Landgericht Arnsberg:
Urteil vom 9. April 2015
Aktenzeichen: 8 O 148/14

(LG Arnsberg: Urteil v. 09.04.2015, Az.: 8 O 148/14)

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, an den klagenden Verein 4.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 07.09.2014 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der klagende Verein (im Folgenden: Kläger) macht gegen den Beklagten einen Vertragsstrafenanspruch geltend.

Der Beklagte warb mit €L€ unter Angabe von Telefonnummer und Adresse nach näherer Darstellung Seite 2 der Klagebegründungsschrift vom 12.11.2014 (Blatt 7 der Akte).

Mit vorprozessualem Schreiben vom 12.09.2013, wegen dessen gesamten Inhalts auf Anlage 3 zur Klageschrift Bezug genommen wird, mahnte der Kläger den Beklagten mit der Begründung ab, das Kraftfahrzeugtechnikerhandwerk sei im Verzeichnis der Handwerke aufgeführt; die selbstständige Ausübung des Handwerks als stehendes Gewerbe sei nur den in der Handwerksrolle eingetragenen Handwerksbetrieben gestattet, wobei die Eintragung des Beklagten in die Handwerksrolle - was zwischen den Parteien für diesen Zeitpunkt unstreitig ist - nicht erfolgt sei. Der Kläger forderte den Beklagten auf, die beanstandete Werbung zu beseitigen und eine solche wie die beanstandete Werbung künftig zu unterlassen sowie eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, die als Anlage diesem Schreiben beigefügt war. Der Kläger beauftragte daraufhin seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten mit der Wahrnehmung seiner Rechte in dieser Angelegenheit. Dieser unterzeichnete mit dem Kürzel €i. V.€ die vorformulierte Unterlassungserklärung mit Ausnahme der Ziffer 3. Gemäß Ziffer 1. verpflichtete sich der Beklagte, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für die Ausführung wesentlicher Tätigkeiten des Kraftfahrzeugtechnikerhandwerks zu werben, ohne mit dem Handwerk in die Handwerksrolle der zuständigen Handwerkskammer eingetragen zu sein, gemäß Ziffer 2. versprach er, für jeden Fall zukünftiger schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die unter Ziffer 1. aufgeführte Verpflichtung an die Wettbewerbszentrale eine Vertragsstrafe in Höhe von 4.000,00 Euro zu zahlen.

Wie zwischen den Parteien unstreitig ist, konnte am 25.10.2013 festgestellt werden, dass der Beklagte die beanstandete Werbung weiterhin verwendete. Zwischen den Parteien ist ebenfalls unstreitig, dass dem Beklagten aufgrund eines Antrags vom 25. 09.2013 eine Ausübungsberechtigung zur Eintragung in die Handwerksrolle mit dem Kraftfahrzeugtechniker-Handwerk erteilt wurde, und zwar mit Schreiben der I vom 28.10.2013, wegen dessen Inhalts auf die als Anlage zum Schriftsatz vom 09.03.2015 zur Akte gereichte Ablichtung dieses Schreibens Bezug genommen wird (Blatt 53 der Akte).

Der Kläger hat zunächst mit an das Amtsgericht N adressierter Klageschrift Klage erhoben, mit der er eine Vertragsstrafe in Höhe von 4.000,00 Euro geltend gemacht hat.

Nach Hinweis des Amtsgerichts N, dieses sei unzuständig, ist der Rechtsstreit auf Antrag des Klägers an das Landgericht - Kammer für Handelssachen - verwiesen worden.

Der Kläger beantragt nunmehr,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 4.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 07.09.2014 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, die Klage sei wegen entgegenstehender Rechtskraft unzulässig, nachdem der Kläger bereits im Rechtsstreit I-8 O 34/14 Landgericht Arnsberg Aufwendungsersatz gemäß § 12 UWG für die mit Schreiben vom 17.09.2013 ausgesprochene Abmahnung gefordert und dieser Klage durch Urteil der Kammer vom 26.06.2014 stattgegeben worden sei.

