Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. April 2005
Aktenzeichen: 26 W (pat) 214/02

(BPatG: Beschluss v. 06.04.2005, Az.: 26 W (pat) 214/02)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 12. Juni 2002 aufgehoben, soweit er der angegriffenen Marke den Schutz wegen des Widerspruchs aus der Marke 2 086 541 verweigert.

Die Erinnerung dieser Widersprechenden wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde der aus der Marke 1 063 232 Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I Gegen die Schutzbewilligung in Deutschland für die international registrierte Marke 688 963 GRANNY'S für die Waren

"32 Bières; eaux minerales et gazeuses et autres boissons non alcooliques; boissons de fruits et jus de fruits; sirops et autres preparations pour faire des boissons"

ist Widerspruch erhoben worden.

1. aus der u.a. für die Waren

"Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken"

eingetragenen Marke 2 086 541 Granini 2. aus der für die Ware

"Mineralwässer aus der Granusquelle in Aachen, auch mit Kohlensäurezusatz"

eingetragenen Marke 1 063 232

.

Die Markeninhaberin hat die Benutzung der Widerspruchsmarke zu 1. teilweise, nämlich für die Waren "Mineralwasser und kohlensäurehaltige Wässer", sowie die Benutzung der Widerspruchsmarke zu 2. vollumfänglich bestritten. Die Widersprechende zu 2. hat Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung vorgelegt.

Die Markenstelle hat der IR-Marke wegen des Widerspruchs zu 1. den Schutz verweigert und den Widerspruch zu 2. zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie im Hinblick auf den Widerspruch zu 1. ausgeführt, zwischen den beiderseitigen Marken bestehe wegen der teilweisen Identität bzw großen Ähnlichkeit der Waren, der deutlich überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu 1. für Fruchtgetränke und der nicht geringen klanglichen und schriftbildlichen Ähnlichkeit der Markenwörter "GRANNY'S" und "Granini" die Gefahr von Verwechslungen. Aus den von der Widersprechenden zu 1. vorgelegten Unterlagen ergebe sich, dass die von Haus aus normal kennzeichnungskräftige Bezeichnung "Granini" ca 50% des deutschen Verkehrs bekannt sei. Bei gestützter Befragung liege die Markenbekanntheit sogar bei 90%. Hiervon ausgehend sowie unter weiterer Berücksichtigung der dargelegten hohen Werbeaufwendungen für diese Widerspruchsmarke sei deren Kennzeichnungskraft als hoch einzustufen. Die Bezeichnungen "GRANNY's" und "Granini" stimmten in ihren Wortanfängen überein, die im allgemeinen stärker beachtet würden als die übrigen Markenteile. Die Betonung beider Markenwörter liege auf dem Wortanfang, wohingegen die Markenendungen wenig einprägsam gebildet seien. Verwechslungen würden auch dadurch begünstigt, dass in beiden Markenwörtern die gleichen Vokale "a" und "i" verwendet würden. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Verkehr die beiden Markenwörter einerseits dem englischen und andererseits dem italienischen Sprachkreis zuordne und deshalb unterschiedlich artikuliere. Bei den hier maßgeblichen Waren des täglichen Bedarfs und den daraus resultierenden Verkehrskreisen lägen die entsprechenden Sprachkenntnisse nicht vor, wie sich aus der "PISA"-Studie entnehmen lasse. Es bestehe deshalb zwischen diesen Marken die Gefahr klanglicher und schriftbildlicher Verwechslungen. Dagegen bestehe zwischen der Widerspruchsmarke zu 2. mit dem prägenden Wortbestandteil "Granus" und der angegriffenen Marke trotz der übereinstimmenden Wortanfänge "Gran" keine Verwechslungsgefahr, weil die angegriffene Marke mit dem Vokal "i" ein eher helles und die Widerspruchsmarke zu 2. mit dem Vokal "u" ein eher dunkles Klangbild aufweise.

Gegen die Beschlüsse der Markenstelle wenden sich sowohl die Inhaberin der angegriffenen Marke als auch die Widersprechende zu 2. mit der Beschwerde.

