Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Juni 2002
Aktenzeichen: 33 W (pat) 275/00

(BPatG: Beschluss v. 11.06.2002, Az.: 33 W (pat) 275/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Am 24. Juni 1999 ist beim Patent- und Markenamt die Wortmarke

"Lilac"

zur Eintragung in das Register angemeldet worden. Nach einer Einschränkung lautet das Warenverzeichnis nunmehr:

"Kl. 18: Waren aus Leder oder Lederimitationen (soweit in Klasse 18 enthalten), insbesondere Täschnerwaren, Herrenhandtaschen, Damentaschen und -täschchen, Geldbeutel, Herrenbörsen, Reißverschlussbörsen, Damenbügelbörsen, Gürtelbörsen, Brustbeutel, Brieftaschen, Geldscheintaschen, Schlüsseltaschen, Schlüsseletuis, Schlüsselanhänger, leere Taschen und Etuis zur Aufnahme von Toilettenartikeln, leere Kosmetiktäschchen, Umhängetaschen, Reisetaschen, Aktentaschen, Einkaufstaschen und -beutel; Ranzen, Tornister, Rucksäcke, Packsäcke; Sporttaschen; Tragegestelle für Tornister und sonstige Traglasten; Umhängeriemen und Riemen für Geschirre, Steigbügel, Sättel und Koffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Sattlerwaren;

Kl. 25: Bekleidungsstücke für Herren, Damen und Kinder, einschließlich Sport-, Unter- und Badebekleidungsstücken; nichtorthopädische Miederwaren; Kopfbedeckungen, Schals, Sarongs, Stirnbänder, Leggins; Schuhwaren, einschließlich Sportschuhe; Gürtel als Bekleidungsstücke".

Nachdem die Anmeldung vom Erstprüfer gemäß §§ 37 Abs 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen worden ist, hat die Anmelderin im Erinnerungsverfahren den Hilfsantrag gestellt, die Marke mit folgender Einschränkung des Warenverzeichnisses einzutragen:

"... sämtliche vorgenannten Waren und deren Verpackungen nicht lilafarben".

Die Erinnerung gegen den Zurückweisungsbeschluss blieb erfolglos. Nach Auffassung der Erinnerungsprüferin ist die Marke nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Das Markenwort "Lilac" sei das lexikalisch belegbare englische Wort für die Farbe "(Zart-)Lila" bzw. das Adjektiv "fliederfarben, (zart)lila". Für die den Modebereich betreffenden Waren, in dem beschreibende Angaben häufig in englischer Sprache zumindest mit angegeben würden, könne das englische Wort "Lilac" zur Beschreibung (der Farbe) der Waren dienen, auch wenn das Markenwort außerdem noch die englische Bezeichnung für die Pflanze Flieder darstelle. Der von der Anmelderin gemäß Hilfsantrag vorgeschlagene einschränkende Zusatz stelle keine gegenständliche Einschränkung dar und wäre für Waren, die keinerlei lila- oder fliederfarbene Elemente aufweisen, täuschend i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG.

Gegen den Erinnerungsbeschluss hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt, mit der sie sinngemäß beantragt, die Zurückweisungsbeschlüsse der Markenstelle aufzuheben, hilfsweise die Marke mit folgendem Zusatz im Warenverzeichnis einzutragen:

"... sämtliche vorgenannten Waren und deren Verpackungen nicht lilafarben".

