Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. April 2009
Aktenzeichen: 26 W (pat) 7/08

(BPatG: Beschluss v. 22.04.2009, Az.: 26 W (pat) 7/08)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 21 des Deutschen Patentund Markenamts vom 18. März 2004 und 11. Oktober 2007 aufgehoben, soweit der Widerspruch und die Erinnerung der Widersprechenden zurückgewiesen worden sind.

2. Die Löschung der Marke 302 61 395 wird wegen des Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke 974 006 auch für die Ware "Putztücher" angeordnet.

Gründe

I Gegen die Eintragung der Marke 302 61 395 PUTZMEISTER für die Waren

"Putztücher und Reinigungsmittel" ist Widerspruch erhoben worden aus der prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke 974 006 Putzmeisterdie für die Waren

"Putzmittel, insbesondere Allzweckreiniger, Fußbodenreiniger"

eingetragen ist.

Die Markenstelle hat wegen des Widerspruchs die teilweise Löschung der angegriffenen Marke für die Ware "Reinigungsmittel" angeordnet und den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Erinnerung der Widersprechenden ist erfolglos geblieben.

Zur Begründung der teilweisen Zurückweisung des Widerspruchs und der Zurückweisung der Erinnerung der Widersprechenden hat die Markenstelle unter anderem ausgeführt, trotz der mittleren Ähnlichkeit von Putztüchern mit Putzmitteln und der klanglichen Identität der Marken sei eine Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu verneinen, weil die Widerspruchsmarke nur über eine äußerst geringe Kennzeichnungskraft verfüge und ihr Schutzumfang dementsprechend gering sei. Die Bezeichnung "Putzmeister" weise für die Waren, für die die Widerspruchsmarke eingetragen ist, einen deutlichen beschreibenden Charakter auf. Dass der Markenbestandteil "Putz-" den Verwendungszweck von Putzmitteln beschreibe, liege auf der Hand. Der weitere Markenteil "-meister" diene als Hinweis auf die Qualität der so bezeichneten Waren. Die Kombination der beiden Markenbestandteile weise keinen davon abweichenden oder darüber hinausgehenden Bedeutungsgehalt auf. Ob die Wortkombination "Putzmeister" konkret und unmittelbar beschreibend wirke oder nur einen deutlich beschreibenden Anklang aufweise, sei nicht entscheidungserheblich.

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie vertritt zum einen die Ansicht, dass zwischen Putztüchern und Putzmitteln nicht nur eine mittlere, sondern eine große Ähnlichkeit bestehe. Beide Waren dienten dem gleichen Zweck, nämlich der Reinigung von Gegenständen im Haushalt, und würden regelmäßig zusammen verwendet, indem z. B. ein Putzmittel auf ein Putztuch aufgetragen werde. Es handele sich um einander ergänzende Waren, die in Kaufhäusern und Verbrauchermärkten regelmäßig nebeneinander im Regal zu finden seien. Weiterhin vertritt die Widersprechende die Auffassung, dass die Widerspruchsmarke eine mindestens durchschnittliche Kennzeichnungskraft aufweise. Das Wort "Putzmeister" sei eine im Duden nicht verzeichnete Wortneuschöpfung. Der in der Widerspruchsmarke enthaltene Begriff "-meister" weise nicht auf eine Ware, sondern auf eine qualifizierte Person hin. Schon deshalb fehle es an einer unmittelbaren Beschreibung der Waren. Aber selbst wenn ein gewisser beschreibender Anklang unterstellt werde, habe die Widerspruchsmarke auf Grund der mit ihr für einen Allesreiniger in den Jahren 1998 bis 2008 jährlich erzielten Umsätze in Millionenhöhe eine mindestens normale Kennzeichnungskraft erlangt. Zur Glaubhaftmachung der geltend gemachten Umsätze hat die Widersprechende eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt, die Angaben zu Umsatzzahlen der Jahre 1998 bis 2008 sowie Angaben zu den in diesem Zeitraum geschalteten Werbeanzeigen für einen unter der Bezeichnung "Putzmeister" vertriebenen Allesreiniger zu entnehmen sind. Ferner hat sie Kopien von Werbeanzeigen, von Etiketten, die die Widerspruchsmarke tragen, sowie von Rechnungen beigefügt.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben, soweit der Widerspruch und die Erinnerung zurückgewiesen worden sind, und auch insoweit die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Markeninhaberin hat sich zum Beschwerdevorbringen nicht geäußert und keine Anträge gestellt.

II Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden erweist sich als begründet. Zwischen den beiderseitigen Marken besteht auch insoweit die Gefahr von Verwechslungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, als die angegriffene Marke für "Putztücher" eingetragen worden ist, so dass sie auch insoweit löschungsreif ist.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne der vorgenannten Bestimmung ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH GRUR 2008, 258, Tz. 258 - INTERCONNECT/T-InterConnect).

