Verwaltungsgericht Berlin:
Urteil vom 19. März 2015
Aktenzeichen: 23 K 261.13

(VG Berlin: Urteil v. 19.03.2015, Az.: 23 K 261.13)

1. Gegen die Nebenbestimmungen einer Werberlaubnis für Lotterien im Internet, deren Erteilung gemäß § 5 Abs. 3 S. 2 GlüStV in das Ermessen der Behörde gestellt ist, ist die Anfechtungsklage nicht statthaft. Die isolierte Anfechtbarkeit einzelner Nebenbestimmungen der Werbeerlaubnis scheidet von vorneherein offenkundig aus.

2. Die Aufhebung einzelner Nebenbestimmungen einer Werberlaubnis nach § 5 Abs. 3 S. 2 GlüStV führte zu einem Ermessensdefizit und drängte der Behörde eine Erlaubnis auf, die von dieser bei Ausübung des Ermessens zugunsten einer Erlaubniserteilung im Umfang der Nebenbestimmungen ersichtlich nicht gewollt und überdies materiell rechtswidrig wäre.

3. § 9a Abs. 8 S. 2 und S. 3 GlüStV, wonach die Beschlüsse des Glücksspielkollegiums zu begründen und die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen sind, ist nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers den Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags für die Gremien der Landesmedienanstalten nachempfunden. Die von der rundfunkrechtlichen Rechtsprechung aus dem Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) abgeleiteten Anforderungen an die Begründungspflicht sind daher auf die Beschlüsse des Glücksspielkollegiums übertragbar.

4. Die fehlende Begründung eines Beschlusses des Glücksspielkollegiums, der für die Erlaubnisbehörde gemäß § 9a Abs. 8 S. 4 GlüStV bindende Wirkung entfaltet, begründet regelmäßig einen Ermessensausfall und hat die Rechtswidrigkeit der Entscheidung der Erlaubnisbehörde zur Folge.

5. Die Werberichtlinie ist keine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift.

Tenor

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides der Bezirksregierung Düsseldorf vom 4. Juli 2013 verpflichtet, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Werbeerlaubnis vom 16. Mai 2013 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 2/3 und der Beklagte zu 1/3.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung und die Sprungrevision werden zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt eine unbeschränkte Werbeerlaubnis für die Vermittlung von Lotterien im Internet und im Fernsehen.

Die Klägerin ist eine GmbH mit tatsächlichem Sitz der Geschäftsführung in Berlin, die gewerblich staatliche Lotterien über die Internetplattform w... vermittelt. Das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr erteilte ihr mit Bescheid vom 3. Juli 2013 eine mit verschiedenen Nebenbestimmungen versehene und bis zum 2. Juli 2018 befristete Erlaubnis zur Vermittlung der staatlichen Lotterien Lotto 6 aus 49, Super 6, Spiel 77, EuroJackpot und Glücksspirale der einzelnen Bundesländer. Hiergegen hat die Klägerin am 30. Juni 2014 beim Verwaltungsgericht Berlin unter dem Aktenzeichen VG 23 K 390.14 Klage erhoben. Mit Urteil vom 24. Februar 2015 verpflichtete das Verwaltungsgericht Berlin das Land Niedersachsen zur erneuten Entscheidung über den Erlaubnisantrag der Klägerin und wies die Klage im Übrigen ab.

Am 16. Mai 2013 beantragte die Klägerin bei der Bezirksregierung Düsseldorf eine Rahmenwerbeerlaubnis für Lotterien im Fernsehen und im Internet. Hierbei legte sie ein Werbekonzept vor, wonach sie die Bewerbung der Produkte Lotto 6 aus 49, Spiel 77, Super 6, Glücksspirale und Eurojackpot beabsichtigte. Das Glücksspielkollegium fasste in seiner Sitzung am 28. Mai 2013 ausweislich der Niederschrift zu Tagesordnungspunkt 4.3 €Erlaubnisentwurf E... € Internet und Fernsehen€ folgenden Beschluss:

€Das Glücksspielkollegium beschließt, dass die Erlaubnis zur Werbung im Internet und Fernsehen in der Fassung vom 23. Mai 2013 (Anlage zu TOP 4.3) mit folgender Maßgabe erteilt werden soll: In Ziff. II. 1 des Tenors werden nach dem Wort €insbesondere€ die Wörter €§ 3 Abs. 3 Satz 5 (Informationen über gemeinnützige Zwecke)€, eingefügt. Dementsprechend werden die Gründe um die Aussage ergänzt, dass insbesondere die Werbeaussage auf S. 4 des Werbekonzepts mit dieser Bestimmung nicht vereinbar ist.€

Mit Bescheid vom 4. Juli 2013 erteilte die Bezirksregierung Düsseldorf der Klägerin auf der Basis der Vermittlungserlaubnis des Landes Niedersachsen eine Rahmenerlaubnis für die Werbung für die Vermittlung von Lotterien im Internet und im Fernsehen für die Lotterien Lotto 6 aus 49, Eurojackpot, Glücksspirale sowie die Zusatzlotterien Spiel 77 und Super 6. Im Übrigen lehnte sie den Antrag ab. Sie erteilte die Erlaubnis widerruflich, befristete sie bis zum 2. Juli 2015 und erließ unter Ziffer II. unter anderem die folgenden €Inhalts- und Nebenbestimmungen€:

€1. Die Werberichtlinie gem. § 5 Abs. 4 Satz 1 GlüStV (Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen € Nr. 2 vom 31. Januar 2013, MBl. NRW. 2013 S. 37), insbesondere § 3 Abs. 3 Satz 5 (Information über gemeinnützige Zwecke), § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 10 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 (unerlaubte Werbung), § 6 (Medien sowie Werbegestaltungen, die primär Minderjährige ansprechen), § 8 (Fernsehen), § 11 (Internet) und § 13 (Pflichthinweise) ist einzuhalten.[€]

4. Werbemittel sind mit Pflichthinweisen zu versehen. Bei Werbemitteln, die sich im Laufe einer Sequenz verändern, genügt es, dass die Pflichthinweise durch eine Einblendung in der Sequenz angemessenen Raum einnehmen, wenn der Bezug zum beworbenen Produkt gewahrt ist. Die Dauer der Einblendung der Pflichthinweise muss so bemessen sein, dass ein durchschnittlicher Nutzer in der Lage ist, diese Informationen vollständig aufzunehmen. Pflichthinweise müssen mindestens 1/5 der Größe des Werbemittels betragen.

5. Bei der Online-Werbung auf Drittseiten sind die Vertragspartner auf die Einhaltung der Werberichtlinie (Ziff. II. 1 des Bescheides) und der Bestimmungen dieses Bescheides zu verpflichten. Die Verpflichtungen sind € vor allem beim Affiliate Marketing € an die für die einzelne Werbung Verantwortlichen weiterzureichen.

6. Soweit in sozialen Netzwerken geworben werden soll, wird die Werbung probeweise bis zum 02.07.2014 erlaubt. Dabei sind die Bestimmungen der Werberichtlinie zum Schutz Minderjähriger und zum Schutz gefährdeter Spieler besonders zu beachten; die Altersangaben, die Nutzer sozialer Netzwerke bei der Registrierung machen, können dabei nicht alleine zugrunde gelegt werden. Rechtzeitig, das heißt acht Wochen vor Ablauf dieser Frist, ist ein Bericht zu sämtlichen Werbemaßnahmen in sozialen Netzwerken vorzulegen, auf dessen Grundlage über eine Verlängerung der Erlaubnis entschieden werden kann. Der Bericht soll insbesondere Angaben zum Nutzerverhalten Jugendlicher und Heranwachsender enthalten; eine weitere Konkretisierung der Berichtspflicht bleibt vorbehalten.[€]

8. Bei der Werbung im Internet und Fernsehen ist das Vermittlungsverhältnis deutlich und gut wahrnehmbar klarzustellen.

9. Die Angaben im Antrag vom 14.05.2013 und die vorgelegten Unterlagen, insbesondere das Werbekonzept, sind im Übrigen Bestandteil dieser Erlaubnis. Auf § 14 Abs. 2 S. 4 Werberichtlinie wird verwiesen.

10. Der vollständige oder teilweise Widerruf der Erlaubnis bleibt für den Fall der Nichteinhaltung der Bestimmungen der Werberichtlinie oder der Nebenbestimmungen dieser Erlaubnis vorbehalten. Ebenfalls bleibt die nachträgliche Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Nebenbestimmungen vorbehalten. Die allgemeinen Widerrufsvorbehalte nach § 9 Abs. 4 Satz 2 GlüStV und § 49 VwVfG NW bleiben unberührt.€

Die Behörde begründete ihre Entscheidung wie folgt: Die Werbeerlaubnis habe auf der Basis der Vermittlungserlaubnisse im Rahmen pflichtgemäßer Ermessensausübung im Umfang der Inhalts- und Nebenbestimmungen erteilt werden können. Die Befristung trage der Tatsache Rechnung, dass es sich um einen Erstantrag in einem neuen Verfahren handle, in dem erst noch Erfahrungen zur Regelung und Umsetzung der Anforderungen aus § 5 GlüStV und der Werberichtlinie gesammelt werden müssten. Die Auflage, die Vertragspartner der Klägerin auf die Inhalte der Erlaubnis und der Werberichtlinie zu verpflichten, sei notwendig, um die Einhaltung der Bestimmungen des Bescheides insbesondere zum Schutz Minderjähriger und zum Schutz gefährdeter Spieler zu sichern, wenn die Erlaubnisinhaberin selbst nicht Inhaltsanbieterin einer Internetseite sei. Die Werbung in sozialen Netzwerken werde zunächst nur probeweise mit einer umfassenden Berichtspflicht für ein Jahr erlaubt, da es bei der Werbung in sozialen Netzwerken an Erfahrungen fehle.

