Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Dezember 2007
Aktenzeichen: 7 W (pat) 9/05

(BPatG: Beschluss v. 12.12.2007, Az.: 7 W (pat) 9/05)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Patentanmeldung 101 03 250.1-13 mit der Bezeichnung "Gemeinsame Leitung für Dieselmotor" ist am 25. Januar 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen. Gleichzeitig wurde der Prüfungsantrag gestellt. Die Anmeldung nimmt die Priorität einer Voranmeldung in Japan vom 26. Januar 2000 in Anspruch.

Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt sind zum Stand der Technik u. a. folgende japanische Offenlegungsschriften, insbesondere deren englischsprachige Kurzfassungen, berücksichtigt worden:

JP 11117826 A (D1) und JP 11166464 A (D2).

Nach Prüfung der Anmeldung hat die Prüfungsstelle für Klasse F 02 M des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, dass der seinerzeit geltende Patentanspruch 1 über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinaus gehe (Beschluss S. 4 zweitletzter Abs.). Daher könne es dahingestellt bleiben, dass eine Patenterteilung auch aufgrund fehlender erfinderischer Tätigkeit nicht möglich erscheine. Zum Wortlaut des seinerzeit geltenden Patentanspruchs 1 wird auf die Akten verwiesen.

Gegen den vorgenannten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht Patentansprüche 1 bis 3 vorgelegt. Sie macht geltend, dass der Gegenstand der Anmeldung eine patentfähige Erfindung darstelle und beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent zu erteilen mit den Patentansprüchen 1 bis 3 vom 12. Dezember 2007 (Hauptantrag), hilfsweise mit einem aus den Patentansprüchen 1 und 2 zusammengefassten neuen Patentanspruch 1 und dem Patentanspruch 3 als neuem Patentanspruch 2, jeweils einer noch anzupassenden Beschreibung und den ursprünglichen Zeichnungen.

Die Patentansprüche 1 und 2 vom 12. Dezember 2007 lauten:

"1. Gemeinsame Stahl-Leitung für einen Dieselmotor, umfassend:

- eine Haupt-Rohrleitung mit einer umlaufenden Durchführung im Inneren in axialer Richtung mit einer Ni-Verstärkungsschicht auf mindestens einem Abschnitt einer Innenumfangsoberfläche der Haupt-Rohrleitung;

- Verzweigungsbohrungen in einem Umfangs-Wandteil der Haupt-Rohrleitung und - einen mit dem Dieselmotor verbundenen Verzweigungsanschluss, der mit den entsprechenden Verzweigungsbohrungen integral oder über getrennte Anschlusselemente angeschlossen ist, wobei eine Nidiffundierte Verstärkungsschicht, ausgebildet durch Erhitzen einer vorher auf der Innenumfangsoberfläche des Kantenabschnitts des unteren Endes der Verzweigungsbohrungen auf plattierten Ni-Schicht, vorliegt.

2. Leitung nach Patentanspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Stahl der Haupt-Rohrleitung Kohlenstoff-Stahl ist."

Zum Wortlaut des Patentanspruchs 3 wird auf die Akten verwiesen.

In der Beschreibung der Patentanmeldung ist einleitend ausgeführt, gemeinsame Leitungen (commonrail) in Form einer Haupt-Rohrleitung mit daran angebrachten Verzweigungsbohrungen und Verzweigungsanschlüssen zur Zuführung von Kraftstoff zu Dieselmotoren seien bekannt. Verschiedene Ausführungsformen seien in den Figuren 6 bis 9 der Anmeldung dargestellt. Bei den bekannten gemeinsamen Leitungen träte eine große Beanspruchung an ihrer inneren Oberfläche an den inneren Kanten der Verzweigungsbohrungen auf. Dies führe leicht zu Rissbildungen. Außerdem könnten in dem Grundmetall der gemeinsamen Rohrleitung nichtmetallische Einschlüsse vorhanden sein. Wenn ein solcher nichtmetallischer Einschluss an der inneren Kante der abzweigenden Anschlussbohrung vorliege, träte eine Beanspruchungskonzentration auf, durch die die Ermüdungsfestigkeit der Haupt-Rohrleitung abgesenkt werde.

Vor diesem Hintergrund soll die Aufgabe gelöst werden, diese Probleme zu lösen und die Ermüdungsfestigkeit gegen Innendruck durch Absenkung des Ausmaßes der Beanspruchungskonzentration an den Abzweigungsstellen der Verzweigungsbohrungen anzuheben (S. 1 bis 3).

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Der Anmeldungsgegenstand stellt weder in der Fassung nach Hauptantrag, noch in der Fassung nach Hilfsantrag eine patentfähige Erfindung im Sinne des PatG § 1 bis § 5 dar.

Als Fachmann ist hier ein Diplom-Ingenieur des Maschinenbaus mit Erfahrungen in der Konstruktion von Vorrichtungen zur Hochdruck-Kraftstoffeinspritzung für Brennkraftmaschinen anzusehen.

