Bundespatentgericht:
Beschluss vom 19. September 2002
Aktenzeichen: 25 W (pat) 116/01

(BPatG: Beschluss v. 19.09.2002, Az.: 25 W (pat) 116/01)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 20. Juli 2000 aufgehoben.

Gründe

I Die Wortmarke ComLinksoll für folgende Waren und Dienstleistungen in das Register eingetragen werden:

"Computersoftware, soweit in Klasse 9 enthalten; Druckereierzeugnisse; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Sammeln, Speichern und Aktualisieren von Daten; Arbeitnehmerüberlassung auf Zeit; Installation, Wartung, Reparatur, Reinigung, Um- und Aufrüstung von Datenverarbeitungsgeräten und -anlagen, Computern und Peripheriegeräten, Kommunikationsgeräten und -anlagen und Maschinen aller Art; Lagerung und Transport von Ersatzteilen für Datenverarbeitungsgeräte und -anlagen, Computern und Peripheriegeräten, Kommunikationsgeräten und -anlagen und Maschinen aller Art; Ausbildung und Unterricht, Veranstaltung von Seminaren; Systemüberprüfung, Funktionsteste und Fehleranalyse der vorgenannten Hard- und Software; fachliche und technische Beratung in Bezug auf die vorgenannten Hard- und Software, insbesondere Beratung bei hardware- oder Softwarefehlern; Erstellung, Aktualisierung und Vermietung von Computerprogrammen; Vermietung von Zugriffszeiten auf die Information der Datenbank."

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat durch Beschluss einer Beamtin des höheren Dienstes die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die angemeldete Bezeichnung bestehe für die einschlägigen Verkehrskreise ohne weiteres erkennbar aus einer Kombination der Wörter "com" für "communication" und "link" für "Verbindung, welche vor allem auch in ihrer englischen Fassung im Bereich des Internets umfangreiche Verwendung fänden. In Bezug auf die beanspruchten Waren "Computersoftware, soweit in Klasse 9 enthalten" besage die Gesamtbezeichnung lediglich, dass die Programme den Zweck hätten, Kommunikationsverbindungen bzw -Netze aufzubauen, zB in Form von E-Mail unterstützender bzw ermöglichender Software. Hinsichtlich der Waren "Druckereierzeugnisse" werde nur die inhaltliche Beschaffenheit der Waren wiedergegeben, dass sich diese inhaltlich mit Kommunikationsverbindungen befassten, zB in Form von Telekommunikations- und EDV-Fachbüchern. In bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 35 besage die angemeldete Marke, dass diese mittels einer Telekommunikationsverbindung erbracht und dem Kunden zur Verfügung gestellt würden. Bezüglich der Dienstleistungen der Klassen 37 und 39 handele es sich um einen Hinweis, dass sich die Waren, auf die sich die Dienstleistungen bezögen, der Herstellung von Kommunikationsverbindungen bzw -netzen dienten (zB via Internet) und sich die Dienstleistungen damit insgesamt auf Kommunikationsverbindungen bezögen, während bezüglich der Klasse 41 die Bezeichnung den inhaltlichen Gegenstand der Dienstleistung benenne. Entgegen der Ansicht der Anmelderin handele es sich bei der beanspruchten Marke nicht um eine Wortneuschöpfung, auch wenn die Gesamtbezeichnung lexikalisch nicht nachweisbar sei. Verbindungen der beiden Bestandteile "com" und "link" seien im Internet nachweisbar. So werde eine Web-Seite im Internet mit dem Begriffspaar "Com Links" beworben, darunter werde aufgeführt: "Links - Computer und Kommunikation". Aber selbst wenn man eine Wortneuschöpfung unterstelle, wäre dies nicht geeignet die Schutzfähigkeit zu begründen, da beachtliche Verkehrskreise sie lediglich als Sachinformation verstünden, und es sich um eine sprachüblich gebildete Wortzusammensetzung handele. So existierten Wortzusammensetzungen wie "Com file", Hyperlink", "link edit", "link rot" "link text". Voreintragungen mit dem Bestandteil "Com" und ausländische Voreintragungen begründeten keinen Rechtsanspruch auf Eintragung und rechtfertigten keine andere Bewertung. Die Markenstelle ließ dahingestellt, ob der Eintragung auch § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegensteht.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag (sinngemäß), den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 vom 20. Juli 2000 aufzuheben.