Mit der am 3. August 2013 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ist der Ansicht, einen Anspruch auf eine unbeschränkte Werbeerlaubnis zu haben. Der gesetzliche Erlaubnisvorbehalt für Werbung im Internet und Fernsehen stelle einen gleichheitswidrigen und unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit und eine diskriminierende Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar. Denn er unterwerfe ohne sachlichen Grund bestimmte Werbeformen unter Verbot mit Befreiungsvorbehalt und benachteilige hierdurch bestimmte Glücksspielgewerbetreibende. Jedenfalls die tatsächliche Vollzugspraxis sei inkohärent, da die Glücksspielaufsichtsbehörden nicht konsequent gegen illegale Werbeangebote vorgingen. In verfassungs- und unionsrechtskonformer Auslegung bestehe daher ein Anspruch auf eine unbeschränkte und unbefristete Werbeerlaubnis. Lotterien zählten zu den harmlosesten Glücksspielen. Auf diese Feststellung sind die von der Klägerin gestellten Beweisanträge gerichtet. Ein Anbieter, der € wie sie selbst € mit staatlicher Erlaubnis im Internet Lotterien vermitteln dürfe, besitze daher auch einen Anspruch auf eine entsprechende Werbeerlaubnis. Die Befristung schaffe für sie eine erhebliche Rechtsunsicherheit. Es sei ihr nicht möglich, langfristige Verträge abzuschließen und Investitionen zu tätigen. Die zum Gegenstand der Erlaubnis gemachte Werberichtlinie ist nach Auffassung der Klägerin rechtswidrig. Sie sei wegen Verstoßes gegen die unionsrechtliche Notifizierungspflicht nicht anwendbar und überdies nichtig, weil das Glücksspielkollegium diese aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht mit bindender Wirkung für alle Länder habe erlassen dürfen. Überdies führe die Inkorporation der abstrakten Regelungen der Werberichtlinie zu inhaltlich unbestimmten Auflagen. Der Verpflichtung zu Pflichthinweisen fehle es an einer gesetzlichen Grundlage, da der Glücksspielstaatsvertrag selbst diese nicht vorsehe. Überdies ließen sich Pflichthinweise bei den typischerweise kleinen Werbeformen des Internets schon praktisch nicht umsetzen. Die Auflage, wesentliche Änderungen des Werbekonzepts der Behörde zur Genehmigung vorzulegen, verstoße gegen das grundgesetzliche Zensurverbot. Die Verpflichtung, die Vorgaben aus der Werberichtlinie an ihre Vertragspartner weiterzugeben, sei weder erforderlich noch lasse sie sich praktisch umsetzen. Die gesonderte Beschränkung der Werbung in sozialen Netzwerken sei rechtswidrig, weil der Begriff des €Sozialen Netzwerks€ unbestimmt sei und ein besonderes Gefährdungspotential nicht bestehe. Die Hinweispflicht auf ihre Eigenschaft als Lotterievermittlerin entfalte eine diskriminierende Wirkung und sei durch suchtpräventive Gründe nicht gerechtfertigt. Denn das Lotterieprodukt sei bei Veranstalter und Vermittler dasselbe und besitze daher kein unterschiedliches Gefährdungspotential.

Die Klägerin hat im Klageverfahren beispielhaft von ihr seit Erteilung der Erlaubnis getätigte Werbemaßnahmen vorgelegt und mitgeteilt, zu keinem Zeitpunkt in sozialen Netzwerken geworben zu haben. Die Beteiligten haben daraufhin den Rechtsstreit hinsichtlich der Berichtspflicht für die Werbung in sozialen Netzwerken gemäß Ziffer II. 6. Satz 3 und 4 des angefochtenen Bescheides übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Klägerin beantragt nunmehr noch,

1. die nachfolgenden Nebenbestimmungen des Bescheides der Bezirksregierung Düsseldorf vom 4. Juli 2013 aufzuheben:

a) Ziff. I. 2. (Befristung),b) Ziff. II. 1. (Inkorporation der Werberichtlinie als Auflage),c) Ziff. II. 4. (Auflage zu Pflichthinweisen und diesbezügliche Maßgaben),d) Ziff. II. 5. (Weitergabeverpflichtung für Affiliate Marketing und Dritte),e) Ziff. II. 8. (Hinweispflicht auf Vermittlung),f) Ziff. II. 9., soweit dort pauschal auf alle Angaben im Antrag und die vorgelegten Unterlagen Bezug genommen wird und die Erlaubnis auf das konkrete Werbekonzept beschränkt wird,g) Ziff. II. 10. Satz 1 (Widerrufsvorbehalt),

und

2. den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des genannten Bescheides zu verpflichten, der Klägerin eine unbeschränkte Werbeerlaubnis entsprechend ihres Antrags vom 16. Mai 2013 zu erteilen und ihr zu erlauben,

a) anstelle der Beschränkung auf die enumerativ in I. 1. des Bescheides aufgezählten Lotterieprodukte für die ihr erlaubte Lotterievermittlung und die in diesem Rahmen erlaubten Lotterieprodukte im Internet und Fernsehen zu werben,b) die Werbung in sozialen Netzwerken unbeschränkt zuzulassen,

hilfsweise zu 1. a) bis g),

3. den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des genannten Bescheides zu verpflichten, eine Erlaubnis ohne die Beschränkungen zu 1. a) bis g) zu erteilen,

hilfsweise zu 1.- 3.,

4. festzustellen, dass sie keiner Werbeerlaubnis bedarf, um im Internet und im Fernsehen für die Vermittlung von Lotterien zu werben,

hilfsweise jeweils für den Fall, dass die Klageanträge zu 1. bis 3. als unbegründet abgewiesen werden sollten,

Beweis zu erheben nach Maßgabe der Beweisanträge Nr. 1 bis 5 in der Anlage zur Sitzungsniederschrift.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass die Klägerin schon nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis besitze, weil mit der gerichtlichen Entscheidung im Verfahren VG 23 K 390.14 ihre Vermittlungserlaubnis entfallen sei und es damit an einer tatbestandlichen Voraussetzung für die hier begehrte Werbeerlaubnis fehle. Schließlich entspreche die erteilte Erlaubnis einer verfassungs- und unionsrechtskonformen Auslegung des § 5 Abs. 3 GlüStV. Das Glücksspielangebot im Internet besitze aufgrund der Anonymität und des fehlenden persönlichen Kontakts und der sozialen Kontrolle ein besonderes Gefährdungspotential. Das vom Gesetzgeber geregelte Werbeverbot mit Erlaubnisvorbehalt sei erforderlich, da ein € weniger belastendes € allein repressives Vorgehen nicht die gleiche Effizienz besitze. Die behördliche Entscheidung stelle keine Vorabzensur dar, da bei der Erteilung einer Rahmenerlaubnis nicht jede einzelne Werbemaßnahme, sondern lediglich das abstrakte Werbekonzept vorab überprüft werde. Die Werberichtlinie sei nicht wegen Verstoßes gegen die Notifizierungspflicht unanwendbar, da der Glücksspielstaatsvertrag seinerseits notifiziert worden sei. Die Kompetenz des Glücksspielkollegiums zum Erlass der Werberichtlinie begegne keinen Bedenken. Dessen Mitglieder würden von den obersten Glücksspielaufsichtsbehörden der Länder entsandt, welche ihrerseits der vollen parlamentarischen Kontrolle des jeweiligen Landtages unterlägen. Ein etwaiger Begründungsmangel der Entscheidung des Glücksspielkollegiums sei als Verfahrensfehler jedenfalls heilbar. Die Beschränkung der Erlaubnis auf die aufgelisteten Lotterien entspreche dem Umfang der Erlaubnis für die gewerbliche Spielvermittlung durch das Land Niedersachsen. Die Inhalte der Werberichtlinie seien für Behörden und Gerichte bindend, da es sich bei der Werberichtlinie um eine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift handle. Die Vorgaben der Werberichtlinie seien hinreichend bestimmt. Inhalt und Zweck ließen sich unter Heranziehung von Zielsetzung und Materialien zum Staatsvertrag sowie der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ermitteln. Die Pflichthinweise seien vom Glücksspielstaatsvertrag gedeckt.

Der Verwaltungsvorgang des Beklagten (84 Blatt), die Vorgänge des Glücksspielkollegiums betreffend die Anhörung vor Erlass der Werberichtlinie und die Streitakte zum Verfahren VG 23 K 390.14 beim Verwaltungsgericht Berlin (377 Blatt) sind beigezogen worden. Das Glücksspielkollegium hat mitgeteilt, über keine weiteren Vorgänge zum Erlaubnisantrag der Klägerin zu verfügen, da es selbst keine Akten führe. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Streitakte verwiesen.

Gründe

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der Berichtspflicht für die Werbung in sozialen Netzwerken übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war der Rechtsstreit einzustellen. Im Übrigen hat die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, für die das Verwaltungsgericht Berlin gemäß § 52 Nr. 3 S. 2 und S. 5 VwGO örtlich zuständig ist, da die Klägerin ihren Geschäftsführungssitz in Berlin hat, in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.

Der auf die isolierte Aufhebung der im Einzelnen bezeichneten Bestimmungen der Erlaubnis gerichtete Klageantrag zu 1. ist unzulässig. Die Anfechtungsklage ist die statthafte Klageart, wenn die Aufhebung eines Verwaltungsaktes begehrt wird (§ 42 Abs. 1 1. Alt. der Verwaltungsgerichtsordnung € VwGO €). Demgegenüber kann mit der Verpflichtungsklage die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsaktes begehrt werden (§ 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO).

