Landgericht Bielefeld:
Urteil vom 4. März 2015
Aktenzeichen: 4 O 211/14

(LG Bielefeld: Urteil v. 04.03.2015, Az.: 4 O 211/14)

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin Anwaltskosten in Höhe von 780,50 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.09.2013 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 510,00 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.09.2013 zu zahlen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für den Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, es zu unterlassen, das Computerspiel "Bus Simulator 2012" in sog. P2P Netzwerken drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

6. Das Urteil ist bezüglich der Ziffern 1, 2 und 5 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages und bezüglich Ziffer 3 gegen Sicherheitsleistung von 8.000€ vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen den Beklagten, gesetzlich vertreten durch seine Eltern N. und E. T., einen Anspruch auf Freistellung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, materiellen Schadensersatzes sowie einen Unterlassungsanspruch wegen behaupteten Urheberrechtverletzungen hinsichtlich des Computerspiels "Bus-Simulator 2012" geltend.

Die Klägerin ist Herausgeberin und Vertreiberin des PC-Spiels "Bus Simulator 2012". Dies wurde entwickelt von der Firma S. OHG entwickelt und exklusiv und weltweit an die Klägerin mit Lizenzvertrag vom 23.08.2011 lizensiert.

Durch die Firma C. GmbH erfolgte eine Überwachung von sogenannten Peer2Peer-Netzwerken. Dabei wurde durch diese ermittelt, dass unter näher bezeichneten IP-Adressen das streitgegenständliche Spiel auf der Tauschbörse "Torrent" hochgeladen wurde und zwar am 25.08.2012, 01.09.2012, 08.09.2012, 09.09.2012 und 13.09.2012. Aufgrund dessen wurde ein Auskunftsverfahren gegen die Deutsche Telekom AG vor dem LG Köln geführt (Az.: 233 O 236/12, 215 O 176/12, 213 O 254/12).

Im Rahmen der anschließenden Auskunftserteilung wurde der Vater des Beklagten, Herr E. T., als Anschlussinhaber benannt. Es erfolgte eine Abmahnung des Vaters mit anwaltlichen Schreiben. Im Anschluss wurde ein Einstweiliges Verfügungsverfahren gegen den Vater vor dem LG Berlin, Az.: 15 O 517/12, sowie KG Berlin, 24 U 40/13 geführt.

Mit Schriftsatz vom 16.11.2013 im dortigen Verfahren ließen die Eltern des Beklagten eingestehen, dass dieser für die Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist und auch mehrmals umfassend über das Verbot der Nutzung von Internettauschbörsen belehrt und ihm ein derartiges Verhalten verboten wurde. In dem dortigen Verfahren ist die Klägerin unterlegen.

Der nunmehr Beklagte ist am xx geboren und war zu den Tatzeiten Ende August und Anfang September 2012 noch 12, aber schon fast 13 Jahre alt. Er wurde mit Schreiben vom 26.08.2013 (Bl. 18 der Akte) bezüglich der möglichen Verletzungshandlungen abgemahnt. Dabei wurden von Ihm Rechtsanwaltsgebühren für die Abmahnung in Höhe von 1.157,00 € gefordert. Der Beklagte wies die Ansprüche mit Schreiben der Prozessvertreterin vom 06.09.2013 zurück und gab keine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe schuldhaft gehandelt. Denn er habe erkennen müssen und können, dass er zum Anbieten der Raubkopie des streitgegenständlichen Computerspiels nicht berechtigt gewesen sei. Aufgrund der mehrmaligen Belehrungen des Beklagten durch seine Eltern sei er in die Lage versetzt worden, das Unrecht zu erkennen. Es sei ohnehin davon auszugehen, dass Kinder in diesem Alter bereits sehr gut Bescheid wissen würden, wie man zwischen einer Originalversion und Raubkopie unterscheide.

