Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 22. Dezember 2008
Aktenzeichen: I-2 U 65/07

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 22.12.2008, Az.: I-2 U 65/07)

Tenor

A.

Die Berufungen der Beklagten gegen das am 31. Juli 2007 verkündete Urteil der 4 b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf werden zurückgewiesen.

B.

Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts Düsseldorf, soweit die Beklagten zu 1. und 2. betroffen sind, teil-weise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

I.

Die Beklagten zu 1. und 2. werden verurteilt,

1.

es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzu-setzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- Euro - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhand-lung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Be-klagten zu 1. an ihrem jeweiligen Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu unter-lassen,

a)

kollabierbare medizinische Vorrichtungen, umfassend ein aus geflochtenen Me-talllitzen gebildetes Metallgewebe, wobei die Vorrichtung eine kollabierte Konfi-guration zur Zuführung durch einen Kanal in einem Patienten hat und eine all-gemein hantelförmige entfaltete Konfiguration mit zwei Teilen mit erweitertem Durchmesser, die durch einen zwischen entgegengesetzten Enden der Vorrich-tung gebildeten Teil mit reduzierten Durchmesser getrennt sind,

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen Klemmen zum Festklemmen der Litzen an den entgegengesetzten Enden der Vorrichtung ausgeführt sind;

b)

ein Verfahren zum Herstellen einer medizinischen Vorrichtung nach Ziffer a)

in der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden, wobei das Verfahren die fol-genden Schritte umfasst:

(1)

Bereitstellen eines Metallgewebes, dass aus einer Mehrzahl von geflochtenen Litzen gebildet ist, wobei der Litzen aus einem Metall hergestellt werden, das wärmebehandelt werden kann, um im Wesentlichen eine gewünschte Form festzulegen;

(2)

Verformen eines Metallgewebes, damit es allgemein an einer inneren Wandflä-che eines Formelementes entspricht;

(3)

Wärmebehandeln des Metallgewebes in Kontakt mit Oberfläche des Formele-ments bei einer erhöhten Temperatur, wobei die Temperatur und die Dauer der Wärmebehandlung ausreichen, um die Form des Gewebes in seinem verform-ten Zustand im Wesentlichen festzulegen;

(4)

Entfernen des Metallgewebes aus dem Kontakt mit dem Formelement und

(5)

Festklemmen der entgegengesetzten Enden der Litzen der Vorrichtung mit Klemmen;

2.

der Klägerin in einer geordneten Aufstellung unter Vorlage von Belegen zumin-dest hinsichtlich der Angaben zu 1 - 3 über den Umfang der zu I. bezeichneten, seit dem 5. November 2005 begangenen Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Angabe

a)

der Herstellungsmengen und Herstellungszeiten, aufgeschlüsselt nach Typen-bezeichnungen,

b)

der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

c)

der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und

-preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und An-schriften der Abnehmer,

d)

der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und

-preisen und der jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und An-schriften der Angebotsempfänger,

e)

der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Aufla-genhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

wobei den Beklagten zu 1. und 2. vorbehalten bleibt, die Namen und Anschrif-ten der nichtgewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten zu 1. und 2. dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klä-gerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Annehmer oder An-gebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist;

II.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1. und 2. als Gesamtschuldner ver-pflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. und II. bezeichneten und seit dem 5. November 2005 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird;

III.

Die Beklagten zu 1. und 2. werden darüber hinaus verurteilt, die in ihrem unmit-telbaren oder mittelbaren Besitz und/oder Eigentum befindlichen, vorstehend zu I. bezeichneten Erzeugnisse auf eigene Kosten zu vernichten oder nach ihrer Wahl an einen von ihnen zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Ver-nichtung auf ihre - der Beklagten zu 1. und 2. - Kosten herauszugeben.

C.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden zu 1/3 der Klägerin und im Übri-gen den Beklagten auferlegt.

D.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten zu 1. und 2. wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 11 Millionen Euro abzuwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Den Beklagten zu 3. und 4. wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,-- Euro abzuwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 1. und 2. wegen ihrer Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zwangsweise durchzusetzenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagten zu 1. und 2. Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

E.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt bis zum 28. Februar 2008 10 Millionen Euro, bis zum 17. September 2008 11 Millionen Euro, bis zum 13. Ok-tober 2008 12 Millionen Euro, bis zum 17. November 2008 13 Millionen Euro, bis zum 20. November 2008 12 Millionen Euro und seit dem 20. November 2008 10,5 Millionen Euro. Hiervon entfällt von allen vorstehend angegebenen Streitwerten auf die Ansprüche gegen die Beklagten zu 3. und 4. ein Betrag von 100.000,-- Euro.

Gründe

I.

Die Klägerin ist seit dem 21. Juli 2006 eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in englischer Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patentes 0 808 138 (Klagepatent, Anlage K 1 A; deutsche Übersetzung Anlage K 2) betreffend eine Intravaskulär-Okklusionsvorrichtung und ein Verfahren zu deren Herstellung; der ursprüngliche Inhaber C. A. hat ihr dieses Schutzrecht durch "Verzichtsübertragungserklärung" vom 20. November 2000 (Anlage K 6) übertragen. Sie ist weiterhin eingetragene Inhaberin des deutschen Gebrauchsmusters 298 25 257 (Klagegebrauchsmuster, Anlage ROKH 13) betreffend perkutane kathetergeführte Verschlussvorrichtungen und des europäischen Patentes 1 052 944 betreffend zusammenklappbare medizinische Verschlussvorrichtungen (Klagepatent II).

Aus dem Klagepatent nimmt sie alle Beklagten auf Unterlassung, Rechnungslegung, Vernichtung der angegriffenen Erzeugnisse und Feststellung ihrer Verpflichtung zum Schadenersatz in Anspruch.

Das Klagepatent beruht auf einer am 10. Juli 1995 unter Inanspruchnahme einer US-amerikanischen Priorität vom 8. Juli 1994 eingereichten und am 26. November 1997 veröffentlichten Anmeldung; der Hinweis auf die Patenterteilung ist am 5. Oktober 2005 bekannt gemacht worden. Seine Ansprüche 1 und 16 lauten wie folgt:

1.

A collapsible medical device (60) comprising a metal fabric formed of braided strands, the device (60) having a collapsed configuration for delivery through a channel in a patient´s, and has a generally dumbbellshaped expanded configuration with two expanded diameter portions (64) separated by a reduced diameter portion (62) formed between opposed ends of the device, characterized in that clamps (15) are adapted to clamp the strands at the opposed ends of the device.

16.

A method of forming a medical device according to any one of the preceding claims, the method comprising the steps of:

providing a metal fabric formed of a plurality of braided strands, the strands being formed of a metal which can be heat treated to substantially set a desired shape; deforming the metal fabric to generally conform to an internal wall surface of a moulding element; heat treating the metal fabric in contact with the surface of the moulding element at an elevated temperature, the temperature and the duration of the heat treatment being sufficient to substantially set the shape of the fabric in its deformed stat; removing the metal fabric from contact with the moulding element; and clamping the opposite ends of the strands of the device with the clamps.

Die vom Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 695 34 505 veröffentlichte deutsche Übersetzung dieser Ansprüche (Anlage K 2) lautet wie folgt:

1.

Kollabierbare medizinische Vorrichtung (60), umfassend ein aus geflochtenen Metalllitzen gebildetes Metallgewebe, wobei die Vorrichtung (60) eine kollabierte Konfiguration zur Zuführung durch einen Kanal in einem Patienten hat und eine allgemein hantelförmig entfaltete Konfiguration mit zwei Teilen mit erweitertem Durchmesser (64) hat, die durch einen zwischen entgegengesetzten Enden der Vorrichtung gebildeten Teil mit reduziertem Durchmesser (62) getrennt sind, dadurch gekennzeichnet, dass Klemmen (15) zum Festklemmen der Litzen an den entgegengesetzten Enden der Vorrichtung ausgeführt sind.

16.

Verfahren zum Herstellen einer medizinischen Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:

(a)

Bereitstellen eines Metallgewebes, das aus einer Mehrzahl von geflochtenen Litzen gebildet ist, wobei die Litzen aus einem Metall hergestellt werden, das wärmebehandelt werden kann, um im Wesentlichen eine gewünschte Form festzulegen;

(b)

Verformen des Metallgewebes, damit es allgemein einer inneren Wandfläche eines Formelements entspricht;

(c )

Wärmebehandeln des Metallgewebes in Kontakt mit der Oberfläche des Formelements bei einer erhöhten Temperatur, wobei die Temperatur und die Dauer der Wärmebehandlung ausreichen, um die Form des Gewebes in seinem verformten Zustand im Wesentlichen festzulegen;

(d)

Entfernen des Metallgewebes aus dem Kontakt mit dem Formelement und

(e)

Festklemmen der entgegengesetzten Enden der Litzen der Vorrichtung mit Klemmen.

Die nachstehend wiedergegebenen Abbildungen aus der Klagepatentschrift erläutern die Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele, wobei Figur 1A ein schlauchförmiges und Figur 1B ein flaches Metallgewebe als mögliche Ausgangsstoffe für die Herstellung eines erfindungsgemäßen Gegenstandes zeigen, Figuren 2A, 2B und 4 ein Formelement zu seiner Herstellung, Figur 5A eine Seiten- und Figur 5B eine Draufsicht auf ein Ende einer erfindungsgemäßen Vorrichtung.

(Abbildung)

Über die nach Abschluss der landgerichtlichen mündlichen Verhandlung erhobene Nichtigkeitsklage vom 12. August 2007 (Anlage B 13) betreffend den deutschen Teil des Klagepatentes hat das Bundespatentgericht noch nicht entschieden.

Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2. ist, und die Beklagte zu 3., deren Geschäftsführer der Beklagte zu 4. ist, bewarben im Internet unter den Bezeichnungen "F." bzw. "F." ein katheterbasiertes Verschlussimplantat zur Behandlung von Septumdefekten (Perforationen der Herzscheidewand, vgl. Anlagen K 7, K 8 und K 10) in einer ersten Ausführungsform (nachfolgend Ausführungsform I). Die Beklagte zu 1. fertigte derartige Occluder für eine im Jahr 2006 beendete Zulassungsstudie mit 35 Patienten und stellte das Erzeugnis im Juni 2006 auf einem Kongress in F. vor. Sie brachte anschließend von April 2007 bis zur Vollstreckung des landgerichtlichen Urteils Ende August 2007 (Bl. 265 d.A.) derartige Occluder in den Verkehr. Die Ausgestaltung und das Herstellungsverfahren dieses Gegenstandes ergeben sich aus den nachstehend wiedergegebenen Figuren 1 bis 5 b aus der Berufungsbegründung der Beklagten zu 1. und 2. vom 10. Oktober 2007 (Bl. 302 bis 305 d.A.; die Bildanmerkungen stammen von den Beklagten zu 1. und 2). Die Klägerin hat außerdem zur Erläuterung ein Muster (Anlage K 14) und Fotografien (Anlage K 5) zu den Akten gereicht.

(Abbildung)

Die Litzen bestehen aus einstückigen Nitinoldrähten. Diese Metalldrähte werden um etwa 180° umgeschlagen; dadurch kommen die umgeschlagenen Litzenenden zusammen mit den im fertigen Zustand ohnehin dort positionierten sämtlich am späteren proximalen Ende der Vorrichtung zu liegen. Nach der formgebenden Wärmebehandlung wird über dieses axial und proximal vorstehende Drahtbündel eine Muffe bzw. ein Ring aus Nitinol geschoben; sodann wird das Drahtbündel bündig mit dem proximalen Ende dieser Muffe abgeschnitten und ein definierter proximaler Endabschnitt mit der Muffe verschweißt bzw. verschmolzen. An diesem Nitinolring wird eine Stahlmuffe mit Innengewinde befestigt, um ein Einschrauben eines Führungsdrahtes zu ermöglichen.

Eine weitere von den Beklagten zu 1. und 2. vertriebene Ausführungsform (nachfolgend Ausführungsform II), die bereits Gegenstand eines in Spanien geführten Parallelverfahrens ist und deren Ausgestaltung sich aus dem im dortigen Verfahren von den Beklagten zu 1. und 2. vorgelegten Gutachten (vgl. Anlagen ROKH 21/21a) und den diesem Gutachten entnommenen Abbildungen 1 bis 4 des Schriftsatzes der Klägerin vom 17. September 2008 (letztere ist nachstehend eingeblendet; Bildanmerkungen von der Klägerin) ergibt, verzichtet auf den Nitinol-Ring; die Stahlmuffe wird hier unmittelbar auf das zuvor verschweißte Ende des Drahtbündels aufgesetzt.

Die Klägerin sieht durch beide Ausführungsformen das Klagepatent verletzt. Sie hat in erster Instanz nur die Ausführungsform I angegriffen und insoweit geltend gemacht, die Nitinol-Muffe sei eine Klemme im Sinne des Klageschutzrechtes; dass eine solche nur an einem Ende vorhanden sei, liege noch im Wortsinn der geltend gemachten Patentansprüche, denn das Klagepatent beschreibe auch eine Ausführungsform, bei der ein flaches Gewebe umgeschlagen werde, und bei solchen Ausführungsformen bedürfe es nur an demjenigen einen Ende der Vorrichtung, an dem die freien Gewebeenden zusammenträfen, einer Fixierung durch eine Klemme. In jedem Fall werde die Lehre des Klagepatentes insoweit mit äquivalenten Mitteln verwirklicht.

Die Beklagten haben eingewandt, das Klagepatent verlange an jedem und nicht nur einem der beiden Enden der Vorrichtung jeweils eine Klemme; ohne diese Vorgabe wäre das Klageschutzrecht nicht erteilt worden. Die angegriffene Vorrichtung sei darüber hinaus keine kollabierbare medizinische Vorrichtung im Sinne der geltend gemachten Patentansprüche, die sich nach dem Inhalt der Patentbeschreibung nur auf intravaskuläre Embolisationseinrichtungen bezögen, während die angegriffene Vorrichtung Septumdefekte behandle. Die Beklagten zu 1. und 2. haben in erster Instanz ferner ausgeführt, sie stellten die angegriffene Vorrichtung in Deutschland weder her noch böten sie sie an noch brächten sie sie in den Verkehr; die Zertifizierungsphase des Zulassungsverfahrens dauere noch an. Die Beklagten zu 3. und 4. haben geltend gemacht, sie hätten die erstinstanzlich angegriffenen Occluder weder hergestellt noch vertrieben noch hätten sie entsprechende Absichten.

Durch Urteil vom 31. Juli 2007 hat das Landgericht dem Klagebegehren überwiegend entsprochen und wie folgt erkannt:

I.

Die Beklagten zu 1. und 2. werden verurteilt,

1.

es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,-- Euro - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1. an ihrem jeweiligen Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu unterlassen,

a)

kollabierbare medizinische Vorrichtungen, umfassend ein aus geflochtenen Metalllitzen gebildetes Metallgewebe, wobei die Vorrichtung eine kollabierte Konfiguration zur Zuführung durch einen Kanal in einem Patienten hat und eine allgemein hantelförmige entfaltete Konfiguration mit zwei Teilen mit erweitertem Durchmesser, die durch einen zwischen entgegengesetzten Enden der Vorrichtung gebildeten Teil mit reduziertem Durchmesser getrennt sind,

in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,

bei denen Klemmen zum Festklemmen der Litzen an den entgegengesetzten Enden der Vorrichtung ausgeführt sind;

b)

ein Verfahren zum Herstellen einer medizinischen Vorrichtung der unter a) beschriebenen Art

in der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden,

wobei das Verfahren die folgenden Schritte umfasst:

a)

Bereitstellen eines Metallgewebes, das aus einer Mehrzahl von geflochtenen Litzen gebildet ist, wobei die Litzen aus einem Metall hergestellt werden, das wärmebehandelt werden kann, um im Wesentlichen eine gewünschte Form festzulegen;

b)

Verformen des Metallgewebes, damit es allgemein einer inneren Wandfläche eines Formelements entspricht;

c)

Wärmebehandeln des Metallgewebes in Kontakt mit der Oberfläche des Formelements bei einer erhöhten Temperatur, wobei die Temperatur und die Dauer der Wärmebehandlung ausreichen, um die Form des Gewebes in seinem verformten Zustand im Wesentlichen festzulegen;

d)

Entfernen des Metallgewebes aus dem Kontakt mit dem Formelement und

e)

Festklemmen der entgegengesetzten Enden der Litzen der Vorrichtung mit Klemmen;

2.

der Klägerin in einer geordneten Aufstellung darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie - die Beklagten zu 1. und 2. - die unter 1. bezeichneten Handlungen seit dem 5. November 2005 begangen haben, wobei sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung im Hinblick auf die unter 1.a) bezeichneten Vorrichtungen nicht auf die Handlungsalternative des Inverkehrbringens bezieht,

und zwar unter Angabe

a)

der Herstellungsmengen und Herstellungszeiten, aufgeschlüsselt nach Typenbezeichnungen,

b)

der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

c)

der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen, den jeweiligen Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der Angebotsempfänger,

d)

der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet,

e)

der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese könnten ausnahmsweise den unter 1. bezeichneten Vorrichtungen unmittelbar zugeordnet werden,

w o b e i

( den Beklagten zu 1. und 2. vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeich-

nenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten

Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen,

sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und ver-

pflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter

Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist;

( die Beklagten zu 1. und 2. zu den unter a) und b) bezeichneten Angaben

zugehörige Belege (z.B. Herstellungsdokumentationen, Einkaufsrechnun-

gen, Lieferscheine) in Kopie vorzulegen haben;

3.

die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, vorstehend unter 1. bezeichneten Vorrichtungen zu vernichten oder nach ihrer - der Beklagten zu 1. und 2. - Wahl an einen von ihnen zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre - der Beklagten zu 1. und 2. - Kosten herauszugeben.

II.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1. und 2. verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten, seit dem 5. November 2005 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, wobei die Beklagten zu 1. und 2. als Gesamtschuldner und im Umfang der von den Beklagten zu 3. und 4. begangenen Handlungen auch als Gesamtschuldner neben diesen haften.

III.

Die Beklagten zu 3. und 4. werden verurteilt,

1.

es bei Meidung eines unter I. 1. bezeichneten Ordnungsmittel, wobei eine Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 3. an ihrem jeweiligen Geschäftsführer zu vollstrecken ist, zu unterlassen,

kollabierbare medizinische Vorrichtungen der unter I. 1. a) bezeichneten Art in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen;

2.

der Klägerin in einer geordneten Aufstellung darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie (die Beklagten zu 3. und 4.) die unter 1. bezeichneten Handlungen mit Ausnahme der Handlungsalternative des Inverkehrbringens seit dem 5. November 2005 begangen haben, und zwar unter Angabe der unter I. 2. b) bis e) bezeichneten Einzeldaten, wobei

( den Beklagten zu 3. und 4. vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften

der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeich-

nenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten

Wirtschaftsprüfer mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland mitzuteilen,

sofern die Beklagten zu 3. und 4. dessen Kosten tragen und ihn ermächti-

gen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein

bestimmter Angebotsempfänger in der Rechnung enthalten ist;

( die Beklagten zu 3. und 4. zu den unter I. 2. b) bezeichneten Angaben zugehörige Belege (z.B. Einkaufsrechnungen, Lieferscheine) in Kopie vorzu-

legen haben;

IV.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 3. und 4. als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I. 1. bezeichneten Handlungen - mit Ausnahme der Handlungsalternative des Inverkehrbringens - entstanden ist und noch entstehen wird, wobei die Beklagten zu 3. und 4. als Gesamtschuldner neben den Beklagten zu 1. und 2. haften.

