, 307 - CompuNet/ ComNet), aufgrund des häufigen Vorkommens dieser beschreibenden Wortteile kann aber davon ausgegangen werden, daß zumindest derjenige, der ein solches Medikament braucht, diese Bedeutungsinhalte erkennt.

In eben diesen beschreibenden Zeichenteilen stimmen die beiden Marken weitgehend überein. Die jüngere Marke hat aber neben der Abwandlung in DERMO/ dermin noch das Wort STAR hinzugefügt, bei dem es sich - entgegen der Ansicht der Widersprechenden - nicht um einen Indikationshinweis auf die Augenkrankheit Star handeln kann. Der Grüne Star (Glaukom) entsteht durch eine krankhafte Erhöhung des Augeninnendrucks, der Graue Star (Katarakt), der zu einer Linsentrübung führt, kann durch Stoffwechselerkrankung und vor allem durch Diabetes ausgelöst werden. Eine Verbindung zu einer Virusinfektion ist nicht erkennbar. Allerdings werden bei den Ophtalmika auch Virustatika angeboten; diese betreffen aber nahezu ausschließlich die Behandlung von durch Herpes hervorgerufenen Hornhautentzündungen des Auges (vgl Rote Liste aaO Hautgruppe 67, Untergruppe B.9). Der Bestandteil STAR in der jüngeren Marke kann also in dem ganz allgemeinen Sinn als Hinweis auf ein besonders hervorzuhebendes Produkt verstanden werden. Solcherart tritt das Wort STAR in wohl fast allen Produktbereichen häufig auf, es fehlt aber an Anhaltspunkten dafür, daß dies auch bei pharmazeutischen Produkten öfters der Fall ist. Eine Nachschau in der Roten Liste (ohne elektronische Hilfsmittel) blieb ohne Ergebnis, auch die Widersprechende hat hierzu nichts vorgetragen. Damit erscheint diese werbemäßig hervorgehobene Produktkennzeichnung auf dem hier maßgeblichen Warengebiet eher unüblich. Infolgedessen wird sie vom Verkehr hier eher als bei anderen Produkten als Besonderheit gesehen werden. Er wird deshalb - entgegen seiner Neigung, längere Kennzeichnungen zu verkürzen - diesen Bestandteil bei der Bestimmung des Gesamteindrucks der Marke jedenfalls dann mit berücksichtigen, wenn auch der weitere Markenteil nur schwach kennzeichnend ist (vgl. BPatG PAVIS PROMA, Knoll, OBISTAR = OBI, in dieser Entscheidung hat der beschließende Senat die Mitprägung des Gesamteindrucks durch STAR bejaht). Auch verdeutlicht der Bindestrich die Geschlossenheit von DERMO STAR, so daß kein Anlaß besteht; von dem Grundsatz, wonach eine Marke in aller Regel durch all ihre Bestandteile bestimmt wird (vgl BGH MarkenR 2000, 20 - RAUSCH/ELFI RAUCH) und nur ausnahmsweise ein einzelner Markenbestandteil prägende Kraft hat, abzuweichen. Dafür daß der Markenteil DERMO-STAR auseinandergerissen und in DERMO zusammen mit VIRU der allein prägende Zeichenteil gesehen werde, fehlen ausreichend zuverlässige Anhaltspunkte. Bei Gegenüberstellung der Marken in ihrer Gesamtheit aber sind Verwechslungen nicht zu befürchten.

Die Beschwerde ist deshalb ohne Erfolg.

Eine Kostenentscheidung war nicht veranlaßt (§ 71 Abs 1 Nr 2 MarkenG).

Dr. Buchetmann Winter Schwarz-Angele Ko






BPatG:
Beschluss v. 22.10.2001
Az: 30 W (pat) 227/00


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