Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 18. November 2009
Aktenzeichen: 41 O 147/08

(LG Düsseldorf: Urteil v. 18.11.2009, Az.: 41 O 147/08)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Mit seiner Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage wendet sich der Kläger gegen Beschlüsse zu vier Tagesordnungspunkten aus der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 12.08.2008. Der Kläger hat als Kommanditaktionär der Beklagten an dieser Hauptversammlung teilgenommen und Widerspruch gegen die angefochtenen Beschlüsse zu Protokoll erklärt.

Der Kläger macht geltend:

Die Beschlüsse seien wegen eines Einberufungsmangels nichtig. Es sei zu beanstanden, dass die Beklagte in ihrer Einladung die Erteilung schriftlicher Vollmachten für Aktionäre verlangt habe, die ihre Stimmrechte durch einen Bevollmächtigten hätte ausüben lassen wollen. Die Teilnahmebedingungen seien in der Einladung insoweit unzutreffend angegeben worden, als dass im Fall der Vertretung durch einen Bevollmächtigten bei der Stimmrechtsausübung der Bevollmächtigte seine Stimmberechtigung durch die Vergabe einer schriftlichen Vollmachtsurkunde, ausgestellt durch den vertretenen Aktionär, mit der Maßgabe verlangt habe, dass diese Vollmacht bei der Gesellschaft verbleiben müsse.

Ferner habe der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 15.07.2008 um 12.15 Uhr an der Büroadresse der Beklagten geschellt und niemand habe geöffnet. Er habe dann unverrichteter Dinge wieder in seine Kanzlei fahren müssen. Die Bürozeiten der Gesellschaft seien von 9.00 Uhr bis 13.00 Uhr und von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr angesetzt. Demgemäß habe der Prozessbevollmächtigte des Klägers keine Einsichten in die Unterlagen zur Hauptversammlung nehmen können.

Mit seinem ursprünglichen Klageantrag 1) hat sich der Kläger gegen die Beschlussfassung über die Feststellung des Jahresabschlusses der Beklagten zum 31.12.2007 (TOP 1) gewandt. Zwischenzeitlich hat die Beklagte in ihrer Hauptversammlung vom 25.08.2009 diesen Beschluss aufgehoben (vgl. notarielles Protokoll Seite 9), weshalb die Parteien diesen Klageantrag in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

Mit seinen Klageanträgen 2) und 3) wendet sich der Kläger gegen die Entlastung der persönlich haftenden Gesellschafterin und der Mitglieder des Aufsichtsrates für das Geschäftsjahr 2007.

Mit seinem Klageantrag 4) wendet sich der Kläger gegen die Wahl der drei im Klagerubrum genannten Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschaft. Er beanstandet, dass die Angaben der Beklagten zum Beruf der Vorgeschlagenen unzureichend und wegen möglicher Interessenkonflikte weitergehende Informationen erforderlich seien. Auch sei die Zahl weiterer Aufsichtsratsmandate der Vorgeschlagenen unbekannt. Ferner sei zu beanstanden, dass der Aufsichtsrat nur zwei Sitzungen absolviert habe, obwohl die Beklagte sich in der Krise befinde.

Der Kläger beantragt,

I.

die in der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten am 12.08.2008 gefaßten Beschlüsse, zu den nachfolgend bezeichneten Tagesordnungspunkten mit folgendem Wortlaut für nichtig zu erklären:

2.

Beschlussfassung über die Entlastung der persönlich haftenden Gesellschafterin für das Geschäftsjahr 2007.

Der Aufsichtsrat und die persönlich haftende Gesellschafterin schlagen vor, der persönlich haftenden Gesellschafterin für das Geschäftsjahr 2007 Entlastung zu erteilen.

3.

Beschlussfassung über die Entlastung der Mitglieder des Aufsichtsrates für das Geschäftsjahr 2007.

Der Aufsichtsrat und die persönlich haftende Gesellschafterin schlagen vor, den Mitgliedern des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2007 Entlastung zu erteilen.

4.