Abgewiesen hat es die Klage, soweit gegen die Beklagten zu 3. und 4. Ansprüche wegen Anwendung des patentgeschützten Verfahrens sowie in Bezug auf den Sachanspruch wegen Herstellens und auf Vernichtung der erfindungsgemäßen Vorrichtung und auf Rechnungslegung und Schadenersatz gegenüber sämtlichen Beklagten auch wegen Inverkehrbringens der geschützten Vorrichtung erhoben worden sind.

Es ist der Auffassung, die angegriffene Vorrichtung sei eine kollabierbare Einrichtung im Sinne des Klagepatents; dass dort eine Klemme statt an beiden nur an einem Ende der Vorrichtung vorgesehen sei, werde, wie sich aus der Beschreibung (Übers. Abs. [0032] und [0033]) ergebe, ebenfalls vom Wortsinn der geltend gemachten Ansprüche umfasst. Da die Beklagten patentverletzende Gegenstände in ihrer Internetwerbung angeboten hätten, seien sie der Klägerin im zuerkannten Umfang zur Unterlassung verpflichtet; die Angebotshandlungen begründeten zugleich die Gefahr eines nachfolgenden Vertriebs, weshalb die Unterlassungsverurteilung sämtliche in § 9 Nr. 1 PatG genannten Benutzungsformen erfassen müsse. Das Versuchsprivileg des § 11 Nr. 2 PatG rechtfertige die Herstellungshandlungen nicht; die Beklagten zu 1. und 2. machten nicht geltend, die Herstellung habe neue Erkenntnisse über den Gegenstand der patentierten Erfindung bringen sollen. Dagegen habe die Klägerin keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass auch die Beklagten zu 3. und 4. rechtsverletzende Occluder hergestellt hätten oder derartiges zumindest drohe. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung bekämpfen die Beklagten ihre Verurteilung, während die Klägerin mit ihrer Anschlussberufung gegen die Beklagten zu 1. und 2. den vom Landgericht abgewiesenen Teil weiter verfolgt und erstmalig die Ausführungsform II aus dem Klagepatent angreift. Die Beklagten führen unter ergänzender Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen aus, die Ausführungsform I verletze das Klagepatent nicht, weil auch am proximalen Ende keine Klemme vorhanden sei. Nicht der vor dem Verschweißen auf dem Drahtbündel frei verschiebbare Nitinol-Ring, der zur Befestigung der Stahl-Muffe diene und keinerlei Klemmwirkung habe, sondern allein das Verschweißen verhindere das Ausfasern der Drähte. Eine Schweißverbindung sei keine Klemme im Sinne des Klagepatentes; auf Patentschutz für Schweißen habe der Anmelder im Erteilungsverfahren verzichtet. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei die in der Klagepatentschrift (Übers. Abs. [0032] f.) beschriebene Ausführungsform nicht in einem der Patentansprüche Beschrieben; aus einem flachen Gewebe der in der Patentbeschreibung erörterten Art lasse sich auch kein erfindungsgemäßer Occluder herstellen. Abgesehen davon seien die angegriffenen Gegenstände wegen ihres abweichenden Verwendungszwecks keine intravaskuläre Einrichtung im Sinne der Erfindung. Im Übrigen werde die Nichtigkeitsklage mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Vernichtung des Klagepatentes führen, so dass die Verhandlung im Verletzungsrechtsstreit jedenfalls auszusetzen sei.

Die Beklagten zu 3. und 4. machen ergänzend geltend, sie hätten die angegriffene Vorrichtung nicht im eigenen Namen zum Verkauf angeboten. Sie hätten vom 2. April bis 22. August 2006 im Internet auf die damals noch nicht am Markt erhältlichen nicht verkaufsfähigen Occluder der Beklagten zu 1. hingewiesen. Mangels Lieferbereitschaft der Beklagten zu 1. seien diese Hinweise keine Angebotshandlungen im Sinne des § 9 Nr. 1 PatG. Die Handlungen der Beklagten zu 1. während der Zertifizierungsphase seien durch das Versuchsprivileg nach § 11 Nr. 2 PatG gedeckt. An den Verkaufshandlungen der Beklagten zu 1. seit April 2007 seien sie weder beteiligt gewesen noch hätten sie sie gefördert. Mangels Beteiligung hafteten sie weder als Mittäter noch als Gesamtschuldner.

Die Beklagten beantragen,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen,

hilfsweise,

die Verhandlung bis zur erstinstanzlichen Entscheidung über die gegen den deutschen Teil des europäischen Patentes 0 808 138 erhobene Nichtigkeitsklage auszusetzen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen und tritt auch den Aussetzungsanträgen entgegen.

Im Wege der Anschlussberufung beantragt sie sinngemäß,

zu erkennen wie geschehen.

Soweit die Klägerin in der Berufungsinstanz die Beklagten zu 1. und 2. darüber hinaus aus dem Klagegebrauchsmuster und dem Klagepatent II in Anspruch genommen hatte, hat sie die Klage zurückgenommen.

Die Beklagten zu 1. und 2. beantragen,

die Anschlussberufung zurück- und auch die erweiterte Klage abzuweisen.

Sie haben der Klageerweiterung widersprochen. Sie machen geltend, da die Ausführungsform II ebenfalls nur an einem Ende ein zusammengehaltenes und verschweißtes Drahtbündel ohne Klemme aufweise, verletze sie das Klageschutzrecht nicht.

Die Beklagte zu 1. hat, nachdem die Klägerin Abnehmer der angegriffenen Gegenstände u.a. in den Niederlanden aus dem dortigen Antrag des Klagepatentes abgemahnt hatte, negative Feststellungsklage auf Nichtverletzung erhoben, der das niederländische Gericht in Den Haag durch Urteil vom 29. Oktober 2008 (Anlage BP 19; deutsche Übersetzung Anlage BP 19a) stattgegeben hat.

Die Beklagten zu 1. und 2. haben Gutachten (Anlagen BP 14, 20) vorgelegt, die Prof. Dr. M. R., F.-Universität J. und ein weiteres (Anlage BP 12), das Dr. W. N., und ein zusätzliches (Anlage BP 21), das Dr. P. in ihrem Auftrag erstellt hat; die Klägerin hat ein von ihr in Auftrag gegebenes von Dr. W. J. D. verfasstes Gutachten (Anlage ROKH 23a; deutsche Übersetzung Anlage ROKH 23b) zu den Akten gereicht.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufungen der Beklagten sind zulässig, aber unbegründet, während die Anschlussberufung nach den zuletzt gestellten Anträgen zulässig und auch begründet ist. Der Ausspruch zur Rechnungslegung enthält nicht den Zusatz, der anzugebende Gewinn dürfe nicht durch Fix- und variable Gemeinkosten gemindert werden, weil das Fragen betrifft, die erst im Höheverfahren zu erörtern sind und den Umfang der geschuldeten Rechnungslegung nicht berühren (BGH GRUR 2007, 773 - Rohrschweißverfahren). Eine teilweise Klageabweisung liegt darin nicht.

A.

Die Berufungen der Beklagten sind unbegründet, weil das Landgericht zu Recht die erstinstanzlich allein streitgegenständliche Ausführungsform I als Verletzung des Klagepatentes beurteilt hat.

1.

Das Klagepatent betrifft intravaskuläre Vorrichtungen, mit denen etwa Blutgefäße eines Patienten verschlossen werden kann, um den Blutstrom zu einem Tumor oder einer anderen Schädigung zu unterbinden. Allgemein werden hierzu nach den Ausführungen der Klagepatentschrift Embolisationsagentia wie Verschlusspartikel oder kurze Abschnitte von Schraubenfedern in das Blutgefäß eingeführt, wo sie sich festsetzen sollen. Kritisch hierbei sei jedoch, dass die Verschlusspartikel häufig vom Ort ihrer Einführung mit dem Blutstrom etwas abwärts fließen, bevor sie das Gefäß verschließen (Übers., Abs. [0003]).

Als Alternative vorgeschlagene in ihrem Inneren mit einem aushärtenden Harz versehene Ballonkatheter, die nach ihrem Verbringen zum Einsatzort vom Ende des Katheters abgelöst und an der vorgesehenen Verschlussstelle zurückgelassen werden, können Sicherheitsprobleme mit sich bringen. Ist der Ballon nicht ausreichend aufgefüllt, findet er keinen festen Sitz im Gefäß und kann stromabwärts an eine nicht vorgesehene Stelle des Gefäßes treiben; ist er übermäßig gefüllt, kann er reißen und das Harz in den Blutstrom des Patienten gelangen. Mechanische Embolisationsvorrichtungen, Filter und Fallen werden als vergleichsweise kostspielig kritisiert (vgl. Übers., Abs. [0004] bis [0006]).

Vor dem Hintergrund dieses Standes der Technik gibt die Klagepatentschrift als Aufgabe (technisches Problem) der Erfindung an, eine zuverlässig wirkende Embolisationsvorrichtung zu schaffen, die sowohl ohne Schwierigkeiten entfaltet als auch präszise in einem Gefäß eingesetzt werden kann (Übers. Abs. [0007]).

