Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Oktober 2003
Aktenzeichen: 29 W (pat) 220/01

(BPatG: Beschluss v. 15.10.2003, Az.: 29 W (pat) 220/01)

Tenor

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Juli 2001 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Dienstleistungen "Werbung und Geschäftsführung; Finanzwesen; Immobilienwesen; Erziehung; Ausbildung; Organisation von sportlichen und kulturellen Veranstaltungen" zurückgewiesen wurde.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke Home Infotainment Centerist am 15. September 2000 für die Waren und Dienstleistungen der Klasse 9:

Elektrische, elektronische, optische, Mess-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer;

Klasse 16:

Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel);

Klasse 35:

Werbung und Geschäftsführung;

Klasse 38:

Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen;

Klasse 41:

Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; Organisation von sportlichen und kulturellen Veranstaltungen; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitschriften und anderen Druckerzeugnissen sowie entsprechenden elektronischen Medien (einschließlich CD-ROM und CD-I);

Klasse 42:

Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation.

zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 27. Juli 2001 als freihaltebedürftige und nicht unterscheidungskräftige Angabe für alle Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme der Ware "Büroartikel (ausgenommen Möbel)" zurückgewiesen. Die angemeldete Wortfolge sei sprachüblich aus den Bestandteilen "Home", "Infotainment" und "Center" zusammengesetzt und erschöpfe sich in ihrer Gesamtheit in dem schlagwortartigen Hinweis auf ein heimisches Informations- und Entertainment-Zentrum. In Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibe das Zeichen daher lediglich deren Bestimmung bzw deren thematischen Inhalt.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Die Wortkombination sei lexikalisch nicht nachweisbar und enthalte in Bezug auf die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen keinen klaren Aussagegehalt. An dem Zeichen bestehe daher weder ein Freihaltebedürfnis noch fehle ihm die erforderliche Unterscheidungskraft.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Dem angemeldeten Zeichen fehlt für die nicht vom Tenor erfassten Waren und Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1, § 37 Abs 1 MarkenG).

1. Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Bei der Prüfung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, so dass auch ein geringes Maß ausreicht, um das Schutzhindernis zu überwinden. Die Unterscheidungskraft einer Wortmarke fehlt ua dann, wenn das Zeichenwort eine für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehende Sachaussage darstellt (vgl BGH GRUR 1999, 1089 - YES; WRP 2003, 1429 - Cityservice). Dies ist hier der Fall.

1.1. Die Bezeichnung "Home Infotainment Center" wird bereits als Sachangabe für ein elektronisches Gerät mit integrierten Multimedia-Anwendungen verwendet. So hat die vom Senat durchgeführte Internetrecherche folgende Beispiele ergeben: "Home-Infotainment-Center von Multimedia Technologies. Mit dem "Media Portal" hat Multimedia Technologies eine leistungsfähige und interaktive Multimedia-Box für Fernsehgeräte entwickelt" (http://focus.msn.de/D/DC/DCS/-DCSB/DCSBA/DCSBA26/dcsba26.html); "Auf der CeBIT fällt der Startschuss für das interaktive Fernsehen - Nokia zeigt ein integriertes Home-Infotainment-Center" (www.welt.de/daten/2001/03/25/0325w1242924.htx); "Prototypen für interaktives Fernsehen - Zusätzlich zu den MHP-Decodern werden auf der CeBIT auch ein integriertes Home-Infotainment-Center sowie das auf Linux basierende Media Terminal von Nokia vorgestellt" (www.heise.de/newsticker/data/hag-15.03.01-000/); "Die Digitalisierung von Radio und Fernsehen kommt einen großen Schritt voran - Gemeinschaftsaktion von Industrie, Netzbetreibern und Programmanbietern auf der CeBIT - Zu den interessantesten Exponaten gehören sicher das Home-Infotainment-Center, das bereits als integrierte Lösung funktioniert, neue Set-Top-Boxen nach dem MH-Standard, integrierte Lösungen sowie eine "Linux-TV" genannte Box, die weit mehr als Fernsehen empfangen kann" (www.gfu.de/pages/newsarchiv/arch_010315.html); "MULTITAINER - die erste Allin-One Home Infotainment Lösung von Fujitsu Siemens Computers für den privaten Haushalt" (www.reimshop.de/Multimedia.htm).