Zur Begründung trägt sie vor, dass sich die angemeldeten Waren an breite Endverbraucherkreise richten würden, von denen größere Teile keine oder nur Grundkenntnisse der englischen Sprache hätten und die "lilac" als Phantasiewort auffassten. Wegen der unterschiedlichen Endung und Aussprache rufe "lilac" nicht die Erinnerung an das deutsche Wort "lila" hervor und sei damit als Farbangabe für das deutsche Publikum ungeeignet. Nur kleinere Teile des Verkehrs würden "lilac" als Bezeichnung für Flieder kennen. Da aber keine Pflanzen angemeldet seien, liege keine unmittelbare Beschreibung vor. Weiterhin verweist die Anmelderin auf Entscheidungen des Bundespatentgerichts, in denen die Marken "Old Blue", "yellowgelb", "VERT AZUR", "SIMPLY RED" und "Peppermint" als schutzfähig angesehen worden seien. Besonders vergleichbar sei die Marke "Peppermint", da auch diese nicht direkt, sondern allenfalls mittelbar über den natürlichen Farbton der Pfefferminzpflanze auf einen Farbton hinweise. Die in dieser Entscheidung enthaltene Erwägung, wonach ein Freihaltungsbedürfnis angesichts der branchenüblichen Verwendung ungeläufiger und kurzlebiger Farbangaben nur bestehe, wenn sich die Angabe nachweislich als Farbangabe eingebürgert habe, sei auch hier zugrunde zu legen. Darüber hinaus verweist die Anmelderin auf Voreintragungen der Marke in Österreich, der Schweiz, den Benelux-Staaten, Irland, Kanada und Griechenland. Mit dem einschränkenden Zusatz gemäß Hilfsantrag sei keine Täuschungsgefahr verbunden. Es fehle an der Ersichtlichkeit der Täuschung. Da "lilac" bei weiten Teilen des Verkehrs nicht bekannt sei und ansonsten mit der Pflanze "Flieder" in Verbindung gebracht werde, liege kein Fall vor, in dem keine andere Verwendungsweise der Marke als eine täuschende denkbar sei.

Der Anmelderin sind Kopien des Ergebnisses einer vom Senat durchgeführten Recherche übersandt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist nicht begründet. Es besteht ein Freihaltungsbedürfnis nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG. Nach dieser Vorschrift sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können.

Das angemeldete Markenwort kann zur Bezeichnung der Farbe der angemeldeten Waren dienen und stellt insofern eine Merkmalsbezeichnung i.S.d. § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG dar. Hierfür bestehen aufgrund des der Anmelderin übersandten Rechercheergebnisses zahlreiche tatsächlichen Anhaltspunkte. Das Markenwort stammt aus der englischen Sprache, in der es die Bedeutungen "Spanischer Flieder", "Lila", "lila(-farben)" hat (vgl. Langenscheidts Großwörterbuch Englisch, 9. Aufl.). Im Bereich des Handels mit Textil- und Lederwaren wird es auch im deutschen Sprachgebrauch in beachtlichem Umfang zur Bezeichnung eines violetten Farbtons (blasslila bzw. fliederfarben) verwendet. So heißt es etwa in der Zeitschrift TextilWirtschaft vom 28.09.2000, Heft 39, Seite 93 unter der Bildüberschrift "Lilacblue Story": "Flieder gilt als Rose-Nachfolger, ...". In Internet-Angeboten, etwa unter www.underwearshop.com oder www.cene.de/rubriken/magazin/rechts.html heißt es "Lilac Chintz Hemd - Flieder-Total aktuell die Farbe flieder!", "Die klaren Farben in Lilac (raffiniertes Flieder) ... entsprechen voll den Trends der Frühjahrs-Kollektionen ...". Auch Farbschemata von Leder- und Bekleidungsherstellern enthalten die Bezeichnung "lilac" (vgl. www.stoffimnetz.de/stoff/stoff_leder.html, www.hansreinke.de/moebelleder/semi_h/semi_h. html, www.comido.de/shop/farbskala. htm), ebenso sonstige Aufzählungen von Farben, in denen angebotene Bekleidungsstücke erhältlich sind (z.B. www.americandancewear.de/prod2_1a.htm: "...grün, weiß, royal, lilac (flieder), rose..."). Weiterhin wird "lilac" auch im englischen Sprachraum zur Bezeichnung des Farbtons verwendet, insbesondere bei Taschen oder Schuhen (vgl. www.stylital.com/new/listen.htm, www.pricecontrol.com/guccibags.shtml, www.darraghs.com/asp/chino/shoes.asp).