Hiernach ist der Klageantrag zu 1. f) schon deshalb nicht statthaft, weil es sich bei der Ziffer II. 9. des angefochtenen Bescheides, wonach die Angaben im Antrag vom 14. Mai 2013 und die vorgelegten Unterlagen, insbesondere das Werbekonzept, zum Bestandteil der Erlaubnis gemacht werden, nicht um eine Neben-, sondern eine mit der Verpflichtungsklage anzugreifende Inhaltsbestimmung handelt. Maßgeblich für die Abgrenzung einer Neben- von einer Inhaltsbestimmung ist nicht die Formulierung der Bestimmung, auch nicht Art und Umfang der Abweichung von dem zur Genehmigung vorgelegten Antrag, sondern die mit der Bestimmung durch die Behörde gesetzte Rechtsfolge (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Auflage 2014, § 36 Rn. 5 f.). Die Auflage muss von der Behörde im Falle der Nichtbefolgung mit den Mitteln des Verwaltungszwangs durchgesetzt werden, die Nichtbefolgung einer Inhaltsbestimmung führt dagegen dazu, dass der Adressat insoweit ohne Genehmigung handelt. Hiernach hat die Behörde den Umfang der Genehmigung unter Bezugnahme auf die Antragsunterlagen beschränkt, während durch den in Ziffer II. 9 Satz 2 geregelten Verweis auf § 14 Abs. 2 S. 4 Werbe-RL die Auflage erteilt wurde, wesentliche Änderungen des Werbekonzepts zur Genehmigung vorzulegen.

Die Anfechtungsklage ist auch im Übrigen nicht statthaft, soweit sie sich gegen die Nebenbestimmungen des Bescheides richtet. Zwar ist eine Klage, die sich gegen die belastenden Nebenbestimmungen eines begünstigenden Verwaltungsaktes richtet, grundsätzlich als Anfechtungsklage statthaft (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. November 2000 € BVerwG 11 C 2.00 €, Rn. 25; s.a. Urteil vom 10. Juli 1980 € BVerwG 3 C 136.79 -; Urteil vom 8. März 1990 € BVerwG 3 C 15.84 -, Rn. 48; juris). Ob diese Klage zur isolierten Aufhebung der Nebenbestimmung führen kann, hängt grundsätzlich davon ab, ob der begünstigende Verwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung sinnvoller- und rechtmäßigerweise bestehen bleiben kann, und ist damit eine Frage der Begründetheit und nicht der Zulässigkeit des Anfechtungsbegehrens (BVerwG, a.a.O.; s.a. Beschluss vom 17. Juli 1995 € BVerwG 1 B 23.95 -, Rn. 10; Urteil vom 17. Februar 1984 € BVerwG 4 C 70.80 -; Rn. 14; juris). Dabei ist es eine Frage des Einzelfalls, ob von der isolierten Anfechtbarkeit einer belastenden Nebenbestimmung auszugehen ist (BVerwG, Beschluss vom 27. Februar 2013 € BVerwG 4 B 14.13 -, Rn. 4, juris). Scheidet eine isolierte Anfechtbarkeit hingegen von vorneherein offenkundig aus, ist auch die Anfechtungsklage unzulässig (BVerwG, Urteil vom 22. November 2000 € BVerwG 11 C 2.00 -, Rn. 25; Beschluss vom 17. Juli 1995 € BVerwG 1 B 23.95 -, Rn. 10; juris). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Aufhebung von Auflagen rückwirkend zu einem Ermessensdefizit und damit zur Rechtswidrigkeit des Hauptverwaltungsaktes führt (Sächsisches OVG, Urteil vom 10. Oktober 2012 € 1 A 389/12 -, Rn. 26, juris). So liegt der Fall hier. Gemäß § 5 Abs. 3 S. 2 des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (im Folgenden: GlüStV) können die Länder zur besseren Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV Werbung für Lotterien im Internet und im Fernsehen unter Beachtung der Grundsätze des § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV erlauben. Die Entscheidung über die Erlaubniserteilung ist somit in das behördliche Ermessen gestellt. Bei dessen Ausübung sind aber nicht nur zwingende gesetzliche Vorgaben wie etwa die Widerruflichkeit und die Befristung gemäß § 9 Abs. 4 S. 2 GlüStV zu beachten, sondern auch die Vorgaben des § 1 GlüStV. Das Ermessen ist dabei nicht im Sinne eines gebundenen Anspruchs auf eine nebenbestimmungsfreie Erlaubniserteilung reduziert. Die isolierte Aufhebung bereits einzelner Nebenbestimmungen ließe daher eine Erlaubnis zurück, die nach der behördlichen Ermessensausübung, die Erlaubnis lediglich im Umfang der Inhalts- und Nebenbestimmungen zu erteilen, ersichtlich nicht gewollt und überdies materiell rechtswidrig wäre.

Die in Literatur und Rechtsprechung vertretene, maßgeblich auf den Wortlaut des § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO gestützte Ansicht, wonach die Anfechtungsklage auch bei einem verbleibenden rechtswidrigen Verwaltungsakt zulässig sein soll und dem durch die isolierte Aufhebung einer Nebenbestimmung bewirkten Eingriff in eine einheitliche Ermessensentscheidung dadurch zu begegnen sei, dass der Behörde die Möglichkeit zur Rücknahme oder zum Widerruf des Restverwaltungsaktes nach § 48 Abs. 1 VwVfG oder in entsprechender Anwendung des § 49 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG eröffnet werde (BVerwG, Urteil vom 12. März 1982 - BVerwG 8 C 23.80 -, Rn. 14, juris; Pietzcker, in: Schoch/ Schneider/Bier, VwGO, Stand: Oktober 2008, § 42 Abs. 1 Rn. 134), vermag nicht zu überzeugen. Denn das Gericht, welches seinerseits an Recht und Gesetz gebunden ist (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz € GG €), drängte der Verwaltung so einen offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakt auf und verletzte mit der Missachtung des Ermessensspielraums der Verwaltung zugleich den in Art. 20 Abs. 2 GG verankerten Grundsatz der Gewaltenteilung (Sächsisches OVG, a.a.O.; Kopp/Schenke, VwGO, 20. Auflage 2014, § 42 Rn. 24). Die Bejahung der Zulässigkeit einer Anfechtungsklage begründete überdies den Suspensiveffekt des § 80 Abs. 1 VwGO mit der Folge, dass von einer Begünstigung Gebrauch gemacht werden könnte, die in jedem Fall rechtswidrig ist (kritisch insoweit auch Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Auflage 2014, § 36 Rn. 62).

II.

Die Verpflichtungsklage ist mit dem Klageantrag zu 2 a) bereits unzulässig (1.), im Übrigen unbegründet (2.).

1. Soweit die Klägerin die Verpflichtung des Beklagten begehrt, ihr unter Aufhebung der Beschränkung auf die im Bescheid genannten Lotterieprodukte die Werbung für die ihr erlaubte Lotterievermittlung und die in diesem Rahmen erlaubten Lotterieprodukte im Internet und Fernsehen zu erteilen, ist die Klage unzulässig. Die Zulässigkeit einer Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO) setzt voraus, dass zuvor im Verwaltungsverfahren ein Antrag auf Vornahme (§§ 68 Abs. 2, 75 S. 1 VwGO) des eingeklagten Verwaltungsaktes gestellt wurde (BVerwG, Urteil vom 28. November 2007 € BVerwG 6 C 42.06 -, Rn. 22, juris; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Auflage 2014, § 42 Rn. 6). Hiernach fehlt es vorliegend an einer behördlichen Vorbefassung und einem Rechtsschutzbedürfnis, da der Erlaubnisantrag der Klägerin vom 16. Mai 2013 sich ausweislich des Werbekonzepts (Ziffer 1.1.1.) auf die Bewerbung der Lotterieprodukte Lotto6 aus 49, Spiel 77, Super 6, Glücksspirale und Eurojackpot beschränkt, für die ihr eine Erlaubnis erteilt worden ist.

2. Soweit die Klägerin mit der Verpflichtungsklage mit den Anträgen zu 2 b) und 3 die Erteilung einer inhalts- und nebenbestimmungsfreien unbeschränkten Werbeerlaubnis im Umfang ihres Antrags vom 16. Mai 2013 begehrt, ist die Klage zulässig. Sie ist als Verpflichtungsklage statthaft (§ 42 Abs. 1 2. Alt. VwGO), und die Durchführung eines Vorverfahrens war nach § 68 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 VwGO i.V.m. § 119 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes über die Justiz in Nordrhein-Westfalen entbehrlich. Auch fehlt es der Klage entgegen der Ansicht des Beklagten nicht deshalb an einem Rechtsschutzbedürfnis, weil mit dem Urteil der Kammer im Verfahren VG 23 K 390.14 die Vermittlungserlaubnis als Voraussetzung der Werbeerlaubnis weggefallen wäre. Zwar hat die Kammer darin das Land Niedersachsen zur Neubescheidung verpflichtet und damit die erteilte Erlaubnis aufgehoben. Darauf kommt es aber im hiesigen Kontext nicht an, weil das Urteil jedenfalls noch nicht rechtskräftig ist.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erteilung einer unbeschränkten Werbeerlaubnis. Gemäß § 5 Abs. 3 GlüStV ist Werbung für öffentliches Glücksspiel im Fernsehen und im Internet verboten (Satz 1). Davon abweichend können die Länder zur besseren Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV Werbung für Lotterien im Internet und im Fernsehen unter Beachtung der Grundsätze in § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV erlauben (Satz 2). Nach § 9 Abs. 4 GlüStV ist die Erlaubnis nach dem Glücksspielstaatsvertrag widerruflich zu erteilen und zu befristen (Satz 2). Sie kann, auch nachträglich, mit Nebenbestimmungen versehen werden (Satz 3). Die Entscheidung über die Erteilung einer Werbeerlaubnis ist damit in das Ermessen der Behörde gestellt. Das Gesetz regelt keinen gebundenen Anspruch auf die Erteilung einer unbeschränkten Erlaubnis. Das behördliche Ermessen ist auch nicht entsprechend verdichtet. Weder das Verfassungs- noch das Unionsrecht gebieten eine Auslegung des § 5 Abs. 3 S. 2 GlüStV dahingehend, dass nur die Erteilung einer nebenbestimmungsfreien Werbeerlaubnis sich als rechtmäßig darstellt. Das Ermessen ist daher nicht auf Null reduziert.