Wahl des Aufsichtsrats

Mit Ablauf der ordentlichen Hauptversammlung am 12. August 2008 endet die Amtszeit der Aufsichtsratsmitglieder von den Herren Aaaaaaa, Bbbbbbbb und Ccccccc. Nach § 97 Absatz 1 letzter Fall, 101 Absatz 1 Satz 1 AktG und § 9 Ziffer 1 der Satzung der Gesellschaft setzt sich der Aufsichtsrat aus drei Mitgliedern zusammen, die alle von der Hauptversammlung gewählt werden.

Die Wahl erfolgt bis zur Beendigung der Hauptversammlung, die über die Entlastung für das vierte Geschäftsjahr nach dem Beginn der Amtszeit beschließt. Hierbei wird das Geschäftsjahr, in dem die Amtszeit beginnt, nicht mitgerechnet. Die Hauptversammlung ist an Wahlvorschläge nicht gebunden.

Für die nächste Amtszeit schlägt der Aufsichtsrat vor, folgende Personen zu Mitgliedern des Aufsichtsrats der Gesellschaft zu wählen:

a)

Aaaaaaa, Kaufmann, x

b)

Ddddddd, Kaufmann, x und

c)

Ccccccc, Wirtschaftsprüfer, x.

Hilfsweise:

Es wird festgestellt, dass die vorbezeichneten Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 12.08.2008 nichtig sind.

Äußerst hilfsweise:

Es wird festgestellt, dass die vorbezeichneten Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 12.08.2008 unwirksam sind.

Die Beklagte beantragt,

Klageabweisung.

Die Beklagte verteidigt die getroffenen Beschlüsse als der Satzung und dem Gesetz entsprechend, im Wesentlichen aus den Gründen ihrer Klageerwiderung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze und die zur Akte gereichten Urkunden Bezug genommen. Ebenfalls Bezug genommen wird auf das vorangegangene Verfahren der Parteien Landgericht Düsseldorf 41 0 102/07 und das dort ergangene Urteil der Kammer vom 30.12.2008.

Gründe

Die fristgerecht innerhalb eines Monats erhobene und auch ansonsten gemäß §§ 278 Abs. 3, 245, 246 AktG zulässige Klage ist mit allen drei noch in Streit stehenden Anträgen unbegründet.

Beschlussübergreifende Mängel:

I.

Die angefochtenen Beschlüsse sind nicht wegen eines Einberufungsmangels gemäß §§ 278 Abs. 3, 241 Ziffer 1, 121 Abs. 3 AktG nichtig. Soweit der Kläger eine Nichtigkeit aus der Entscheidung des OLG Frankfurt vom 15.07.2008 - 5 W 15/08 - herleitet, verkennt er, dass dieser Entscheidung ein anders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag. In jenem Fall war hinsichtlich der Teilnahmebedingungen geregelt, dass im Falle der Vertretung durch einen Bevollmächtigten bei der Stimmrechtsausübung der Bevollmächtigte seine Stimmberechtigung durch die Übergabe einer schriftlichen Vollmachtsurkunde, ausgestellt durch den vertretenen Aktionär, an die Gesellschaft zu deren Verbleib nachzuweisen hatte (vgl. OLG Frankfurt zitiert nach Juris, Rdnr. 20). Nach Auffassung des OLG Frankfurt verstößt es gegen §§ 121 Abs. 3, 134, 135 AktG, wenn die weitergehende Aushändigung der Vollmachtsurkunde zur Verwahrung durch die Aktiengesellschaft gefordert werde. Solches hat die Beklagte in den Teinahmebedingungen der Einladung zu ihrer Hauptversammlung jedoch nicht verlangt. In diesen Bedingungen heißt es schlicht: "Aktionäre können ihre Stimmrechte durch einen Bevollmächtigten ausüben lassen. Vollmachten sind schriftlich zu erteilen." (vgl. Anlage K 1, Seite 2, Bl. 19 GA). Der hierauf hingewiesene Kläger hat in der mündlichen Verhandlung deshalb klargestellt, dass er nur noch rüge, dass die Beklagte überhaupt für eine wirksame Vertretung eines Kommanditaktionärs eine schriftliche Vollmacht verlangt. Auch mit dieser Rüge hat der Kläger jedoch keinen Erfolg. Da die Satzung der Beklagten nach dem eigenen Vortrag des Klägers die Art und Weise der Bevollmächtigung bei der Stimmrechtsausübung in der Hauptversammlung nicht regelt, beurteilt sich die Stimmrechtsausübung nach § 134 Abs. 3 AktG (gültig in der Fassung vom 25.01.2001 bis zum 31.08.2009). Danach kann das Stimmrecht durch einen Bevollmächtigten ausgeübt werden, wobei für die Vollmacht die schriftliche Form gilt, wenn die Satzung keine Erleichterung bestimmt. Da eine satzungsgemäße Erleichterung hier fehlt, entspricht das von der Beklagten gewählte Schriftformerfordernis dem Gesetz.