Ihrer Auffassung nach besteht weder ein Freihaltebedürfnis noch fehle es an der erforderlichen Unterscheidungskraft. Bei "ComLink" handele es sich um eine Wortneuschöpfung, da die angemeldete Bezeichnung lexikalisch nicht nachweisbar sei und der angeführte Internettreffer eine kennzeichenmäßige Verwendung betreffe. Da "Com" unterschiedliche Bedeutungen aufweise (auch "commercial" oder "common"), ergebe sich auch für "Comlink" eine entsprechende Mehrdeutigkeit, welche der Annahme einer beschreibenden Verwendung und eines Freihaltebedürfnisses entgegenstehe, zumal die beanspruchten Waren und Dienstleistungen allenfalls einen mittelbaren Bezug zu "Kommunikationsverbindungen" aufwiesen und die Bezeichnung als Sachhinweis zu ungenau sei. Indiziell spreche für eine Schutzfähigkeit auch die Eintragung der angemeldeten Marke in den USA und in Großbritannien für einschlägige Waren. Auch das Harmonisierungsamt habe die Anmeldung "ComLink" ohne Beanstandung für Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 35, 37, 39, 41 und 42 zugelassen.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde (§ 66 Abs 1 MarkenG) hat in der Sache Erfolg, da der Eintragung der Anmeldemarke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine absoluten Schutzhindernisse entgegenstehen.

Entgegen der Ansicht der Markenstelle fehlt ihr nicht die nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft.

Unterscheidungskraft ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, den betrieblichen Ursprung der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl zur st BGH GRUR 2002, 64 - INDI-VIDUELLE; BGH WRP 2002, 455 - OMEPRAZOK; EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 Tz 22 - Bravo). Deshalb kann die Frage, ob ein Zeichen eine solche Unterscheidungskraft besitzt, nicht abstrakt ohne Berücksichtigung der Waren oder Dienstleistungen, die sie unterscheiden sollen, beurteilt werden (EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 Tz 22, 29 - Bravo). Nicht unterscheidungskräftig sind Ausdrücke, bei denen ein auf die Ware oder Dienstleistung bezogener Sinngehalt so stark im Vordergrund steht, dass der Gedanke fern liegt, es könnte sich um einen Herkunftshinweis handeln.

Unter diesen Voraussetzungen kann der angemeldeten Marke als Gesamtbezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden, zumal es zur Begründung von Unterscheidungskraft auch keines weiteren Phantasieüberschusses, sonstiger besonderer Auffälligkeiten oder Besonderheiten der Markenbildung bedarf (vgl auch zu Art 7 Abs 1 Buchst b und c GMV: EuG MarkenR 2001, 181, 184 Tz 39 und Tz 40 - EASYBANK) und nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Beurteilung der absoluten Schutzhindernisse grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen ist (vgl BGH MarkenR 2001, 368, 369 "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten" mwN).

Dabei spricht der Umstand, dass die einzelnen Wörter "Com" und "Link", aus denen die angemeldete Marke zusammengesetzt ist, beschreibenden Charakter haben können, weder unter dem Gesichtspunkt einer fehlenden Unterscheidungskraft noch unter dem eines Freihaltungsbedürfnisses gegen die Eintragungsfähigkeit der Gesamtbezeichnung.

Eine gegenwärtige beschreibende Verwendung der Gesamtbezeichnung "ComLink" konnte nicht belegt werden. Im Internet konnten keine Anhaltspunkte für eine lediglich beschreibende Verwendung der angemeldeten Bezeichnung gefunden werden. In dem von der Markenstelle ihrem Beschluss beigefügten Verwendungsbeispiel ist die Bezeichnung "kölnton ComLink Unit" nicht eindeutig beschreibend verwendet, so dass daraus keine eindeutigen Schlüsse dahingehend gezogen werden können, dass der Verkehr die Bezeichnung "ComLink" in Alleinstellung rein beschreibend versteht.