Zur Lösung dieser Problemstellung sehen die nebengeordneten Ansprüche 1 und 16 die Kombination folgender Merkmale vor:

Sachanspruch 1:

Kollabierbare medizinische Vorrichtung (60), die ein Metallgewebe umfasst; das Metallgewebe ist aus geflochtenen Metalllitzen gebildet; die Vorrichtung hat

eine kollabierte Konfiguration durch einen Kanal in einem Patienten und eine allgemeine hantelförmige entfaltete Konfiguration.

Die allgemein hantelförmige (entfaltete) Konfiguration hat

zwei Teile mit erweitertem Durchmesser (64), die durch einen Teil mit reduziertem Durchmesser (62) getrennt sind, der zwischen entgegen gesetzten Enden der Vorrichtung gebildet ist;

Klemmen (15) zum Festklemmen der Litzen sind an den entgegen gesetzten Enden der Vorrichtung ausgeführt.

Verfahrensanspruch 16

Verfahren zum Herstellen einer medizinischen Vorrichtung mit den vorstehenden Merkmalen 1 bis 5 des Patentanspruches 1. Das Verfahren umfasst folgende Schritte:

Bereitstellen eines Metallgewebes, das aus einer Mehrzahl geflochtener Litzen gebildet ist, wobei die Litzen aus einem Metall hergestellt werden, das wärmebehandelt werden kann, um im wesentlichen eine gewünschte Form festzulegen; Verformung des Metallgewebes, damit es allgemein einer inneren Wandfläche eines Formelementes (20) entspricht; Wärmebehandeln des Metallgewebes im Kontakt mit der Oberfläche des Formelementes bei einer erhöhten Temperatur, wobei die Temperatur und die Dauer der Wärmebehandlung ausreichen, um die Form des Gewebes in seinem verformten Zustand im wesentlichen festzulegen; Entfernen des Metallgewebes aus dem Kontakt mit dem Formelement; Festklemmen der entgegengesetzten Litzen der Vorrichtung (60) mit Klemmen (15).

Die erfindungsgemäße Vorrichtung erlaubt es, in der kollabierten zusammengefalteten Form, sie - etwa mit Hilfe eines Katheters - in das Gefäß eines Patienten einzuführen; wird sie aus dem distalen Ende des Katheters entlassen, kann sie eine definiert entfaltete Form annehmen, die gewährleistet, dass die Vorrichtung sich nicht unbeabsichtigt vom Ort ihres therapeutischen Einsatzes entfernen kann. Im Zusammenhang mit der beispielhaft genannten Verwendung als vaskuläre Verschlussvorrichtung führt die Klagepatentschrift zu diesem letztgenannten Gesichtspunkt aus, die Vorrichtung werde innerhalb des zu verschließenden Blutgefäßes so positioniert, dass ihre Achse generell mit derjenigen des Blutgefäßes übereinstimme. Die besondere Hantelform der entfalteten Konfiguration begrenze dabei die Möglichkeit, dass sich die vaskuläre Verschlussvorrichtung gegenüber dieser Gefäßachse im Winkel verdrehe, so dass gewährleistet sei, dass die Vorrichtung im wesentlichen in derjenigen Position verbleibe, in die der Arzt sie im Gefäß eingesetzt habe (Übersetzung Abs. [0058]).

2.

Nach erneuter Prüfung ist der Senat ebenfalls wie zuvor schon das Landgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Ausführungsform I des angegriffenen Occluders der in Anspruch 1 unter Schutz gestellten technischen Lehre wortsinngemäß entspricht und nach dem in Anspruch 16 geschützten Verfahren hergestellt worden ist.

Zu Recht stellen die Beklagten das Vorliegen der Merkmale 2 bis 4b des Sachanspruchs 1 und 2a bis d des Verfahrensanspruches 16 nicht in Abrede, und zwar auch, soweit sie erstinstanzlich noch eingewendet hatten, die angegriffenen Gegenstände enthielten wegen ihrer Zusammensetzung aus im Ausgangszustand parallel verlaufenden Drähten kein Metallgewebe. Entgegen der Ansicht der Beklagten werden auch die Merkmale 1 und 5 des Patentanspruches 1 sowie 1 und 2e des Anspruches 16 benutzt.

a)

Erfolglos wenden die Beklagten ein, die angegriffenen Gegenstände entsprächen nicht Merkmal 1; sie seien keine kollabierbaren Vorrichtungen im Sinne des Klagepatentes, weil sich dieses nach dem Inhalt seiner Beschreibung auf intravaskuläre Verschlussvorrichtungen beziehe, wogegen die angegriffenen Occluder zum Verschließen von Septumdefekten in einer Herzscheidewand bestimmt seien. Hierzu hat bereits das Landgericht im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt, dass der weit gefasste Anspruchswortlaut sich nicht auf Embolisationsvorrichtungen beschränkt, und die Beschreibung (Übers. Abs. [0002]) als Einsatzgebiet intravaskulärer Vorrichtungen ausdrücklich die Behandlung solcher Defekte erwähnt. Das Berufungsvorbringen der Beklagten ist nicht geeignet, die Richtigkeit dieser Ausführungen, denen der Senat sich in vollem Umfang anschließt, in Frage zu stellen. Soweit sich die Beklagten unter Hinweis auf die Entscheidung des Gerichts in Den Haag vom 29. Oktober 2008 (Anlage BP 19/19a) betreffend den niederländischen Anteil des Klagepatentes erneut auf den Inhalt der Patentbeschreibung und die darin erörterten intervaskulären Anwendungszwecke für die unter Schutz gestellte Vorrichtung berufen, berücksichtigen sie nicht hinreichend, dass nicht die Beschreibung, sondern der Inhalt der Patentansprüche die maßgebliche Grundlage für die Ermittlung des Schutzbereichs bildet (BGH GRUR 1986, 803 - Formstein; 1989, 903 - Batteriekastenschnur; 1992, 305 - Heliumeinspeisung; 2002, 519, 521 - Schneidmesser II; 2007, 778 - Ziehmaschinenzugeinheit). Zwar sind die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung in den Patentansprüchen verwendeter Begriffe heranzuziehen. Da der Schutzbereich aber maßgeblich vom Inhalt der Patentansprüche bestimmt wird, kann sich aus Beschreibung und Zeichnungen kein hiervon abweichender Schutzbereich ergeben (BGH GRUR 2002, 519, 521 - Schneidmesser II). Beschreibung und Zeichnungen können nur den vom Patentanspruch gesteckten Rahmen konkret ausfüllen; sie gestatten regelmäßig keine einschränkende Interpretation eines die Erfindung allgemein kennzeichnenden Patentanspruches (BGH GRUR 2004, 1023 - bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; 2007, 778 - Ziehmaschinenzugeinheit; Schulte/Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 14, Rdnr. 21). Eine solche Einschränkung ist nur dann zulässig, wenn der angesprochene Durchschnittsfachmann erkennt, dass die beanspruchte technische Lehre die sich aus der Beschreibung ergebenden Eingrenzungen eines weiter gefassten Anspruchswortlautes voraussetzt. Eine solche Fallgestaltung liegt hier jedoch nicht vor, insbesondere ergibt sich aus der vom niederländischen Gericht in Den Haag hervorgehobenen Hantelform der geschützten Vorrichtung und ihrer Funktion, ihre axiale Lage in kanalartig ausgebildeten Blutgefäßen zu stabilisieren, nicht, dass das Klagepatent sich auf Verschlusseinrichtungen mit diesem Einsatzbereich beschränkt. Die Hantelform kann vielmehr aus der Sicht des Durchschnittsfachmanns gerade auch dazu dienen, Septumdefekte zu verschließen, indem der Abschnitt reduzierten Durchmessers die Öffnung des Septums verschließt und die benachbarten Abschnitte größeren Durchmessers die Vorrichtung zu beiden Seiten an der Scheidewand abstützen und axial fixieren. Zu Recht hat das Landgericht die Ausführungen in Abs. [0002] der Klagepatentbeschreibung (Übersetzung) als Hinweis darauf verstanden, dass die erfindungsgemäße Vorrichtung auch zur Behandlung von Septumdefekten verwendbar sein kann. Dort werden zwar entsprechende komplexere Vorrichtungen bemängelt; gerade daraus entnimmt der Fachmann aber auch, dass die Erfindung insoweit Abhilfe schaffen soll, deren Aufgabenstellung sich nicht nur nach den Angaben der Klagepatentschrift richtet, sondern objektiv danach zu bestimmen ist, was die Erfindung leistet (vgl. Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl. § 1 Rdnr. 92; Benkard/Bacher/Melullis, PatG GbMG, 10. Auflage, § 1 PatG, Rdnr 55; Schulte/Moufang, a.a.O., § 1, Rdnr. 62, alle m.w.N.).

b)

Auch die Verwirklichung des Merkmals 5 bzw. des Merkmals 2e) können die Beklagten nicht mit Erfolg in Abrede stellen.

aa)

Mit der erstmals in der Berufungsinstanz vorgetragenen Behauptung, zur Verbindung an dieser einen Stelle diene nicht die Nitinol-Muffe, welche keine Klemmwirkung entfalte, sondern eine Plasma-Schweißverbindung der Drahtenden mit der Nitinol-Muffe, können die Beklagten gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht gehört werden.