II.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die zum Jahresabschluß gehörenden Pflichtauslagen der Gesellschaft entgegen §§ 278 Abs. 3, 175 Abs. 2 und Abs. 3 AktG nicht von der Einberufung der Hauptversammlung an in dem Geschäftsraum der Gesellschaft zur Einsicht der Aktionäre auslagen. Der Kläger hat diese Behauptung nämlich nicht in geeigneter Weise unter Beweis gestellt. Er schlussfolgert die fehlende Auslage der Unterlagen allein aus einem einzigen nach seiner Behauptung gescheiterten Versuch der Einsichtnahme am 15.7.2008. Das aber reicht als Indiz nicht aus. Zwar kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg darauf berufen,der Tag habe in den Sommerferien gelegen und der in dieser Zeit reduzierte Mitarbeiterstab habe sich um 12.15 Uhr in der Mittagspause befunden, denn wenn ausdrücklich Öffnungszeiten bis 13.00 Uhr gewährt werden, ist eine Mittagspause erst nach 13.00 Uhr einzulegen, um etwaigen Interessenten bis 13:00 Uhr eine Einsichtnahme zu ermöglichen. Die Rüge ist jedoch deshalb unbegründet, weil der einmalige erfolglose Versuch einer Einsichtnahme nicht ausreicht um anzunehmen, die Unterlagen hätten nicht ausgelegen. Ebensowenig tragfähig ist die daraus vom Kläger gezogene Schlußfolgerung, eine Einsichtnahme in die Unterlagen sei ihm nicht möglich gewesen. Der Kläger hat auch im Rahmen des § 175 Abs. 2 AktG als Aktionär eine gewisse Mitwirkungsobliegenheit bei der Realisierung einer Einsichtnahme in die Geschäftsunterlagen der Gesellschaft. Hier war es im Rahmen dieser Mitwirkungsobliegenheit geboten und nahliegend, am Nachmittag des 15.7.2008 in der Zeit zwischen 14.00 Uhr und 18.00 Uhr oder tags darauf den erneuten Versuch einer Einsichtnahme in die Unterlagen zu unternehmen oder auf andere Art und Weise Kontakt mit der Beklagten aufzunehmen und den Wunsch auf Einsichtnahme in die Unterlagen an die Beklagte heranzutragen. Eine telefonische Kontaktaufnahme mit der Beklagten oder eine an sie gerichtete Telefaxanforderung hätten genügt, um zu überprüfen, ob die Beklagte zur Gewährung einer Einsichtnahme in die Unterlagen bereit ist. Es war dem Kläger zuzumuten, solche weiteren Anstrengungen zur Erlangung der Unterlagen zu unternehmen und seinen Besuch ggf. auch telefonisch anzukündigen. Da der Kläger solche Anstrengungen nicht unternommen hat, fehlt es an Anhaltspunkten für die Annahme, die Beklagte habe ihm eine Einsichtnahme verweigert oder verweigern wollen und dadurch sein Informationsrecht verletzt.

Mängel der Einzelbeschlüsse:

Auch hinsichtlich der einzeln angefochtenen Beschlüsse zeigt der Kläger keine im Ergebnis relevanten Gesetzesverstöße gemäß §§ 278 Abs. 3, 243 Abs. 1 AktG auf.

I.

Wahl des Aufsichtsrates (TOP 4):

Ein rechtlich relavanter Verstoss gegen § 124 Abs. 3 Satz 3 AktG ist nicht gegeben.

1.