Für die Einsichtsfähigkeit genüge, dass der Beklagte erkannt habe, dass er eine verbotene Handlung vornimmt. Dass man im Internet Werke nicht illegal runterladen darf, leuchte auch einem 12-jährigen ein. Hierzu seien keine speziellen IT-Kenntnisse erforderlich. Jedenfalls habe der Bekl. fahrlässig gehandelt.

Der Klägerin sei ein fiktiver Lizenzschaden in Höhe von mindestens 510,00 € entstanden. Das Spiel "Bus Simulator" sei im Handel knapp 100.000 Mal verkauft worden. Für die Lizenzkosten sei von der Klägerin ein sechsstelliger Betrag gezahlt worden. Eine Lizenz für den digitalen Vertriebsweg sei regelmäßig für 33-50% der Grundlizenzgebühr zu erhalten, also für eine Summe von ca. 60.000,00 €

Die Klägerin meint, Sie habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Ersatz des Lizenzschadens aus § 97 II UrhG in Höhe von mindestens 510,00 €, wobei der Schaden im Wege der Lizenzanalogie nach § 287 ZPO zu schätzen sei. Ferner bestehe ein Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 97a UrhG für die berechtigte Abmahnung, wobei ein Gegenstandswert von 30.000,00 € angemessen sei.

Insoweit sei die Rechtsprechung des OLG Hamm (OLG Hamm, 22 U 48/13) zu dem Streitwert beim Filesharing eines russischen Films nicht mit dem streitgegenständlichen Computerspiel vergleichbar, da wesentlich höhere Investitionen für letzteres erforderlich seien. Da der Bekl. keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat, bestehe ein Unterlassungsanspruch gem. § 97 I UrhG.

Die Klägerin beantragt daher:

1. Den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin von Anwaltskosten in Höhe von 679,10 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.09.2013 freizustellen.

2. Den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Schadensersatz in Höhe von mindestens 510,00 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.09.2013 zu zahlen.

3. Den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für den Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, es zu unterlassen, das Computerspiel "Bus Simulator 2012" in sog. P2P Netzwerken drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, er habe schuldlos gehandelt, da er die Gefährlichkeit seines Tuns aus altersgruppenbedingten Gründen nicht habe voraussehen können und nicht dieser Einsicht gemäß hätte handeln können und müssen.

Die Tauschbörse "Torrent" sei eine der gefährlichsten Tauschbörsen im Internet, da der Teilnehmer nicht erkenne, in welche Gefahr er sich begebe. An der Tauschbörse könne nur jemand teilnehmen, der zugleich mit dem Einloggen Dateien seines Rechners frei gebe. Der Beklagte habe nicht erkannt und habe nicht erkennen können, dass mit der Teilnahme an der Tauschbörse ohne gesonderte Zustimmung oder weiteres Handeln zugleich das "Hochladen" von auf dem Rechner gespeicherten Programmen erfolge.

Die Kl. habe in den Parallelverfahren vorgetragen, dass Herunterladen sei nicht rechtswidrig, sondern einzig das "Hochladen". Außerdem könne man das Spiel für 10,00 € online legal kaufen und herunterladen. Es habe kein schwerwiegendes illegales Verhalten des Beklagten vorgelegen. die Tauschbörse Torrent könne nicht pauschal gleichgesetzt werden mit illegalen Downloads. Peer2Peer-Netzwerke und deren Nutzung seien nicht vom Grundsatz her illegal. Die Gefährlichkeit der Nutzung der Tauschbörse liege in der Automatik des Uploads.

Der Beklagte meint, für die Frage, ob eine schuldhafte Handlung vorliege, sei nicht auf seine individuellen Fähigkeiten abzustellen, sondern auf ein normal entwickeltes Kind diesen Alters und auf die Frage, ob ein 12-jähriges Kind die Gefährlichkeit seine Tuns hätte voraussehen und dieser Einsicht gemäß hätte handeln können und müssen. Dies ergebe sich insbesondere unter Berücksichtigung der Notwendigkeit spezieller IT-Kenntnisse und der besonderen Gefährlichkeit der Tauschbörse "Torrent".