Die angemeldete Marke beinhaltet keine im Vordergrund stehende Sachaussage, sondern stellt insoweit vielmehr eine Wortkombination dar, die dem Verkehr in Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar eine mögliche, wenn auch eher vage Vorstellung von dem Zweck, dem Gegenstand oder der Art der Waren und Dienstleistungen vermitteln mag, jedoch einen hinreichend konkreten beschreibenden Aussagehalt über Merkmale der Leistungen oder der Waren nicht ohne weiteres erkennen lässt. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, stellen allerdings die Bestandteile "Com" und "Link" jeweils Sachangaben dar, denn "COM" ist die Abkürzung für "communication" und "link" ist die englische Bezeichnung für "Verbindung", wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat. Jedoch hat "COM" noch weitere Bedeutungen, zB "commercial" "Command", "Common", "Computer Output Microfich" (Peter Wennrich, Internationales Verzeichnis der Abkürzungen und Akronyme der Elektronik, Computertechnik und Informationsverarbeitung, München London New York Paris 1992, Band 1, S 207). Im Bereich des Internets ist "com" insbesondere eine Topleveldomain, die Adressen kommerzieller Unternehmen bezeichnet. Die Kombination der Abkürzung "Com" mit dem Wort "Link" führt in Verbindung mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 37, 39, 41 und 42 nicht zu einem eindeutigen Sinngehalt. Die Gesamtverbindung ist interpretationsbedürftig und lässt mehrere Deutungen zu. So kann man die Bezeichnung zB auch als Hinweis auf eine Verbindung auf kommerziellem Gebiet auffassen. Die Interpretationsbedürftigkeit einer Bezeichnung spricht für eine Unterscheidungskraft (BGH, GRUR 2000, 323 "Partner with the Best"; GRUR 2002, 64 "INDIVIDUELLE"). Hinzu kommt, dass der Sinngehalt einer Gesamtbezeichnung "communication link" oder "commercial link", keinen ausgeprägten Bedeutungsgehalt in bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen aufweist, sondern diese bzw deren Zweck nur sehr allgemein beschreiben würde. Eine Sachaussage würde sich zumindest nicht ohne gedankliche Ergänzungen, Zwischenschritte oder eine gewisse analysierende Betrachtung ergeben, die aber bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit nicht zum Maßstab gemacht werden kann. Für den Verkehr besteht daher kein Anlass, den denkbaren Bedeutungsmöglichkeiten der Gesamtbezeichnung im einzelnen nachzuspüren und er wird die angemeldete Bezeichnung nicht rein beschreibend auffassen.

Stellt die angemeldete Wortverbindung "ComLink" keine unmittelbar beschreibende Sachangabe dar, steht der Eintragung auch das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht entgegen, welches die Markenstelle von ihrem Standpunkt zu Recht dahinstehen ließ. Die angemeldete Wortfolge besteht nicht im Sinne dieser Vorschrift ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Beschaffenheit, Bestimmung oder sonstiger Merkmale der beanspruchten Waren und Dienstleistungen dienen können (vgl WRP 2000, 1140, 1141 "Bücher für eine bessere Welt" mwN). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die beanspruchte Wortverbindung von Mitbewerbern zur Beschreibung der in Rede stehenden Waren und Dienstleistung gegenwärtig oder im Hinblick auf eine künftige beschreibende Verwendung benötigt wird, sind nicht ersichtlich. Zwar bedarf es zur Zurückweisung der Anmeldung nicht des Nachweises einer bereits erfolgten beschreibenden Verwendung der angemeldeten Marke, jedoch kann, wie bereits ausgeführt, der angemeldeten Marke kein eindeutiger Sinngehalt zugeordnet werden und die Wortverbindung vermittelt keine ohne weiteres verständliche beschreibende Gesamtaussage in bezug auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdn 74 mwN).

Nach alledem war der angefochtene Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 aufzuheben.

Kliems Brandt Bayer Pü






BPatG:
Beschluss v. 19.09.2002
Az: 25 W (pat) 116/01


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