Alle vier Beklagten haben in der ersten Instanz eingeräumt, dass die Ausführungsform I eine Klemme aufweist (die Beklagten zu 3. und 4. in ihrer Klageerwiderung vom 28. Dezember 2006, S. 9 ff.; Bl. 50 ff. d.A. und auf S. 5 ihres Schriftsatzes vom 8. Juni 2007, Bl. 101 d.A.; die Beklagten zu 1. und 2. auf S. 20 der Berufungserwiderung vom 29. Dezember 2006, Bl. 75 d.A. und S. 10 ihres Schriftsatzes vom 6. Juni 2007, Bl. 117 d.A.). Auch das Gutachten Dr. N. geht von diesem Sachverhalt aus (Anlage BP 12, S. 4 Abs. 6). Das umfasst entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur die Rechtsfrage der Auslegung des Merkmals 5 und ob die verschweißte Nitinol-Muffe eine Klemme im Sinne der schutzbeanspruchten technischen Lehre ist, sondern enthält auch Tatsachenvorbringen zur tatsächlichen Funktionsweise des angegriffenen Occluders, nämlich dass die Drahtenden der angegriffenen Vorrichtung von der Klemme zusammengehalten und festgeklemmt werden. Dass es gerade um die tatsächliche Funktionsweise geht, zeigt sich auch daran, dass die Beklagten zu 1. und 2. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat anhand von Mustern demonstriert haben, der nichtverschweißte Nitinol-Ring sei auf dem Drahtbündel frei verschieblich. Als Hersteller der angegriffenen Gegenstände der Ausführungsform I hätten die Beklagten zu 1. und 2. die angeblich fehlende Klemmwirkung der Nitinol-Muffe ohne Weiteres schon vor dem Landgericht vortragen können; warum das ohne Nachlässigkeit unterblieben ist, wird weder dargelegt noch glaubhaft gemacht.

Nichts anderes gilt für die Beklagten zu 3. und 4., hinsichtlich derer der Senat davon ausgeht, dass sie sich das Vorbringen der Beklagten zu 1. und 2. zumindest hilfsweise zu eigen gemacht haben (vgl. dazu BGH NJW-RR 1995, 684; Musielak/Weth, ZPO, 6. Aufl., § 61, Rdnr. 6; Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 61, Rdnr. 3). Es mag sein, dass sie, da sie nicht Hersteller der angegriffenen Occluder waren und sie auch noch nicht vertrieben hatten, die tatsächliche Ausgestaltung in den hier maßgeblichen Einzelheiten nicht kannten. Das befreite sie aber nicht davon, sich zu der von der Klägerin behaupteten Übereinstimmung der angegriffenen Vorrichtung mit der Lehre des Klagepatentes vollständig zu äußern; hierzu hätten sie sich bei den Beklagten zu 1. und 2., deren Vertriebspartner sie waren, nähere Informationen besorgen, zumindest aber, wenn das nicht rechtzeitig möglich gewesen sein sollte, die Verwirklichung der Merkmale 5 und 2e) mit Nichtwissen bestreiten müssen.

Aber auch wenn man zugunsten der Beklagten davon ausgeht, dass der Nitinol-Ring sich vor dem Verschweißen tatsächlich wie bei dem von ihnen vorgeführten Muster ohne nennenswerten Widerstand auf dem Drahtbündel verschieben lässt, führte das nicht aus dem Schutzbereich des Klagepatentes hinaus. Die Beklagten können nicht ernsthaft in Abrede stellen, dass der Nitinol-Ring die Drahtenden aufnimmt und zusammen hält, auch wenn er zunächst nur lose auf das Bündel aufgeschoben ist. Damit entspricht die räumliche Anordnung und körperliche Ausgestaltung dem, was in Anspruch 1 und Anspruch 16 des Klagepatentes zur Klemme vorgegeben wird. Unter diesen Umständen erübrigt es sich, Erwägungen darüber anzustellen, ob die bei der angegriffenen Vorrichtung identisch vorhandenen Merkmale dem selben Zweck dienen und die selbe Funktionswirkung haben wie diejenigen des Klagepatentes (BGH, GRUR 1991, 436, 441 f. = NJW 1991, 178, 181 - Befestigungsvorrichtung I; Schulte/Kühnen, a.a.O., § 14 PatG, Rdnr. 69). Darauf, ob die Nitinol-Muffe der angegriffenen Vorrichtungen zusätzlich verschweißt ist und diese Schweißverbindung für den Zusammenhalt der Drahtfilamente sorgt, kommt es nicht an, zumal das Klagepatent nicht ausschließt, die Drahtenden zusätzlich zum Anbringen der Klemme auch noch zu verschweißen.

bb)

Erfolglos bleibt auch der schon vor dem Landgericht erhobene Einwand der Beklagten, die angegriffene Vorrichtung führe die Drähte nur an einem statt wie in den Ansprüchen 1 und 16 beschrieben an zwei Enden der Vorrichtung zusammen.

Das Landgericht führt zu Recht aus, auch diese Konfiguration entspreche noch dem technischen Wortsinn der Merkmale 5 und 2 a), denn der in der Klagepatentbeschreibung (Übers. Abs. [0028] bis [0030] hervorgehobene erfindungsgemäß durch das Vorsehen von Klemmen angestrebte Schutz der Litzen gegen ein Ausfasern einzelner Drahtenden und ihr Zurückkehren in die ungeflochtene Position erscheint nur dort sinnvoll und notwendig, wo ein abgeschnittenes freies Ende vorliegt, welches ausfasern kann. In Abs. [0032] und [0033] beschreibt die Klagepatentschrift, dass auch aus flachen Geweben entsprechend Figur 1 B erfindungsgemäße Verschlussvorrichtungen hergestellt werden können, indem man die vier Enden des dort gezeigten Gewebestückes nach oben umschlägt. Die sich nach dem Festklemmen bildende leere Tasche braucht dann nur am oberen "Rand" zusammengeklammert zu werden. Dies greift die Berufung vergeblich an. Zwar ist den Beklagten einzuräumen, dass die Ansprüche 1 und 16 des Klagepatentes bei philologischer Betrachtung mehrere Klemmen (Plural) lehren und darüber hinaus vorschreiben, mit diesen Klemmen die Litzen an den entgegengesetzten Enden der Vorrichtung festzuklemmen. Das beschreibt Konfigurationen, bei denen sowohl am proximalen als auch am entgegengesetzten - distalen - Ende jeweils eine Klemme vorhanden ist. Bei diesem rein sprachlichen Verständnis bleibt der Durchschnittsfachmann jedoch nicht stehen. Er sieht, dass mit Hilfe der Klemmen die Enden der Litzen gebündelt werden sollen, weshalb das Merkmal 2 e) des Anspruches 16 auch, worauf die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu Recht hingewiesen hat, auf ein Festklemmen der entgegengesetzten Enden der Litzen und nicht derjenigen der Vorrichtung abstellt, und zwar unabhängig davon, ob die Litzen in gestrecktem Zustand belassen oder ihre Enden durch Umbiegen übereinander gelegt wurden, denn durch diese Maßnahme hören die beiden Enden der Litzen nicht auf zu existieren. Da das dort beschriebene Verfahren zu einem Gegenstand u.a. der in Anspruch 1 geschützten Art führen soll, wird der Fachmann davon ausgehen, dass Anspruch 1 in seinem technischen Sinngehalt auch Ausführungen umfasst, bei denen beide Litzenenden übereinander gelegt und nur an einem Ende der Vorrichtung gebündelt werden. Dass das Klagepatent auch solche Gestaltungen erfasst, zeigt die Patentschrift in dem vom Landgericht zu Recht herangezogenen Abs. [0032] in Verbindung mit Figur 1B, wo die Herstellung eines Occluders aus einem flachen Gewebe beschrieben wird, das nach dem Umschlagen als Zwischenprodukt eine leere Tasche bildet. Die Funktion, die die Klemmen erfindungsgemäß haben sollen, verlangen nicht zwingend eine gestreckte Ausführung mit zwei Klemmen, wie sie Figur 5A der Klagepatentschrift für ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel zeigt. In erster Linie sollen die Klemmen die Enden der Drahtlitzen zusammen halten und gegen ein Ausfasern sichern; dass an ihnen auch der Katheter zum Verabreichen der Vorrichtung befestigt werden kann, ist erst Gegenstand des Unteranspruches 2 und wird auch dort nur für eine der Klemmen verlangt, und die in der Beschreibung zusätzlich angesprochene Möglichkeit, die Klemmen von Hand auseinander zu ziehen und die Vorrichtung so in eine kollabierte Form zu bringen (Übers. Abs. [0073]), wird ausdrücklich nur als Beispiel dafür genannt, wie die Vorrichtung in den Katheter eingeführt werden kann. Dass auch die beiden letztgenannten Funktionen für die technische Lehre des Klagepatentes zwingend sind, hat ersichtlich und zu Recht keine der fachkundigen Parteien vertreten. In der Ausführungsvariante nach Absatz [0032] macht es mit Rücksicht auf die Funktion des Festklemmens zum Verhindern eines Ausfaserns der Litzenenden nur einen technischen Sinn, Klemmen dort anzubringen, wo überhaupt frei Litzenenden vorhanden sind. Da dies lediglich auf einer Seite der Vorrichtung der Fall ist und sämtliche Litzenenden auf einmal mit einer - einzigen - Klemme erfasst werden können, bedarf es auch nur einer und nicht mehrerer Klemmen. Der im Anspruch verwendete Plural "Klemmen" steht dieser Einsicht nicht entgegen. Der Fachmann entnimmt der Formulierung nicht, dass in jedem Fall mehrere Klemmen zum Einsatz kommen sollen; er begreift die Formulierung "Klemmen" vor dem Hintergrund des im Abs. [0032] erläuterten Ausführungsbeispiels vielmehr als Gattungsbezeichnung, die eine Aussage darüber trifft, welche Art von Vorrichtung - eben Klemmen - verwendet werden sollen, um ein Ausfasern der Litzenenden zu unterbinden. Das Landgericht hat deshalb zu Recht angenommen, dass der Fachmann die Mekrmale 5 und 2e technisch sinnvoll dahin versteht, dass im Einzellfall so viele Klemmen - eine oder mehrere - anzubringen sind, wie dies bei der gewählten Grundkonstruktion notwendig und sinnvoll ist.