Die Beweislast für diese Frage trage grundsätzlich die Klägerin als Geschädigte. Bei dem im Wege der Klageerweiterung geltend gemachten Unterlassungsanspruch verkenne die Klägerin dass sich die Ordnungsmittel nach § 890 ZPO hier gegen einen Minderjährigen richten würden. Eine Unterlassungserklärung könne daher nicht von einem Minderjährigen verlangt werden. Es stelle sich die Frage, welchen Erklärungswert eine solche hätte.

Der Beklagte hatte zunächst mit Schriftsatz vom 05.06.2014 Widerklage erhoben, welche jedoch Schriftsatz vom 29.09.14 für erledigt erklärt wurde. Die Klägerin hat der Erledigung in der mündlichen Verhandlung vom 15.10.2014 zugestimmt.

Der Beklagte meint, die Widerklage sei ursprünglich (bei erneuter Erhebung) zulässig gewesen. Insbesondere habe nicht das Rechtsschutzbedürfnis gefehlt, da der Prozessvertreter der Klägerin im Rahmen des Termins am 05.06.2014 angegeben habe, sich nur über die anhängigen Ansprüche vergleichen zu können und weitergehende Ansprüche geltend gemacht werden würden. Allerdings sei ein Erledigung durch die Klageerweiterung der Klägerin vom 17.06.2014 eingetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen. Das Gericht hat die Parteien in den mündlichen Verhandlungen vom 15.10.2014 und 04.02.2015 persönlich angehört. Für die Einzelheiten wird auf den Inhalt der Sitzungsprotokolle (Bl. 134 und 152 d.A.).

Gründe

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.

I.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 780,50€ gemäß § 97a Abs.1 UrhG in der Fassung vom 01.09.2008.

Es liegt eine berechtigte Abmahnung der Klägerin gegenüber dem Beklagten vor. Denn die Klägerin hat gegen den Beklagten aufgrund der rechtswidrigen Urheberrechtsverletzung des Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung gemäß § 97 I UrhG.

Die Klägerin ist als Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte befugt, die jeweiligen Rechte im eigenen Namen geltend zu machen. Durch das mehrmalige Hochladen des Spiels Bus Simulator auf die Tauschbörse "Torrent" im August und September 2012 liegt auch eine Verletzung dieser Nutzungsrechte der Klägerin vor.

Diese Form der Verwendung des Programms "Bus Simulator" durch den Beklagten war auch rechtswidrig. Denn eine wirksame Einwilligung der Klägerin oder sonstige Lizensierung lagen nicht vor. Dabei kommt es für die Frage des Bestehens eines Unterlassungs- und Aufwendungsersatzanspruchs auch nicht auf die Frage der Einsichtsfähigkeit des Beklagten an, da diese verschuldensunabhängig ausgestaltet sind.

Die Wiederholungsgefahr wird vorliegend durch die mehrmalige Rechtsverletzung indiziert. Eine strafbewährte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung hat der Beklagte nicht abgegeben. Dabei steht einer derartigen Erklärung auch nicht die Minderjährigkeit des Beklagten zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung entgegen.

Zwar war der Beklagte im Jahr 2012 erst 12 Jahre alt. Jedoch hätten in jedem Falle insoweit die gesetzlichen Vertreter des Beklagten die der Abmahnung vom 26.08.2013 beigefügte Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafe für diesen abgeben können. Damit wäre eine Wiederholungsgefahr auszuschließen gewesen.

Die Anspruch der Klägerin besteht jedoch nur in Höhe von 780,50 €. Insoweit ist die Regelung des § 97a in der Fassung vom 01.09.2008 maßgebend. Demnach sind auch die Kosten der Beauftragung eines Rechtsanwaltes erstattungsfähig. Da hier bereits aufgrund der mehrmaligen Rechtsverletzung kein ganz einfach gelagerter Fall vorliegt, bemisst sich der Aufwendungsersatzanspruch am Gegenstandswert des Unterlassungsanspruchs.