1.2. Die zitierten Zeitschriftenartikel und Produktbeschreibungen richten sich sowohl an das Fachpublikum als auch an die potentiellen Endabnehmer von Geräten der Informations- und Unterhaltungselektronik. Die Bezeichnung "Home Infotainment Center" ist den angesprochenen Verkehrskreisen daher bekannt als Sachangabe für ein elektronisches Gerät, das Computeranwendungen und Unterhaltungselektronik integriert. Zwar lässt sich dem Begriff nicht konkret entnehmen, welche Anwendungen und Geräte im einzelnen miteinander verknüpft sind. Diese begriffliche Unschärfe steht der Annahme einer beschreibenden Angabe aber nicht entgegen. Im Übrigen ist durch die Worte "Home Infotainment" jedenfalls der häusliche Anwendungsbereich der Informations- und Unterhaltungselektronik hinreichend klar präzisiert (vgl BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt).

1.3. Als Fachbegriff für eine bestimmte Art elektronischer Geräte ist das angemeldete Zeichen daher in Bezug auf die in Klasse 9 beanspruchten Geräte und Datenaufzeichnungsträger eine unmittelbar beschreibende Sachangabe. Diese Waren können entweder selbst ein Home Infotainment Center darstellen oder als Komponente in einem solchen Verwendung finden. Hinsichtlich der Waren "Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel" enthält die Bezeichnung lediglich einen beschreibenden Hinweis auf den thematischen Inhalt dieser Druckerzeugnisse bzw auf den Verwendungszweck der Karten für die Inanspruchnahme eines Home Infotainment Centers, vergleichbar Telefonkarten. Wegen des engen sachlichen Zusammenhangs zwischen Print- und digitalen Medien und den zugehörigen Dienstleistungen ihrer Veröffentlichung und Herausgabe ist der Begriff "Home Infotainment Center" auch zur Beschreibung der Dienstleistung "Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitschriften und anderen Druckerzeugnissen sowie entsprechenden elektronischen Medien (einschließlich CD-ROM und CD-I)" geeignet (vgl BGH GRUR 2003, 342 - Winnetou). Für die Dienstleistung "Unterhaltung" erschöpft sich das Zeichen in dem sachlichen Hinweis auf eine mittels eines Home Infotainment Centers erbrachte Unterhaltung, wie dies in dem aus Information und Entertainment zusammengesetzten Begriff "Infotainment" unmittelbar zum Ausdruck kommt. Die Dienstleistungen "Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation" stehen in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit einem Home Infotainment Center. Denn nur in Verbindung mit einem Internetzugang, einem Fernsehanschluss, der Zugriffsmöglichkeit auf Datenbanken und einer entsprechenden Programmierung kann ein solches Gerät tatsächlich "Home Infotainment" anbieten. Wegen dieser engen Verknüpfung zwischen dem Home Infotainment Center als einem elektronischen Gerät und der Dienstleistungen, die für dessen Betrieb Voraussetzung sind, versteht das angesprochene Publikum das Zeichen auch insoweit lediglich als reine Sachangabe und nicht als einen betrieblichen Herkunftshinweis.

2. Für die in Klasse 9 beanspruchten Waren ist das Zeichen im Übrigen auch als beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG freizuhalten, weil es unmittelbar ein elektronisches Gerät mit integrierten Multimedia-Anwendungen beschreibt (vgl BGH GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE).

3. Hinsichtlich der Dienstleistungen "Werbung und Geschäftsführung; Finanzwesen; Immobilienwesen; Erziehung; Ausbildung; Organisation von sportlichen und kulturellen Veranstaltungen" lässt sich der angemeldeten Marke kein eindeutig beschreibender Aussagegehalt zuordnen. Zwar können auch diese Dienstleistungen grundsätzlich mittels eines Home Infotainment Centers in Anspruch genommen werden. Der Gegenstand dieser Dienstleistungen ist aber regelmäßig unabhängig von den technischen Geräten, mit denen sie angeboten oder erbracht werden. Insoweit fehlt es hier am notwendigen sachlichen Zusammenhang, der die Annahme rechtfertigen könnte, dass das angesprochene Publikum das angemeldeten Zeichen auch in Verbindung mit diesen Dienstleistungen als reine Sachangabe versteht.

Grabrucker Pagenberg Fink Cl






BPatG:
Beschluss v. 15.10.2003
Az: 29 W (pat) 220/01


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