Dem steht nicht entgegen, dass auch Merkmal 4 auf die entgegengesetzten Enden der Vorrichtung Bezug nimmt und an dieser Stelle eindeutig das proximale und das distale Ende der Vorrichtung selbst (und nicht der Drahtlitzen) gemeint sind. Denn dort geht es, wie das Landgericht zutreffend ausführt, um die Bestimmung der Lage des "mittleren" Teils mit reduziertem Durchmesser, der zwischen den beiden Teilen erweiterten Durchmessers liegt und die Hantelform bildet. Dieser Abschnitt kann selbstverständlich nur zwischen den beiden Enden der Vorrichtung in ihrem in den Verkehr gelangten Zustand liegen, während es bei Merkmal 5 um das Befestigen der freien Enden der Litzen geht, die im verkehrsfertigen Zustand auch übereinander liegen und an einem Ende der Vorrichtung zusammengefasst sein können.

Fehl geht auch der durch die Entscheidung des Gerichts in Den Haag untermauerte Einwand der Beklagten, der Patentanmelder habe im Erteilungsverfahren auf Patentschutz für solche Ausführungsformen verzichtet, der sich hiermit befassende Abs. [0032] der Beschreibung und Figur 1B hätten aus der Klagepatentschrift gestrichen werden müssen und dürften zur Ermittlung des technischen Sinngehaltes der unter Schutz gestellten Lehre nicht mehr herangezogen werden. Die Erteilungsakten eines Patentes bilden, weil sie in § 14 PatG und Artikel 69 EPÜ nicht erwähnt und auch nicht allgemein veröffentlicht sind, grundsätzlich kein zulässiges Auslegungsmaterial (BGH GRUR 2002, 511, 513 f. - Kunststoffrohrteil). Umstände, die in den Akten, aber nicht in der Patentschrift Niederschlag gefunden haben, wie etwa der Inhalt der ursprünglichen Unterlagen, können deshalb zur Auslegung nicht mit herangezogen werden (vgl. BGH GRUR 1982, 291 - Polyesteremide; Schulte/Kühnen, a.a.O., § 14, Rdnrn. 43, 46; Benkard/Scharen, a.a.O., §14 PatG Rdnrn. 69, 70; Busse/Keukenschrijver, a.a.O., § 14 Rdnr. 71, 74). Dem Fachmann steht zur Erfassung der geschützten technischen Lehre nur die Klagepatentschrift in der veröffentlichten Fassung zur Verfügung; er bei seiner Suche nach Verständnishilfen sämtliche Teile der Beschreibung heranziehen und hierbei auch die Abschnitte nicht ausblenden, die nach Ansicht der Beklagten infolge der Änderung des Patentanspruches 1 aus der Beschreibung hätten entfernt werden müssen. Da sich ihm dieser Hintergrund aus dem Inhalt der Patentschrift nicht erschließt, liest er diese so, wie sie sich ihm darstellt, und er wird deshalb die betreffenden Textpassagen auch als Erläuterung des in den Ansprüchen 1 und 16 unter Schutz gestellten Gegenstandes verstehen. Bevor er Ausführungen aus der Beschreibung als im Widerspruch zu der beanspruchten Lehre stehend außer Betracht lässt, wird er zunächst versuchen, die entsprechenden Textstellen in einen sinnvollen Gesamtzusammenhang zu bringen, bei dem sich Widersprüche nicht ergeben. Das führt ihn hier zu dem Ergebnis, dass der Wortlaut des Anspruches 1 in Merkmal 5 unscharf formuliert ist, soweit dort Klemmen an den entgegengesetzten Enden der Vorrichtung gelehrt werden. Auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Auslegung von Zahlen- und Maßangaben eines Patentanspruches lässt sich nicht herleiten, das Klagepatent verlange zwingend Klemmen an beiden Enden der Vorrichtung. Nach den dort entwickelten Grundsätzen ist jeweils im Einzelfall aus dem Inhalt der Beschreibung und der Zeichnungen zu ermitteln, wie genau solche Angaben nach der jeweils beanspruchten technischen Lehre eingehalten werden müssen, und auch dort ist anerkannt, dass die Formulierung eines Patentanspruches gewisse Unschärfen aufweisen kann und aus der Sicht des Fachmanns insoweit auch Abweichungen mit dem technischen Sinngehalt der Zahlenangabe vereinbar sein können (BGH GRUR 2002, 511, 513 - Kunststoffrohrteil; Schulte/Kühnen, a.a.O., § 14, Rdnr. 31; Busse/Keukenschrijver, a.a.O:, Rdnr. 68; Benkard/Scharen, a.a.O., Rdnr. 67).

Auch der bereits erwähnte Grundsatz, dass die Beschreibung einen durch den Wortlaut des Patentanspruches festgelegten Gegenstand weder beschränken noch erweitern darf, führt hier zu keinem anderen Ergebnis. Denn bevor sich eine solche Diskrepanz zwischen Beschreibung und Anspruch feststellen lässt, muss geprüft werden, ob die Auslegung nicht beides in Einklang bringen kann.

Ebenso wenig können die Beklagten mit Erfolg einwenden, entgegen den Ausführungen der Klagepatentschrift ließen sich aus einem flachen Gewebe der in Figur 1B gezeigten Art keine brauchbaren Occluder herzustellen, weil das Material bei einem Umbiegen der Ränder von den Ecken aus durch überschüssige Zonen Falten bilde. Darauf, ob ein bestimmtes Ausführungsbeispiel nachgearbeitet werden kann, kommt es im Rahmen einer wortsinngemäßen Übereinstimmung nicht an.

Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch die von den Beklagten zu 3. und 4. vorgelegte Patentschrift 103 38 702 (Anlage BB 9). Zweifelhaft ist bereits, ob dieses Patent die angegriffene Vorrichtung betrifft, denn der dortige Hauptanspruch verlangt im proximalen Retentionsbereich eine zum proximalen Ende hin offene Form, die der angegriffene Occluder nicht aufweist. Das bedarf hier jedoch keiner weiteren Vertiefung, denn die Tatsache, dass auf die angegriffene Ausführungsform ein Patent erteilt worden ist, hat gegenüber einer Verletzung durch wortsinngemäße Übereinstimmung keine Bedeutung (Schulte/Kühnen, a.a.O., § 14, Rdnr. 71 mit weiteren Nachweisen; vgl. ferner BGH GRUR 1991, 436, 440 = NJW 1978, 178, 180 - Befestigungsvorrichtung II).

c)

Die Beklagten können sich nicht mit Erfolg auf das Versuchsprivileg nach § 11 Abs. 2 PatG berufen. Für die ab April 2007 von den Beklagten zu 1. und 2. in den Verkehr gebrachten Gegenstände kommt das ohnehin nicht in Betracht, weil das Zulassungsverfahren beendet war. Für die zu Zulassungszwecken gefertigten Gegenstände kommt die Bestimmung auch nicht zum Tragen, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat; auch in zweiter Instanz ist nicht näher dargelegt worden, welche neuen Erkenntnisse über den Gegenstand der Erfindung gewonnen werden sollten und gewonnen worden sind.

3.

Die Beklagten zu 3. und 4. haben in ihrer als Anlage K 10 vorgelegten Veröffentlichung den klagepatentgemäßen angegriffenen Gegenstand im Internet und mit dem als Anlage K 12 vorgelegten Anschreiben an einzelne Kardiologen angeboten.

a)

Anbieten im Sinne des § 9 Nr. 1 PatG ist nicht nur ein solches zum Kauf, vielmehr genügt jede Handlung, die nach dem objektiven Erklärungswert den Gegenstand der Nachfrage in äußerlich wahrnehmbarer Weise zum Erwerb der Verfügungsgewalt bereit stellt; es genügt jede Art des Anbietens, so dass Dritte infolge der Angebotshandlung Gebote auf Überlassung abgeben können (BGH GRUR 2006, 927 - Kunststoffbügel; 1970, 358, 360 - Heißläuferdetektor), wie etwa die Vorstellung eines Produktes zur Aufnahme in eine Listung (BGH a.a.O., Kunststoffbügel). Der angebotene Gegenstand braucht im Zeitpunkt der Handlung nicht zu existieren und muss auch nicht unmittelbar verkehrsfähig sein; auch Herstellungs- oder Lieferbereitschaft brauchen noch nicht vorzuliegen (vgl. zum Ganzen auch Senat, InstGE 3, 179 - Simvastatin; BGH GRUR 2007, 221 - Simvastatin). Nur wenn bei objektiver Betrachtungsweise eine Herstellung und/oder Lieferung zweifelsfrei ausgeschlossen ist, kann ein Angebot verneint werden (Schulte/Kühnen, a.a.O., § 9, Rdnrn. 51 bis 53).

b)

Hiervon ausgehend haben die Beklagten zu 3. und 4. den angegriffenen Occluder angeboten. Die Information aus dem Internet und das Anschreiben an Kardiologen waren keine an den Wissenschaftler gerichteten Diskussionsbeiträge oder Tätigkeitsberichte über neue Entwicklungen, sondern stellten potentiellen Abnehmern und Interessenten ein neues Produkt vor, von dem die Veröffentlichung in Aussicht stellte, es werde Ende 2006 auf den Markt kommen. In dieser Produktvorstellung wurden auch insbesondere die Vorzüge des angegriffenen beworbenen Erzeugnisses gegenüber dem Occluder der Klägerin hervorgehoben. Das sollte den Leser darauf aufmerksam machen, es werde demnächst eine im Vergleich zum Wettbewerbserzeugnis bessere Alternative geben und ihn dazu veranlassen, sich dieses Produkt bzw. die Produktinformation zu merken und entweder schon jetzt für den Fall des späteren Markteintrittes oder aber nach Markteintritt Bestellungen zu tätigen, und zwar nicht nur bei der ebenfalls erwähnten Herstellerin, der Beklagten zu 1., sondern auch bei der Beklagten zu 3. Der letzte Satz der Internetwerbung weist die Beklagte zu 3. als Vertriebsunternehmen der Beklagten zu 1. aus; der dortigen Aussage "Sie erreichen die O. GmbH entweder über uns (v.@d.de)", entnimmt der Leser, die Beklagte zu 3. sei der Vertriebspartner der Beklagten zu 1., und er könne über die Beklagte zu 3. von der Beklagten zu 1. nach Markteintritt die hier in Rede stehenden Erzeugnisse beziehen.

