Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 18. Juli 2011
Aktenzeichen: 6 W 146/11

(OLG Köln: Beschluss v. 18.07.2011, Az.: 6 W 146/11)

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn - 30 O 94/11 - vom 13.04.2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass auf die Beklagte zu 1.) ¾ und auf den Beklagten zu 2.) ¼ der zu tragenden Kosten entfallen.

Im gleichen Verhältnis haben die Beklagten auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

Die Klägerin hat die Beklagte zu 1.) - eine in England und Wales registrierte Gesellschaft mit deutscher Niederlassung - und den Beklagten zu 2.) - deren Geschäftsführer - wegen wettbewerbsrechtlich unzulässiger Rechtsdienst­lei­stun­gstätigkeit auf Unterlas­sung in Anspruch genommen, nachdem diese sich gemäß den auf Seiten 3 bis 7 der Klage wiedergegebenen Schreiben unter Vorlage einer Vollmacht von Frau B. I. in S. an deren Schwester E. H. in J. gewandt und um die Vereinbarung eines Besprechungstermins in Bezug auf die Nutzung eines Einfamilienhauses und die Verwaltung eines vermieteten Mehrfamilienhauses sowie die Möglichkeit einer Auflösung ihrer Gemeinschaft gebeten sowie weitere Schritte angekündigt hatten. Im Termin zur mündlichen Verhandlung haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Landgericht hat die Kosten des Rechtsstreits den Beklagten auferlegt. Mit ihrer sofortigen Beschwerde machen die Beklagten geltend, dass die Kosten der Klägerin aufzuerlegen seien, weil sie keine - eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordernde - Dienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 1 RDG erbracht hätten und ihr Handeln nach § 6 RDG erlaubt gewesen sei.

Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Land­ge­richt die Kosten des Verfahrens gemäß § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO den Beklagten auferlegt, wobei sich das mit der Klage verfolgte Unterlassungsbegehren gemäß § 100 Abs. 2 ZPO überwiegend auf die Beklagte zu 1.) und auf den Beklagten zu 2.) nur insoweit bezog, als dieser ihr Geschäftsführer ist und war und unter ihrer Firma tatsächlich handelte. Bei streitiger Fortsetzung des Rechtsstreits wären sie der Klägerin voraussichtlich unterlegen, denn der von ihr geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG i.V.m. § 3 RDG wird durch das Vorbringen der Beklagten nicht entkräftet.

§ 3 RDG, wonach Rechtsdienstleistungen nur auf Grund gesetzlicher Erlaubnis er­bracht werden dürfen, über welche die Beklagten unstreitig nicht verfügen, regelt - unbeeinflusst durch die mit der UWG-Novelle 2008 in deutsches Recht umgesetzten Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken - gemäß § 4 Nr. 11 UWG das Marktverhalten (BGH, GRUR 2011, 539 = WRP 2011, 742 [Rn. 23, 25] - Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker). Rechtsdienstleistung ist nach § 2 Abs. 1 RDG jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert. Das war hier ersichtlich der Fall, ohne dass es auf die im Schrifttum umstrittene Frage ankommt, ob es dafür einer vom Verkehr erwarteten besonderen Prüfung bedarf oder ob jede mehr als eine einfache rechtliche Prüfung und Rechtsanwendung erfordernde Tätigkeit ausreicht (vgl. BGH, a.a.O. [Rn. 28] m.w.N.). Bereits die Bitte der Beklagten um Vereinbarung eines Besprechungstermins zur Klärung der in der E-Mail vom 21.06.2010 auf über 20.000,00 € bezifferten Forderungen ihrer Auftraggeberin in Bezug auf Miet- / Ertragsbeteili­gung, die Ankündigung einschneidender gerichtlicher Schritte und die Aufforderung an die Adressatin, sich anwaltlichen Rates zu versichern, belegen die Komplexität der Angelegenheit und das Erfordernis einer vertieften, weit über eine einfache oder schematische Rechtsanwendung hinausgehenden rechtlichen Prüfung. Erst recht gilt dies für das Ansinnen, mit der Adressatin über Möglichkeiten einer Auseinandersetzung der zwei Immobilien und weitere nicht unerhebliche Nachlassgegenstände umfas­senden Erbengemeinschaft nach dem verstorbenen Herrn C. H. verhandeln zu wollen, als die sich die vermeintliche Wohnungseigentümergemeinschaft in Wirklichkeit - auch schon nach der Betreffzeile des Schreibens vom 13.06.2010 - darstellt.

Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten auf § 6 Abs. 1 RDG, wonach nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit stehende Rechtsdienstleistungen erlaubt sind. Gegen eine unentgeltliche Tätigkeit spricht bei der unter ihrer Firma auftretenden Beklagten zu 1.) als einer Handelsgesellschaft (britischen Rechts) bereits der erste Anschein. Hinzu kommt, dass die Beklagten die Anforderungen nach § 6 Abs. 2 RDG an die Erbringung unentgeltlicher Rechtsdienstleistungen außerhalb familiärer, nachbarschaftlicher oder ähnlich enger persönlicher Beziehungen nicht erfüllen und die im Verlauf des Rechtsstreits behauptete enge Beziehung des Beklagten zu 2.) zur Mutter der Lebensgefährtin seiner Stieftochter keine ähnlich enge persönliche Beziehung zur Beklagten zu 1.) und zu ihm in seiner Funktion als deren Geschäftsführer zu begründen vermag, wie bereits das Landgericht in seinem Beschluss vom 04.07.2011 zutreffend ausgeführt hat.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 2 ZPO.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens entspricht den in erster Instanz angefallenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten.






OLG Köln:
Beschluss v. 18.07.2011
Az: 6 W 146/11


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