Anders als dies die Kläger vortragen ist für die Unterlassung bezüglich der Verbreitung des Computerspiels jedoch in Anlehnung an die Rechtsprechung des OLG Hamm unter Berücksichtigung der durchaus vorhandenen Besonderheiten bei der Computerspielentwicklung lediglich ein Streitwert von bis zu 9000 € als angemessen anzusehen. Bei Zugrundelegung einer mittleren Geschäftsgebühr von 1,5 zzgl. einer Pauschale von 20 € ergibt sich daher Aufwendungsersatzbetrag von 780,50 €.

Eine Deckelung der Berechnung der Ersatzansprüche nach einem Gegenstandswert von 1000€ gemäß § 97a Abs.3 n.F. UrhG kommt dagegen hier nicht in Betracht. Denn die Abmahnung der Klägerin ist dem Beklagten noch vor dem 09.10.2013 zugegangen, so dass die Neuregelung bezüglich der Kosten nicht eingreift.

II.

Die Klägerin hat darüber hinaus auch einen Anspruch auf Ersatz des fiktiven Lizenzschadens gemäß § 97 Abs.2 UrhG. Denn der Beklagte hat hier die ausschließlichen Nutzungsrechte der Klägerin schuldhaft verletzt.

Dass der Beklagte diese Rechte der Klägerin verletzt hat, wurde oben bereits dargelegt. Ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 97 Abs.2 UrhG setzt anders als ein Unterlassungsanspruch nach § 97 Abs.1 UrhG auch ein Verschulden gemäß § 276 Abs.1 S1 und 2 des Beklagten voraus. Diese zusätzliche Voraussetzung ist hier aber erfüllt. Der Beklagte hat zumindest fahrlässig gehandelt.

Einer haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit des Beklagtes stehen dabei zunächst nicht die Vorschriften der §§ 276 Abs.1 S2 iVm. 828 Abs.3 BGB entgegen. Es steht zur vollen Überzeugung des Gerichts aufgrund der persönlichen Anhörung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 04.02.2015 fest, dass dieser bei Begehung der Verletzungshandlung im Sinne des § 828 Abs.3 BGB deliktsfähig gewesen ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH NJW 2005, 354) besitzt derjenige die zur Erkenntnis seiner Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht im Sinne von § 828 Abs. 3 BGB, der nach seiner individuellen Verstandesentwicklung fähig ist, das Gefährliche seines Tuns zu erkennen und sich der Verantwortung für die Folgen seines Tuns bewusst zu sein. Auf die individuelle Fähigkeit, sich auch dieser Einsicht gemäß zu verhalten, kommt es insoweit gerade nicht an (BGH NJW 1984, 1958).

Die Darlegungs- und Beweislast für das Fehlen der Einsichtsfähigkeit trägt dabei grundsätzlich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der in Anspruch genommene Minderjährige, hier demnach der Beklagte. Denn ab einem Alter von 7 Jahren wird das Vorliegen der nötigen Einsichtsfähigkeit vom Gesetz widerlegbar vermutet (vgl. BGH NJW-RR 1997, 1110; BGH NJW 2005, 354 m.w. Nachweisen).

Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung hat der Beklagte keine Tatsachen vorgetragen, die für die Annahme einer fehlenden Einsichtsfähigkeit aus Sicht des Gerichtes ausgereicht hätten. Demnach muss davon ausgegangen werden, dass auch ein 12 bzw. fast schon 13-jähriger Gymnasiast bereits in der Lage ist, die Gefährlichkeit von Internettauschbörsen zu erkennen, auf denen verschiedene Software zum Up- und Download angeboten wird.

Insbesondere gab der Beklagte selbst an, mehrmals wöchentlich den Computer für Schulaufgaben genutzt zu haben. Dabei sei er durch seine Eltern auch vor jeder Nutzung nochmals auf die Gefährlichkeit des Internets hingewiesen worden und er solle den Rechner nur zur Recherche nutzen und nicht auf irgendwelchen Seiten "herum klicken". Dies tat der Beklagte nach seinen eigenen Angaben aber dennoch.