Außerdem vertritt der Beklagte die Ansicht, aufgrund der mit Schreiben vom 28.10. 2013 erfolgten Bescheinigung könne eine Vertragsstrafe nicht (mehr) als verwirkt angesehen werden. Schließlich erhebt er die Einrede des Rechtsmissbrauchs und macht geltend, sein jetziger Prozessbevollmächtigter sei zur Unterzeichnung der Unterlassungserklärung nicht bevollmächtigt gewesen.

Die Akte I-8 O 34/14 Landgericht Arnsberg war beigezogen und wurde zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Zur Ergänzung des Sach- Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den der genannten Beiakte verwiesen.

Gründe

Die Klage hat im vollen Umfang erfolgt.

I. Zulässigkeit:

Sie ist zulässig.

1.

Die Kammer ist zur Entscheidung des Rechtsstreits zuständig. Das folgt - entgegen der vom Amtsgericht N vertretenen Ansicht - zwar nicht aus § 13 Abs. 1 UWG. Denn die daraus folgende ausschließlich Zuständigkeit der Landgerichte bezieht sich allein auf solche bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in denen ein Anspruch aufgrund des UWG geltend gemacht wird. Vorliegend macht der Kläger aber keine Ansprüche aufgrund des UWG geltend, sondern aufgrund der zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertragsstrafenvereinbarung. Hierauf findet die Regelung des § 13 Abs. 1 UWG nach zutreffender Ansicht, der sich der Kammer in ständiger Rechtsprechung anschließt (OLG Rostock, GRUR-RR 2005, 176; Harte/Henning/Retzer, UWG, § 13 Rdnr. 11 und § 14 Rdnr. 13; Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Auflage, § 13 Rdnr. 2 sowie § 14 Rdnr. 4 mit zahlreichen weiteren Nachweisen), keine Anwendung.

Die Zuständigkeit der Kammer folgt aber im Hinblick auf den bindenden Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts aus § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO. Der Verweisungsbeschluss ist bindend, da er nicht objektiv willkürlich ist. Denn trotz des eindeutigen Wortlauts des § 13 Abs. 1 UWG wird von Teilen der Rechtsprechung und Literatur die Ansicht vertreten, dass auch bei der Geltendmachung von Ansprüchen aufgrund eines abgegebenen Vertragsstrafenversprechens, das wiederum auf einem Verstoß gegen Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb beruht, § 13 Abs. 1 UWG Anwendung finden soll.

2.

Der Zulässigkeit der Klage steht nicht das Prozesshindernis der entgegenstehenden Rechtskraft entgegen. Die Rechtskrafterstreckung eines Urteils wird durch Lebenssachverhalt und Antrag bestimmt (sog. €zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff€). Sowohl die Antragstellung als auch der Lebenssachverhalt unterscheiden sich vorliegend vom Rechtsstreit I-8 O 34/14 LG Arnsberg: Hier geht es darum, dass trotz des am 17.09.2013 abgegebenen Vertragsstrafeversprechens in der nachfolgenden Zeit durch den Beklagten weiterhin mit der beanstandeten Aufschrift Werbung gemacht worden ist.

3.

Weitere Zulässigkeitsbedenken sind nicht ersichtlich.

II. Begründetheit:

Die Klage ist gemäß § 339 BGB begründet. Nach dieser Norm tritt die Verwirkung einer versprochenen Vertragsstrafe in dem Fall, dass die geschuldete Leistung in einem Unterlassen besteht, dann ein, wenn dieser Unterlassungsverpflichtung entgegen gehandelt wird. Die Voraussetzungen dieser Norm liegen vor:

1.

Zwischen den Parteien ist eine wirksame Vertragsstrafenvereinbarung zustande gekommen. Der Kläger hat dem Beklagten ein Angebot auf Abschluss einer solchen Vereinbarung durch Übersendung des Formulars Anlage 4 zur Klageschrift gemacht. Dieses Angebot hat der Beklagte durch Unterzeichnung - die durch den jetzigen Prozessbevollmächtigten in Vertretung erfolgt ist - am 17.09.2013 angenommen.