Im vorliegenden Fall ist für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr von einer klanglichen Identität der beiderseitigen Marken sowie einer außerordentlich großen schriftbildlichen Ähnlichkeit der Marken auszugehen, die sich allein durch die Wiedergabe desselben Wortes in Normalschrift (Widerspruchsmarke) bzw. in Großbuchstaben (angegriffene Marke) unterscheiden. Dies erfordert angesichts der dargestellten Wechselwirkung zwischen den einzelnen, für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgeblichen Faktoren einen deutlichen Abstand der Waren, für die die Marken eingesetzt werden sollen, sofern die Widerspruchsmarke über eine normale Kennzeichnungskraft verfügt.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist zwar, wie die Markenstelle in den angegriffenen Beschlüssen entgegen der Ansicht der Widersprechenden zutreffend festgestellt hat, von Haus aus nur als äußerst gering zu bewerten, weil das Wort "Putzmeister" für die angesprochenen Verkehrskreise unmissverständlich zum Ausdruck bringt, dass die so bezeichneten Waren zum Putzen bestimmt sind und dabei eine meisterliche Wirkung entfalten und den Verwender damit zum "Putzmeister" machen (vgl. insoweit auch die in PAVIS PROMA veröffentlichten Zurückweisungen von Marken mit dem Bestandteil "meister" bzw. "master", wiez. B. BGH, I ZB 039/98, 14.12.2000 -BAUMEISTER-HAUS; BPatG, 29 W (pat) 93/03, 15.12.2004 -AuditMaster; 32 W (pat) 171/95, 28.04.1995 -ECOMASTER; 32 W (pat) 137/95, 11.08.1995 -Finishmaster). Die Widerspruchsmarke weist damit zumindest einen starken beschreibenden Anklang auf, so dass sie von Haus aus nur einen äußerst geringen Schutzumfang beanspruchen kann.

Die Kennzeichnungskraft einer Marke ist jedoch keine starre, sondern eine variable Größe, die sich im Laufe der Zeit verändern kann. Bei ihrer Bestimmung sind deshalb alle relevanten Umstände zu berücksichtigen, zu denen nicht nur die Eigenschaften, die die Marke von Haus aus besitzt, sondern im Falle einer benutzten Marke auch der von ihr gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer der Benutzung der Marke sowie der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke gehören (EuGH GRUR Int. 1999, 734 -Lloyd; GRUR 2005, 763 - Nestle/Mars; BGH GRUR 2009, 672, 674, Tz. 21 -OSTSEE-POST).

Bei Berücksichtigung dieser weiteren relevanten Umstände ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Widerspruchsmarke im maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke ihre ursprüngliche Kennzeichnungsschwäche überwunden hatte und jedenfalls eine normale Kennzeichnungskraft aufwies. Die Widersprechende hat mit den von ihr im Beschwerdeverfahren als Anlage zum Schriftsatz vom 29. Mai 2008 vorgelegten Unterlagen, insbesondere mit den von ihr eidesstattlich versicherten erheblichen Umsätzen unter der Widerspruchsmarke in den Jahren 1998 bis 2008 sowie den im gleichen Zeitraum wiederholt in den inländischen Printmedien geschalteten Werbeinseraten, substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht, dass sie die Widerspruchsmarke für verschiedene Putzund Reinigungsmittel umfangreich und über einen langen Zeitraum hinweg benutzt hat. Die Markeninhaberin, der die diesbezüglichen Unterlagen der Widersprechenden zugestellt worden sind, hat weder die vorgetragenen Umsatzzahlen und Werbemaßnahmen in Abrede gestellt noch der Behauptung der Widersprechenden, dass die Widerspruchsmarke in Folge dessen über eine zumindest normale Kennzeichnungskraft verfüge, widersprochen. Bei dieser Sachlage ist für die Prüfung der Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG von einer infolge langjähriger, umfangreicher Benutzung erworbenen durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für die Ware "Putzmittel" auszugehen.

Auch die Feststellung der Markenstelle, dass zwischen der Ware "Putzmittel", für die die Widerspruchsmarke eingetragen ist, und der hier noch im Streit stehenden Ware "Putztücher" der angegriffenen Marke eine mittlere Warenähnlichkeit besteht, begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Sowohl der erkennende Senat als auch andere Senate des BPatG haben zuvor bereits festgestellt, dass zwischen Reinigungstüchern bzw. Putzzeug und Bürsten einerseits und Putzmitteln andererseits trotz der unterschiedlichen stofflichen Beschaffenheit der Waren und regelmäßig nicht übereinstimmender Herstellungsstätten wegen des gemeinsamen Gebrauchs unter dem Gesichtspunkt einander ergänzender Waren eine markenrechtlich relevante Ähnlichkeit besteht (vgl. insoweit PAVIS PROMA, 26 W (pat) 172/99, 28.03.2001 -microclean; 24 W (pat) 114/02, 17.06.2003 -Hangel). An dieser Beurteilung hält der Senat angesichts der Tatsache, dass seither keine Veränderung der Angebotsund Gebrauchsgewohnheiten bei den maßgeblichen Waren festzustellen ist, weiterhin fest.

Da die beiderseitigen Marken -wie oben dargelegt -in klanglicher Hinsicht identisch und in schriftbildlicher Hinsicht in höchstem Maße ähnlich sind und die Widerspruchsmarke angesichts ihrer langjährigen und umfangreichen Benutzung und Bewerbung durch die Widersprechende über eine normale Kennzeichnungskraft verfügt, hätte es zur Verneinung einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr eines äußerst großen Abstandes der beiderseitigen Waren bedurft. Dieser ist jedoch auch zwischen Putztüchern und Putzmitteln, die teilweise sogar gemeinsam als Putzset angeboten werden, nicht gegeben. Daher war der Beschwerde der Widersprechenden stattzugeben und die Löschung der angegriffenen Marke auch für die Ware "Putztücher" anzuordnen.

Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens auf eine der Verfahrensbeteiligten gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG gibt der Streitfall keine Veranlassung.

Dr. Fuchs-Wissemann Lehner Reker hat Urlaub und ist daher an der Unterzeichnung gehindert. Reker Bb






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Az: 26 W (pat) 7/08


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