c)

Keinem ernsthaften Zweifel kann es ferner unterliegen, dass die Beklagten zu 1. und 3. mittäterschaftlich zusammengewirkt haben. Die Beklagte zu 3. hat die als Anlage K 10 vorgelegte Information in Absprache mit der Beklagten zu 1. im Internet veröffentlicht, sie weist dort selbst darauf hin, dass die Beklagte zu 1. die Wiedergabe der dortigen Abbildungen des beworbenen Gegenstandes genehmigt hat. Diese von allen Beklagten gewollte Veröffentlichung durch die Beklagte zu 3. genügt zur Begründung eines mittäterschaftlichen Zusammenwirkens. Insoweit liegt selbstverständlich auch eine gesamtschuldnerische Haftung vor.

d)

Dass die Werbung am 22. August 2006 beendet wurde und die Beklagten zu 3. und 4. seither keine vertriebsfördernden Handlungen zugunsten der Beklagten zu 1. mehr vorgenommen haben, beseitigt die Wiederholungsgefahr künftiger weiterer Angebotshandlungen und damit auch den Unterlassungsanspruch nicht. Auch die durch das Angebot begründete Begehungsgefahr auch für die anderen Benutzungsarten außer dem Herstellen besteht nach wie vor. Zwar sind die Anforderungen an den Wegfall der Erstbegehungsgefahr geringer als diejenigen an den Wegfall der Wiederholungsgefahr, hier ist jedoch nicht aktenkundig, dass die Beklagte zu 3. die Zusammenarbeit mit der Beklagten zu 1. beendet hat. Alleinige Untätigkeit auch über einen Zeitraum von etwa zwei Jahren genügt nicht, weil ohne eine endgültige Beendigung der Zusammenarbeit immer noch nicht auszuschließen ist, dass die bisher nur ruhende Zusammenarbeit wieder aufgenommen wird.

B.

Die Anschlussberufung der Klägerin ist, soweit nach der Klagerücknahme hierüber noch zu entscheiden war, zulässig und begründet.

1.

Die Anschlussberufung der Klägerin ist begründet, soweit sie die Verurteilung der Beklagten zu 1. und 2. im Hinblick auf das Inverkehrbringen der Ausführungsform I begehrt, wobei der Senat den Anschlussberufungsantrag auf der Grundlage der zugehörigen zur Begründung gegebenen Erläuterungen der Klägerin im Schriftsatz vom 28. Februar 2008 (Abs. IV, Bl. 427 d.A.) dahin versteht, dass zusätzlich zu dem vom Landgericht schon zuerkannten Unterlassungsanspruch nunmehr auch Ansprüche auf Rechnungslegung und Schadenersatz erhoben werden, nachdem sich in der Berufungsinstanz weitere Vertriebshandlungen der Beklagten zu 1. und 2. herausgestellt haben; der Antrag stellt sich insofern lediglich als Vorschlag für eine vollständige Neufassung der die Beklagten zu 1. und 2. betreffenden Verurteilung dar.

Die weiteren Vertriebshandlungen der Beklagten zu 1. und 2. aus der Zeit von April 2007 bis zur Vollstreckung des angefochtenen Urteils im August 2007 führen dazu, dass sich die Gefahr der untersagten Verletzungshandlungen nicht mehr aus einer zu besorgenden erstmaligen Begehung ergibt, sondern dass nunmehr Wiederholungsgefahr gegeben ist, denn nach den zur Begründung ihres Antrages auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung von den Beklagten zu 1. und 2. vorgetragenen Verkäufen wird vermutet, dass die insoweit gewerbsmäßig handelnden Beklagten zu 1. und 2. dieses Verhalten fortsetzen werden, sofern sie nicht durch ein gerichtliches Verbot daran gehindert werden. Außerdem liegen nunmehr anders als in erster Instanz Vertriebshandlungen vor, die die Beklagten zu 1. und 2. auch zur Rechnungslegung und zum Schadenersatz verpflichten. Mit diesem Vorbringen ist die Klägerin nicht nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen. Die weiteren Vertriebshandlungen der Beklagten zu 1. und 2. sind unstreitig und müssen schon deshalb berücksichtigt werden (BGH MDR 2005, 527; Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 531, Rdnr. 21).

2.

Auch die Ausdehnung der auf das Klagepatent gestützten Ansprüche auf die Ausführungsform II ist eine Anschlussberufung, denn die Klägerin begehrt auch insoweit mehr, als ihr das angefochtene Urteil zugesprochen hat. Diese Anschlussberufung ist ebenfalls zulässig und begründet.

a)

Dass die Anschlussberufungsfrist nach § 524 Abs. 3 ZPO im Zeitpunkt der Klageerweiterung abgelaufen war, ist im vorliegenden Fall unschädlich. Die Klägerin hatte, soweit es um die Verurteilung der Beklagten zu 1. und 2. wegen nachträglich bekannt gewordener Vertriebshandlungen betreffend die Ausführungsform I ging, ihre Anschlussberufung rechtzeitig eingelegt und begründet. Unter diesen Umständen ist es ihr nicht verwehrt, nach Fristablauf weitere Ansprüche geltend zu machen, sofern diese weiteren Ansprüche durch die ursprüngliche Begründung der Anschlussberufung abgedeckt sind (BGH NJW 2005, 3067 = MDR 2005, 45; Zöller/Gummer/Heßler, a.a.O., § 524, Rdnr. 10 a.E.). So liegen die Dinge auch hier. Die Ausführungsform II unterscheidet sich von Occludern der Ausführungsform I ausschließlich darin, dass nunmehr der Nitinol-Ring am proximalen Ende der Vorrichtung fehlt, die Drahtenden also ohne diese Hülse verschweißt sind und unmittelbar darauf die Stahlhülse für den Katheter geschoben wird. Das wirft im Hinblick auf die Auslegung des Klagepatentes Verwirklichung der im Klagepatent unter Schutz gestellten technischen Lehre letztlich die selben Fragen auf, wie sie auch mit Blick auf die Ausführungsform I zu erörtern waren.

b)

Auch die in § 533 Nr. 1 und 2 ZPO niedergelegten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Klageerweiterung im Berufungsrechtszug liegen vor.

aa)

Der Senat hält die Klageerweiterung insoweit für sachdienlich, so dass es auf die fehlende Einwilligung der Beklagten zu 1. und 2. nicht ankommt. Dies Sachdienlichkeit einer Klageänderung richtet sich auch in der Berufungsinstanz im Grundsatz nach den zu § 263 ZPO geltenden Regeln. Danach hängt die Sachdienlichkeit der Klageänderung davon ab, ob eine Entscheidung auch über die geänderte Klage im selben Verfahren objektiv prozesswirtschaftlich ist, weil sie den Streitstoff des anhängigen Verfahrens zumindest teilweise ausräumt und einem anderenfalls zu gewärtigenden weiteren Rechtsstreit vorbeugt (BGH NJW 2000, 800, 803 m.w.N.; Musielak/Foerste, ZPO, 6. Aufl., § 263, Rdnr. 7). Allein die Vermeidung eines weiteren Rechtsstreits kann allerdings nicht das entscheidende Kriterium für die Sachdienlichkeit einer Klageänderung sein, denn dann müsste die Änderung praktisch immer zugelassen werden, weil der Kläger mit seiner Erweiterung schon seine Entschlossenheit zu einer gerichtlichen Durchsetzung zu erkennen gegeben hat und deshalb in aller Regel auch davon auszugehen ist, dass er ein weiteres Verfahren einleiten wird, wenn im anhängigen Prozess die Klageerweiterung nicht zugelassen wird. Die zweite wesentliche Voraussetzung für eine Anerkennung der Sachdienlichkeit ist, dass für die Beurteilung der geänderten Anträge der bisherige Prozessstoff verwendet werden kann; zu verneinen ist sie, wenn ein völlig neuer Streitstoff eingeführt würde, bei dessen Beurteilung das Ergebnis der bisherigen Prozessführung nicht verwertbar ist (BGH NJW 2000, 800, 803; 1985, 1841, 1842; 1977, 49; NJW-RR 1994, 1143; Musielak/Foerste, a.a.O., Rdnr. 7). Im Hinblick auf § 533 ZPO gilt das besonders für Klageänderungen in der Berufungsinstanz, insbesondere wenn die Klagänderung darin besteht, dass erstmals gänzlich neue Ansprüche erhoben werden, mit deren Berechtigung das Landgericht nicht befasst worden ist. Aufgabe des Berufungsgerichtes ist die Überprüfung landgerichtlicher Entscheidungen und nicht die erstinstanzliche Prüfung neu gestellter Ansprüche an Stelle des hierfür nach dem Gesetz zuständigen Landgerichtes. In Patent- oder Gebrauchsmusterverletzungsstreitigkeiten liegt eine solche Fallgestaltung in aller Regel vor, wenn der bisherige Verletzungsgegenstand nachträglich aus einem weiteren Patent oder Gebrauchsmuster angegriffen wird, ohne dass der Schutzrechtsinhaber hierzu nach § 145 PatG gezwungen ist. Dabei ist es unerheblich, ob aus einem weiteren Schutzrecht nur der bisherige Gegenstand oder auch eine weitere Ausführungsform angegriffen wird; ebenso wenig kommt es darauf an, ob das zusätzlich geltend gemachte Schutzrecht dasselbe technische Sachgebiet betrifft wie das ursprüngliche Klageschutzrecht. Im letztgenannten Fall mag für die Beurteilung der weiteren Schutzrechtsverletzung der allgemeine technische Hintergrund und der angegriffene Gegenstand bekannt sein, ob das weitere Schutzrecht verletzt ist, hängt jedoch davon ab, ob die Merkmale seines unter Heranziehung von Beschreibung und Zeichnung auszulegenden Patent- oder Schutzanspruches verwirklicht werden. Hierzu muss das neue Schutzrecht aus sich selbst heraus ausgelegt werden. Dabei mag es zwar möglich sein, dass bestimmte Begriffe und Vorgaben im neu hinzugekommenen ebenso zu verstehen sind, wie in dem bisherigen Klageschutzrecht, zwingend ist das jedoch nicht. In jedem Fall müssen hierzu neue Tatsachen festgestellt werden, die aus dem bisherigen Prozessergebnis nicht gewonnen werden können. Das gilt erst recht, wenn die Schutzfähigkeit eines neu eingeführten Gebrauchsmusters oder die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs gegen die Erteilung des weiteren Klagepatentes geprüft werden müssen und der hierzu entgegengehaltene Stand der Technik ebenfalls bisher nicht bekannt war.