Angesichts dieser tatsächlichen Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass sich die angemeldete Bezeichnung auf dem Gebiet der beanspruchten Waren als Farbbezeichnung eingebürgert hat und dort vom Verkehr als solche, nicht aber als Name einer Pflanzengattung verstanden wird. Jedenfalls wird sie von einer Vielzahl von Anbietern als erkennbar rein beschreibende Farbbezeichnung verwendet. Zumindest von Verkehrsteilnehmern, die sich beruflich mit Waren der angemeldeten Art befassen, muss daher erwartet werden, dass sie das Wort "lilac" ohne Weiteres als Farbangabe verstehen und offensichtlich in diesem Sinne zur beschreibenden Verwendung benötigen. Auch wenn es sich dabei um einen kleineren Teil des Gesamtverkehrs handelt, so können bereits dessen Interessen die Annahme eines Freihaltebedürfnisses rechtfertigen (vgl. Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl., § 8, Rz. 69). Unter Zugrundelegung des Warenverzeichnisses gemäß Hauptantrag ist die angemeldete Marke daher nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, wobei die Indizwirkung ausländischer Voreintragungen angesichts der Fülle von tatsächlichen Anhaltspunkten für eine beschreibende Verwendung als widerlegt angesehen werden muss.

Auch unter Berücksichtigung des Hilfsantrages ist die Beschwerde nicht begründet. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Hinzufügung eines Zusatzes, der nur einen bestimmten Farbton der beanspruchten Waren ausschließt, überhaupt um eine gegenständliche, die Ware wirtschaftlich nachvollziehbar und rechtlich eindeutig eingrenzende Einschränkung handelt (vgl. Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O., § 8, Rz. 72). Der Markenstelle ist jedenfalls darin zu folgen, dass der einschränkende Zusatz zum Warenverzeichnis dazu führen würde, dass die angemeldete Marke wegen ersichtlicher Täuschungsgefahr nach § 8 Abs 2 Nr 4 MarkenG i.V.m. 37 Abs 3 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen wäre. Werden die Waren, jedenfalls aber ihre Verpackungen, mit dem kennzeichnend herausgestellten Wort "Lilac" bezeichnet, so werden beachtliche Teile des Verkehrs davon ausgehen, dass die Waren den damit bezeichneten fliederfarbenen Farbton aufweisen. Da dies nach der gemäß Hilfsantrag beanspruchten Fassung des Warenverzeichnisses unzutreffend ist, würde die Marke zu einer Irreführung der betreffenden Teile des Verkehrs führen.

Zwar liegt das Eintragungshindernis nur vor, wenn in jedem nur denkbaren Fall einer anmeldungsgemäßen Verwendung der Marke für die beanspruchten Waren Täuschungen auftreten, während die (auch nur theoretische) Möglichkeit einer rechtmäßigen Markenbenutzung eine ersichtliche Täuschungsgefahr ausschließt (vgl. BGH GRUR 2002, 540, 541 - OMEPRAZOK; Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O., § 8, Rz. 237; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 37, Rz. 23. a.E.). Nachdem die Waren gemäß der hilfsweise beantragten Fassung des Warenverzeichnisses aber gerade nicht lilafarben sein können, ist eine nichttäuschende Verwendung der Marke in jedem Fall ausgeschlossen.

Der Annahme einer ersichtlichen Täuschungsgefahr würde auch nicht entgegenstehen, wenn (möglicherweise) Teile des Verkehrs die Bezeichnung "lilac" überhaupt nicht oder nur als Bezeichnung einer Pflanze verstehen und damit einer Gefahr der Irreführung von vornherein nicht unterliegen könnten, worauf die Anmelderin offenbar abstellen will. Für die Anwendung der o.g. Vorschriften genügt es, wenn ein nicht unbeachtlicher Teil der Verkehrskreise einer Täuschung unterliegen kann (vgl. Althammer/Ströbele/Klaka, a.a.O., Rz. 228, 234; Fezer, a.a.O., § 8, Rz. 302). Dies kann angesichts der Fülle der aufgefundenen tatsächlichen Hinweise nicht ernsthaft bezweifelt werden. Zumindest für den Fachverkehr, bei dem es sich praktisch nie um einen nur unbeachtlichen Teil des Gesamtverkehrs handeln kann, steht - wie oben ausgeführt - der Sinngehalt einer Farbangabe im Vordergrund, so dass jedenfalls für ihn eine Täuschungsgefahr ersichtlich vorliegt.

Die Beschwerde war damit zurückzuweisen.

Winkler Dr. Hock Kätker Cl






BPatG:
Beschluss v. 11.06.2002
Az: 33 W (pat) 275/00


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