Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 15. April 2011
Aktenzeichen: 38 O 148/10

(LG Düsseldorf: Urteil v. 15.04.2011, Az.: 38 O 148/10)

Tenor

1. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meldung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, hinsichtlich der Beklagten zu 1) zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd

a) für entgeltliche Einträge in einem Firmenregister unter Angabe eines Preises pro Monat zu werben und/oder werben zu lassen, sofern die Vertragslaufzeit tatsächlich mehr als einen Monat beträgt, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 1 zur Klageschrift;

und/oder

b) für entgeltliche Einträge in ein Firmenregister mit einem Formular zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 1 zur Klageschrift.

2. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger Euro 208,60 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 13. Oktober 2010 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000.- Euro vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheitsleistung kann durch Selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Der Kläger ist ein Verein, der sich u.a. die Bekämpfung von Schwindelfirmen und deren Praktiken zum Ziel gesetzt hat.

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsfahrer der Beklagte zu 2) ist, versendet an Gewerbetreibende das aus der Anlage K 1 zur Klageschrift ersichtliche Formular, bei dessen unterzeichneter Rücksendung eine kostenpflichtige Eintragung in ein von der Beklagten zu 1) unterhaltenes Internetfirmenverzeichnis erfolgt.

Der Kläger ist der Auffassung, das Formular sei in mehrfacher Hinsicht irrefahrend. So werde schon nicht ausreichend deutlich, dass es sich überhaupt um ein entgeltliches Vertragsangebot und nicht um ein amtliches oder quasi amtliches Register handele. Das Formular sei gezielt darauf angelegt, den Adressaten zu täuschen. Durch die Preisangabe von 39,85 Euro monatlich werde verschleiert, dass wegen der Mindestlaufzeit von 2 Jahren 956,40 Euro netto zu entrichten sind. Insoweit handele es sich um eine unlautere Irreführung im Sinne der §§ 3 5 UWG sowie einen Verstoß gegen § 4 der DL-InfV.

Neben der Unterlassung verlangt der Kläger die Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten.

Der Kläger beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie halten die Klage für unzulässig und unbegründet. Die ordnungsgemäße Vertretung des Klägers sei hinsichtlich der Vertretungsmacht des geschäftsführenden Vorstandsmitglieds Dr. M... ebenso zweifelhaft wie eine Bevollmächtigung der Prozessbevollmächtigten des Klägers. Es bestehe die Gefahr rechtsmissbräuchlichen Verhaltens gemäß § 8 Abs. 4 UWG.

Die Aktivlegitimation des Klägers werde bestritten. Im Übrigen sei dem Formulartext und den beigefügten AGB mit ausreichender Klarheit zu entnehmen, dass ein Vertragsangebot abgegeben werde und für 2 Jahre ein bestimmtes Entgelt zu entrichten sei. Der Angebotsinhalt erkläre sich von selbst. Bei Anwendung auch nur halbwegs kaufmännischer Sorgfalt könne hierüber kein Zweifel bestehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig. Die Beklagten stellen nicht in Abrede, dass Herr Dr. M... geschäftsführendes Vorstandmitglied ist. In dieser Eigenschaft ist er als berechtigt anzusehen, den Kläger gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten, § 26 Abs. 1 Satz 1 BGB. Es ist nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass der Verein von einem aus mehreren Personen bestehenden Vorstand vertreten wird, obwohl es einen geschäftsführenden Vorstand, nämlich Herrn Dr. M..., gibt. Eine Vollmacht der Prozessbevollmächtigten liegt vor.

Konkrete Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen des Klägers im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG sind nicht vorgetragen. Insbesondere vor dem Hintergrund der Höhe der verlangten Abmahnkosten liegt die Idee fern, es gehe darum Gebühren zu vereinnahmen. Ein Abwarten auf die Entscheidung anderer Gerichte ist nicht sachdienlich, weil offensichtlich nicht das gleiche Formular von einem Gericht überprüft wird.

Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung des im Urteilstenor zu 1. a und b beschriebenen Verhaltens gemäß den §§ 8 Abs. 3 Nr. 2, 3, 5 Abs. 1 Nr. 1, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit§ 4 DL-InfV.

Der Kläger ist zur Geltendmachunq wettbewerbsrechtlich begründeter Unterlassungsansprüche berechtigt. Gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG stehen diese Rechte rechtsfähigen Verbänden zur Forderung gewerblicher selbständiger beruflicher Interessen zu, soweit ihnen eine erhebliche Anzahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, soweit sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung im Stande sind, ihre satzgemäßen Aufgaben talsächlich wahrzunehmen.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Es ist gerichtsbekannt, dass der Kläger seit Jahrzehnten gegen wettbewerbsrechtlich nach seiner Meinung unzulässiges Verhalten von Gewerbetreibenden vorgeht und hierzu die erforderlichen Ausstattungsmittel bereithält. Durch die Mitgliedschaften bedeutender Spitzenverbände der gewerblichen Wirtschaft, nämlich des Deutschen Industrie und Handelstages, des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels, des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks und des Deutschen Handwerkskammertages (vgl. hierzu Köhler 29. Aufl. Einl. UWG Rdnr. 2.30) gehört eine erhebliche Anzahl von Unternehmern dem Kläger an, die Dienstleistungen anbieten, die denjenigen der Beklagten zu 1) jedenfalls verwandt sind.