Anders kann es sich dagegen verhalten, wenn das bisherige Klagepatent gegenüber einer weiteren bisher unbekannten Ausführungsform geltend gemacht wird, nämlich dann, wenn es bei der Beurteilung der Unterschiede zwischen beiden Ausführungsformen im Wesentlichen darum geht, aus der Ermittlung des Sinngehaltes im Hinblick auf die weitere Ausführungsform die gebotenen Schlussfolgerungen zu ziehen. Hierbei kann auf die bisherigen Ergebnisse zurückgegriffen werden; sie können den Ausgangspunkt für die Frage bilden, ob der hinzugekommene Gegenstand der Lehre des Klagepatentes entspricht. Erst recht gilt das, wenn sich die zusätzliche Ausführungsform - wie auch hier - von der bisherigen nur geringfügig unterscheidet und in beiden Fällen dieselben Fragen auftreten, wenn es darum geht, ob die geschützte Lehre verwirklicht wird oder nicht.

c)

Daraus ergibt sich zugleich, dass in solchen Fällen auch die Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 ZPO erfüllt sind, es sei denn, die weitere Ausführungsform hätte schon in erster Instanz angegriffen werden können. Dass Letzteres auch auf die Ausführungsform II des hier in Rede stehenden Occluders zutrifft, der die bisherige Ausführungsform I nach dem Verbot im angefochtenen Urteil ersetzen soll, ist nicht ersichtlich.

d)

Die Anschlussberufung ist auch insoweit begründet; auch die Ausführungsform II stimmt wortsinngemäß mit der in Anspruch 1 des Klagepatentes umschriebenen Lehre überein und das Herstellungsverfahren entspricht dem Klagepatentanspruch 16. Soweit die Beklagten zu 1. und 2. einwenden, der angegriffene Gegenstand sei wegen seiner Verwendung zum Verschließen von Septumdefekten statt der im Klagepatent beschriebenen Verschlüsse von Blutgefäßen keine kollabierbare medizinische Vorrichtung im Sinne des Klageschutzrechtes und die Drähte würden auch nur an einem Ende zusammengehalten, unterscheidet er sich nicht von der Ausführungsform I, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann.

Ein Unterschied besteht lediglich darin, dass die Drahtenden der Ausführungsform II ohne Nitinol-Ring verschweißt sind und auf die verschweißten Enden eine Stahlhülse zur Verbindung mit einem Führungsdraht aufgeschoben wird. Auch insoweit gelten jedoch die die Ausführungsform I betreffenden vorstehenden Erörterungen sinngemäß, denn auch durch die Stahlhülse ist räumlichkörperlich die in den Ansprüchen 1 und 16 beschriebene Klemme vorhanden, die die Drahtenden aufnimmt und schon dadurch zusammenhält, so dass sich auch hier Ausführungen dazu erübrigen, ob diese Stahlhülse die selbe Funktion hat wie die in Anspruch 1 des Klagepatentes gelehrte Klemme (vgl. BGH GRUR 1991, 437, 441 = NJW 1991, 178, 181 - Befestigungsvorrichtung II). Dass sie zumindest die Drahtenden zusammen hält, ergibt sich aus der von der Klägerin vorgelegten Abbildung 4 auf S. 6 ihres Schriftsatzes vom 17. September 2008 (Bl. 474 d.A.), aus der hervor geht, dass die Stahlhülse eine Verengung aufweist, die über die durch das Verschweißen entstandene Ausbauchen des Litzenendes geschoben wird, so dass der erweiterte Abschnitt auch in der Hülse in einem Abschnitt etwas größeren Durchmessers aufgenommen wird, wobei die Engstelle verhindert, dass die Stahlhülse von dem verschweißten Ende wieder abgezogen werden kann.

Im Hinblick auf die vorstehend dargelegte Schutzrechtsverletzung sind die Beklagten zu 1. und 2. auch verpflichtet, die weitere gewerbliche Nutzung von Occludern der Ausführungsform II zu unterlassen, außerdem haben sie der Klägerin unter Angabe der im Urteilsausspruch näher aufgeführten Einzelheiten über den Umfang ihrer Verletzungshandlungen Rechnung zu legen, weil die Klägerin ohne eigenes Verschulden das Ausmaß der Verletzungshandlungen nicht kennt und hierzu auf die Mitwirkung der Beklagten zu 1. und 2. angewiesen ist, die die ihnen abverlangten Auskünfte unschwer erteilen können und hierdurch auch nicht unzumutbar belastet werden.

Darüber hinaus haben sie der Klägerin für ihre Verletzungshandlungen Schadenersatz zu leisten, weil sie das Klagepatent auch insoweit schuldhaft verletzt haben, nämlich zumindest fahrlässig (Bl. 76 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das Klageschutzrecht ist den Beklagten zu 1. und 2. aus der vor dem Landgericht geführten Auseinandersetzung um die Ausführungsform I bekannt, so dass es ihnen im Rahmen der ihnen abverlangten im Verkehr erforderlichen Sorgfalt lediglich noch oblag, rechtlichen Rat zu der Frage einzuholen, ob die Abwandlung aus dem Schutzbereich des Klagepatentes hinausführt. Dies hätten sie bei Einholung zutreffenden Rechtsrates ohne Weiteres erkennen können. Die Klägerin kann die Verpflichtung der Beklagten zu § 256 ZPO im derzeitigen Verfahrensstadium zunächst dem Grunde nach feststellen zu lassen statt auf Leistung zu klagen; dass die Verletzungshandlungen der Beklagten zu 1. und 2. sie geschädigt haben, ist hinreichend wahrscheinlich, beziffern kann die Klägerin ihre Ansprüche jedoch erst, wenn ihr die Rechnungslegung der Beklagten zu 1. und 2. vorliegt. Der Vernichtungsanspruch ergibt sich aus § 140a PatG.

C.

Es bestand keine Veranlassung, die Verhandlung im vorliegenden Verletzungsrechtsstreit nach § 148 ZPO auszusetzen und das Ergebnis des das Klagepatent betreffenden Nichtigkeitsverfahrens abzuwarten. Die im Nichtigkeitsverfahren geltend gemachten Gründe einer unzulässigen Erweiterung des Anspruches 1, mangelnder Neuheit und fehlender Erfindungshöhe lassen einen Erfolg der Nichtigkeitsklage zwar möglich erscheinen, begründen aber nicht die für eine Aussetzung erforderliche hinreichend hohe Erfolgswahrscheinlichkeit. Die Klägerin ist den Ausführungen der Beklagten mit zumindest vertretbaren Argumenten entgegen getreten. Welcher Meinung das Bundespatentgericht letztlich folgen wird, ist nach dem derzeitigen Stand nicht abzusehen. Unter diesen Umständen ist es der Klägerin nicht zuzumuten, lediglich das landgerichtliche Urteil zu vollstrecken, sondern sie hat auch Anspruch auf einen durch den Senat bestätigten und unter erleichterten Voraussetzungen vollstreckbaren Titel zur Durchsetzung ihrer Ausschließlichkeitsrechte.

D.

Soweit über die Berufung streitig zu entscheiden war, haben die Beklagten als Unterlegene nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen; soweit die Klägerin ihre im Berufungsrechtszug erweiterte Klage teilweise zurückgenommen hat, fallen die diesbezüglichen Kosten nach § 269 ZPO ihr zur Last.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO. Dem erstmals in der Berufungsinstanz gestellten Antrag der Beklagten zu 1. und 2., der Klägerin die Stellung einer Prozesskostensicherheit gemäß § 110 ZPO aufzugeben, konnte in der Berufungsinstanz nach § 532 ZPO nicht mehr entsprochen werden, weil die Beklagten zu 1. und 2. nichts zu ihrer Entschuldigung vorgetragen haben, weshalb sie diesen Antrag nicht schon vor dem Landgericht gestellt haben (vgl. Zöller/Herget, a.a.O., § 110 ZPO, Rdnr. 4).

Es bestand keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordern die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 22.12.2008
Az: I-2 U 65/07


Link zum Urteil:
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