Nach § 124 Abs. 3 Satz 3 AktG muss der Vorschlag für die Wahl des Aufsichtsrates Namen, ausgeübten Beruf und Wohnort des oder der Vorgeschlagenen enthalten. Nach der durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27.04.1998 (Bundesgesetzblatt I, Seite 786) geänderten Vorschrift wird klargestellt, das nicht der erlernte, sondern der ausübte Beruf anzugeben ist, wobei dabei auch die Angabe des Unternehmens erforderlich ist, in dem der Beruf ausgeübt wird (Kubis in Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 2. Aufl. 2004, § 124 Rdnr. 57). Diese Angabe soll der Hauptversammlung ein Urteil darüber erleichtern, ob die vorgeschlagene Person angesichts der derzeit ausgeübten Tätigkeit für das Amt des Aufsichtsrats oder Prüfers geeignet ist (Kubis a.a.O. unter Hinweis auf den Regierungsentwurf).

Nach diesen Kriterien nicht zu beanstanden ist die Berufsangabe eines Wirtschaftsprüfers für den vorgeschlagenen Ccccccc. Jjjjjjjj ist unstreitig selbständiger Steuerberater und Wirtschaftsprüfer und gehört keiner Sozietät an, bei der er beschäftigt ist, weshalb eine solche auch nicht zu benennen ist.

Zu beanstanden ist allerdings die bloße Angabe "Kaufmann" bei den vorgeschlagenen Herren Aaaaaaa und Ddddddd. Es bleibt nämlich völlig unklar, in welcher Weise und in welcher Branche die Genannten kaufmännisch tätig sind. Dabei geht es insbesondere um die Erkennbarkeit möglicher Interessenkonflikte, die aus einer Tätigkeit in anderen konkurrierenden Unternehmen herrühren und die den Vorgeschlagenen für das Amt des Aufsichtsrats ungeeignet erscheinen lassen können. Beachtlich ist hier, dass Aufsichtsrat Eeeeeeee unstreitig Geschäftsführer der Ffffffff, Vorstand der Gggggggsowie Vorstand der Hhhhhhh ist. Eeeeeeee ist also für mindestens zwei weitere Beteiligungsgesellschaften tätig, was hätte offengelegt werden müssen, weil auch die Beklagte eine Beteiligungsgesellschaft ist.

Dieser Verstoss führt jedoch nicht zur Anfechtbarkeit, weil ihm die erforderliche Relevanz fehlt. Ein Bekanntmachungsfehler kann dann die Anfechtung eines Hauptversammlungsbeschlusses nicht ermöglichen, wenn er so marginal ist, dass ihm die erforderliche Relevanz fehlt (BGH Der Betrieb 2003, 383 ff. sowie BGH, Beschluss vom 04.05.2007 - II ZR 182/06). Zum einen handelt es sich bei der Bezeichnung "Kaufmann" hier nicht um eine falsche Angabe, sondern nur um eine unvollständige Angabe, die hätte präzisiert werden müssen. Zum anderen kann bezogen auf die weitere unternehmerische Betätigung des Aufsichtsrates Eeeeeeee nicht festgestellt werden, dass die von ihm vertretenen weiteren Unternehmen im Hinblick auf die Art ihrer Beteiligungen echte Konkurrenzunternehmen der Beklagten sind, was die Beklagte bestreitet und wofür der Kläger keine konkreten Anhaltspunkte liefert. Außerdem ist beachtlich, dass es sich bei allen drei vorgeschlagenen Aufsichtsräten nicht um neue Kandidaten, sondern um wiedergewählte Aufsichtsräte handelt. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die weitergehende unternehmerische Betätigung Eeeeeeee in den genannten Gesellschaften erstmals im Zeitpunkt der Bekanntmachung der hier in Rede stehenden Hauptversammlung im Juli 2008 begonnen hat. Die Aktionäre hatten zudem die Möglichkeit, in der Hauptversammlung durch Nachfrage Informationen über die konkrete Tätigkeit der Kandidaten zu erlangen. Es haben aber unstreitig weder der Kläger noch die anderen Aktionäre oder deren Stimmrechtsvertreter von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass nur der Aufsichtsratsvorsitzende Eeeeeeee in der Hauptversammlung anwesend war, denn er hätte jedenfalls etwaige ihn betreffende Fragen beantworten können, ohne dass es noch darauf ankommt, ob Fragen an die weiteren Aufsichtsratskandidaten in der Hauptversammlung hätten beantwortet werden können. Entscheidend ist, dass in der Hauptversammlung gar keine Fragen in dieser Richtung gestellt wurden. Gerade wenn es dem Kläger aber tatsächlich auf die Vermeidung möglicher Interessenkollisionen hinsichtlich der Aufsichtsräte angekommen wäre, hätte nichts näher gelegen, als dass der Kläger diesbezüglich Fragen angebracht hätte. Bei dieser Sachlage schließt sich die Kammer dem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 21.03.2006 (10 U 17/05 zitiert nach Juris) an und kommt - ebenso wie das OLG Frankfurt - im Rahmen einer Gesamtabwägung zu dem Ergebnis, dass dem Verstoss die erforderliche Relevanz letztlich fehlt.