Auch gab der Beklagte an, die grundlegende Funktionsweise eines Downloads durchaus zu verstehen und auch die Gefahr möglicher Kosten zu kennen. Zwar meinte er, dass es sich bei dem konkreten Angebot auf der Tauschbörse "Torrent" um einen "free Download" gehandelt hätte. Dies ändert aber nichts an dem grundsätzlichen Verständnis und der vorhandenen Einsichtsfähigkeit. Dem Beklagten waren auch im Alter von fast 13 Jahren die Gefahren durchaus präsent und er war nach seiner Entwicklung her in der Lage, sich auch über mögliche Folgen seines Handelns im Klaren zu sein.

Das von den Beklagten zur Frage der Einsichtsfähigkeit nach § 828 Abs.3 BGB angebotene Sachverständigengutachten war daher nicht mehr einzuholen. Ein derartiges Gutachten wäre nur bei begründeten Zweifeln des Gerichts an der Zurechnungsfähigkeit geboten gewesen (BGH VersR 1961, 812; 1967, 158).

Dem Beklagten fällt hier bezüglich der Rechtsverletzung auch ein Verschulden jedenfalls in Form von Fahrlässigkeit zur Last. Denn wer Fremde Werke oder Softwareprogramme wie Computerspiele nutzt oder verbreitet, muss sich grundsätzlich vorher auch über sein Recht zur Nutzung vergewissern. Dies gilt auch für minderjährige Internetnutzer (OLG Hamburg NJOZ 2007, 5761, 5763, ebenso LG München MMR 2008, 619 m.w. Nachweisen).

Der Klägerin ist durch die schuldhafte Rechtsverletzung des Beklagten auch ein Schaden in Höhe von 510 € entstanden. Ein solcher unterliegt nach § 287 ZPO der Schätzung des Gerichts. Dabei wird auf die Grundsätze der Lizenzanalogie zurückgegriffen, wobei die die Kosten der ordnungsgemäßen Lizensierung zugrunde zu legen sind (vgl. auch LG Köln 28 O 482/10).

III.

Der Klägerin steht auch der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten nach § 91 I UrhG zu. Das ein Unterlassungsanspruch dem Grunde nach besteht wurde oben (sieh I.) bereits dargelegt.

Dem steht auch nicht das Alter desBeklagten entgegen. Zwar mag im Einklang mit der Rechtsprechung (Vgl. OLG Düsseldorf 9 U 51/95 m.w. Nachweisen) eine Unterlassungsklage gegen einen unter 14 jährigen Jugendlichen unbegründet sein, wenn gegen diesen mangels Schuldfähigkeit im Sinne des § 19 StGB die Ordnungsmittel nach § 890 ZPO nicht vollstreckbar wären.

Hier ist der Beklagte jedoch bereits nunmehr 15 Jahre alt und war auch zum Zeitpunkt der Klageerweiterung am 17.06.2014 nicht mehr schuldunfähig nach § 19 StGB. Da der Unterlassungstitel sich gerade auf zukünftige Handlungen bezieht ist auch das aktuelle Alter des Beklagten zugrunde zu legen. Damit stehen dem Unterlassungstitel aufgrund des Alters des Beklagten keine Rechtshindernisse mehr entgegen. Ein solcher wäre vollstreckbar.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Absatz 1, 91a und 92 Absatz 2 Nr. 1 und 2 ZPO. Demnach hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits auch dann vollständig zu tragen, wenn der Unterliegensanteil der Kläger verhältnismäßig gering ist und der klägerische Anspruch von einer Festsetzung des Gerichts abhängig war.

Auch die insoweit angefallen Kosten der erledigten Widerklage hat nach 91 a ZPO der Beklagte und ehemalige Widerkläger zu tragen, da diese als negative Feststellungsklage von Anfang an unzulässig war.

V.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO.






LG Bielefeld:
Urteil v. 04.03.2015
Az: 4 O 211/14


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