1. Zum Hauptantrag Bei der im Patentanspruch 1 genannten gemeinsamen Leitung handelt es sich um einen Bestandteil einer Kraftstoff-Einspritzvorrichtung, insbesondere an Dieselmotoren, für den im deutschen Sprachraum die Bezeichnung Sammler oder Druckspeicher oder auch der englische Fachbegriff "commonrail" üblich ist. Wie in der Beschreibung der Anmeldung zutreffend dargestellt ist, sind solche gemeinsamen Leitungen in Form einer Hauptrohrleitung mit Verzweigungsbohrungen, an die Verzweigungsanschlüsse angeschlossen sind, bekannt. Mit der "umlaufenden Durchführung im Inneren in axialer Richtung" im Patentanspruch 1 ist der von der Rohrleitung gebildete, den Brennstoff führende Innenraum bzw. Kanal gemeint (vgl. Zeichnungen).

In der JP 11117826 A (D1) und deren englischen Kurzfassung ist eine gemeinsame Stahl-Leitung, allerdings für einen Benzinmotor, mit einer Haupt-Rohrleitung (1) und daran angeschlossenen Verzweigungsanschlüssen (Fig. Bezugszeichen 4) beschrieben. Selbstverständlich weist die Haupt-Rohrleitung im Bereich der Anschlusselemente Verzweigungsbohrungen auf. Die Hauptrohrleitung kann entweder aus rostfreiem oder aus nichtrostfreiem Stahl, z. B. Stahl mit niedrigem Kohlenstoffgehalt, bestehen. Wenn sie aus nichtrostfreiem Stahl besteht, ist sie an der inneren Oberfläche mit einer elektrolytisch aufgebrachten Nickel-Plattierung versehen, durch die ein Oxidationsschutz bewirkt werden soll.

Aus der JP 11166464 A (D2) und deren englischer Kurzfassung ist eine Kraftstoff-Hochdruckleitung bekannt - aufgrund des angegeben hohen Druckes mit Spitzendrücken über 1200 bar offensichtlich für einen Dieselmotor -, deren innere Oberfläche mit einer Nickel-Verstärkungsschicht versehen ist, die durch Erhitzen mit der Rohroberfläche verbunden ist. Es handelt sich somit um eine Nidiffundierte Verstärkungsschicht. Durch diese Schicht soll die Erosionsfestigkeit der inneren Oberfläche der Leitung verbessert werden.

Zwar betrifft die letztgenannte Druckschrift eine zweischalige Hochdruck-Kraftstoffleitung. Da dem Fachmann aber gemeinsame Leitungen für Dieselmotoren bekannt waren - dies ist eigentlich das primäre Einsatzgebiet für commonrail - und da in der JP 11117826 A (D1) die Ni-Plattierung einer gemeinsamen Rohrleitung (wenn auch für einen Benzinmotor) beschrieben ist, war es für den Fachmann naheliegend, auch eine gemeinsame Leitung für einen Dieselmotor an der inneren Oberfläche mit einer Ni-Verstärkungsschicht auszurüsten und diese entsprechend der D2 als durch Erhitzen ausgebildete Nidiffundierte Verstärkungsschicht auszuführen. Er wird nämlich erwarten, dass eine Beschichtung der inneren Oberfläche, die bei einer Hochdruckleitung ohne Abzweigleitungen zu einer höheren Beanspruchbarkeit führt, auch bei einer Hochdruckleitung mit Verzweigungsbohrungen (commonrail) vorteilhaft ist. Es liegt auf der Hand, dass sich eine solche Verstärkungsschicht gerade an den besonders beanspruchten Stellen, wo die innere Oberfläche durch die Verzweigungsbohrungen angeschnitten ist, positiv auswirkt. Die in der Beschreibung der Anmeldung angesprochenen nichtmetallischen Einschlüsse in der Wand der gemeinsamen Leitung sind nicht Bestandteil einer erfinderischen Lehre sondern als mehr oder weniger unvermeidliche Gegebenheiten bei (dickwandigen) Hochdruckspeichern Teil des zu lösenden Problems.

Einen für das Vorliegen einer Erfindung sprechenden Zeitfaktor kann der Senat im Gegensatz zum Vorbringen der Anmelderin in der mündlichen Verhandlung angesichts des relativ geringen Zeitabstands zwischen den Veröffentlichungen der den Stand der Technik belegenden Druckschriften und dem Prioritätstag der vorliegenden Anmeldung nicht erkennen.

2. Zum Hilfsantrag Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag unterscheidet sich dadurch vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag, dass es sich bei dem Werkstoff der Haupt-Rohrleitung um einen Kohlenstoff-Stahl handelt.

Auch unter Einschluss dieses Merkmals beruht die gemeinsame Stahl-Leitung nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. In der JP 11117826 A (D1) sind die alternative Ausführung der gemeinsamen Rohrleitung aus rostfreiem bzw. aus nichtrostfreiem Stahl (Kohlenstoffstahl) genannt und ausgeführt, dass gerade bei einer Ausführung aus Kohlenstoffstahl die Ni-Verstärkungsschicht angebracht werden soll.

Somit ergibt sich auch der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.

Bei dieser Sachlage war die Beschwerde zurückzuweisen.

Tödte Eberhard Dr. Pösentrup Hilberbr/Cl






BPatG:
Beschluss v. 12.12.2007
Az: 7 W (pat) 9/05


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