2.

Auch die weiteren die Wahl des Aufsichtsrates betreffenden Rügen des Klägers sind unbegründet. Eine Verpflichtung zur Offenbarung weiterer Aufsichtsratsmandate bestand nicht, weil § 125 Abs. 1 Satz 3 AktG dies nur bei einer börsennotierten Aktiengesellschaft vorsieht, die Beklagte jedoch keine Börsennotierung aufweist.

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte durch ihren Aufsichtsrat nur zwei Aufsichtsratssitzungen im Kalenderjahr absolviert hat. Diese Verfahrensweise ist durch § 110 Abs. 3 Satz 1 AktG gedeckt. Konkrete Ereignisse und Anlässe, die eine Pflicht zur Durchführung weiterer Aufsichtsratssitzungen hätte begründen können, zeigt der Kläger nicht auf. Die allgemeine Angabe, die Beklagte befinde sich in einer Krise, reicht hierzu nicht aus.

Schließlich ist auch nicht zu beanstanden, dass der Aufsichtsratsbericht keine Angaben darüber enthält, ob der Aufsichtsrat in Vollbesetzung getagt hat. Eine solche Anforderung kann nur nach Ziffer 5.4.7 des Iiiiii gestellt werden, durch den die Bekalgte aber nicht verpflichtet ist, weil sie eine Entsprechenserklärung nach § 161 AktG als nicht börsennotierte Gesellschaft nicht abzugeben hat.

II.

Entlastungsentscheidungen (Anträge 2 und 3 TOP 3 und 4):

Keinen Erfolg hat der Kläger auch mit seiner Anfechtung der Entscheidungen der Hauptversammlung der Beklagten zur Entlastung des Aufsichtsrates und des persönlich haftenden Gesellschafters.

Ohne Substanz ist seine Behauptung, der Versammlungsleiter der Beklagten habe "einfach aktienrechtliche Vorschriften, wenn sie erkannt wurden, außer Kraft gesetzt". Zu der Änderung in dem Teilnehmerverzeichnis hat die Beklagte eingehend Stellung genommen (Klageerwiderung Seite 2) ohne dass der Kläger Rechtsverstöße der Beklagten konkret aufzuzeigen vermag.

Der Kläger trägt substantiierte gesonderte Gründe, die die Hauptversammlung der Beklagten an einer Entlastung des Aufsichtsrates und des persönlich haftenden Gesellschafters hätten hindern müssen, in der Klage gar nicht vor, er verweist auf der letzten Seite der Klage (S. 16) vielmehr pauschal auf seine vorausgehenden Ausführungen, aus denen er auch die Schlussfolgerung zieht, dass die Entlastungen nicht hätten ausgesprochen werden dürfen. Dieser Schlussfolgerung fehlt jedoch eine hinreichende Grundlage, weil nach den Ausführungen zu vorstehend A. und B. I. relevante Gesetzesverstöße des persönlich haftenden Gesellschafters und des Aufsichtsrates nicht festgestellt werden können.