a) Der in § 5 Abs. 3 S. 2 GlüStV geregelte Erlaubnisvorbehalt ist € auch in seiner Ausgestaltung als Ermessenstatbestand € verfassungsgemäß. Die Vorschrift genügt mit ihren Bezugnahmen auf § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV, wonach Art und Umfang der Werbung für öffentliches Glücksspiel an den Zielen des § 1 GlüStV auszurichten ist, sich nicht an Minderjährige oder vergleichbar gefährdete Zielgruppen richten darf und irreführende Werbung für öffentliches Glücksspiel verboten ist, sowie ihrem Zusammenhang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der Begründung zum Staatsvertrag dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot und dem Gesetzesvorbehalt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 € 1 BvR 928/08 -, Rn. 26, juris). Sie verletzt auch nicht die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG). Der Erlaubnisvorbehalt für die Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet und im Fernsehen dient in verhältnismäßiger Weise der Erreichung der in § 1 S. 1 GlüStV geregelten Ziele des Glücksspielstaatsvertrags, das Entstehen von Glücksspielsucht zu verhindern, durch ein begrenztes Glücksspielangebot den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten und sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt und die Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt werden. Das sind legitime Gründe des Gemeinwohls. Mit der Ausgestaltung als Ermessenstatbestand und der Eröffnung der Möglichkeit des Erlasses von Nebenbestimmungen hat der Gesetzgeber die Grenzen seiner Einschätzungsprärogative hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen der Eignung und Erforderlichkeit sowie seines Gestaltungsspielraums bei der Wahl des angemessenen Mittels gewahrt, welche erst dann überschritten sind, wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen mehr sein können (BVerfG, Urteil vom 12. Dezember 2006 € 1 BvR 2576/04 -, Rn. 64, juris). Hierbei kann an die Rechtsprechung zur Verfassungsmäßigkeit des Werbeverbots und der Werbebeschränkungen in § 5 Abs. 1 bis 4 des bis zum 30. Juni 2012 geltenden Glücksspielstaatsvertrags (a.F.; vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 € 1 BvR 928/08 -, Rn. 27 ff.; Beschluss vom 30. September 2013 € 1 BvR 3196/11 -, Rn. 22; BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2011 € BVerwG 8 C 5.10 -, Rn. 19 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. Februar 2014 € 13 A 3027/11 -, Rn 67; juris) angeknüpft werden (so auch VG Hamburg, Urteil vom 3. Juli 2014 € 4 K 1368/13 -, Rn. 72 ff.; VG Schwerin, Urteil vom 14. März 2013 € 7 A 1430/08 -, Rn. 81; juris). Zwar nimmt der geltende Glücksspielstaatsvertrag eine geringfügig andere Akzentuierung seiner Zielsetzung vor und eröffnet abweichend die rechtliche Möglichkeit der privaten Vermittlung von Lotterien über das Internet, in welche eine Beschränkung der Werbung im Internet eingreift. Hiernach mag einiges für einen Anspruch des zugelassenen Vermittlers von Lotterien im Internet auf die Erteilung auch einer Werbeerlaubnis sprechen, da er seinen Beruf sonst faktisch nicht wird ausüben können. Hieraus folgt jedoch nicht, dass diese Werbeerlaubnis frei von Nebenbestimmungen € wie etwa der Verpflichtung zu Pflichthinweisen € zu erteilen wäre. Da die Rechtfertigung des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit an die spezifische Anreizwirkung des Werbemediums Internet anknüpft (siehe hierzu auch die Erläuterungen zum GlüStV, Drucksache des Landtags von Baden-Württemberg 15/1570, S. 65), lässt sich vielmehr der bisherige Maßstab der verfassungsrechtlichen Prüfung übertragen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Oktober 2008, a.a.O., Rn. 57).

Den hilfsweise für den Fall der Klageabweisung als unbegründet gestellten Beweisanträgen zu 1. bis 5. war nicht nachzugehen, da die mit ihnen bezeichneten Tatsachen der fehlenden Dokumentation des Krankheitsbildes eines Lottosüchtigen, der Umsatzentwicklung bei Eröffnung der Lotterievermittlung im Internet, der Attraktivität des Lottospiels in Abhängigkeit von der Höhe des Jackpots und des fehlenden Falls einer Betreuung wegen Lotto-Spielsucht weder für sich genommen noch in ihrer Zusammenschau für die Entscheidung der Kammer erheblich sind. Die Klägerin strebt mit ihren Beweisanträgen, die in ihrer Intention auf die Widerlegung der § 5 Abs. 3 GlüStV zugrundeliegenden gesetzgeberischen Einschätzung gerichtet sind, sinngemäß den Nachweis an, dass vom Lottospiel € auch im Internet € keine Suchtgefahr ausgeht. Damit ist die beantragte Beweiserhebung aber von vornherein nicht geeignet, die gesetzgeberische Einschätzung, welche maßgeblich nicht an das beworbene Spiel, sondern das Werbemedium anknüpft, zu widerlegen. Mit der Beschränkung auf die Widerlegung der Suchtgefahr lassen die Beweisanträge überdies die gleichrangigen weiteren Ziele des Glücksspielstaatsvertrags in § 1 Nr. 2 bis 4 GlüStV unberührt, die ihrerseits die gesetzliche Regelung eines Erlaubnisvorbehalts für die Werbung für Lotterien im Internet gleichermaßen rechtfertigen (vgl. § 5 Abs. 3 S. 2 i.V.m. Abs. 1 GlüStV). So betonen die Erläuterungen zum GlüStV maßgeblich die Funktion der Werbung, die Nachfrage auf das legale Angebot zu kanalisieren (Drucksache des Landtags von Baden-Württemberg 15/1570, S. 29). Überdies waren die Beweisanträge im Einzelnen abzulehnen, soweit es an einer bestimmten Bezeichnung der zum Beweis gestellten Tatsache oder aber schon der Tatsachenqualität als solcher fehlt. So lässt der Beweisantrag zu 1. offen, worum es sich bei €medizinisch signifikanten Suchtphänomenen€ oder €statistisch signifikante Größenordnungen€ handeln soll.

§ 5 Abs. 3 S. 2 GlüStV verletzt auch nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Mit der differenzierten Regelung der Zulässigkeit der Werbung für Glücksspiel im Internet und Fernsehen einerseits und im Radio andererseits verwirklicht der Gesetzgeber das sachliche Differenzierungsgebot des § 1 S. 2 GlüStV und trägt in einer seinen Beurteilungsspielraum wahrenden und verhältnismäßigen Weise der besonderen Breiten- und Anreizwirkung der Medien Internet und Fernsehen Rechnung (vgl. Bayerischer VGH, Beschluss vom 8. Juli 2013 € 7 Cs 13.929 -, Rn.12 ff., juris).

b) Die Klägerin vermag eine Ermessensreduktion auf Null auch nicht mit Erfolg damit zu begründen, dass bei der Umsetzung der gesetzlichen Regelung des § 5 Abs. 3 GlüStV ein strukturelles Vollzugsdefizit besteht, welches Art. 3 Abs. 1 GG verletzt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2014 € BVerwG 8 C 36.12 -, Rn. 24 ff., juris). Denn ein unterlassenes Einschreiten der Glücksspielaufsichtsbehörde gegen rechtswidrige Werbung für Lotterien im Internet ist € anders als bei der Anfechtungsklage gegen eine ordnungsbehördliche Untersagungsverfügung € nicht geeignet, einen weitergehenden Anspruch der Klägerin im hiesigen Genehmigungsverfahren zu begründen.

c) Die Regelung des § 5 Abs. 3 S. 2 GlüStV ist auch mit Art. 56 Abs. 1 AEUV vereinbar (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 43) Zwar stellt der Erlaubnisvorbehalt für die Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet eine Beschränkung des freien Dienst-leistungsverkehrs dar. Diese Beschränkung dient mit der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht und dem Jugend- und Spielerschutz jedoch anerkannten zwingenden Gründen des Allgemeininteresses (EuGH, Urteile vom 8. September 2010 - Rs. C-46/08, Carmen Media -, Rn. 45, und vom 30. Juni 2011 - Rs. C-212/08, Zeturf -, Rn. 38, juris). Die Regelung des § 5 Abs. 3 S. 2 GlüStV ist auch geeignet, diese Ziele des Glücksspielstaatsvertrages (§ 1 GlüStV) tatsächlich in kohärenter und systematischer Weise zu verwirklichen. Schließlich geht der gesetzliche Erlaubnisvorbehalt nicht über das hinaus, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist. Aufgrund der dem Internet eigenen Breitenwirkung ist mit dessen Nutzung als Werbemedium eine besonders starke Anreizwirkung zur Glücksspielteilnahme verbunden, dessen unbeschränkte Nutzung mit den Zielen der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht und des Jugend- und Spielerschutzes unvereinbar wäre.

III.

Die im hilfsweisen Klageantrag zu 3. überdies enthaltene Klage auf Neubescheidung des Erlaubnisantrags ist zulässig (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO) und begründet. Der Erlaubnisbescheid der Bezirksregierung Düsseldorf vom 4. Juli 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihrem Recht auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung (1.). Die Klägerin hat daher einen Anspruch auf eine erneute Bescheidung ihres Erlaubnisantrags unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (2.).