Die Markeninhaberin ist der Ansicht, eine Verwechslungsgefahr zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke zu 1. bestehe nicht. Die Markenwörter wiesen keine einzige übereinstimmende Silbe auf. Das Wort "GRANNY'S" zerfalle in die Silben "GRAN" und "NY'S", das Wort "Granini" in die Silben "Gra", "ni" und "ni". Die jeweils ersten Silben der Markenwörter würden aufgrund der Zugehörigkeit zu verschiedenen Sprachkreisen (Englisch bzw Italienisch) ganz unterschiedlich artikuliert. Der Doppelkonsonant "NN" in der Mitte des Wortes "GRAN-NY'S" führe dazu, dass der vorangehende Vokal "A" kurz und hell ausgesprochen werde, während das "A" in der Widerspruchsmarke zu 1. dunkel und lang gesprochen werde. Dieser Unterschied bleibe auch dann hörbar, wenn das Wort "GRAN-NY'S" deutsch ausgesprochen werde. Bei einer deutschen Aussprache von "GRANNY'S" verstärkten sich auch die Unterschiede in den Endsilben, weil das "Y" dann wie ein "Ü" gesprochen werde. Zudem unterschieden sich die Markenwörter in der Silbenzahl und in der Betonung. Ergänzend verweist die Markeninhaberin auf ein zu den Akten gereichtes sprachwissenschaftliches Gutachten. Die Unterschiede der beiderseitigen Markenwörter seien für den deutschen Verkehr auch deshalb sofort erfassbar, weil das Wort "granny" mit der Bedeutung "Großmutter" bzw "Oma" zum englischen Grundwortschatz zähle und auch deutschen Bevölkerungskreisen ohne Englischkenntnisse wegen der bekannten Apfelsorte "Granny Smith" geläufig sei. Aufgrund des leicht erfassbaren Begriffsgehalts des Markenworts "GRANNY'S" würden die vorhandenen klanglichen Unterschiede der Marken schneller erfasst und mögliche Verwechslungen weiter reduziert. Die Beschwerde der Widersprechenden zu 2. sei unbegründet, weil zwischen Mineralwässern aus der Granusquelle in Aachen und den Waren der angegriffenen Marken nur eine geringe Ähnlichkeit bestehe. Deshalb sowie angesichts der nur durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu 2. reiche bereits ein geringerer Markenabstand für die Verneinung der Verwechslungsgefahr aus. Die Wörter "GRANNY'S" und "Granus" wiesen in klanglicher Hinsicht die deutlich unterscheidbaren Vokalfolgen "E-I" bzw "A-U" auf. In schriftbildlicher Hinsicht trügen zur Unterscheidung die weiteren Wort- und Bildelemente der Marken sowie der leicht erfassbare Begriffsgehalt des Wortes "GRANNY'S" bei. Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß, den angegriffenen Beschluss aufzuheben, soweit er der Marke den Schutz verweigert, und die Erinnerung der Widersprechenden zu 1. zurückzuweisen. Sie beantragt ferner, die Beschwerde der Widersprechenden zu 2. zurückzuweisen.

Die Widersprechende zu 2. macht zur Begründung ihrer Beschwerde geltend, die rechtserhaltend benutzte, durch das Wort "Granus" geprägte Widerspruchsmarke sei mit dem Wort "GRANNY'S" wegen des jeweils gleichen Wortanfangs, der gleichen Silbenzahl und -gliederung und der gleichen Betonung der beiderseitigen Markenwörter insbesondere dann in klanglicher Hinsicht verwechselbar, wenn das Wort "GRANNY'S" wie "GRANNÜS" ausgesprochen werde, womit in rechtserheblichem Umfang zu rechnen sei. Der Begriffsgehalt des Wortes "GRANNY'S" sei nicht geeignet, die Verwechslungsgefahr auszuschließen, weil dieser dem deutschen Verkehr nicht genügend geläufig sei. Die Widersprechende zu 2. beantragt sinngemäß, die angegriffenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben, soweit der Widerspruch aus der Marke 1 063 232 zurückgewiesen wurde, und der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus dieser Marke den Schutz zu verweigern. Weiterhin beantragt sie, der Inhaberin der angegriffenen Marke die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Die Widersprechende zu 1. hält die Erinnerungsentscheidung der Markenstelle, soweit ihrem Widerspruch stattgegeben wurde, für zutreffend. Sie verweist insbesondere auf den infolge erhöhter Kennzeichnungskraft größeren Schutzumfang ihrer Marke sowie darauf, dass diese auch für mineralwasserhaltige Fruchtschorlen verwendet werde, weshalb von einer teilweisen Identität der Waren auszugehen sei. Die Marken seien an den Wortanfängen überwiegend identisch. Dies gelte auch in klanglicher Hinsicht, weil dem deutschen Verkehr die Koseform "granny" des englischen Begriffs "grandmother" weder dem Sinngehalt noch der Aussprache nach in maßgeblichem Umfang geläufig sei. Keinesfalls habe diese Koseform Eingang in die deutsche Sprache gefunden. Wegen des Apostrophs in dem Wort "GRANNY'S" würden nur Sprachkundige erkennen, dass es sich insoweit um eine englische Genitivform handele. Die Widersprechende zu 1. beantragt, die von der Inhaberin der angegriffenen Marke eingelegte Beschwerde zurückzuweisen.

II Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin ist begründet, die ebenfalls zulässige Beschwerde der Widersprechenden zu 2. dagegen unbegründet.

Zwischen der angegriffenen Marke und den älteren Marken 2 086 541 und 1 063 232 besteht keine Verwechslungsgefahr i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Zur Begründung dieser Entscheidung wird, um Wiederholungen zu vermeiden, vollumfänglich auf die Gründe des in dem Beschwerdeverfahren 26 W (pat) 145/02 auf die mündliche Verhandlung vom 6. April 2005 ergangenen Senatsbeschlusses Bezug genommen. Die tragenden Gründe des in dieser Parallelsache ergangenen Beschlusses gelten hier deshalb entsprechend, weil die jüngere Marke "GRANNY'S" auch Bestandteil der in der Parallelsache angegriffenen Wort-Bild-Marke ist und der Senat in dem in Bezug genommenen Parallelbeschluss im einzelnen ausgeführt hat, aus welchen Gründen das in der Parallelsache den Gesamteindruck der Wort-Bild-Marke prägende Wort "GRANNY'S" auch im Bereich identischer Waren und bei zugunsten der beiden Widersprechenden angenommener erhöhter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken keine die Gefahr von Verwechslungen begründende Ähnlichkeit mit den Markenwörtern "Granini" bzw "Granus" aufweist.

Für eine Kostenauferlegung gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG besteht auch im vorliegenden Beschwerdeverfahren keine Veranlassung. Insbesondere kann auch der Kostenantrag der Widersprechenden zu 2.- schon deshalb keinen Erfolg haben, weil ihr Widerspruch und ihre Beschwerde erfolglos geblieben sind.

Albert Kraft Reker Pü






BPatG:
Beschluss v. 06.04.2005
Az: 26 W (pat) 214/02


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