Der den Umständen nach einzig relevante Gesetzesverstoss, der einer Entlastung hätte entgegenstehen können, wäre ein Verstoss gegen § 312 AktG im Zusammenhang mit dem nicht erstellten Abhängigkeitsbericht. Dieser Verstoss hat gemäß dem Urteil der Kammer vom 30.12.2008 im Verfahren 41 0 102/07 zwar zu einer erfolgreichen Anfechtung der Entlastungsentscheidungen für das Geschäftsjahr 2006 geführt. Dieser Verstoss wurde jedoch zwischenzeitlich dadurch geheilt, dass der Jahresabschluss zum 31.12.2006, der Lagebericht und der Bericht des Aufsichtsrates für das Geschäftsjahr 2006 nach Bekanntwerden der vorgenannten Entscheidung der Kammer entsprechend geändert wurden und dieser geänderte Jahresabschluss sowie der geänderte Lagebericht sodann einer Nachtragsprüfung unterzogen wurde (vgl. Protokoll der Hauptversammlung vom 08.07.2009, Seite 5). Der geänderte Jahresabschluss ist alsdann der Hauptversammlung der Beklagten vom 25.08.2009 erneut zur Feststellung vorgelegt worden. In dieser Hauptversammlung ist der Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2006 entsprechend geändert worden. Den auf der ordentlichen Hauptversammlung vom 30.06.2009 gefaßten Beschluss, den geänderten Jahresabschluss zum 31.12.2006 in der vorgelegten Fassung festzustellen, hat die Hauptversammlung der Beklagten vom 25.08.2009 bestätigt und zugleich beschlossen, dass für den Fall der Nichtigkeit diese Bestätigung als Neuvornahme gilt (Protokoll Seite 7). Die Feststellung des Jahresabschlusses zum 31.12.2007 hat die Hauptversammlung am 25.08.2009 - wie bereits ausgeführt - aufgehoben (Protokoll Seite 9).

Bei dieser Sachlage ist die ursprünglich bestehende Anfechtungsrelevanz eines nicht vorliegenden Abhängigkeitsberichtes entfallen. Überholt ist damit auch der Einwand des Klägers, es sei widersprüchlich, wenn sowohl im Bericht des Aufsichtsrates als auch im Lagebericht für das Geschäftsjahr 2007 einerseits noch die Auffassung vertreten werde, ein Abhängigkeitsbericht sei gar nicht erforderlich, andererseits aber gleichzeitig eine Erklärung nach Art eines verkürzten Abhängigkeitsberichtes gegeben wird.

Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 91 a ZPO. Der Kläger wäre auch mit seinem Klageantrag 1. unterlegen gewesen. Die Beschlussfassung über die Feststellung des Jahresabschlusses zum 31.12.2007 wäre nicht für nichtig erklärt worden, weil der Klagevortrag schlüssige Anfechtungsgründe, die gemäß §§ 286, 278 Abs. 3, 257, 243 ff. AktG diese Rechtsfolge rechtfertigen könnte, nicht enthält. Die Feststellung des Jahresabschlusses ist entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht bereits deshalb anfechtbar, weil in dem Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers keinerlei Hinweis auf die Prüfung des Abhängigkeitsverhältnisses enthalten war. Etwaige Hinweise auf eine Prüfung der Abhängigkeit oder das Ergebnis einer solchen Prüfung sind nicht in dem Bestätigungsvermerk zur Prüfung des Jahresabschlusses niederzulegen, sondern gemäß § 313 Abs. 5 Satz 2 AktG in denjenigen Prüfungsbericht aufzunehmen, den der Abschlussprüfer bei Vorlage eines Abhängigkeitsberichtes zur Prüfung dieses Abhängigkeitsberichtes hätte anfertigen müssen. Ein solcher Abhängigkeitsbericht lag hier seinerzeit jedoch noch nicht vor, weil die Gesellschaft die Auffassung vertrat, er sei nicht erforderlich.

Die Vollstreckbarkeitsentscheidung ergibt sich aus § 709 ZPO.

Der Streitwert wird auf 60.000,00 Euro festgesetzt. Dabei gilt ein Streitwert von jeweils 15.000,00 Euro für jeden der vier Klageanträge. Für die Zeit nach dem 16.09.2009 beläuft sich der Streitwert auf 45.000,00 Euro zuzüglich des Kosteninteresses bezogen auf einen Streitwert von 15.000,00 Euro hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Klageantrages zu 1).






LG Düsseldorf:
Urteil v. 18.11.2009
Az: 41 O 147/08


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