1. Der angefochtene Bescheid ist ermessensfehlerhaft. § 36 Abs. 2 VwVfG stellt den Erlass einer Nebenbestimmung bei Verwaltungsakten, auf die € wie hier € kein unbedingter Anspruch besteht, in das Ermessen der Behörde. Dies gilt sowohl für die Entscheidung, ob eine Nebenbestimmung erlassen wird als auch welche Nebenbestimmung. Die Nebenbestimmung darf dabei dem Zweck des Verwaltungsaktes nicht zuwiderlaufen (§ 36 Abs. 3 VwVfG). Der sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Zweck der Werbeerlaubnis für öffentliches Glücksspiel im Internet und Fernsehen ist gemäß § 5 Abs. 3 S. 2 GlüStV die bessere Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV unter Beachtung der Grundsätze des § 5 Abs. 1 und Abs. 2 GlüStV. Die Ziele des Glücksspielstaatsvertrags, an denen gemäß § 5 Abs. 1 GlüStV Art und Umfang der Werbung für öffentliches Glücksspiel auszurichten ist, sind, das Entstehen von Glücksspielsucht zu verhindern, durch ein begrenztes Glücksspielangebot den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, den Jugend- und Spielerschutz zu gewährleisten und sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt und die Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt werden. Gemäß § 5 Abs. 2 GlüStV darf sich Werbung für öffentliches Glücksspiel nicht an Minderjährige oder vergleichbar gefährdete Zielgruppen richten und ist irreführende Werbung für öffentliches Glücksspiel, insbesondere solche, die unzutreffende Aussagen über die Gewinnchancen oder Art und Höhe der Gewinne enthält, verboten.

Das Gericht ist bei der Überprüfung von Ermessensentscheidungen auf eine Prüfung von Ermessensfehlern beschränkt (§ 114 S. 1 VwGO). Es hat festzustellen, ob die Behörde das ihr eingeräumte Ermessen tatsächlich ausgeübt, dessen rechtliche Grenzen nicht überschritten und keine sachwidrigen Erwägungen angestellt hat. Äußere rechtliche Grenzen der Ermessensausübung ergeben sich aus den verfassungsrechtlichen Vorgaben der Berufsausübungsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG und des € in § 1 S. 2 GlüStV gesetzlich konkretisierten € allgemeinen Gleichheitssatzes, welche in verhältnismäßiger Weise zu wahren sind.

Hier liegt ein Ermessensausfall vor. Indiz für einen Ermessensausfall ist die fehlende Begründung einer Entscheidung (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Auflage 2014, § 39 Rn. 56). Dies gilt auch dann, wenn die Entscheidung einer beteiligten Stelle, die interne Bindungswirkung entfaltet, nicht begründet ist. So liegt der Fall hier. Das Land Nordrhein-Westfalen erteilt gemäß § 9a Abs. 2 Nr. 1 GlüStV im ländereinheitlichen Verfahren die Erlaubnis für Werbung für Lotterien im Internet und Fernsehen nach § 5 Abs. 3 GlüStV. Hierbei beteiligt es nach § 9a Abs. 5 S. 2 GlüStV das Glücksspielkollegium. An dessen Beschlüsse ist es gebunden (§ 9a Abs. 8 S. 4 GlüStV). Gemäß § 9a Abs. 8 S. 2 und S. 3 GlüStV, den das Glücksspielkollegium wörtlich in § 4 Abs. 4 S. 1 und S. 2 seiner Geschäfts- und Verfahrensordnung übernommen hat, hat das Glücksspielkollegium seine Beschlüsse zu begründen und die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen. Von dieser gesetzlichen Begründungspflicht konnte sich das Glücksspielkollegium auch nicht dadurch befreien, dass es in § 3 Abs. 7 S. 2 2. Hs. seiner Geschäfts- und Verfahrensordnung regelt, dass von einer Aufnahme der Gründe in die Sitzungsniederschrift abgesehen wird, soweit das Glücksspielkollegium einer Beschlussvorlage im Wortlaut und der Begründung folgt. Der Vorschrift des § 9a Abs. 8 S. 2 und S. 3 GlüStV lässt sich dabei nicht entnehmen, dass der Beschluss selbst ausführliche Erwägungen enthalten muss. Für die allgemeine Begründungspflicht in § 39 VwVfG ist anerkannt, dass auch Bezugnahmen auf Unterlagen, auf vorangegangene Verwaltungsakte sowie auf Schreiben der Behörde oder Gutachten, die an den Adressaten ergangen oder diesem zumindest ohne weitere Umstände zugänglich sind, zulässig sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Januar 1987 € BVerwG 1 B 213.86 -, NVwZ 1987, 504; speziell zur Zulässigkeit der Bezugnahme auf Beschlussvorlagen bei Kollegialentscheidungen auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29. September 2011 - 2 B 10902/11.OVG -, Rn. 18, juris). Nach der Rechtsprechung zur Begründungspflicht der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) nach § 35 Abs. 9 S. 3 und S. 4 des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) genügt es, wenn sich die Kommissionsmitglieder eine Beschlussvorlage im Wege der Verweisung oder Bezugnahme zu eigen machen, wobei allerdings die Verweisung wie auch der Wille, sich die Begründung zu eigen zu machen, aus der Niederschrift klar und unmissverständlich hervorgehen muss (vgl. etwa OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 29. April 2014 € 2 A 10894/13 -, Rn. 35 ff.; Bayerischer VGH, Urteil vom 19. September 2013 € 7 BV 13.196 -, Rn. 42 ff.; VG Berlin, Urteil vom 22. Mai 2012 € VG 27 K 339.10 -, Rn. 27; juris).

Die Einwände des Beklagten gegen eine Heranziehung der Rechtsprechung zur Begründungspflicht der Gremien der Landesmedienanstalten nach dem Rundfunkstaatsvertrag greifen nicht durch. Zunächst steht ihnen der erklärte Wille des Gesetzgebers entgegen, der die Vorschrift des § 9a Abs. 8 S. 2 und S. 3 GlüStV den entsprechenden Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrages bewusst nachempfunden hat (vgl. die Erläuterungen zu § 9a GlüStV, a.a.O., S. 81). Auch hat die rundfunkrechtliche Rechtsprechung, dessen Kenntnis auch dem Gesetzgeber unterstellt werden darf, einen unheilbaren Verfahrensfehler nicht nur bei spezifisch mit Sachverständigen besetzten Gremien wie der Kommission für den Jugendmedienschutz (KJM) angenommen, sondern gerade auch für Kommissionen, die sich aus allgemeinen Vertretern der Landesmedienanstalten zusammensetzen, wie die ZAK. Schließlich und vor allem stützt sich die Rechtsprechung auf das Gebot effektiven Rechtschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG. Hiernach muss dem Adressaten einer behördlichen Entscheidung erkennbar sein, aus welchen Gründen die Entscheidung getroffen worden ist. Nur so wird er in die Lage versetzt, gegen die Entscheidung auch wirksam vorgehen zu können. Bei der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes handelt es sich jedoch um ein allgemeines Gebot, welches damit auch vorliegend Geltung beansprucht.

Gemessen an diesen Anforderungen ist zwar der Erlaubnisbescheid des Landes Nordrhein-Westfalen gemäß § 39 Abs. 1 VwVfG begründet. Auch lässt dieser hierbei Ermessenserwägungen erkennen. Da das Land Nordrhein-Westfalen nach § 9a Abs. 8 S. 4 GlüStV an die Beschlüsse des Glücksspielkollegiums gebunden ist und sich vorliegend auch tatsächlich hieran gebunden fühlte, sind diese jedoch nicht Ausdruck eines selbstständig ausgeübten eigenen Ermessens. Gleiches gilt für den dem Glücksspielkollegium vor dessen Beschlussfassung zugeleiteten Entwurf einer Erlaubnis. Auch diesem konnte als bloßem Entscheidungsvorschlag eine verbindliche Ermessensbetätigung nicht vorangehen. Auch das Glücksspielkollegium hat seinen Beschluss, der Klägerin die streitgegenständliche Werbeerlaubnis zu erteilen, nicht begründet. Die lediglich als Entwurf vorliegende Niederschrift der 10. Sitzung des Glücksspielkollegiums vom 28. Mai 2013 gibt die maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe der Beschlussfassung nicht wider. Es ist nicht ersichtlich, welchen Verlauf die Diskussion in der Sitzung genommen hat und auf welche Begründung sich die Mitglieder des Glücksspielkollegiums geeinigt haben. Die Niederschrift lässt nicht erkennen, dass das Glücksspielkollegium sich des ihm eingeräumten Ermessens bewusst war und sich in Ausübung dessen die konkreten tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen des Landes Nordrhein-Westfalen im Erlaubnisentwurf zu Eigen gemacht hat. Die erforderliche ausdrückliche Bezugnahme auf die Begründung des Bescheidentwurfs, welche größere Bedeutung erlangt, je weiter das eingeräumte Ermessen und komplexer die anzustellenden Ermessenserwägungen sind, fehlt. Sie kann auch nicht in dem Zitat des € im Verwaltungsvorgang schon nicht nachvollziehbar dokumentierten € Erlaubnisentwurfs €in der Fassung vom 23. Mai 2013 (Anlage zu TOP 4.3)€ gesehen werden. Denn die unveränderte Nennung des vorgeschlagenen Erlaubnisentwurfs lässt nicht hinreichend erkennen, ob sich die Mitglieder des Glücksspielkollegiums auch dessen Begründung in vollem Umfang anschließen wollten. Anderes folgt auch nicht aus der vom Glücksspielkollegium mit seinem Beschluss vorgenommenen geringfügigen Modifikation des Tenors und der Gründe zu Ziffer II. 1. des Bescheidentwurfs. Diese einzelne Abänderung erlaubt nicht zwingend im Umkehrschluss die Feststellung, dass sich das Gremium mangels abweichender Ausführungen im Übrigen die Begründung des Erlaubnisentwurfs zu Eigen gemacht hat. Einen derartigen Nachweis vermag auch der Verweis auf § 3 Abs. 7 S. 2 2. Hs. der Geschäfts- und Verfahrensordnung des Glücksspielkollegiums nicht zu erbringen. Denn allein die Existenz einer derartigen Geschäftsordnungsregelung ist nicht geeignet, zu belegen, dass sich auch die Praxis des Glücksspielkollegiums im konkreten Einzelfall tatsächlich so dargestellt hat. Die Sitzungsniederschrift enthält jedenfalls keinen Hinweis darauf, dass von einer Darstellung der Gründe der Beschlussfassung auf der Grundlage des § 3 Abs. 7 S. 2 2.Hs. der Geschäfts- und Verfahrensordnung abgesehen wurde, weil man der Begründung der Beschlussvorlage folgen wollte.