Die Werbung der Beklagten zu 1) mit einem Monatspreis, obwohl die Mindestlaufzeit eines Vertrages mehr als einen Monat beträgt, stellt eine Irreführung über wesentliche Merkmale der beworbenen Dienstleistung dar, § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG, zudem wird gegen § 4 Abs. 1 Nr. 1 DL-InfV verstoßen und damit eine das Marktverhalten zu regeln geeignete Vorschrift im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG verletzt.

Durch die Angabe eines Monatspreises wird der Eindruck erweckt, die angebotene Leistung sei durch eine Zahlung in dieser Höhe zu erhalten. Da es bei der Eintragung nicht um eine periodisch wiederkehrende Leistung geht, ist für ein in Monaten berechnetes Entgelt kein vernünftiger Grund erkennbar. Selbst in den AGB der Beklagten zu 1) ist allenfalls von einer Abrechnung nach Jahren die Rede. Der im Vorhinein feststehende Betrag wird nicht in klarer und verständlicher Form genannt, stattdessen ein auf monatlicher Basis und damit wesentlich niedrigerausfallender Preis.

Ob und in welcher Form sich der Kunde nach Durchsicht des gesamten Textes einschließlich Lektüre der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Klarheit über den geforderten Preis verschaffen kann, ist unerheblich, weil hierdurch die bereits erfolgte unzulässige Irreführung nicht nachträglich wieder beseitigt werden kann.

Die Werbung mit dem als Anlage K 1 überreichten Formular ist insgesamt als unlautere geschäftliche Handlung anzusehen, § 3 UWG.

Die Adressaten werden in mehrfacher Hinsicht in die Irre geführt, § 5 UWG.

Schon die Überschrift "Gewerbeauskunft-Zentrale -Erfassung gewerblicher Einträge-" erweckt den Eindruck, es handele sich um eine im öffentlichen Interesse tätige Stelle. Ein durchschnittlich aufmerksamer Leser assoziiert den Begriff Gewerbeauskunft mit dem Gewerberegister. Der Eindruck wird verstärkt durch die Gestaltung des Textes als Formular, dessen voreingetragene Angaben zu prüfen und zu ergänzen sind. Demgegenüber ist der eigentliche Werbetext in kleiner Schriftgröße gehalten und inhaltlich so gefasst, das nur bei ganz besonders aufmerksamen Lesen überhaupt auffallen kann, dass ein Angebot über den Abschluss eines entgeltlichen Dienstleistungsvertrages vorliegt. Der mit der Begrüßungsformel eingeleitete Text nebst Grußformel am Schluss enthält keinerlei hierauf hindeutende Angaben. Hier wird nur die sorgfältige Bearbeitung und Vervollständigung der Eintragung erwähnt. Nur aus dem dann folgenden Text lässt sich rückschließend sodann erkennen, dass die Unterschrift nicht nur die Richtigkeit der vorzunehmenden Eintragung dokumentieren sondern einen Vertragsschluss herbeiführen soll. Die Beifügung der allgemeinen Geschäftsbedingungen ändert hieran nichts. Gerade weil der Angebotscharakter als solcher verschleiert wird, besteht für den Leser kein Anlass, sich hiermit näher zu befassen.

Der Umstand, dass sich das Formularschreiben an Gewerbetreibende richtet, die nicht als geschäftlich unerfahren angesehen werden können, ist ohne maßgebliche Bedeutung. Gerade selbständige Geschäftsleute sind häufig in zeitlicher Bedrängnis. Sie sind geneigt, den Inhalt von Postsendungen, eingeteilt nach "Reklame" und Geschäftspost, mit einem Blick zu sichten. Wegen des Eindrucks eines amtlichen Schreibens besteht eine nicht unerhebliche Gefahr, dass die Unterschrift geleistet wird, ohne sich ausführlich mit dem gesamten Text oder gar noch zusätzlich den allgemeinen Geschäftsbedingungen vertraut gemacht zu haben.

Da das Formular in seinem Gesamtaufbau irreführenden Charakter aufweist, ist es als insgesamt unlautere geschäftliche Handlung anzusehen, ohne dass etwa einzelne Elemente als nicht irreführend weiterhin für Werbezwecke verwendbar angesehen werden können.

Der Beklagte zu 2) haftet als für die Beklagte zu 1) handelndes Organ auch persönlich.

Neben der Unterlassung schuldet die Beklagte zu 1) gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG die Erstattung der in ihrer Höhe nichtstreitigen Kosten der Abmahnung.

Der Betrag von 208,60 Euro ist antragsgemäß wegen Verzuges ab dem 13. Oktober 2010 mit 5% über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 und 100 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.

Der Streitwert wird auf 25.000,00 Euro festgesetzt.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 15.04.2011
Az: 38 O 148/10


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