2.

Der Vertrag ist auch wirksam zustande gekommen.

a)

Die Schriftform ist eingehalten, sodass dahinstehen kann, ob überhaupt ein Schrift- formerfordernis besteht.

b)

Die Unterzeichnung der Unterlassungserklärung durch seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten wirkt für und gegen den Beklagten, § 164 Abs. 1 BGB:

aa)

Aus dem Umstand, dass der Beklagte nach Zugang des vorprozessualen Schreibens des Klägers vom 12.09.2013, dem die später unterzeichnete Unterlassungserklärung beigefügt war, seinen jetzigen Prozessbevollmächtigen mit der Wahrnehmung seiner Interessen in dieser Angelegenheit beauftragt hat, ergibt sich, dass er diesem Vollmacht zur Wahrnehmung seiner Interessen im Zusammenhang mit dem Zugang dieses Schreibens erteilt hat.

bb)

Hinsichtlich des Umfanges der erteilten Vollmacht gilt, dass der jetzige Prozessbevollmächtigte zur Wahrnehmung sämtlicher Tätigkeiten bevollmächtigt war, die zur sachdienlichen Erledigung erforderlich waren. Hierzu gehörte auch die Abgabe des Vertragsstrafeversprechens gemäß vorformulierter Unterlassungserklärung. Denn diese war dem vorprozessualen Schreiben vom 12.09.2013 beigefügt. Im Übrigen ist anerkannt, dass eine einem Rechtsanwalt erteilte Vollmacht grundsätzlich zur Vornahme von Rechtsgeschäften berechtigt, die zur Wahrung der Rechte der Partei angezeigt sind (vergleiche dazu Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Auflage, § 167 Rdnr. 9 am Ende mit weiteren Nachweisen).

3.

Der Beklagte hat gegen die von ihm somit wirksam übernommene Unterlassungsverpflichtung verstoßen, indem die Werbung, deren Unterlassung er gemäß der am 17.09.2013 unterzeichneten Erklärung versprochen hatte, weiterhin verwendet worden ist. Letzteres ist im Verlauf des Rechtsstreits vom Beklagten unstreitig gestellt worden.

Am Vorliegen eines Verstoßes ändert der Umstand, dass dem Beklagten mit Schreiben der I vom 28.10.2013 die Ausübungsberechtigung zur Eintragung in die Handwerksrolle mit dem Kraftfahrzeugtechniker-Handwerk erteilt worden ist, nichts. Denn zum Zeitpunkt des Verstoßes gegen die Unterlassungsverpflichtung, wie sie am 17.09.2013 unterzeichnet worden ist, nämlich am 25.10.2013, bestand eine entsprechende Berechtigung des Beklagten noch nicht.

4.

Die Höhe des geltend gemachten Anspruchs ergibt sich aus dem vom Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 17.09.2013 unterzeichneten Versprechen und ist somit nicht zu beanstanden.

5.

Der entsprechende Anspruch ist auch durchsetzbar. Entgegen der vom Beklagten vertretenen Ansicht steht der Geltendmachung dieses Anspruchs durch den Kläger nicht Einwand des Rechtsmissbrauchs gemäß §§ 226, 242 BGB entgegen. Denn die mündliche Zusage der I - wenn sie so erteilt worden ist wie vom Beklagten behauptet - hatte weder rechtlich bindende Wirkung noch wirkte sie im zivilrechtlichen Verhältnis zwischen Kläger und Beklagten.

6.

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 286 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB. Aufgrund des erfolglosen Verstreichens der im vorprozessualen Schreiben des Klägers vom 21.07. 2014 gesetzten Frist befand sich der Beklagten jedenfalls ab dem 07.09.2014 mit der Zahlung des Betrages in Höhe von 4.000,00 Euro in Verzug.

III. Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.






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