Ob dieser Begründungsmangel einer Heilung nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG zugänglich ist, bedarf hier schon deshalb keiner Entscheidung, da die erforderliche Begründung durch das Glücksspielkollegium jedenfalls auch nicht nachträglich gegeben worden ist. Es erscheint allerdings schon zweifelhaft, ob das Glücksspielkollegium seine Entscheidung vom 28. Mai 2013 nachträglich ergebnisoffen begründen könnte, nachdem der Erlaubnisbescheid der Klägerin zwischenzeitlich bereits bekanntgegeben worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 1992 € BVerwG 7 C 21.92 -, Rn. 16, juris). Weiter stellt sich die Frage, ob das Gremium im jetzigen Zeitpunkt überhaupt noch einmal in der damaligen personellen Zusammensetzung zusammenkommen könnte.

Der durch die fehlende Begründung der Beschlussfassung des Glücksspielkollegiums indizierte Ermessensausfall ist nicht widerlegt. Die weitere Unaufklärbarkeit des Sachverhalts, welche maßgeblich darauf beruht, dass das Glücksspielkollegium nach seiner Mitteilung keine eigenen Akten führt, geht zu Lasten der Behörde. Der Ermessensausfall der € lediglich interne Bindungswirkung entfaltenden € Beschlussfassung des Glücksspielkollegiums schlägt auf den Erlaubnisbescheid des Landes Nordrhein-Westfalen durch (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21. November 2014 € 6 A 10562/14 -, Rn. 28, juris). Eine Ergänzung der Ermessenserwägungen nach § 114 S. 2 VwGO € durch das im Klageverfahren überdies nicht beteiligte Glücksspielkollegium € scheidet bei einem Ermessensausfall aus.

2. Selbst wenn man nicht schon einen vollständigen Ermessensausfall annimmt, erweist sich der Erlaubnisbescheid auch deshalb als ermessensfehlerhaft, weil ein Teil der Nebenbestimmungen rechtswidrig ist. Nebenbestimmungen dürfen bei pflichtgemäßer Ermessensausübung nur rechtmäßige Inhalte regeln. Hiernach wird der Beklagte bei seiner erneuten Entscheidung über den Erlaubnisantrag der Klägerin Folgendes zu berücksichtigen haben:

a) Die Nebenbestimmungen der Ziffern II. 1., II. 4., II. 5., II. 6. und II. 9. des angefochtenen Bescheides erweisen sich als rechtswidrig.

aa) Die Einbeziehung der Werberichtlinie in Ziffer II. 1. der Werbeerlaubnis war rechtswidrig, da sie nicht hinreichend bestimmt ist (so auch VG Wiesbaden, Beschluss vom 11. August 2014 € 5 K 63/13.WI -, Rn. 11, juris). Der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Grundsatz der hinreichenden Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes (§ 37 Abs. 1 VwVfG) verlangt zum einen, dass dessen Adressat in der Lage sein muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird, und zwar in dem Sinne, dass der behördliche Wille unzweideutig erkennbar und keiner unterschiedlichen subjektiven Bewertung zugänglich ist (BVerwG, Beschluss vom 13. Oktober 2010 € BVerwG 7 B 50.10 -, Rn. 8, juris). Ferner muss der Verwaltungsakt Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können (BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2008 € BVerwG 7 C 38.07 -, juris). Welche Anforderungen sich daraus im Einzelfall ergeben, hängt vom jeweiligen Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes und von dem mit ihm verfolgten Zweck ab (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. März 1990 € BVerwG 4 B 45.90 -, juris). Es ist nicht erforderlich, dass sich der Inhalt einer Regelung des Verwaltungsaktes allein aus dem Verfügungssatz ergibt. Vielmehr ist auch die Begründung zur Auslegung des Regelungsgehalts heranzuziehen (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. Januar 2004 € 18 B 38/03 -, juris). Unklarheiten und Mehrdeutigkeiten gehen zu Lasten der Behörde.

Gemessen an diesen Anforderungen genügt Ziffer II. 1. der Werbeerlaubnis nicht dem Bestimmtheitsgebot. Der Zweck des Verwaltungsaktes, ausnahmsweise die Erlaubnis von einem gesetzlichen Werbeverbot zu erteilen, stellt vor dem Hintergrund der bei einem Überschreiten der erlaubten Tätigkeit eröffneten ordnungsrechtlichen Befugnisse des § 9 GlüStV gesteigerte Anforderungen an die Bestimmtheit des Regelungsgehalts. Hierbei braucht nicht entschieden zu werden, ob man die Bezugnahme auf die Werberichtlinie, die selbst nicht unmittelbarer Gegenstand der Erlaubnis ist, noch für zulässig erachtet, weil diese in den (beispielhaft für das Land Nordrhein-Westfalen zitierten) Gesetzblättern der Länder veröffentlicht und damit jederzeit zugänglich ist (vgl. Kopp/Ramsauer, 15. Auflage 2014, VwVfG, § 37 Rn. 6a). Denn Ziffer II. 1. fehlt es schon an einem bestimmten Regelungsgehalt. Die pauschale Bezugnahme auf die Verwaltungsvorschrift ist nicht ausreichend, weil sie lediglich interne Bindungswirkung entfaltet. Um eine derartige bloße Verwaltungsvorschrift handelt es sich jedoch bei der Werberichtlinie, die entgegen der Ansicht des Beklagten keine normkonkretisierende Qualität besitzt (Fried, MMR 2013, 483; kritisch auch VG Wiesbaden, Beschluss vom 11. August 2014 € 5 K 63/13.WI -, Rn. 7 f.; a.A. Hecker/Ruttig, Glücksspielrecht, 2. Aufl. 2013, § 5 GlüStV, Rn. 77). Grundsätzlich sind Verwaltungsvorschriften Gegenstand und nicht Maßstab gerichtlicher Kontrolle. Die Gerichte sind bei ihrer Kontrolltätigkeit gegenüber der Verwaltung an Verwaltungsvorschriften grundsätzlich nicht gebunden. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Rechtsprechung zum Umwelt- und Technikrecht Ausnahmen von diesen Grundsätzen entwickelt. Einigen Verwaltungsvorschriften soll hiernach eine normkonkretisierende Wirkung zukommen mit der Folge, dass sie unter bestimmten Voraussetzungen auch für Gerichte verbindlich und dann wie Normen auszulegen sind. Normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften sind dabei angenommen worden, wenn komplexe naturwissenschaftliche und technische Sachverhalte, deren Umsetzung den Gesetzgeber im Normgebungsverfahren überfordern würde, aufgrund eines entsprechenden gesetzgeberischen Auftrags (wie in § 48 BImSchG) in anwendungsgeeignete Regelungen umgesetzt werden und aufgrund ihres Zustandekommens unter Beteiligung von Experten als sog. antizipiertes Sachverständigengutachten eine Vermutung für ihre Richtigkeit begründen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1998 - BVerwG 8 C 16.96 -, Rn. 15 ff., juris, mit zahlreichen weiteren Nachweisen; zur Rechtsfigur der normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift siehe auch Hill, NVwZ 1989, 401; Gerhardt, NJW 1989, 2233). Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass sie auf der Grundlage einer entsprechenden gesetzlichen Ermächtigung unbestimmte Rechtsbegriffe des Gesetzes durch generelle Standards konkretisieren, die entsprechend der Art ihres Zustandekommens ein hohes Maß an wissenschaftlich-technischem Sachverstand verkörpern und zugleich auf abstrakt-genereller Abwägung beruhende Wertungen des hierzu berufenen Vorschriftengebers zum Ausdruck bringen (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 1999 € BVerwG 7 C 15.98 -, Rn. 9, juris).

Gemessen an diesen Voraussetzungen stellt die Werberichtlinie keine normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift dar. Gemäß § 5 Abs. 4 GlüStV erlassen die Länder gemeinsame Richtlinien zur Konkretisierung von Art und Umfang der nach den § 5 Abs. 1 bis Abs. 3 GlüStV erlaubten Werbung (Satz 1). Sie stützen sich auf die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Wirkung von Werbung auf jugendliche sowie problematische und pathologische Spieler (Satz 2). Vor Erlass und wesentlicher Änderung der Werberichtlinie ist den beteiligten Kreisen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (Satz 3). Hiernach beruht die Werberichtlinie zwar auf einer gesetzlichen Ermächtigung. Auch wird sie in der Amtlichen Begründung zu § 5 GlüStV und in § 6 Abs. 3 der Verwaltungsvereinbarung zum GlüStV als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift bezeichnet. Allein diese Bezeichnung begründet jedoch nicht auch die entsprechende Rechtsnatur (VG Wiesbaden, Beschluss vom 11. August 2014 € 5 K 63/13.WI -, Rn. 7, juris). Vielmehr hat Werberichtlinie schon nicht den tauglichen Gegenstand einer Verwaltungsvorschrift mit normkonkretisierendem Charakter. Ihr sachlicher Inhalt rechtfertigt nicht die mit der Qualifikation als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift einhergehende beschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit. Denn es ist schon als solches nicht ersichtlich, dass es zur Konkretisierung der Schranken für €Art und Umfang der Werbung€ im Internet, welche sich aus den Zielen des Glücksspielstaatsvertrags ergeben, überhaupt des unmittelbaren Rückgriffs auf einen spezifisch wissenschaftlichen Sachverstand bedarf. Dies ergibt sich schon daraus, dass die in Rede stehenden unbestimmten Rechtsbegriffe unter der Geltung des alten Glücksspielstaatsvertrags auch ohne Erlass einer normkonkretisierenden Verwaltungsvorschrift in rechtmäßiger Weise konkretisiert und vollzogen werden konnten. Weitere Belege liefern andere Rechtsgebiete wie etwa die gesetzliche Regelung des Begriffs der irreführenden Werbung in § 3 des Gesetzes über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens (HWG) oder der Warnhinweise für Arzneimittel in § 4 HWG. Auch die konkreten Bestimmungen der Werberichtlinie lassen nicht erkennen, dass sie nur durch ein spezifisch sachkundiges Gremium getroffen werden konnten. Dies gilt für die Definition gesetzlicher Begriffe, die zahlreichen Wiederholungen von Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags selbst, aber auch die durch § 1 S. 2 GlüStV i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG weitreichend vorgeprägte Differenzierung nach Art des Glücksspiels und Art der Werbung. Hinzukommt, dass das Gericht anhand der ihm bisher vorliegenden Unterlagen nicht festzustellen vermag, dass € wie von § 5 Abs. 4 S. 2 GlüStV verlangt € bei Erlass der Werberichtlinie tatsächlich die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Wirkung von Werbung auf jugendliche sowie problematische und pathologische Spieler berücksichtigt worden sind (zweifelnd auch VG Wiesbaden, a.a.O). Ausweislich des vom Beklagten übersandten Verwaltungsvorgangs sind vor Erlass der Werberichtline etwa 30 Stellen angehört worden, von denen vom Glücksspielkollegium selbst lediglich zwei als wissenschaftliche Stellungnahmen angesehen wurden. Der ganz überwiegende Teil der Stellungnahmen stammte von den Lotterieveranstaltern und -vermittlern sowie den Glücksspielverbänden selbst. Schließlich überschreiten Teile der Werberichtlinie den Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung in § 5 Abs. 4 S. 1 GlüStV. Insbesondere die Verfahrensregelung in § 14 Werbe-RL dürfte ersichtlich nicht mehr von der Ermächtigung zur Konkretisierung von €Art und Umfang der erlaubten Werbung€ erfasst sein.

Mangels einzelfallbezogener Konkretisierung der in weiten Teilen nicht vollstreckbaren Inhalte der Werberichtlinie lässt der Erlaubnisbescheid damit nicht mit der erforderlichen Klarheit erkennen, was von der Klägerin mit der Verpflichtung, die Werberichtlinie €einzuhalten€, tatsächlich verlangt wird. Vielmehr führt der Pauschalverweis auf die Inhalte der Werberichtlinie dazu, dass die Klägerin auch zur Einhaltung von Vorschriften verpflichtet wird, die von ihr gar kein konkretes Tun oder Unterlassen verlangen. So enthält § 2 Abs. 2 Werbe-RL lediglich Begriffsbestimmungen wie €Dachmarkenwerbung€, €Dauerwerbesendung€ und €Teleshopping€. Auch die allgemeinen Zielvorgaben der Werberichtlinie begründen keine vollstreckbaren Verhaltenspflichten. Nach § 3 Abs. 2 Werbe-RL sind Art und Umfang der Werbung für öffentliches Glücksspiel unter Berücksichtigung der spezifischen Gefährdungspotentiale der einzelnen Glücksspielprodukte an den gleichrangigen Zielen des § 1 GlüStV auszurichten. Um den Spieltrieb in geordnete Bahnen zu lenken, dürfen die werbenden Veranstalter und Vermittler gemäß § 5 Werbe-RL unter Berücksichtigung des spezifischen Gefährdungspotentials des beworbenen Glücksspielprodukts auf das Spielangebot aufmerksam machen und das Glücksspiel so attraktiv anbieten, dass es nach Art und Ausgestaltung geeignet ist, die Teilnehmer von unerlaubten Angeboten fernzuhalten und darauf hinzuwirken, dass die Teilnehmer das beworbene Glücksspielprodukt als Alternative den illegalen bzw. gefährlicheren Glücksspielprodukten vorziehen. Zur Unklarheit trägt schließlich bei, dass die zunächst umfassende Bezugnahme auf die Werberichtlinie sodann durch die beispielhafte Aufzählung (€insbesondere€) in Ziffer II. 1. und die weitere Umsetzung einzelner Vorschriften der Werberichtlinie in den folgenden Ziffern des Bescheides relativiert wird.

Auf die Frage, ob die Werberichtlinie einer Notifizierungspflicht unterlag, kam es daher nicht an. Ungeachtet dessen wurde die Notifizierungspflicht jedenfalls dadurch erfüllt, dass der Glücksspielstaatsvertrag selbst, der die wesentlichen Vorgaben für die Erteilung einer Werbeerlaubnis in § 5 Abs. 1 und Abs. 2 i.V.m. § 1 GlüStV regelt, notifiziert worden ist (vgl. Mitteilung der Europäischen Kommission im Notifizierungsverfahren 2011/0188/D vom 20. März 2012). Die Europäische Kommission hat hierbei auch zur Vorschrift des § 5 Abs. 3 GlüStV ausdrücklich Stellung genommen und diese nicht beanstandet (a.a.O., Seite 5). Nach Art. 8 Abs. 1 UAbs. 3 und Erwägungsgrund 22 der Richtlinie besteht eine systematische Notifizierungspflicht jedoch nur für Gegenstände, die neu genormt werden, sofern diese auf nationaler Ebene vorgenommenen Maßnahmen Unterschiede in den nationalen Normen zur Folge haben können, die den Markt beeinträchtigen. Dies trifft auf die € innerhalb des gesetzlichen Rahmens des Glücksspielstaatsvertrags verbleibenden € Anforderungen der Werberichtlinie nicht zu. Einer weiteren Notifizierung bedurfte es daher nicht (VG Hamburg, Urteil vom 3. Juli 2014 € 4 K 1368/13 -, Rn. 83 ff., juris). Die Frage, ob es sich bei der Werberichtlinie als Verwaltungsvorschrift ohne Außenwirkung überhaupt um eine Vorschrift im Sinne der Richtlinie 98/34/EG handelt, kann damit dahingestellt bleiben.

bb) Die Auflage, Werbemittel mit Pflichthinweisen zu versehen (Ziffer II. 4.), ist rechtswidrig. Zwar dürfte sie sich unmittelbar auf § 5 Abs. 1 und 2 sowie § 1 S. 1 GlüStV als hinreichende gesetzliche Grundlage stützen lassen und hierbei als solche ermessensfehlerfrei der Sicherstellung des Spieler- und Jugendschutzes dienen. Auch vermag die Kammer den klägerischen Vortrag, diese Verpflichtung mache ihr sogenannte Kleinstwerbung (Bannerwerbung) tatsächlich unmöglich, nicht nachzuvollziehen. Denn im Internet lässt sich unschwer auch Kleinstwerbung für die Lotterievermittlung mit Pflichthinweisen finden. Ungeachtet dessen ist der hiermit verbundene Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit jedenfalls als verhältnismäßig anzusehen. Jedoch fehlt es mit der wirksamen Einbeziehung des § 13 Werbe-RL durch Ziffer II. 1. der Erlaubnis an einer hinreichend bestimmten Bezeichnung der konkret anzubringenden Pflichthinweise. Nach § 37 Abs. 1 VwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dies ist hier nicht der Fall. Denn der Klägerin ist nicht erkennbar, welches Verhalten von ihr konkret verlangt wird. Dass eine bestimmte Regelung der anzubringenden Pflichthinweise ohne Weiteres möglich wäre, zeigt zum Beispiel die Vorschrift des § 4 HWG, welche die Pflichtangaben der Werbung für Arzneimittel bestimmt.

cc) Die in Ziffer II. 5. geregelte Auflage, die Vertragspartner bei der Online-Werbung auf Drittseiten auf die Einhaltung der Werberichtlinie und der Bestimmungen dieses Bescheides zu verpflichten, ist rechtswidrig. Satz 2 der Auflage, wonach die Verpflichtungen vor allem beim Affiliate Marketing €an die für die einzelne Werbung Verantwortlichen weiterzureichen€ sind, ist ebenfalls nicht hinreichend bestimmt. Es bleibt unklar, wer in diesem Sinne als €Verantwortlicher€ anzusehen ist und was ein €Weiterreichen€ verlangt. Überdies greift die Auflage in unverhältnismäßiger Weise in die Berufsausübungsfreiheit der Klägerin ein. Zwar stellt die Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV bei der Ausgestaltung der Werbung durch von der Klägerin beauftragte Dritte ein legitimes Ziel dar. Die € die Klägerin in ihren Vertragsabschlüssen zumindest faktisch einschränkende € Verpflichtung ihrer Vertragspartner, deren beabsichtigte inhaltliche Reichweite sich nicht zweifelsfrei feststellen lässt, erscheint allerdings nicht geeignet, die Verwirklichung der Ziele der Bekämpfung der Spielsucht und des Jugend- und Spielerschutzes auch tatsächlich zu fördern. Zum einen ist aufgrund der mangelnden Bestimmtheit der Ziffer II. 1. des Bescheides schon die Klägerin selbst nicht wirksam zur Einhaltung der Werberichtlinie verpflichtet. Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass die € allein zivilrechtliche € Verpflichtung der Vertragspartner eine effektivere Gewähr für die Einhaltung der Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrags bietet. Denn eine Ausdehnung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen der Klägerin auf Dritte lässt sich allein durch zivilrechtliche Vereinbarungen nicht erreichen. Damit dürften die ordnungsbehördlichen Befugnisse der Glücksspielaufsicht nach § 9 GlüStV aber als milderes Mittel ausreichen, um gegen unerlaubte Werbung einzuschreiten.

dd) Das sinngemäße Verbot der Werbung in sozialen Netzwerken nach dem 2. Juli 2014 hinaus (Ziffer II. 6.) ist rechtswidrig. Die Regelung, welche über die Reichweite der Erlaubnis entscheidet, ist schon nicht hinreichend bestimmt. Denn es lässt sich nicht zweifelsfrei feststellen, was der Beklagte unter dem Begriff des €sozialen Netzwerks€ versteht (a.A. VG Hamburg, Urteil vom 3. Juli 2014 € 4 K 1368/13 -, Rn. 99 ff.). Die Definition des sozialen Netzwerks im Duden als €Portal im Internet, das Kontakte zwischen Menschen vermittelt und die Pflege von persönlichen Beziehungen über ein entsprechendes Netzwerk ermöglicht€ belegt die Unbestimmtheit des Begriffs anschaulich. So dürften von dieser Begriffsbestimmung nicht nur klassische Netzwerke wie Facebook oder Xing erfasst sein, sondern beispielsweise auch der Austausch von Kochrezepten auf der Seite www.chefkoch.de oder von Kundenrezensionen auf Amazon. Der Klägerin ist damit nicht klar erkennbar, auf welchen Seiten ihre Werbung von der Erlaubnis gedeckt ist und auf welchen Seiten sie sich der Gefahr eines ordnungsbehördlichen Einschreitens aussetzt.

Überdies verletzt die Beschränkung der Werbung in sozialen Netzwerken die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG). Sie ist nicht verhältnismäßig. Denn ein sachlicher Differenzierungsgrund, der diese Einschränkung im Gegensatz zu anderen Internetseiten im Hinblick auf den Zweck der Werbeerlaubnis, den Jugendschutz als Ziel des Glücksspielstaatsvertrags zu erreichen (§ 5 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 1 S. 1 Ziff. 3 GlüStV), erforderlich erscheinen ließe, ist nicht ersichtlich. Den Jugendschutz verwirklicht bereits das Verbot in Ziffer II. 7. der Erlaubnis, auf Seiten zu werben, deren Angebot ganz oder überwiegend auf Minderjährige ausgerichtet ist. Dafür, dass auch der Beklagte selbst die Regelung nicht für erforderlich erachtet, spricht der Umstand, dass er nach eigenen Angaben die Erlaubnisse für die Werbung in sozialen Netzwerken immer wieder verlängert und von diesen auch tatsächlich Gebrauch gemacht wird.

ee) Der in Ziffer II. 9. geregelte Verweis auf § 14 Abs. 2 S. 4 Werbe-RL, der seinerseits bereits die gesetzliche Ermächtigung zur €Konkretisierung von Art und Umfang der erlaubten Werbung€ in § 5 Abs. 4 S. 1 GlüStV ersichtlich überschreitet, ist rechtswidrig.

Die Verpflichtung, wesentliche Änderungen des Werbekonzepts der Glücksspielaufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen, verstößt zwar nicht gegen das grundgesetzliche Zensurverbot (so aber Viniol/Hofmann, MMR 2013, 434, 437 f.). Zensur im Sinne des Art. 5 Abs. 1 S. 3 GG ist nur die sogenannte Vorzensur, das heißt ein Eingriff vor Herstellung oder Verbreitung eines Geisteswerks, insbesondere das Abhängigmachen von behördlicher Vorprüfung und Genehmigung seines Inhalts (BVerfG, Urteil vom 25. April 1972 € 1 BvL 13/67 -, Rn. 71 ff., juris). Eine derartige inhaltliche Prüfung der Werbung findet aber durch § 5 Abs. 3 S. 1 GlüStV nicht statt. Vielmehr wird die Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet und im Fernsehen unabhängig von ihrem Inhalt verboten. Zur Vorzensur wird das Verbot des § 5 Abs. 3 S. 1 GlüStV auch nicht dadurch, dass die Möglichkeit besteht, gemäß § 5 Abs. 3 S. 2 GlüStV Ausnahmen von diesem Verbot zu erlauben (vgl. VG Berlin, Urteil vom 12. Dezember 1994 € 11 A 663/93 -, NVwZ 1995, 822; nachgehend bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 28. Oktober 1998 € BVerwG 3 B 98.98 -, und BVerfG, Beschluss vom 4. November 1999 € 1 BvR 2310.98 -). Denn auch dieser Erlaubnisvorbehalt zielt nicht darauf ab, nur bestimmte Meinungen zuzulassen, sondern vielmehr darauf, eine Möglichkeit des Interessenausgleichs in den Fällen vorzunehmen, in denen die Gefahren, denen durch das Verbot der Werbung für öffentliches Glücksspiel im Internet und im Fernsehen entgegengetreten werden soll, nicht vorliegen. Auch insoweit wird nur die Form der Kommunikation, nicht aber eine bestimmte Meinungsäußerung verboten.

Die Regelung ist jedoch ebenfalls nicht hinreichend bestimmt. Denn dem Adressaten ist nicht erkennbar, wann eine €wesentliche Änderung€ des in Ziffer II. 9. Satz 1 zum Bestandteil der Erlaubnis gemachten Werbekonzepts vorliegen soll, welche eine Genehmigungspflicht auslöst. Überdies begegnet schon der Verweis auf die Regelung einer Verwaltungsvorschrift, die keinen normkonkretisierenden Charakter besitzt, ohne deren wörtliche Wiedergabe jedenfalls bei einem eine Genehmigungspflicht auslösenden Tatbestand rechtsstaatlichen Bedenken.

b) Keinen Bedenken begegnen demgegenüber die Regelungen in den Ziffern I. 2., II.8. und II.10. des Bescheides.

aa) Die Befristung der Erlaubnis (Ziffer I. 2.) stellt sich als rechtmäßig dar. Die Befristung als solche gibt § 9 Abs. 4 S. 2 GlüStV gesetzlich vor. Die von dem Beklagten konkret bestimmte Zweijahresfrist, welche er mit den bisher fehlenden Erfahrungen bei der Anwendung des § 5 GlüStV begründet, lässt Ermessensfehler nicht erkennen (so auch VG Hamburg, Urteil vom 3. Juli 2014 € 4 K 1368/13 -, Rn. 95 f., juris). Zwar weist die Klägerin nachvollziehbar darauf hin, dass die ihr erteilte Erlaubnis für die Vermittlung von Lotterien, für welche sie auch werben können müsse, bis in das Jahr 2018 gilt. Dieser sachliche Gesichtspunkt lässt die vom Beklagten gewählte Zweijahresfrist, welche er spezifisch mit der Neuregelung der Werbung in Internet und Fernsehen begründet, nicht als ermessensfehlerhaft erscheinen, sondern vermittelt € auch vor dem Hintergrund, dass die zugrunde liegende Vermittlungserlaubnis selbst für einen Zeitraum von fünf Jahren erteilt wurde € der Klägerin gegebenenfalls einen Anspruch auf die erneute Erteilung einer Werbeerlaubnis über das Jahr 2015 hinaus, bei der der Beklagte sodann seine zwischenzeitlichen Erfahrungen wird berücksichtigen können. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Zweijahresfrist derart kurz bemessen wäre, dass sie es der Klägerin tatsächlich unmöglich machte, Werbeverträge abzuschließen. Dagegen spricht schon die Tatsache, dass es der Klägerin auf der Grundlage der Erlaubnis jedenfalls zeitweise möglich gewesen ist, im Internet zu werben.

bb) Die Hinweispflicht auf das Vermittlungsverhältnis der Klägerin (Ziffer II. 8.) ist rechtmäßig. Sie erweist sich als verhältnismäßig und nicht als ermessensfehlerhaft. Die Auflage findet ihre gesetzliche Grundlage in § 5 Abs. 2 GlüStV, wonach irreführende Werbung verboten ist, und § 1 S. 1 GlüStV, wonach der Spielerschutz zu gewährleisten (Nr. 3) und sicherzustellen ist, dass die Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt werden (Nr. 4). Zwar ist das beworbene Glücksspiel € hier die Lotterie € bei der Veranstaltung und der Vermittlung dasselbe und rechtfertigt daher als solches keine Differenzierung hinsichtlich der von ihm ausgehenden Gefährdung. Jedoch kann die Vermittlung des Lotterieangebots für den Spieler unter Umständen zu weiteren Kosten führen und erhöht sich mit der Zwischenschaltung eines Vermittlers die grundsätzliche Missbrauchsanfälligkeit.

cc) Der Widerrufsvorbehalt in Ziffer II. 10. Satz 1 des Bescheides entspricht § 9 Abs. 4 S. 2 GlüStV und ist damit rechtmäßig.

IV.

Über die mit dem Hilfsantrag zu 4 erhobene Feststellungsklage, für die gemäß § 52 Nr. 5 VwGO nicht das Verwaltungsgericht Berlin, sondern das Verwaltungsgericht Düsseldorf zuständig wäre, war damit nicht zu entscheiden.

V.

Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 155 Abs. 1 S. 1 und § 161 Abs. 2 S. 1 VwGO und berücksichtigt das Verhältnis des anteiligen Obsiegens und Unterliegens.

VI.

Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

VII.

Die Berufung wird nach § 124a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 124 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, da insbesondere die Rechtsfragen nach der Vereinbarkeit des § 5 Abs. 3 GlüStV mit Verfassungs- und Unionsrecht, die Anforderungen der gesetzlichen Begründungspflicht für Beschlüsse des Glücksspielkollegiums (§ 9a Abs. 8 S. 3 GlüStV) und die Folge einer unterbliebenen Begründung für die Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung der durch den Beschluss gebundenen Behörde sowie der Charakter der Werberichtlinie als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift grundsätzliche Bedeutung haben. Aus demselben Grund wird auch die Sprungrevision gemäß § 134 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen.






VG Berlin:
Urteil v. 19.03.2015
Az: 23 K 261.13


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/5223cb3c26a5/VG-Berlin_Urteil_vom_19-Maerz-2015_Az_23-K-26113




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